Urteil des BPatG vom 31.07.2018

Urteil vom 31.07.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:310718B8Wpat15.15.0
BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 15/15
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
31. Juli 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2012 009 484
- 2 -
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 31. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber,
Dipl.-Ing. Univ Rippel und Hermann
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Dezember 2014 auf-
gehoben und das Patent widerrufen.
G r ü n d e
I.
Auf die am 9. Mai 2012 eingereichte Patentanmeldung ist das Patent
10 2012 009 484 mit der Bezeichnung „Doppelkupplungsgetriebe“ erteilt und die
Erteilung am 12. September 2013 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent hat die Einsprechende per Faxeingang am 10. Dezember 2013
Einspruch erhoben mit der Begründung, dass der Patentgegenstand wegen
fehlender Neuheit bzw. mangels Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht
patentfähig sei. Die Einsprechende hat hierzu auf die folgenden Druckschriften
verwiesen.
D1: EP 2 385 720 A1
D2: EP 2 390 127 A1
D3: DE 10 2011 088 379 A1
D4: DE 101 33 695 A1
D5: EP 2 366 599 A2
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D6: DE 10 2010 020 856 A1
D7: DE 10 2010 010 436 A1
D8: ALEXANDER STRUBE, ULI CHRISTIAN BLESSING / GETRAG
CORPORATE GROUP: From Mild to Plug-In – A modular and
scalable Torquesplit hybrid by GETRAG AG., veröffentlicht auf dem
JSAE No.05-10 Symposium „State of the art Technologies of Power
Transmissions 2010”, 02.11.2010
D9: DE 10 2010 037 451 A1
Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen und
in der Anhörung die Aufrechterhaltung des Patents beantragt, hilfsweise hat sie
die Aufrechterhaltung mit den Ansprüchen 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1A, wie
eingereicht in der Anhörung, beantragt. Weiter hilfsweise hat sie beantragt, das
Patent mit den Ansprüchen 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 2 vom 8. November 2014
aufrecht zu erhalten.
Die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das angegrif-
fene Patent mit Beschluss, verkündet in der Anhörung vom 4. Dezember 2014, mit
den Unterlagen gemäß Hilfsantrag 1A beschränkt aufrechterhalten. In ihrer Be-
schlussbegründung hat die Patentabteilung 11 ausgeführt, dass die Druckschrift
D3 alle gegenständlichen Merkmale des erteilten Anspruchs 1 nach Hauptantrag
in seiner ersten Alternative gemäß „angebunden ist“, also ohne Zuschaltkupplung
offenbare, so dass der Gegenstand der ersten Alternative gemäß Anspruch 1
nach Hauptantrag die erforderliche Neuheit nicht aufweise und der erteilte Pa-
tentanspruch 1 somit nicht rechtsbeständig sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag 1A sei gegenüber dem im Einspruchsverfahren herangezogenen
Stand der Technik D1 bis D9 bestandsfähig, denn er weise die erforderliche Neu-
heit auf und beruhe gegenüber diesem Stand der Technik auch auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
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Die Einsprechende führt aus, dass der in erster Linie geltende Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 1A auch ein Doppelkupplungsgetriebe mit mehreren Radsätzen und
Losrädern i. S. der Druckschriften D4 und D9 beschreibe, denn der Anspruch sei
in diesem Punkte nicht so klar abgefasst und daher breit auszulegen. Sie legt
hierzu eine selbst angefertigte Skizze, in der zwei Varianten (V1, V2) eingezeich-
net sind, vor, um zu zeigen von welcher Vorgelegewelle aus die Anbindung der E-
Maschine realisiert werden könne. Daher könne sowohl die D4 als auch die D9
den Ausgangspunkt bilden. Sollte dann noch eine Zwischenübersetzung ge-
wünscht werden und notwendig erscheinen, könne ein allgemein bekanntes Ne-
benzahnrad in entsprechender Dimensionierung neben das Losrad, über das die
Anbindung der E-Maschine erfolgen soll, gesetzt werden.
So finde sich hierzu z. B. in Fig. 9 der D4 links neben dem Losrad (41) bereits ein
weiterer Bauraum in axialer Ausdehnung, während das fest mit der Eingangs-
welle (11) verbundene Zahnrad (61) von seinen Ausmaßen so bemessen ist, dass
es auch in radialer Richtung für ein Nebenzahnrad neben dem Losrad (41) Platz
bieten könne. Wenn der Fachmann also eine Drehzahlanpassung haben wolle,
könne er ein entsprechendes Nebenzahnrad links neben dem Losrad (41) anbrin-
gen und das Ritzel (84) der E-Maschine (86) unter Verlängerung der Ab-
triebswelle (85) der E-Maschine mit diesem Nebenzahnrad kämmen lassen.
Platz hierfür wäre auch beim Stand der Technik nach D4, Fig. 2a zwischen der III.
und IV. Gangstufe, wie die Einsprechende weiter vorträgt.
Das patentgemäße Doppelkupplungsgetriebe nach dem geltenden Anspruch 1
gemäß Hilfsantrag 1A bzw. Hilfsantrag 2 mag zwar gegenüber dem Stand der
Technik nach D4 bzw. D9 die erforderliche Neuheit aufweisen, jedoch sei die dort
beschriebene Merkmalskombination nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätig-
keit, sondern habe für den Fachmann in Kenntnis dieses Standes der Technik und
unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens nahe gelegen.
