Urteil des BPatG vom 19.07.2018

Urteil vom 19.07.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:190718B8Wpat12.15.0
BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 12/15
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
19. Juli 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2009 008 019
- 2 -
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2018 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner, den Richter Dr. agr. Huber, die Richterin
Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der
Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
5. November 2014 aufgehoben und das Patent 10 2009 008 019
mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag III überreicht in der
mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2018,
Beschreibung, Absätze [0009] bis [0013] und [0022] überreicht in
der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2018, im Übrigen Be-
schreibung gemäß der Patentschrift.
Zeichnungen: 4 Figuren gemäß der Patentschrift.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Auf die am 7. Februar 2009 eingereichte Patentanmeldung ist das Pa-
tent 10 2009 008 019 mit der Bezeichnung „Getriebesteuerplatte“ erteilt und die
Erteilung am 11. November 2010 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 10. Februar 2011,
eingegangen am selben Tage, Einspruch erhoben. Zur Begründung hat die Ein-
sprechende u. a. ausgeführt, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber
dem Stand der Technik nach
D5: DE 10 2008 062 829 A1 sowie
D6: US 5 582 415 A
nicht die erforderliche Neuheit aufweise.
Die Patentinhaberin hat das Patent mit am 20. Dezember 2012 eingegangenem
Schriftsatz vom 18. Dezember 2012 verteidigt und ferner zwei Hilfsanträge I und II
mit gleichem Datum vorgelegt.
Die Einsprechende hat daraufhin weitere Dokumente vorgelegt und auch die Ge-
genstände der Hilfsanträge I und II nicht für patentfähig erachtet sowie deren
Ausführbarkeit in Frage gestellt. Zu den Ansprüchen gemäß Hilfsanträgen I und II
hat die Einsprechende ferner unzulässige Erweiterung geltend gemacht. Sie hat
den Widerruf des Patents beantragt.
Neben den o. g. Druckschriften D5 und D6 hat sich die Einsprechende auf die im
Prüfungsverfahren bereits genannten Druckschriften, nämlich die
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D1:
DE 10 2007 019 946 A1
D2:
DE 198 21 350 A1
D3:
E… AG: Metaloflex
®
-Metalllagen-Zylinderkopfdichtungen,
Ausgabe 09/2007, Dettingen 2007, Seiten 1 bis 22. Firmenschrift
D4:
DE 10 2005 022 956 A1
noch auf die folgenden Druckschriften bezogen:
D7:
DE 100 18 290 A1
D8:
EP 1 992 847 A1
D9:
US 7,059,609 B1
D10:
DE 196 41 491 A1
D11:
DE 199 24 260 A1
D12:
DE 100 60 555 A1
D13.
US 5,000,464
D14a: Technische Zeichnung der Dichtung mit der R… Bauteil
Nr. …
D14b: Lieferschein vom 29. Dezember 2008 der Dichtung mit der R…
Bauteil-Nr. …
D14c: Vergrößerter Ausschnitt aus der D14a
D14d: Auszug aus dem EDV-Warenwirtschaftssystem der R…
GmbH
D15a: Technische Zeichnung der Dichtung mit der M… Bauteil-
Nr. …
D15b: Lieferschein vom 25. Juni 2008 der Dichtung mit der M… Bauteil-
Nr. …
D16a: Technische Zeichnung der Dichtung mit der W… Bauteil-
Nr. …
D16b: Lieferschein vom 9. Januar 2006 der Dichtung mit der W… Bau-
teil-Nr. …
D17:
Auszüge aus der internen R…-Norm 1215
- 5 -
D18:
Lexikoneintrag zum Begriff „Labyrinth“
D19:
Artikel aus Themenlexikon, GEO Gruner + Jahr AG & Co KG, 2007
D20a-d: Techn. Zeichnung der Dichtung mit D… Bauteil-Nr. … für
Lieferung an F…
D20e: Rechnungen über Lieferungen der Dichtung mit D… Bauteil-
Nr. … an F…
D21:
JP 10159649
D22:
EP 0 833 088 A1
D23:
DE 10 2006 008 270 A1
D24:
EP 0 509 672 A1
D25:
EP 1 182 385 A2
D26:
EP 1 693 606 A1
Die Patentinhaberin hat die Aufrechterhaltung des Patents beantragt, bzw. hilfs-
weise das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 6 nach Hilfsantrag I sowie weiter
hilfsweise das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag II beschränkt
aufrecht zu erhalten.
