Urteil des BSG vom 13.03.2017

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BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 19.9.2008, B 14 AS 64/07 R
Arbeitslosengeld II - sozialgerichtliches Verfahren - Sonderbedarf - Erstausstattung der
Wohnung nach Trennung vom Ehegatten - Waschmaschine
Leitsätze
1. Der Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen einer Wohnung kann vom
erwerbsfähigen Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft allein geltend gemacht werden, wenn die
Leistung weder dem Grunde noch der Höhe nach vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft
abhängig ist.
2. Besteht erstmals ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung, so kann sich der Anspruch
auch auf einzelne Gegenstände beziehen.
Tatbestand
1 Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für die Anschaffung
einer Waschmaschine hat.
2 Der 1947 geborene Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem
Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er lebte zunächst in einer Bedarfsgemeinschaft mit
seiner Ehefrau sowie den 1988 und 1989 geborenen Kindern. Zum 1. Mai 2005 mietete er
allein mit seiner Tochter eine Wohnung in D Die Beklagte bewilligte in der Folgezeit
Leistungen nach dem SGB II einschließlich eines Mehrbedarfszuschlags für Alleinerziehende.
3 Den erstmals mit Schreiben vom 10. Mai 2005 und im August 2005 erneut gestellten Antrag
des Klägers auf Leistungen der Erstausstattung für eine Waschmaschine lehnte die Beklagte
mit Bescheid vom 6. September 2005 ab. Könne im Einzelfall ein von der Regelleistung
umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, könne dem
Hilfebedürftigen nach § 23 Abs 1 SGB II bei entsprechendem Nachweis der Bedarf als Sach-
oder Geldleistung in Form eines Darlehens gewährt werden. Der Kläger sei aber in der Lage,
die beantragte Leistung aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken. Es sei ihm zuzumuten, für
eine Waschmaschine Ansparungen zu treffen und vorübergehend in einem Waschsalon zu
waschen. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
28. September 2005 zurück. Ein Anspruch auf Erstausstattung setze die erstmalige Gründung
eines Hausstandes voraus, wie etwa bei einer erstmaligen Anmietung einer Wohnung nach
dem Verlassen des Elternhauses, nach einer Haftentlassung, nach der Aufgabe des
Wohnsitzes im Ausland und beim Auszug aus einem Übergangswohnheim.
Leistungsberechtigte, die eine eheliche Wohnung verlassen würden, hätten nach § 6 der
Hausratsverordnung einen Anspruch auf Zuteilung von gemeinsam gehörendem Hausrat. An
Stelle der Erstausstattungsbeihilfe würden dann Transportkosten übernommen. Erst wenn ein
Anspruch auf Zuteilung versagt werde, könne eine Erstausstattungsbeihilfe gewährt werden.
Ein Anspruch auf Ersatzbeschaffung bestehe nicht. Unter Berücksichtigung seiner
wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse sei es dem Kläger zuzumuten, für eine
Waschmaschine Ansparungen vorzunehmen.
4 Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte mit Urteil vom 19. Oktober 2006 verurteilt, dem Kläger
zur Anschaffung einer Waschmaschine einen Betrag in Höhe von 250 Euro zu gewähren. Der
Anspruch auf Erstausstattung erfasse auch die Beschaffung einer Waschmaschine. Der
Begriff der Erstausstattung sei bedarfs- und nicht allein zeitbezogen zu verstehen. Es sei auch
nicht nachvollziehbar, wieso ein aus längerer Strafhaft Entlassener besser gestellt werde als
der Hilfeempfänger, der sich von seinem Ehepartner trenne. Die Richtlinien der Beklagten
sähen für die Anschaffung einer Waschmaschine einen Betrag zwischen 154 Euro und 256
Euro vor, daher sei der zuerkannte Betrag angemessen.