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Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 4. Dezember 2014 aufzuheben und das Patent zu
widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise das Patent auf Grundlage des Hilfsantrages 1C vom
30. Juli 2018
und weiter hilfsweise auf Grundlage des Hilfsantrages 2 vom
6. November 2014 beschränkt aufrechtzuerhalten.
Der als Hauptantrag geltende Anspruch 1 (ehemals „Hilfsantrag 1A“) hat folgen-
den Wortlaut:
„Doppelkupplungsgetriebe (16) für ein Kraftfahrzeug (11), mit einer
ersten Eingangswelle (24) und einer zweiten Eingangswelle (26)
sowie mit einer ersten und einer zweiten Vorgelegewelle (32, 34),
wobei die Eingangswellen (24, 26) und die Vorgelegewellen (32,
34) über eine Mehrzahl von schaltbaren Radsätzen miteinander
verbunden sind, um wenigstens sieben Vorwärtsgangstufen (1-7)
und wenigsten eine Rückwärtsgangstufe (R) einzurichten, wobei
wenigstens ein Radsatz (50, 58, 68; 48 56, 66) ein mit einer der
Eingangswellen (24, 26) verbundenes Festrad (48; 50) sowie zwei
Losräder (56, 66; 58, 68) aufweist, die an der ersten bzw. an der
Vorgelegewelle (32, 34) drehbar gelagert sind und mit dem Fest-
rad (48; 50) in Eingriff stehen,
wobei
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eine elektrische Maschine (90) an ein Losrad (68; 64‘; 68“; 64“)
von einem der Radsätze angebunden ist,
wobei die elektrische Maschine (90) über ein Zahnrad (92) an das
Losrad (68; 64‘‘‘) angebunden ist, wobei das Zahnrad (92) mit ei-
nem Zahnrad (98; 98“) in direktem Eingriff steht, das fest mit dem
Losrad (64‘; 68“) verbunden ist, und wobei das Losrad (68; 64‘‘‘)
an einer der Vorgelegewellen (32, 34) drehbar gelagert ist, die pa-
rallel versetzt zu den Eingangswellen (24, 26) angeordnet ist.
Wegen der auf diesen Hauptanspruch rückbezogenen nachgeordneten Patentan-
sprüche 2 bis 13 wird auf die Akten verwiesen.
Der hilfsweise verteidigte Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1C hat folgenden Wortlaut:
Doppelkupplungsgetriebe (16) für ein Kraftfahrzeug (11), mit einer
ersten Eingangswelle (24) und einer zweiten Eingangswelle (26)
sowie mit einer ersten und einer zweiten Vorgelegewelle (32, 34),
wobei die Eingangswellen (24, 26) und die Vorgelegewellen (32,
34) über eine Mehrzahl von schaltbaren Radsätzen miteinander
verbunden sind, um wenigstens sieben Vorwärtsgangstufen (1-7)
und wenigsten eine Rückwärtsgangstufe (R) einzurichten, wobei
wenigstens ein Radsatz (50, 58, 68; 48 56, 66) ein mit einer der
Eingangswellen (24, 26) verbundenes Festrad (48; 50) sowie zwei
Losräder (56, 66; 58, 68) aufweist, die an der ersten bzw. an der
Vorgelegewelle (32, 34) drehbar gelagert sind und mit dem Fest-
rad (48; 50) in Eingriff stehen,
eine elektrische Maschine (90) an ein Losrad (68; 64‘; 68“; 64“)
von einem der Radsätze angebunden ist,
wobei die elektrische Maschine (90) über ein Zahnrad (92) an das
Losrad (68; 64‘‘‘) angebunden ist, wobei das Zahnrad (92) mit ei-
nem Nebenzahnrad (98; 98“) in direktem Eingriff steht, das fest mit
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dem Losrad (64‘; 68“) verbunden ist, und wobei das Losrad (68;
64‘‘‘) an einer der Vorgelegewellen (32, 34) drehbar gelagert ist,
die parallel versetzt zu den Eingangswellen (24, 26) angeordnet
ist, wobei das Nebenzahnrad (98; 98“) axial mit einem Radsatz für
die erste Vorwärtsgangstufe (1) ausgerichtet ist.
Wegen der diesem Hauptanspruch nachgeordneten Unteransprüche 2 bis 13 nach
Hilfsantrag 1C wird auf die Akten verwiesen.
Der weitere hilfsweise verteidigte Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:
Doppelkupplungsgetriebe (16) für ein Kraftfahrzeug (11), mit einer
ersten Eingangswelle (24) und einer zweiten Eingangswelle (26)
sowie mit einer ersten und einer zweiten Vorgelegewelle (32, 34),
wobei die Eingangswellen (24, 26) und die Vorgelegewellen (32,
34) über eine Mehrzahl von schaltbaren Radsätzen miteinander
verbunden sind, um wenigstens sieben Vorwärtsgangstufen (1-7)
und wenigsten eine Rückwärtsgangstufe (R) einzurichten, wobei
wenigstens ein Radsatz (50, 58, 68; 48 56, 66) ein mit einer der
Eingangswellen (24, 26) verbundenes Festrad (48; 50) sowie zwei
Losräder (56, 66; 58, 68) aufweist, die an der ersten bzw. an der
Vorgelegewelle (32, 34) drehbar gelagert sind und mit dem Fest-
rad (48; 50) in Eingriff stehen,
dadurch gekennzeichnet, dass
eine elektrische Maschine (90) an ein Losrad (64‘;68‘‘‘) von einem
der Radsätze angebunden ist,
wobei die elektrische Maschine (90) über ein zu der elektrischen
Maschine (90) koaxiales Zahnrad (92) mit einem Zahnrad (98; 98“)
in direktem Eingriff steht, das fest mit dem Losrad (64‘; 68“) ver-
bunden ist, und wobei das Losrad (68‘; 64‘‘‘) an einer der Vorgele-
- 8 -
gewellen (32, 34) drehbar gelagert ist, die parallel versetzt zu den
Eingangswellen (24, 26) angeordnet ist,
wobei an der ersten Vorgelegewelle (32‘) ein der zweiten Vor-
wärtsgangstufe (2) zugeordnetes Losrad (60), ein der sechsten
Vorwärtsgangstufe (6) zugeordnetes Losrad (58), ein der ersten
Vorwärtsgangstufe (1) zugeordnetes Losrad (54‘; 54‘‘‘ und 54
IV
)
und ein der siebten Vorwärtsgangstufe (7) zugeordnetes Los-
rad (56‘) angeordnet sind, und zwar in dieser Reihenfolge von ei-
nem Getriebeeingang aus gesehen, und/oder wobei an der zwei-
ten Vorgelegewelle (34‘) ein der Rückwärtsgangstufe (R) zuge-
ordnetes Losrad (70), ein der vierten Vorwärtsgangstufe (4) zuge-
ordnetes Losrad (68), ein der dritten Vorwärtsgangstufe (3) zuge-
ordnetes Losrad (64‘; 64“) und ein der fünften Vorwärtsgang-
stufe (5) zugeordnetes Losrad (66‘) angeordnet sind, und zwar in
dieser Reichenfolge von einem Getriebeeingang aus gesehen.