Die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in der Anhö-
rung vom 5. November 2014 den Widerruf des Patents beschlossen.
In den Beschlussgründen vom 4. März 2015 hat die Patentabteilung ausgeführt,
dass die Ausführbarkeit des Patentgegenstandes nicht in Zweifel stehe, jedoch
der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Tech-
nik nach D5 (DE 10 2008 062 829 A1) nicht die erforderliche Neuheit aufweise.
Die Patentansprüche 1 gemäß Hilfsantrag I und II seien nicht zulässig, da sie
jeweils eine unzulässige Erweiterung enthalten würden, die darin bestehe, dass
der Bereich der Sickenhöhe mit 0,10 bis 0,15 mm angegeben werde ohne zusätz-
lich die Funktionslagenstärke von 0,15 mm anzugeben, auf die die beanspruchte
Sickenhöhe in den ursprünglichen Unterlagen durch die Verknüpfung „Bei derarti-
ger Dimensionierung …“ beschränkt sei.
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Gegen diesen Beschluss der Patentabteilung richtet sich die Beschwerde der Pa-
tentinhaberin, mit der sie zunächst neue Hilfsanträge I bis III vom 11. August 2015
vorgelegt hat. Diese hat sie im Laufe des Beschwerdeverfahrens zunächst durch
Hilfsanträge I bis VII vom 10. Juli 2018 ersetzt. In der mündlichen Verhandlung
vom 19. Juli 2018 hat sie neue Hilfsanträge II bis VII vorgelegt. Im Laufe der Ver-
handlung hat sie den Hauptantrag und die Hilfsanträge I und II nicht aufrecht er-
halten. Statt dessen verfolgt sie als Hauptantrag nunmehr den neu eingereichten
Anspruchssatz
mit der Bezeichnung „Hilfsantrag III“ vom 19. Juli 2018
(im Folgenden:
„Hauptantrag“) bestehend aus den Patentansprüchen 1 und 2 und
die neu eingereichten Hilfsanträge IV bis VII als Hilfsanträge.
Der geltende, nunmehr als Hauptantrag weiter verfolgte Patentanspruch 1 lautet:
„Getriebesteuerplatte (1) für elektro-hydraulisch betätigbare Fahr-
zeuggetriebe, mit Durchgängen (5), die in einem einer Labyrinth-
struktur entsprechenden Muster angeordnet sind, und mit einer
Dichtungsanordnung, die entlang der Labyrinthstruktur verlau-
fende Dichtlinien bildet, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bildung
der Dichtungsanordnung an zumindest einer Seite der Getriebe-
steuerplatte (1) eine metallische Funktionslage (7, 9) mit dem
Muster der Labyrinthstruktur entsprechend Durchgängen (5) und
mit aus der Ebene der Lage ausgeformten Mikrosicken (11) vor-
gesehen ist, die die Dichtlinien bilden, und
dass die Getriebesteuerplatte mit einem metallischen Träger und
beidseits daran anliegenden Funktionslagen ein System in der Art
einer metallischen Flachdichtung bildet und dass die Mikrosi-
cken (11) in Form von Vollsicken mit einer Sickenhöhe im Bereich
von 0,10 bis 0,15 mm und mit einer Breite im Bereich von 1 mm
bis 2,5 mm ausgebildet sind, und dass die Funktionslagen (7, 9)
mit einer Stärke von 0,15 mm vorgesehen sind, und dass der me-
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tallische Träger (3) mit einer Stärke im Bereich von 1 mm bis
2 mm vorgesehen ist.“
Wegen des auf Anspruch 1 nach Hauptantrag rückbezogenen Patentanspruchs 2
sowie auf die hilfsweise noch weiter geltenden Anspruchssätze gemäß den Hilfs-
anträgen IV bis VII wird auf die Akten verwiesen.