5 Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 29. Oktober 2007 die von ihm mit Beschluss
vom 16. Februar 2007 zugelassene Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der nicht im
Gesetz definierte Begriff der Erstausstattung sei nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu
verstehen. Ein Anspruch auf Erstausstattung komme insbesondere in Betracht, wenn ein
Haushaltsgegenstand etwa nach erfolgter Trennung zwar noch im Haushalt des nunmehr
getrennt lebenden Partners vorhanden sei, infolge der Trennung eine erst angemietete
Wohnung aber ausgestattet werden müsse. Die Situation sei derjenigen bei Verlust der
Einrichtung durch Wohnungsbrand oder Erstanmietung nach Haft vergleichbar. Das Begehren
des Klägers ziele auch nicht etwa lediglich auf den Ersatz eines abgenutzten
Haushaltsgegenstandes ab. Dem Anspruch könne auch nicht entgegengehalten werden, es
komme nur eine Vollausstattung der Wohnung in Betracht, eine Teilausstattung sei durch den
Wortlaut der Norm nicht abgedeckt. Der Begriff der Erstausstattung treffe keine zwingende
Aussage über den Umfang der Ausstattung, sondern beschränke Ansprüche auf
Konstellationen, in denen erstmalig eine Ausstattung erforderlich sei. Eine Auslegung im
Sinne der Rechtsauffassung der Beklagten führe dazu, dass etwa auch Hilfeempfängern ein
Anspruch verwehrt wäre, denen nach einem Wohnungsbrand ein Teil des Hausrates
verbleibe oder denen etwa auch im Fall der erstmaligen Gründung einer eigenen
Bedarfsgemeinschaft lediglich ein Haushaltsgegenstand zur Verfügung gestellt werde bzw
zur weiteren Nutzung verbleibe. Gegen eine restriktive Auslegung der
Erstausstattungsbedarfe spreche auch der Umstand, dass eine Öffnungsklausel für
Sondersituationen und -bedarfe fehle und damit die Gefahr einer Unterdeckung bestehe. Der
Kläger könne auch nicht auf etwaige zivilrechtliche Ansprüche gegen seine Ehefrau
verwiesen werden. Insoweit habe er glaubhaft dargelegt, dass die Waschmaschine im
Eigentum der Ehefrau gestanden habe. Schließlich bestehe im Rahmen der Erstausstattung
für Wohnungen regelmäßig auch Anspruch auf Ausstattung mit einer Waschmaschine. Der
Erstausstattungsbedarf erfasse grundsätzlich alle Einrichtungsgeräte und Gegenstände, die
für eine geordnete Haushaltsführung notwendig seien.
6 Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Zu den von § 23
Abs 3 Nr 1 SGB II erfassten Sachverhalten gehöre der erstmalige Bezug einer Wohnung, der
Neubezug einer Wohnung nach einem Schadensereignis, die Übersiedlung aus dem Ausland
sowie der erforderliche Umzug aus einer vom Vermieter möblierten in eine nicht möblierte
Wohnung. Der Gesetzgeber habe Wechselfälle im Leben eines Menschen berücksichtigen
wollen, die die fast komplette Ausstattung einer Wohnung mit Hausrat erforderlich machten.
Keinesfalls könne man aus der Formulierung "Erstausstattungen" den Schluss ziehen, dass
auch einzelne Bedarfe, wie etwa eine Waschmaschine, von der Vorschrift erfasst würden.
Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch beim Fehlen einzelner Haushaltsteile oder
Haushaltsgeräte eine Beihilfe nach § 23 Abs 3 Nr 1 SGB II zu gewähren sei, hätte er das Wort
"Erstausstattungen" durch die Formulierung "Teilerstausstattungen" ersetzen müssen. Würde
man der Auffassung des LSG folgen, lägen bereits dann die Voraussetzungen für die
Gewährung einer Erstausstattungsbeihilfe vor, wenn ein Leistungsberechtigter aus einer
Wohnung mit Gasanschluss in eine Wohnung mit reinem Stromanschluss umziehe und
deshalb einen Elektroherd benötige. Dies wäre aber ein sogenannter Ergänzungsbedarf und
keine Erstausstattung. Im Übrigen wäre schwer nachzuhalten, ob ein geltend gemachter
Bedarf an Hausrat tatsächlich nicht vorhanden sei oder ob die beantragten Geräte oder Möbel
nur defekt gewesen und bereits entsorgt worden seien. Einzelne Hausratsgegenstände, wie
etwa die Waschmaschine, fielen stets unter den Ergänzungsbedarf, der keinen Anspruch auf
Gewährung einer Beihilfe auslöse. Soweit das LSG es als erwiesen ansehe, dass der Kläger
keinen Anspruch auf Zuteilung der Waschmaschine gehabt habe, weil sie im Eigentum der
Ehefrau stehe, könne dem nicht gefolgt werden, weil es bei einer Haushaltsaufteilung nach §
6 der Hausratsverordnung unerheblich sei, wer während der Ehezeit die jeweiligen
Gegenstände gekauft habe.
7 Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2007 und des
Sozialgerichts Dortmund vom 19. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8 Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
9 Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet, § 170 Abs 1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte im Wege
der Erstausstattung die Kosten für eine Waschmaschine zu übernehmen hat.
10 1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer
Sachentscheidung nicht entgegen.
11 a) Gegenstand der Klage ist allein der Anspruch des Klägers auf Leistungen nach § 23 Abs
3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Zwar bildet der Kläger mit seiner Tochter zusammen eine
Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, sodass grundsätzlich auch die Tochter in
das Verfahren einzubeziehen wäre (vgl BSGE 97, 217 = BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 1 jeweils
RdNr 11 ff). Grund für die Einbeziehung aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ist zum
einen, dass es keinen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft als solcher, sondern nur
Individualansprüche ihrer Mitglieder gibt, zum anderen die Regelung des § 9 Abs 2 Satz 3
SGB II, wonach jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs
zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt, wenn nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften
und Mitteln gedeckt ist (vgl zur Berechnung des Individualanspruchs Urteil des Senates vom
18. Juni 2008 - B 14 AS 55/07 R -). Soweit im Rahmen des Sonderbedarfs nach § 23 Abs 3
Satz 1 Nr 1 SGB II eine Ausstattung begehrt wird, die unabhängig vom Vorliegen einer
Bedarfsgemeinschaft auch von einem allein stehenden Hilfebedürftigen beansprucht werden
kann, greifen diese Überlegungen nicht. § 23 Abs 3 SGB II erfordert ein Vorgehen aller
Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nur für den Fall, dass einer Personenmehrheit
weitergehende Ansprüche zustehen können als dem einzelnen Hilfebedürftigen. Das ist bei
der Ausstattung mit einer Waschmaschine nicht der Fall. Der Sonderbedarf an
Erstausstattungen für die Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist zwar anders als
die in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 und 3 SGB II genannten Bedarfe nicht personenbezogen
(Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand: Juni 2008, K § 23 RdNr 349). Er kann jedoch
jedenfalls dann vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen allein geltend gemacht werden, wenn
die Leistung weder dem Grunde nach noch hinsichtlich der Höhe vom Vorliegen einer
Bedarfsgemeinschaft abhängig ist.