Wegen der zu diesem Hauptanspruch gehörenden Unteransprüche 2 bis 11 nach
Hilfsantrag wird auf die Akten verwiesen.
Die Patentinhaberin führt aus, dass es durch die Maßnahme, das Losrad eines
Gangradsatzes mit einem weiteren Zahnrad fest zu verbinden, das quasi als An-
bindungszahnrad für die elektrische Maschine ausgebildet sei, möglich werde, die
Übersetzung zwischen der elektrischen Maschine und der zugeordneten Vorgele-
gewelle in einem weit größeren Rahmen einstellen zu können.
Hierzu könne der im Verfahren herangezogene Stand der Technik jedenfalls keine
Anregungen vermitteln, denn keines der Dokumente thematisiere explizit die
Frage der Übersetzung zwischen der elektrischen Maschine und einer Vorgelege-
welle oder diskutiere dies auf andere Weise, wie die Patentinhaberin weiter vor-
trägt. Daher beruhe es ausgehend von dem Getriebe nach D1, bei dem zwischen
dem Ritzel der E-Maschine ein Zwischenzahnrad mit einem Festrad kämme und
- 9 -
dieses Festrad dann erst das Zahnrad antreibe, welches fest mit einem Losrad,
das seinerseits auf den Rückwärtsgang ausgerichtet sei, verbunden sei, auf einer
rückschauenden Betrachtung, wenn hierdurch – wie die Einsprechende vortrage –
der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1A als nahegelegt zu betrach-
ten sei. Dies sei auch unter Hinzunahme des allgemeinen Fachwissens des
Fachmanns und im Hinblick auf die D5 nicht der Fall.
Auch ausgehend von dem Dokument D4, dort Fig. 2a, gelange der Fachmann
nicht zur Lösung nach dem geltenden Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1A, ebenso-
wenig wie ausgehend von dem Dokument D9, denn dort werden Nebenzahnräder
von Losrädern weder beschrieben und dargestellt noch einem Fachmann nahe-
gelegt.
Zu dem neu vorgelegten Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1C trägt die Patentinhaberin
noch vor, dass die dort beschriebene axiale Ausrichtung des Nebenzahnrades mit
einem Radsatz für die erste Vorwärtsgangstufe eine „axial fluchtende“ Ausrichtung
bedeute, die im radialen Raum mehr Platz böte für ein Nebenzahnrad, denn das in
axialer Fluchtung zum Nebenzahnrad angeordnete Festrad auf der Eingangswelle
für den Antrieb der ersten Gangstufe weise einen geringen Durchmesser auf, so
dass für ein in Fluchtung mit diesem liegendes Nebenzahnrad ausreichend Platz
in radialer Richtung zur Verfügung stehe. Der im Verfahren befindliche Stand der
Technik könne hierzu keinerlei Hinweise oder Anregungen vermitteln.
Wegen weiter Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist begründet, denn weder der
Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag noch der
Gegenstand nach dem hilfsweise verteidigten Patentanspruch 1 gemäß Hilfsan-
trag 1C noch der Gegenstand nach dem weiter hilfsweise verteidigten Patentan-
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spruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 stellt jeweils eine patentfähige Erfindung i. S. d. §§ 1
bis 5 PatG dar.
Die jeweils geltenden Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen mögen
für sich genommen zulässig sein, sowie ein die erforderliche Neuheit aufweisen-
des und gewerblich anwendbares Doppelkupplungsgetriebe beschreiben.
Das Doppelkupplungsgetriebe nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag sowie
nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1C sowie nach Patentanspruch 1 ge-
mäß Hilfsantrag 2 beruht jedoch aus den nachfolgend dargelegten Gründen je-
weils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1.
Gegenstand des Streitpatents ist nach dem geltenden Patentanspruch 1 ge-
mäß Haupt- und Hilfsanträgen jeweils ein Doppelkupplungsgetriebe.
Das patentgemäße Doppelkupplungsgetriebe ist nach der geltenden Beschrei-
bung zum damaligen Hilfsantrag 1A (überreicht in der Anhörung vor der Patent-
abteilung 11 vom 4. Dezember 2014) gemäß Abs. [0001] für Kraftfahrzeuge be-
stimmt und besteht aus zwei Teilgetrieben, durch die mittels überschneidender
Betätigung von zwei Reibkupplungen für die Teilgetriebe zugunterbrechungsfreie
Gangwechsel durchgeführt werden können (vgl. Abs. [0002]).
Solche Doppelkupplungsgetriebe finden auch bei sog. Hybridantrieben, bei denen
zusätzlich zum Verbrennungsmotor des Kraftfahrzeugs eine elektrische Maschine
in den Antriebsstrang integriert wird (vgl. Abs. [0004]) Verwendung. Hierzu sei es
im Stand der Technik (EP 2 386 270 A1; im vorliegenden Verfahren die sog. „D1“)
bereits bekannt geworden, das Antriebszahnrad einer elektrischen Maschine ko-
axial mit einer Maschinenachse auszurichten, wobei das Antriebszahnrad über ein
Zwischenzahnrad mit einem Festrad in Eingriff stehe, das an einer äußeren Hohl-
Eingangswelle festlegt und der Vorwärtsgangstufe 2 zugeordnet sei (Abs. [0013]).
- 11 -
Vor diesem Hintergrund werde die patentgemäße Aufgabe gemäß Abs. [0014]
darin gesehen, ein verbessertes Doppelkupplungsgetriebe anzugeben, das hin-
sichtlich der baulichen Abmessungen, insbesondere in axialer Richtung, hinsicht-
lich der Spreizung, hinsichtlich der Abstufung, hinsichtlich der Hybridisierung
und/oder hinsichtlich der Parksperrenrealisierung optimiert ist.
1.A Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag (ehemals sog. „Hilfsan-
trag 1A“) beschreibt demgemäß ein Doppelkupplungsgetriebe für ein Kraftfahr-
zeug mit den folgenden Merkmalen:
1. Das Doppelkupplungsgetriebe weist eine erste (24) und
eine zweite Eingangswelle (26) auf.
2. Das Doppelkupplungsgetriebe weist eine erste (32) und
eine zweite Vorgelegewelle (34) auf.