Die Patentinhaberin überreicht in der mündlichen Verhandlung auch an den An-
spruchssatz nach Hauptantrag angepasste Beschreibungsteile, nämlich ange-
passte Absätze [0009] bis [0013] und einen Abs. [0022], bei dem die letzten vier
Zeilen des Inhalts „Wie Fig. 4 zeigt, sind beim vorliegenden Beispiel Vollsi-
cken (11) mit einer Breite B von 2 mm vorgesehen, während die mit H bezeichnete
Sickenhöhe 2 mm beträgt“ gestrichen worden sind.
Zum Ausdruck „Mikrosicken“, der eine besonders klein gestaltete Sicke be-
schreibt, legt die Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren noch die folgenden
druckschriftlichen Dokumente vor:
D27:
Meyers Lexikon der Technik und der exakten Naturwissenschaften,
1970 (Auszug)
D28:
Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2001 (Auszug).
Zu Anspruch 1 des geltenden Anspruchssatzes nach Hauptantrag trägt die Pa-
tentinhaberin vor, dass durch die dort gewählten Formulierungen, Merkmalskom-
binationen und Streichungen von Ausdrücken wie „etwa“ bzw. „im Bereich von“
u. a. exakte Bemaßungen beansprucht seien, durch die gegenüber dem Stand der
Technik nach D5 (ältere Anmeldung) die erforderliche Neuheit hergestellt werde.
Der Gegenstand nach dem geltenden Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sei auch
gegenüber dem übrigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und be-
ruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
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Zu den in den geltenden Anspruch 1 aufgenommenen Merkmalen aus dem erteil-
ten Anspruch 3 erklärt die Patentinhaberin, dass der ehemals „sprachlich verun-
glückte“ Anspruch 3 durch Einfügung des Ausdrucks „und“ nach „metallischen
Träger (3)“ in dem nunmehr in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmal eine
technisch sinngebende und verständliche Fassung erfahre.
Die Patentinhaberin überreicht in der mündlichen Verhandlung vergrößerte kolo-
rierte Auszüge aus der Werkszeichnung nach D20 und trägt hierzu vor, dass die
„echte“ Sickenhöhe deutlich über dem beanspruchten Höchstwert liege und 0,19
bis 0,22 mm betrage.
Auch die Sickenhöhe nach D14 liege mit 0,18 mm über der im geltenden An-
spruch 1 beanspruchten oberen Grenze, während die E3 lediglich Halbsicken
zeige.
Auch der Stand der Technik nach D5 lehre eine größere Sickenhöhe.
Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag (überschrieben mit „Hilfsantrag III“)
beschreibe nach alldem ein „Wertetriple“, bei dem alle Bemaßungen aufeinander
abgestimmt seien. Insbesondere sei die Sickenhöhe dort kleiner oder höchstens
gleich der Funktionslagenstärke, wobei die stärker dimensionierte Trägerlage ge-
gen ein Verbiegen der weichen Funktionslagen wirke.
Die Patentinhaberin trägt zum Stand der Technik nach D6 noch vor, dass auch der
Absatz in Spalte 11, Zeilen 22 ff. auf die dort offenbarte Lehre gerichtet sei (vgl.
„present invention“). Diese betreffe bereits gemäß Spalte 1, Zeilen 56 ff. dieser
Entgegenhaltung vorrangig ein „patern printing“, also den musterartigen Aufdruck
eines dichtenden Materials auf Metallplatten und dies bei allen Ausführungsbei-
spielen, auch bei Getriebesteuerplatten. So werde gemäß Spalte 10, Zeilen 34 ff.
und Spalte 11, Zeilen 8 bis 12 ein Musterdruck mit einer dichtenden Lage offen-
bart, welcher bei einer Getriebesteuerplatte den Stegen der Platte folge, ohne
dass die Dichtmasse mit dem Fluid in den Kanälen in Kontakt komme. Auch der
Absatz in Spalte 11, Zeilen 22 ff. beziehe sich auf „pattern printing“-Verfahren.
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Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin stellt die Anträge,
den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 5. November 2014 aufzuheben und das Patent
10 2009 008 019 gemäß Hilfsantrag III, eingereicht in der mündli-
chen Verhandlung vom 19. Juli 2018 beschränkt aufrechtzuerhal-
ten.
hilfsweise das Patent 10 2009 008 019 gemäß Hilfsanträgen IV bis
VII eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2018
beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie widerspricht dem Vorbringen der Patentinhaberin und legt im Beschwerde-
verfahren noch die folgenden Druckschriften und Firmendokumente vor:
D29:
DE 10 2004 058 646 A1
D30:
DE 20 2006 016 707 U1
D31:
Lieferscheine A bis F zur Dichtung der R… Teile Nr. …
und Technische Zeichnung G zur R… Teile Nr.