12 b) Streitig ist allein der Anspruch dem Grunde nach. Der Kläger hat das erstinstanzliche
Urteil nicht angegriffen. Die Beklagte wendet sich nicht gegen die Höhe der Leistung, die
das SG ausdrücklich an Richtlinien der Beklagten ausgerichtet hat, sondern allein gegen die
Verurteilung dem Grunde nach. Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen
handelt es sich um einen eigenständigen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl Eicher in
Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 119). Über die einmalige Leistung kann
eine gesonderte Entscheidung des zuständigen Trägers ergehen (vgl für die
Weihnachtsbeihilfe nach § 35 SGB XII BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO
22/06 R). Wie für die Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II (vgl zur Beschränkung des
Streitgegenstandes auf Unterkunftskosten BSGE 97, 217 = BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 1
jeweils RdNr 18 ff) besteht nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II die Zuständigkeit der
kommunalen Träger. Die Wahrnehmungszuständigkeit der Beklagten für den kommunalen
Leistungsträger und die Bundesagentur für Arbeit ändert nichts an der unterschiedlichen
Zuständigkeit für Regelleistungen und Leistungen für den Mehrbedarf einerseits und die
Leistungen nach §§ 22, 23 Abs 3 SGB II andererseits. Die Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz
1 SGB II stehen auch nicht notwendig im Verhältnis der Akzessorietät zu anderen
Leistungen des SGB II (vgl zum Zuschlag nach § 24 SGB II BSG, SozR 4-4200 § 24 Nr 1
RdNr 14). Sie können nach § 23 Abs 3 Satz 3 SGB II vielmehr auch erbracht werden, wenn
Hilfebedürftige keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der
angemessenen Kosten der Unterkunft benötigen. Sowohl dem Grunde als auch der Höhe
nach sind sie vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld
II einschließlich der Kosten der Unterkunft unabhängig.
13 c) Die Beklagte als eine nach § 44b SGB II in der Fassung des Kommunalen
Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014) gebildete Arbeitsgemeinschaft ist
beteiligtenfähig nach § 70 Nr 2 SGG (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 30). § 44b SGB II ist
ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin anwendbar
(BVerfG, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 - DVBl 2008,
173 ff = NVwZ 2008, 183 ff = NZS 2008, 198 ff).
14 2. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG erfüllt der Kläger die
Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 23 SGB II (idF des Kommunalen
Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I 2014). Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten
Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3)
sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).
15 3. Das LSG hat zu Recht auch die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II
bejaht. Danach sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich
Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht.
16 a) Die vom Kläger beanspruchte Waschmaschine ist als Erstausstattung iS des § 23 Abs 3
Satz 1 Nr 1 SGB II anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass nur ein einzelner
Gegenstand begehrt wird. Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist nicht
notwendig auf eine komplette Ausstattung ausgerichtet, sondern kann sich auch auf
Einzelgegenstände beziehen (Hengelhaupt aaO K § 23 RdNr 346). Allein aus der
Verwendung des Plurals ("Erstausstattungen") lässt sich der von der Beklagten gezogene
Schluss nicht rechtfertigen. Es kann vielmehr umgekehrt aus dem Wortlaut gefolgert werden,
dass die Leistung jedenfalls auch eine Mehrheit von Gegenständen umfassen kann.
17 Der Gesetzgeber hat in der Begründung des Gesetzentwurfs auf die frühere Regelung des §
21 Abs 1a des Bundessozialhilfegesetzes verwiesen und als Beispiele für Fälle, in denen
Erstausstattungen gewährt werden können, einen Wohnungsbrand oder eine Erstanmietung
nach einer Haft genannt (BT-Drucks 15/1514 S 60). Das LSG hat zutreffend ausgeführt, dass
sich der Anspruch auch in diesen Fällen nicht notwendig stets auf eine komplette
Ausstattung richtet. Welche Gegenstände benötigt werden, hängt vielmehr jeweils von den
Besonderheiten des Einzelfalles ab (vgl Grube, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008,
§ 31 RdNr 6 mwN). Ansonsten würde derjenige ungerechtfertigt benachteiligt, der in einer
der genannten Konstellationen noch über eine Teilausstattung verfügt. Das LSG hat in
diesem Zusammenhang zu Recht auf die Gefahr einer Bedarfsunterdeckung hingewiesen.