2.1 Die Eingangswellen (24, 26) und die Vorgelegewel-
len (32, 34) sind über eine Mehrzahl von schaltbaren
Radsätzen miteinander verbunden, um wenigstens sie-
ben Vorwärtsgangstufen (1-7) und wenigstens eine
Rückwärtsgangstufe (R) einzurichten.
2.1.1
Wenigstens ein Radsatz (50, 58, 68, 48, 56, 66)
weist ein mit einer Eingangswellen (24, 26) verbun-
denes Festrad (48, 50) sowie zwei Losräder (56, 66,
58, 68) auf.
2.1.1.1 Die Losräder (56, 66, 58, 68) sind an der ersten
bzw. an der zweiten Vorlegewelle (32, 34) dreh-
bar gelagert und stehen mit dem Festrad (48, 50)
in Eingriff.
- 12 -
2.1.1.2 Eine elektrische Maschine (90) ist an ein Los-
rad (68, 64‘, 68‘‘, 64‘‘) von einem der Radsätze
angebunden.
2.1.1.3 Die elektrische Maschine (90) ist über ein Zahn-
rad (92) an das Losrad (68, 64‘‘) angebunden.
2.1.1.3.1
Das Zahnrad (92) steht mit einem Zahn-
rad (98, 98‘‘) in direktem Eingriff, das fest
mit dem Losrad (64‘‘, 68‘‘) verbunden ist.
2.1.1.4 Das Losrad (68, 64‘‘) ist an einer der Vorgelege-
wellen (32, 34) drehbar gelagert, die parallel ver-
setzt zu den Eingangswellen (24, 26) angeordnet
ist.
Die Merkmale 1. und 2. sind auf die zwei Eingangswellen sowie die zwei Vorgele-
gewellen gerichtet, die bei Doppelkupplungsgetrieben üblicherweise vorhanden
sind, während in Merkmal 2.1 die insoweit ebenfalls üblichen Radsätze genannt
werden, die die Eingangs- und Vorgelegewellen miteinander verbinden, allerdings
mit der Festlegung der Zahl der Vorwärtsgangstufen auf wenigstens sieben und
mit wenigstens einer Rückwärtsgangstufe, wodurch eine hohe Spreizung des
Getriebes realisiert werden kann (Abs. [0017]).
Nach Merkmal 2.1.1 ist vorgesehen, dass wenigstens ein Radsatz ein mit einer
Eingangswelle verbundenes Festrad sowie zwei Losräder, also auf der jeweiligen
Welle frei drehbare Räder (z. B. über Nadellager gelagert) aufweist, wobei die
Losräder nach Merkmal 2.1.1.1 an der ersten bzw. an der zweiten Vorgelegewelle
drehbar gelagert sind und mit dem Festrad in Eingriff stehen. Damit lassen die
Merkmale 2.1.1 und 2.1.1.1 insgesamt erkennen, das zu einem Radsatz ein mit
- 13 -
einer der Eingangswellen verbundenes Festrad und mit diesem in Eingriff ste-
hende Losräder, die auf den Vorgelegewellen drehbar gelagert sind, gehören.
Die folgenden Merkmale beschreiben dann die Anbindung einer elektrischen Ma-
schine, die nach Merkmal 2.1.1.2 an ein Losrad von einem der (wie oben ausge-
führt ausgestalteten) Radsätze angebunden ist, wobei diese Anbindung an das
Losrad nach Merkmal 2.1.1.3 über ein Zahnrad erfolgt, wobei das Zahnrad (an der
elektrischen Maschine) mit einem Zahnrad in direktem Eingriff steht, das fest mit
dem Losrad verbunden ist (Merkmal 2.1.1.3.1). Der Ausdruck „fest mit dem Losrad
verbunden“ in Merkmal 2.1.1.3.1 ist dabei auf der Grundlage von Abs. [0025] und
[0026] der geltenden Beschreibung so zu verstehen, dass es sich bei dem Zahn-
rad, das mit dem Zahnrad der elektrischen Maschine in direktem Eingriff steht, um
ein (mit dem Losrad fest verbundenes) Nebenzahnrad handelt. Durch den Aus-
druck „in direktem Eingriff“ wird ferner ausgeschlossen, dass noch ein weiteres
Zahnrad (oder mehrere) zwischen dem Zahnrad der elektrischen Maschine und
dem Nebenzahnrad des Losrades vorgesehen ist bzw. sind. Vielmehr sollen diese
beiden Zahnräder in unmittelbar kämmendem Eingriff miteinander stehen. Damit
wird eine platzsparende Anordnung des Getriebes im Hinblick auf eine aufgaben-
gemäß angestrebte kompakte Bauform erreicht sowie die Möglichkeit eröffnet, die
Abmessungen des an der Übersetzung zweitweise beteiligten Losrades frei zu
gestalten im Hinblick auf die angestrebte optimierte Spreizung und Abstufung des
Getriebes, denn ein ggf. spezielles Übersetzungsverhältnis zwischen dem Zahn-
rad der E-Maschine und dem Losrad kann über die Dimensionierung des Ne-
benzahnrades des Losrades in platzsparender Weise erreicht werden (i. V. m. der
Dimensionierung des Zahnrades der E-Maschine) und bedarf keiner Veränderun-
gen der Dimensionierung des Losrades an sich.
Das letzte Merkmal 2.1.1.4 legt lediglich noch einmal fest, dass das maßgebliche
Losrad, also das mit dem die E-Maschine verbunden ist, an einer der Vorgelege-
wellen drehbar gelagert ist, die parallel versetzt zu den Eingangswellen angeord-
net ist.
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1.B Der hilfsweise verteidigte Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1C weist die
Merkmale 1. bis 2.1.1.3 sowie das Merkmal 2.1.1.4 des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag (vgl. II. 1.A) auf.
Das Merkmal 2.1.1.3.1 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag wird im vorliegenden
Hilfsantrag 1C nunmehr wie folgt abgeändert:
2.1.1.3.1‘ Das Zahnrad (92) steht mit einem Nebenzahnrad (98, 98“)
in direktem Eingriff, das fest mit dem Losrad (64‘, 68“) ver-
bunden ist.
Das fest mit dem Losrad verbundene Zahnrad wird nunmehr als Nebenzahnrad
bezeichnet, wie dies auch schon in der Beschreibung des Streitpatents z. B. in
Abs. [0085] und [0087] geschehen war.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1C wird ferner noch durch ein weiteres Merkmal
2.1.1.5‘ beschränkt, welches lautet:
2.1.1.5‘ Das Nebenzahnrad (98; 98“) ist axial mit einem Radsatz
für die erste Vorwärtsgangsufe (1) ausgerichtet.