Ohne weitere Nummerierung werden ferner zur Frage der Fügung von Dichtungs-
platten an Getriebesteuerplatten mittels Verkleben die Druckschriften
DE 38 31 255 A1 sowie
US 3 495 604 A
vorgelegt.
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Ferner führt die Einsprechende im Beschwerdeverfahren zum Themenbereich
Bauraummenge, Trägerlagendicke und Beschichtungen bei Flachdichtungen noch
die folgenden Dokumente in das Verfahren ein:
E1:
D 10 2005 025942 A1
E2a:
technische Zeichnung B… T… FD für die Teile …
E2b1:
Lieferschein 70062663 zu Teil … vom 2. Februar 2004
E2b2:
Lieferschein 70065896 zu Teil … vom 27. Februar 2004
E2b3:
Lieferschein 70043357 zu Teil … vom 17. Oktober 2002
Zur Frage der bei Flachdichtungen üblichen Trägerdicken führt die Einsprechende
noch die folgenden Dokumente in das Verfahren ein:
E3a:
technische Zeichnung V… …für die Teile …
und …
E3b1:
Lieferschein 70287592 zu Teil … vom 11. September 2006
E3b2:
Lieferschein 70067435 zu Teil … vom 25. Februar 2004
E3b3:
Lieferschein 70013321 zu Teil … vom 12. Mai 2003
E4a:
technische Zeichnung F… für die Teile … in den
Varianten -80, -81, -82 und -83 mit aufsteigenden Trägerlagendicken
von 1,00 mm, 1,100 mm, 1,30 mm und 1,40 mm
E4b1-26:26 Lieferscheine zu den Teilen … von 1998 bis
2007
Zur Nutzung von Beschichtungen in Funktionslagen von Flachdichtungen verweist
die Einsprechende noch auf folgende Dokumente:
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E5a:
technische Zeichnung M… Mehrlochdichtung für Teil
E5b1:
Lieferschein 70498673 zu Teil …vom
7. August 2008
E5b2:
Lieferschein 70508564 zu Teil … vom
18. September 2008
E6a:
technische Zeichnung M… Metalldichtung, mehrlagig
für Teil …
E6b1:
Lieferschein 70442770 zu Teil … vom
15. Februar 2008
E6b2:
Lieferschein 70452879 zu Teil …vom 14. März 2008
E6b3:
Lieferschein 70426256 zu Teil … vom
17. Dezember 2007
E6b4
Lieferschein 70400987 zu Teil … vom
21. September 2007
Zu den Einlassungen der Patentinhaberin und Beschwerdeführerin führt die Ein-
sprechende allgemein aus, dass enge Bauraumverhältnisse nicht nur bei Getrie-
besteuerplatten vorlägen, sondern dass diese in gleicher Weise auch z. B. bei Zy-
linderkopfdichtungen und deren abzudichtenden Öffnungen wie Brennraumöff-
nungen und/oder Kühlkanälen vorlägen.
Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag beschreibe lediglich das System einer
Art metallischen Flachdichtung, welches zum einen durch die Getriebesteuerplatte
und zum anderen durch die daran anliegenden Funktionslagen gebildet werde, so
dass der Anspruch lediglich die Getriebesteuerplatte ohne die daran anliegenden
Funktionslagen in seinem Oberbegriff unter Schutz stelle, so dass die Merkmale
der Funktionslagen daher unbeachtlich bleiben müssten.
Zur Frage der Ausführbarkeit und Klarheit der patentgemäßen Lehre trägt die Ein-
sprechende in Bezug auf den Begriff „Labyrinthstruktur“ vor, dass die von der
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Patentinhaberin neuerlich eingeführte Definition „als verworrene oder schwierig zu
beschreibende Struktur“ einerseits zu Lasten der Klarheit gehe und andererseits
eine „verworrene“, also gemäß Duden „wirre, in hohem Grade unklare, unüber-
sichtliche bzw. konfuse“ Struktur, für den Verlauf der Fließkanäle bzw. Durchfüh-
rungen an der Oberfläche von Getriebesteuerplatten nicht zutreffe. Damit sei aber
auch nicht hinreichend offenbart und klar, wie eine entsprechende Getriebesteu-
erplatte ausgestaltet sein soll, auch im Hinblick auf die Lage der Durchgänge. Dies
gehe zu Lasten der Ausführbarkeit.