18 Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen
Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin
gesondert gedeckt werden können. Es handelt sich dabei um spezielle Bedarfe, die
erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen. Das ist nicht nur bei einem vollständig
ungedeckten Bedarf an Haushaltsgegenständen und -geräten der Fall, sondern auch bei
einem nur teilweisen Bedarf (aA für die Parallelvorschrift in der Sozialhilfe Falterbaum, in:
Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: Juni 2008, K § 31 RdNr 2). Die Vorschrift des § 21 Abs 1a
Bundessozialhilfegesetz, auf die der Gesetzgeber Bezug genommen hat, sah in Nr 6 die
Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer und von höherem
Anschaffungswert und damit die Beschaffung einzelner Gegenstände vor. Das
Bundesverwaltungsgericht hat unter diese Vorschrift zwanglos die Beschaffung einer
Waschmaschine subsumiert (BVerwGE 107, 234). Die Waschmaschine ist auch unter der
Geltung des SGB II zu den für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen
Haushaltsgeräten zu zählen (Lang/Blüggel, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 23
RdNr 99; Münder in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 23 RdNr 31).
19 b) Wie alle Leistungen des SGB II ist auch die Leistung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II
bedarfsbezogen zu verstehen. Entscheidend ist, ob erstmals ein Bedarf für die Ausstattung
einer Wohnung entsteht. Eine solche Situation kann wie bei den in der amtlichen
Begründung genannten Fällen auch bei der Neubegründung eines Haushalts nach einer
Trennung gegeben sein (vgl Hengelhaupt aaO RdNr 345; Münder aaO RdNr 27). Für den
Kläger ist hier mit dem Auszug aus der ehelichen Wohnung und dem Bezug einer neuen
Wohnung mit seiner Tochter erstmals ein Bedarf an einer Waschmaschine zur Ausstattung
der Wohnung entstanden. Ob neben dem erstmaligen tatsächlichen Bedarf eine zeitliche
Komponente iS einer zeitlichen Verknüpfung des Entstehens und der Geltendmachung des
Bedarfs mit dem Neubezug einer Wohnung erforderlich ist, kann hier offen bleiben, weil der
Kläger die Leistung jedenfalls zeitnah zur Entstehung des Bedarfs, nämlich seinem Auszug
aus der ehelichen Wohnung und dem erstmaligen Bezug einer Wohnung mit seiner Tochter
geltend gemacht hat.
20 c) Schließlich kann dem Anspruch des Klägers nicht entgegengehalten werden, dass er von
seiner Ehefrau die Herausgabe der im früheren Haushalt vorhandenen Waschmaschine
fordern könne. Zwar besteht nach § 2 Abs 1 und 2 SGB II eine generelle Verpflichtung, alle
Möglichkeiten zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Ungeachtet der Frage,
welche Bemühungen vom Hilfebedürftigen im Fall der Aufteilung von Hausrat unter
Eheleuten grundsätzlich erwartet werden können, hat das LSG jedenfalls für den Senat
bindend (§ 163 SGG), weil nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen, festgestellt,
dass die im früheren gemeinsamen Haushalt genutzte Waschmaschine im ausschließlichen
Eigentum der Ehefrau stand. Solche Gegenstände können aber nur ausnahmsweise nach §
9 Hausratsverordnung (RGBl I 1944, 256) dem anderen Ehegatten zugewiesen werden,
wenn der Eigentümer nicht auf ihre Weiterbenutzung angewiesen ist und es ihm zugemutet
werden kann, sie dem Anderen zu überlassen (vgl zum geplanten Wegfall der Vorschrift:
Götz/Brudermüller, Wohnungszuweisung und Hausratsteilung, NJW 2008, 3025, 3030). Da
die Waschmaschine auch für die Ehefrau des Klägers ein notwendiges Haushaltsgerät war,
war ihr eine Überlassung an den Kläger nicht zumutbar. Das LSG hat im Übrigen zu Recht
darauf hingewiesen, dass ansonsten bei der ebenfalls im Leistungsbezug bei der Beklagten
stehenden Ehefrau ein Bedarf für eine Erstausstattung entstanden wäre.
21 Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.