Dieses Merkmal soll mit dem Ausdruck „axial mit … ausgerichtet“ eine axiale
Fluchtung der Zahnräder zum Ausdruck bringen, die in der Streitpatentschrift,
Abs. [0085] in Bezug auf das Ausführungsbeispiel nach Fig. 2 als „axiale Ausrich-
tung“ und in Abs. [0087] in Bezug auf Fig. 3 als „axial ausgeríchtet“ bezeichnet
worden war. Wie ein Blick in Fig. 2 und Fig. 3 des Streitpatents erkennen lässt,
liegt jeweils das Nebenzahnrad (Fig. 2, Ziff. 98; Fig. 3, Ziff. 98“) mit einem auf der
Eingangswelle (24) gelegenen Festrad (Fig. 2, Ziff. 44‘; Fig. 3 ohne Ziffer) in radi-
aler Fluchtung gegenüber, ohne jedoch mit diesem in Berührung zu kommen oder
gar zu kämmen. Das entsprechende Festrad ist dabei der ersten Gangstufe (1)
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zugeordnet und weist demgemäß einen hinreichend geringen Durchmesser auf,
der seinerseits genügend radialen Bauraum gewährleistet.
1.C Der weiter hilfsweise verteidigte geltende Patentanspruch 1 nach „Hilfsan-
trag 2‘‘ weist die Merkmale 1. bis 2.1.1.2 sowie zusätzlich noch das Merkmal
2.1.1.4 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag (vgl. II.1.A) auf. Nach dem
Merkmal 2.1.1.2 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag wird mit einem veränderten
Merkmal 2.1.1.3.1“ fortgefahren, welches lautet:
2.1.1.3.1‘‘ Die elektrische Maschine (90) steht über ein zu der
elektrischen Maschine (90) koaxiales Zahnrad (92)
mit einem Zahnrad (98, 98‘‘) in direktem Eingriff, das
fest mit dem Losrad (64‘, 68‘‘) verbunden ist.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 wird ferner noch durch Merkmal 2.2 und/oder
Merkmal 2.3 weiter beschränkt.
2.2 An der ersten Vorgelegewelle (32‘) sind ein der zweiten
Vorwärtsgangstufe (2) zugeordnetes Losrad (60), ein der
sechsten Vorwärtsgangstufe (6) zugeordnetes Los-
rad (58), ein der ersten Vorwärtsgangstufe (1) zugeord-
netes Losrad (54‘, 54‘‘‘, 54
v
) und ein der siebten Vorwärts-
gangstufe (7) zugeordnetes Losrad (56‘) angeordnet und
zwar in dieser Reihenfolge von einem Getriebeeingang
aus gesehen.
Das weiter folgende Merkmal 2.3 kann sowohl zusätzlich vorhanden sein und den
Anspruch 1 damit weiter beschränken als auch alternativ zu Merkmal 2.2 lediglich
allein vorhanden sein als auch nicht vorhanden sein, denn es wird mit dem Aus-
druck „und/oder“ eingeleitet.
- 16 -
Dieses Merkmal 2.3 lautet:
2.3 An der zweiten Vorgelegewelle (34‘) sind ein der
Rückwärtsgangstufe (R) zugeordnetes Losrad (70), ein
der vierten Vorwärtsgangstufe (4) zugeordnetes Los-
rad (68), ein der dritten Vorwärtsgangstufe (3) zugeord-
netes Losrad (64‘, 64‘‘) und ein der fünften Vorwärtsgang-
stufe (5) zugeordnetes Losrad (66‘) angeordnet und zwar
in dieser Reihenfolge von einem Getriebeeingang aus ge-
sehen.
Die zusätzlichen Merkmale 2.2 und/oder 2.3 bilden nicht mehr die Verbindung der
elektrischen Maschine mit dem Getriebe an sich weiter, sondern sind auf die Ver-
teilung der einzelnen Gangstufen auf die einzelnen Vorgelegewellen und die je-
weilige Positionierung der entsprechenden notwendigen Losräder gerichtet, was
zu einer kompakteren und insbesondere in axialer Richtung kürzeren Bauweise
des Getriebes beitragen soll.
2.
Als maßgeblicher Fachmann ist vorliegend ein Ingenieur des allgemeinen
Maschinenbaus mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfah-
rung in der Konstruktion und Auslegung von Doppelkupplungsgetrieben von
Kraftfahrzeugen mit Hybridantrieb anzusehen.
3.
Die Doppelkupplungsgetriebe nach den Patentansprüchen 1 gemäß
Hauptantrag und Hilfsanträgen sind nicht patentfähig.
3.A Das Doppelkupplungsgetriebe nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag
beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
- 17 -
Der nächstkommende Stand der Technik, der wegen des vergleichbaren Aufbaus
des Getriebes auch als Ausgangspunkt geeignet ist, wird durch die D9
(DE 10 2010 037 451 A1) gebildet.
Durch die D9, Fig. 4 ist ein Doppelkupplungsgetriebe (vgl. Ziff. 2 in Fig. 4) für ein
Kraftfahrzeug (vgl. Abs. [0001]) bekannt geworden, welches eine erste (7) und
eine zweite Eingangswelle (11) (Merkmal 1., vgl. Merkmalsgliederung in II.1.A)
sowie eine erste (13) und eine zweite Vorgelegewelle (14) aufweist (Merkmal 2.).
Auch sind die Eingangswellen (7, 11) und die Vorgelegewellen (13, 14) über eine
Mehrzahl von schaltbaren Radsätzen miteinander verbunden (vgl. Fig. 4), um
wenigstens sieben Vorwärtsstufen (gemäß Abs. [0042] bis zu neun Vorwärtsgang-
stufen) und wenigstens eine Rückwärtsgangstufe (Zahnradsatz (48), vgl.