Die Einsprechende macht ferner unzulässige Erweiterung im Hauptanspruch gel-
tend bezüglich der Ausdrücke, dass „zur Bildung der Dichtungsanordnung an
zumindest einer Seite der Getriebesteuerplatte eine metallische Funktionslage“
vorgesehen sei und dass die Getriebesteuerplatte mit einem metallischen Träger
und beiderseits daran anliegenden Funktionslagen ein System „in der Art einer
metallischen Flachdichtung bildet“. Mit einer derartigen Formulierung würden Ge-
triebesteuerplatten mit beidseitig jeweils einer Funktionslage geschützt, wobei
nach dem ersten Merkmal lediglich eine dieser beiden Funktionslagen Mikrosicken
aufweisen müsse. Offenbart sei demgegenüber in den Absätzen [0009] und [0010]
der Beschreibung eine Getriebesteuerplatte, an der beiderseits eine Funktionslage
mit angeformten Mikrosicken angeordnet sei.
Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit führt die Einsprechende in Bezug auf den
geltenden Anspruch 1 gemäß Hauptantrag aus, dass der Gegenstand der D6 an
sich Flachdichtungen betreffe, auch für Zylinderkopfdichtungen sowie zur Abdich-
tung von Rohrkrümmern. Wie insbesondere aus Spalte 11, Zeilen 25 ff. der D6
ersichtlich sei, betreffe die Offenbarung dieser Entgegenhaltung alle metallischen
Dichtungssysteme, so dass der Fachmann hieraus Anregungen zur Ausgestaltung
von Flachdichtungen aller Art erhalten könne. Außerdem sehe sich der maßgebli-
che Fachmann ohnehin bei Zylinderkopfdichtungen um, um nach Lösungen für
Getriebesteuerplatten zu suchen. Auch lehre die D6 bereits mit Sicken versehene
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Platten (vgl. Sp. 1, Zeile 23), so dass diese Druckschrift auch als Ausgangspunkt
für die patentgemäße Getriebesteuerplatte Verwendung finden könne.
Die Bemaßungen der Sicken bezüglich der im geltenden Anspruch 1 nach Haupt-
antrag geforderten Bereiche der Sickenhöhe und Sickenbreite sowie der Stärke
der Funktionslagen seien durch den Stand der Technik bereits vorweg genommen
oder zumindest nahe gelegt. Die Einsprechende verweist hier beispielhaft auf zu
geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen beigelegte Werkszeichnungen
gemäß D20a, D14a und E3a. So weise die Werkszeichnung gemäß D20a eine
Sickenbreite von 1 bis 2 mm sowie eine Sickenhöhe von 0,12 bis 0,22 mm auf.
Auch die Stärke des metallischen Trägers liege im beanspruchten Bereich, so
dass die Sickenbemaßungen nach dem geltenden Anspruch 1 gemäß Hauptan-
trag bereits durch die Fachrichtung für Zylinderköpfe nach der D20a vorweg ge-
nommen werde. Diese Bemaßung sei im Stand der Technik üblich, denn auch bei
den Werkszeichnungen nach D14a und E3a unterscheide sich die Funktionsla-
genstärke mit 0,2 mm nur geringfügig von dem höchsten Wert des im Anspruch 1
angegebenen Bereichs von 0,15 mm, ähnlich wie bei der Funktionslage nach E3a.
Auf den Einwand der Patentinhaberin, wonach die aus D20a heran gezogene
Sicke eigentlich ein Stopper sei und die „echte“ Sickenhöhe dort mit 0,19 bis
0,28 mm und damit deutlich außerhalb des beanspruchten Bereichs gelegen sei,
trägt die Einsprechende vor, dass die herangezogene Sicke eine Stützsicke sei.