Abs. [0043]) einzurichten (Merkmal 2.1). Dabei weist wenigstens ein Radsatz (29,
30, 31, 33, 34, 35, 36) ein mit einer der Eingangswellen (7, 11) verbundenes Fest-
rad (vgl. Fig. 4, (61) und Räder daneben auf den Wellen) sowie zwei Losräder (38,
47, 41 sowie bei (30), (31), (34), (35), (36), (37)) auf (Merkmal 2.1.1), wobei die
Losräder (bei (29), (30), (31), (34) sowie (38) und (47)) an der ersten (13) bzw. an
der zweiten Vorgelegewelle (14) (Losräder (41) sowie bei (33), (36), (37)) drehbar
gelagert sind und mit dem Festrad ((61) und Zahnräder daneben) in Eingriff ste-
hen (Merkmal 2.1.1.1). Auch ist eine elektrische Maschine (86) an ein Losrad (41)
von einem der Radsätze (32) (vgl. Fig. 4) angebunden (Merkmal 2.1.1.2), wobei
die elektrische Maschine (86) ebenfalls über ein Zahnrad (Ritzel (84)) an das Los-
rad (41) angebunden ist (Merkmal 2.1.1.3). Das Losrad (41) ist dabei an einer der
Vorgelegewellen (14) drehbar gelagert, die parallel versetzt zu den Eingangswel-
len (7, 11) angeordnet ist (Fig. 4) (Merkmal 2.1.1.4).
Durch den Gegenstand nach D9, Fig. 4 ist nach alledem ein Doppelkupplungsge-
triebe mit den Merkmalen 1. bis 2.1.1.3 sowie 2.1.1.4 des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag bekannt geworden. Das Doppelkupplungsgetriebe nach Anspruch 1
gemäß Hauptantrag unterscheidet sich vom Stand der Technik nach D9, Fig. 4
lediglich noch darin, dass das Zahnrad (Ritzel) der elektrischen Maschine – wie in
- 18 -
Merkmal 2.1.1.3.1 beschrieben ist – mit einem Zahnrad in direktem Eingriff steht,
das fest mit dem Losrad verbunden ist, denn ein derartiges Zahnrad (Nebenzahn-
rad) ist beim Stand der Technik nach D9 (Fig. 4) nicht vorgesehen. Vielmehr steht
dort das Losrad (41) von einem der Radsätze (32) in direktem Eingriff mit dem
Ritzel (84) der elektrischen Maschine (86).
Diese Variante des direkten Eingriffs zwischen dem Losrad und dem Ritzel der E-
Maschine lässt für die Gestaltung eines bestimmten erwünschten Übersetzungs-
verhältnisses zwischen dem Ritzel der E-Maschine und dem Losrad des Getriebes
jedoch deshalb nur wenig Spielraum, weil das Losrad als Teil eines Radsatzes im
Getriebe an der Einrichtung einer bestimmten Gangstufe (hier ist das Losrad (41)
der D9, Fig. 4 als Teil des vierten Zahnradsatzes (32), vgl. Abs. [0045] für die Ein-
richtung der vierten Vorwärtsgangstufe vorgesehen, vgl. Abs. [0042]) beteiligt ist
und damit in seinem Durchmesser und seiner Umfangsgestaltung weitgehend
festgelegt ist. Eine Veränderung des Übersetzungsverhältnisses wäre – so man
weitere Zahnräder aus Gründen der Material- und Kosteneinsparung nicht einfüh-
ren möchte – lediglich noch durch eine Variation des Ritzeldurchmessers der E-
Maschine möglich, wobei auch hier durch die Leistungscharakteristik der E-Ma-
schine Grenzen gesetzt sind.
Damit bleibt dem maßgeblichen Fachmann zur Auflösung des direkten Eingriffs
des Ritzels der E-Maschine in das Losrad einer Vorgelegewelle des Doppelkupp-
lungsgetriebes nach D9 unter dem Gesichtspunkt der Einsparung von Bauraum in
axialer und radialer Richtung – hier wäre die Einführung eines Zwischenzahnrades
oder eines aus mehreren Zahnrädern bestehenden Zwischengetriebe kontrapro-
duktiv – lediglich noch die Einführung eines mit dem Losrad fest verbundenen
Zahnrades (also eines Nebenzahnrades) i. S. v. Merkmal 2.1.1.3.1.
Für die Anwendung von Zwischenzahnrädern, wie z. B. aus der D1 bekannt ist,
wäre hier indes ohnehin nicht ausreichend Platz in radialer Richtung, insbeson-
dere nicht innerhalb des Getriebes.
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Derartige, mit einem Losrad eines Doppelkupplungsgetriebes fest verbundene
Nebenzahnräder sind dem Fachmann aus dem einschlägigen Stand der Technik,
z. B. der D1 (EP 2 385 270 A1) (Fig. 1, Nebenzahnrad (66) zum Losrad (64), wel-
ches über ein Antriebssystem (22) mit dem Zahnrad (74) einer E-Maschine (20)
verbunden ist) sowie der D5 (EP 2 336 599 A2) (Fig. 1, Losrad 21 mit Nebenzahn-
rad 12)) hinreichend bekannt.
Ausgehend vom Stand der Technik nach D9, Fig. 4 erhebt sich für den Fachmann
lediglich noch die Frage der Platzierung des (Neben)zahnrades, welches mit dem
Losrad fest verbunden sein muss, unter den Gesichtspunkten der Einsparung
bzw. jedenfalls der Konstanthaltung des axialen und radialen Bauraums.
Ein Blick in Fig. 4 der D9 lässt den maßgeblichen Fachmann sofort erkennen,
dass der relativ breite axiale Raum „links“ neben dem Losrad (41) genügend Platz
für die Breite eines (Neben)-Zahnrades bietet und auch der radiale Bauraum aus-
reichend ist, weil einem derartigen (Neben)-Zahnrad lediglich ein Festrad (61) auf
der Eingangswelle gegenüber stehen würde, welches aufgrund der Tatsache,
dass es an der Einrichtung der zweiten Vorwärtsgangstufe mitwirkt, noch einen
relativ geringen Durchmesser aufweist (vgl. hierzu auch Abs. [0045] und [0042]
der D9).
Die notwendige Anpassung der Länge der Abtriebswelle (85) und des Ritzels (84)
der E-Maschine an ein entsprechendes (Neben)-Zahnrad zu dem Losrad (41) ist
für den Fachmann dann lediglich noch eine in ihrer Wirkung überschaubare hand-
werkliche Maßnahme.
Nach alledem war es dem Fachmann zum Zeitrang des Streitpatents, ausgehend
vom Stand der Technik nach D9 und unter Zuhilfenahme seines allgemeinen
Fachwissens, zu dem auch die Kenntnis der in D1 und D5 verwendeten Bauele-
mente in Form von Losrädern und fest mit diesen verbundenen (Neben)-Zahnrä-
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dern gehört, möglich, ohne erfinderische Tätigkeit zu einem Doppelkupplungsge-
triebe mit den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag zu gelangen.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat daher keinen Bestand.
Nach Wegfall des tragenden Hauptanspruchs sind auch die auf diesen rückbezo-
genen Patentansprüche 2 bis 13 nach Hauptantrag nicht bestandsfähig.
3.B Das Doppelkupplungsgetriebe nach dem hilfsweise verteidigten Patentan-
spruch 1 nach Hilfsantrag 1C beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätig-
keit.
Insoweit die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1C mit denen des An-
spruchs 1 nach Hauptantrag wortgleich übereinstimmen – dies sind die Merkmale
1. bis 2.1.1.3 und 2.1.1.4 (vgl. II 1.A und 1.B) – wird hierzu ausdrücklich auf die
Begründung in Anspruch 1 nach Hauptantrag (II.3.A) verwiesen.
Das abgeänderte Merkmal 2.1.1.3.1‘ dieses Anspruchs verwendet gegenüber dem
entsprechenden Merkmal 2.1.1.3.1 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag lediglich
noch den Ausdruck „Nebenzahnrad“ anstatt „Zahnrad“. Diese Abänderung führt
indes nicht zu einer anderen technischen Bedeutung dieses Merkmals, so dass
auch hierzu auf die entsprechende Begründung zu Merkmal 2.1.1.3.1 nach
Hauptantrag verwiesen werden kann.
Die Beschränkung dieses Anspruchs gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag
erfolgt durch das neu hinzugekommene Merkmal 2.1.1.5‘, wonach das Neben-
zahnrad axial mit einem Radsatz für die erste Vorwärtsgangstufe ausgerichtet ist.
Dies führt zu einer Anordnung des Nebenzahnrades in axialer Fluchtung zu einem
auf einer Eingangswelle befindlichen Zahnrad geringen Durchmessers, welches
der ersten Gangstufe angehört, wobei eine Berührung dieser Räder (Nebenzahn-
rad, Zahnrad auf der Eingangswelle) nicht vorgesehen ist (vgl. auch II.1.B). Bei
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einer aus fachmännischen Überlegungen heraus vorgenommenen Platzierung des
Nebenzahnrades bei einem Doppelkupplungsgetriebe nach Fig. 4 der D9 „links“
neben dem Losrad (41) – vgl. hierzu die Begründung zu Anspruch 1 nach Haupt-
antrag (II.3.A), insbesondere im Hinblick auf Merkmal 2.1.1.3.1 – findet dieses Ne-
benzahnrad gegenüber dem Festrad (61) der Eingangswelle (11) Platz, wobei der
Fachmann hier auch die axial fluchtende Anordnung – schon aus Gründen der
axialen Bauraumeinsparung – wählen würde. Damit gelangt das Nebenzahnrad in
axiale Fluchtung mit dem Festrad (61) auf der Eingangswelle (11), welches dem
zweiten Zahnradsatz (30) (vgl. Fig. 4 und Abs. [0042] sowie [0045] der D9) ange-
hört und somit gemäß Abs. [0042] zu dem Radsatz für die zweite Vorwärtsgang-
stufe gehört. Bei dieser einzig noch sinnvoll verbleibenden fachmännischen Maß-
nahme ist das Nebenzahnrad folglich axial mit einem Radsatz für die zweite Vor-
wärtsgangstufe ausgerichtet. Das Ergebnis eines derartigen fachmännischen
Handelns unterscheidet sich vom Inhalt des Merkmals 2.1.1.5‘ lediglich noch da-
rin, dass nicht der Radsatz für die anspruchsgemäße verwendete erste Gangstufe,
sondern der Radsatz für die zweite Gangstufe als „Gegenüber“ für das Neben-
zahnrad zum Einsatz kommt. Dieser Unterschied vermag jedoch eine erfinderi-
sche Tätigkeit deshalb nicht zu begründen, weil auch das Festrad (61) des Rad-
satzes (30) für die zweite Gangstufe noch einen ähnlich geringen Durchmesser
und damit radialen Raumbedarf aufweist wie das Festrad des Radsatzes (29) der
ersten Gangstufe und daher ein ähnlicher radialer Bauraum zur Verfügung steht
wie bei der radial fluchtenden Anordnung mit dem Radsatz für die erste Vorwärts-
gangstufe (29), wie der maßgebliche Fachmann ohne weiteres erkennen kann.
Nach alledem sind die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1C für den
maßgeblichen Fachmann ausgehend von einem Doppelkupplungsgetriebe nach
D9 (Fig. 4) und unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens ohne erfin-
derisches Zutun zu erreichen, wobei die axiale Ausrichtung des Nebenzahnrades
mit einem Radsatz für die zweite Vorwärtsgangstufe, also mit einer niedrigen
Gangstufe gleichwertig und wirkungsgleich mit der anspruchsgemäßem axialen
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Ausrichtung mit einem Radsatz für die erste Vorwärtsgangstufe ist und eine erfin-
derische Tätigkeit nicht begründen kann.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1C hat daher keinen Bestand.
Nach Wegfall des tragenden Hauptanspruchs haben die auf Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 1C rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13 keinen Bestand.
3.C Das Doppelkupplungsgetriebe nach dem weiter hilfsweise verteidigten Pa-
tentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit.
Insoweit die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 mit denen des An-
spruchs 1 nach Hauptantrag wortgleich übereinstimmen – dies sind die Merkmale
1. bis 2.1.1.2 und 2.1.1.4 (vgl. Merkmalsgliederung zu Anspruch 1 nach Hauptan-
trag, II.1.A) – wird hierzu ausdrücklich auf die Begründung zu Anspruch 1 nach
Hauptantrag (vgl. II.3.A) verwiesen.