Bei Betrachtung der von der Patentinhaberin angesprochenen Sicke sei der nied-
rigste Wert mit 0,19 mm nicht sehr weit von dem beanspruchten Wertebereich
nach Anspruch 1 mit 0,15 mm entfernt, so dass auch dieser Unterschied eine er-
finderische Tätigkeit nicht begründen könne. Im Übrigen müsse immer eine Tole-
ranz von 0,05 mm in Betracht gezogen werden, so dass man dann wieder den
Bereich des Streitpatents erreichen könne. Außerdem sei zu einer besonderen
Wirkung einer Sickenhöhe von maximal 0,15 mm nichts vorgetragen oder be-
schrieben.
Eine Trägerlagenstärke von 1 bis 2 mm lasse sich aus der Beschreibung einer
metallischen Flachdichtung, insbesondere Zylinderkopfdichtung, gemäß D11 her-
- 14 -
leiten. Außerdem wähle der Fachmann die Dichtungslagenstärke so, wie es zur
Lösung der ihm gestellten technischen Aufgabe notwendig sei.
Die Einsprechende weist ferner darauf hin, dass die Streichung der letzten vier
Zeilen in Abs. [0022] der patentgemäßen Beschreibung zu einer unzulässigen Än-
derung führe, denn dadurch werde der Spielraum für die Auslegung des Patentan-
spruchs gegenüber der ursprünglichen Offenbarung verändert.
Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist begründet und führt zu der be-
schränkten Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents gemäß dem zuletzt als
Hauptantrag verfolgten Hilfsantrag III.
Gegenstand des Streitpatents ist nach dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß
Hauptantrag eine Getriebesteuerplatte.
Getriebesteuerplatten werden gemäß Abs. [0002] der geltenden Beschreibung des
Streitpatents an Automatikgetrieben, die aufgrund ihrer umfangreichen Funktionen
elektrohydraulisch gesteuert werden, eingesetzt, um eine Mehrzahl von Fluidka-
nälen an Verbindungsstellen zwischen Gehäuseteilen gegeneinander abzudich-
ten, wobei die Fluidkanäle in unterschiedlichen Labyrinthstrukturen angeordnete
Fluidwege bilden.
Gemäß Abs. [0004] seien im Stand der Technik hierzu bereits
Dichtungsanordnungen bekannt geworden, bei denen das Dichtelement aus Me-
tall mit mindestens teilweise elastischen Sicken ausgebildet sei. Auch seien schon
aus Sicken gebildete Dichtlinienanordnungen bekannt geworden (Abs. [0005]), die
- 15 -
mindestens eine Dichtungslage mit mindestens einer Fluid-Durchgangsöffnung
sowie mindestens eine Filtersieblage umfassen.
Als problematisch wird es gemäß Abs. [0003] der geltenden Beschreibung erach-
tet, dass bei der dichten Packung der Labyrinthstrukturen an manchen Flächenbe-
reichen zwischen den abzudichtenden Bereichen lediglich eine geringe, von der
Dichtungsanordnung nutzbare Dichtfläche von 3 mm bis 5 mm Breite zur Verfü-
gung stehe und es daher schwierig sei, eine einwandfreie und betriebssichere Ab-
dichtung zu realisieren.
Im Hinblick darauf liegt dem Streitpatent gemäß Abs. [0006] der geltenden Be-
schreibung die Aufgabe zugrunde, eine Getriebesteuerplatte zur Verfügung zu
stellen, die sich selbst bei Labyrinthstrukturen dichter Packung durch eine beson-
ders gute Dichtungswirkung auszeichnet.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschreibt demgemäß eine
Getriebesteuerplatte für elektro-hydraulisch betätigbare Fahrzeuggetriebe mit den
folgenden Merkmalen:
1. Die Getriebesteuerplatte (1) weist Durchgänge (5) auf, die in einem
einer Labyrinthstruktur entsprechenden Muster angeordnet sind.
2. Die Getriebesteuerplatte (1) weist eine Dichtungsanordnung auf, die
entlang der Labyrinthstruktur verlaufende Dichtlinien bildet.
2.1 Zur Bildung der Dichtungsanordnung ist an zumindest ei-
ner Seite der Getriebesteuerplatte (1) eine metallische
Funktionslage (7, 9) vorgesehen.
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2.1.1 Die metallische Funktionslage (7, 9) ist mit dem Mus-
ter der Labyrinthstruktur entsprechenden Durchgän-
gen (5) vorgesehen.