Das gegenüber dem Merkmal 2.1.1.3.1 gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag ab-
geänderte Merkmal 2.1.1.3.1“ des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2, wonach die
elektrische Maschine über ein zu der elektrischen Maschine koaxiales Zahnrad
(gemeint: Ritzel der E-Maschine) mit einem Zahnrad in direktem Eingriff steht, das
fest mit dem Losrad verbunden ist, hat zunächst die Lehre des Merkmals 2.1.1.3.1
zum Inhalt, wonach das Zahnrad (gemeint: Ritzel der E-Maschine) mit einem
Zahnrad in direktem Eingriff steht, das fest mit dem Losrad verbunden ist. Zu die-
sem Merkmal aus Anspruch 1 nach Hauptantrag wird ausdrücklich auf die diesbe-
zügliche Begründung zum Anspruch 1 nach Hauptantrag, insbesondere bezüglich
Merkmal 2.1.1.3.1 (vgl. II.3.A) verwiesen. Der zu dem Merkmal 2.1.1.3.1 gemäß
Anspruch 1 nach Hauptantrag noch verbleibende Überschuss in Merkmal
2.1.1.3.1“ besteht darin, dass das Zahnrad (Ritzel) der elektrischen Maschine zu
der elektrischen Maschine koaxial ist. Dies ist aber aus Fig. 4 der D9 ebenfalls
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ersichtlich, denn das Ritzel (84) der dort als Rechteck gezeichneten E-Ma-
schine (86) ist auf einer Abtriebswelle (85) der E-Maschine (86) angeordnet, die
diesen rechteckig dargestellten E-Motor mittig verlässt. Damit wird dem Fachmann
die koaxiale Anordnung des Ritzels der E-Maschinen zu der E-Maschine selbst
zweifelsfrei offenbart.
Die nicht mehr die Verbindung der E-Maschine mit dem Getriebe weiterbildenden
Merkmale 2.2 und 2.3 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 sind auf die Anordnung
der jeweils einer entsprechenden Gangstufe zugeordneten Losräder auf einer der
Vorgelegewellen in einer bestimmten Reihenfolge von einem Getriebeeingang aus
gesehen gerichtet (vgl. II.1.C). Dabei kommt der in Merkmal 2. 3 – dieses kann
ebenso wie Merkmal 2.2 durch die vorangestellte „und/oder“-Verknüpfung auch
alleine ohne das andere Merkmal 2.2 stehen – beschriebenen Anordnung, nämlich
der Anordnung eines der Rückwärtsgangstufe zugeordneten Losrades, dann eines
der vierten Vorwärtsgangstufe zugeordneten Losrades, dann eines der dritten
Vorwärtsgangstufe zugeordneten Losrades und schließlich eines der fünften Vor-
wärtsgangstufe zugeordneten Losrades jeweils an der (zweiten) Vorgelegewelle
und zwar in dieser Reihenfolge von einem Getriebeeingang aus gesehen, die An-
ordnung der Radsätze eines Doppelkupplungsgetriebes nach der im Verfahren
befindlichen D6 (DE 10 2010 020 856 A1) sehr nahe. In Fig. 1 der D6 ist z. B. ein
Doppelkupplungsgetriebe dargestellt, bei dem vom Getriebeeingang (vgl. „Ein-
zugselement“ (12)) her auf einer Vorgelegewelle (26) zuerst ein der Rückwärts-
gangstufe (R) zugeordnetes Losrad (46), dann ein der vierten Vorwärtsgang-
stufe (4) zugeordnetes Losrad (56) und dann ein der dritten Vorwärtsgangstufe (3)
zugeordnetes Losrad (66) vorgesehen ist. Lediglich in der Positionierung des Los-
rades (64) für die fünfte Gangstufe besteht noch ein Unterschied, denn beim
Stand der Technik nach D6 ist dieses auf der anderen Vorgelegewelle (28) und in
Verbindung mit der dritten Vorwärtsgangstufe (3) vorgesehen. Auch bei dem Dop-
pelkupplungsgetriebe nach D6 besteht die Zielsetzung der konstruktiven Ausge-
staltung u. a darin, den Bauraumbedarf zu verbessern und ein Getriebe mit primär
reduzierter Größe und reduziertem Gewicht bereit zu stellen, um dem Bedarf für
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ein Getriebe, das einen verbesserten Bauraum aufweist, gerecht werden zu kön-
nen (vgl. Abs. [0005]). Somit kann die Anordnung der Radsätze in dem Getriebe
nach D6 dem Fachmann zumindest ein Vorbild dafür vermitteln, die ersten drei
Radsätze im Sinne von Merkmal 2.3 anzuordnen. Die Anordnung des Radsatzes
und damit auch des Losrades der fünften Vorwärtsgangstufe trifft der maßgebliche
Fachmann mit Rücksicht auf ein konstruktives Gesamtkonzept des Getriebes so,
wie es im Hinblick auf eine kompakte Getriebekonzeption zweckmäßig erscheint.
Jedenfalls vermag die Anordnung eines Radsatzes für eine weitere, hier fünfte
Vorwärtsgangstufe gemäß Merkmal 2.3 eine erfinderische Tätigkeit nicht zu be-
gründen, denn es bieten sich viele Varianten an, die allesamt zu einer kompakten
Bauweise des Getriebes führen können.
Somit vermag die Angabe einer bestimmten Reihenfolge in der Abfolge der Losrä-
der für die einzelnen Gangstufen auf jeweils einer der Vorgelegewellen, die im
Übrigen auch nicht zu einer überraschenden Wirkung führt, eine erfinderische
Tätigkeit nicht zu begründen.
Nach alledem vermag auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 mit seinen neu
formulierten und hinzugenommenen Merkmalen 2.1.1.3.1“, 2.2 und 2.3 patentbe-
gründende Wirkung nicht zu entfalten, denn auch dessen technischer Gesamtin-
halt war für den maßgeblichen Fachmann ausgehend vom Stand der Technik
nach D9 und unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens, dem auch die
Kenntnis der Lehren gemäß D1, D5 und D6 zuzurechnen sind, ohne erfinderisch
tätig werden zu müssen, zum Zeitrang des Streitpatents zu erreichen.
Der Patentanspruch 1 Hilfsantrag 2 hat daher keinen Bestand.
Nach Wegfall des tragenden Hauptanspruchs haben auch die auf Anspruch 1
nach Hilfsantrag 2 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 11 keinen Bestand.
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III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die
Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Dr. Zehendner
Dr. Huber
Rippel
Hermann
Pr