2.1.2 Die metallische Funktionslage (7, 9) ist mit aus der
Ebene der Lage ausgeformten Mikrosicken (11) vor-
gesehen, die die Dichtlinien bilden.
2.1.3 Die Getriebesteuerplatte (1) bildet mit einem metalli-
schen Träger (3) und beiderseits daran anliegenden
Funktionslagen (7, 9) ein System in der Art einer me-
tallischen Flachdichtung.
2.1.4 Die Mikrosicken (11) sind in Form von Vollsicken mit
einer Sickenhöhe im Bereich von 0,10 mm bis
0,15 mm ausgebildet.
2.1.5 Die Mikrosicken (11) sind mit einer Breite im Bereich
von 1 mm bis 2,5 mm ausgebildet.
2.1.6 Die Funktionslagen (7, 9) sind mit einer Stärke von
0,15 mm vorgesehen.
2.1.7 Der metallische Träger (3) ist mit einer Stärke im Be-
reich von 1 mm bis 2 mm vorgesehen.
Die Getriebesteuerplatte für elektro-hydraulisch betätigbare Fahrzeuggetriebe
weist nach Merkmal 1. Durchgänge auf, wobei diese, insoweit sie nicht Bohrungen
für Verbindungsschrauben darstellen, als Fluiddurchgänge die Verbindung zwi-
schen Steuerkanälen darstellen, die an den an die Getriebesteuerplatte angren-
zenden Gehäuseteilen in einer Labyrinthstruktur verlaufen (vgl. Abs. [0021] der
- 17 -
Beschreibung des Streitpatents). Der Ausdruck „Labyrinthstruktur“ wird im Streit-
patent nicht weiter definiert. Ausweislich der zeichnerischen Darstellungen in
Fig. 1 bis 3 der Streitpatentschrift ist darunter aber ein Wegsystem mit häufigen
Richtungsänderungen, Verzweigungen und sackgassenähnlichen Strukturen zu
verstehen. Die Getriebesteuerplatte weist nach Merkmal 2. eine Dichtungsanord-
nung auf, die entlang der Labyrinthstruktur, also entlang der an die Getriebesteu-
erplatte angrenzenden verschlungenen fluidführenden Steuerkanälen verlaufende
Dichtlinien bildet.
Zur Bildung einer derartigen Dichtungsanordnung ist an zumindest einer Seite der
Getriebesteuerplatte (d. h. es kann auch beidseitig der Getriebesteuerplatte sein)
eine metallische Funktionslage vorgesehen (Merkmal 2.1), die gemäß Abs. [0021]
der Beschreibung ein dünnes Metallblech, beispielsweise aus Federstahl, sein
kann. Dabei ist diese metallische Funktionslage mit dem Muster der Labyrinth-
struktur entsprechenden Durchgängen versehen (Merkmal 2.1.1). Die metallische
Funktionslage ist ferner nach Merkmal 2.1.2 mit aus der Ebene der Lage ausge-
formten Mikrosicken versehen, die die Dichtlinien bilden. Der Ausdruck „Mikrosi-
cke“ als solcher ist im Streitpatent nicht weiter definiert. In Abs. [0008] der Be-
schreibung wird zu den Mikrosicken lediglich ausgeführt, dass diese aus der
Ebene der Getriebesteuerplatte ausgeformt sind, wodurch dieses System mecha-
nisch stabil ist und die Möglichkeit bildet, eine sehr schmale Dichtlinie zu realisie-
ren, die eine einwandfreie Abdichtung auch an eng begrenzten Dichtflächen der
Labyrinthstrukturen ermöglicht, wobei sich eine derartige Mikrosicke auch an
Bauteilunebenheiten plastisch anpasst. Somit ist unter „Mikrosicke“ eine aus der
Ebene ausgeformte Struktur zu verstehen, die von ihrer Dimensionierung her an
beengte räumliche Verhältnisse angepasst ist.
Nach Merkmal 2.1.3 bildet die patentgemäße Getriebesteuerplatte nach dem gel-
tenden Anspruch 1 gemäß Hauptantrag eine Art Einheit aus einer metallischen
Trägerschicht und beiderseits daran anliegenden Funktionslagen, wie diese in den
- 18 -
Merkmalen 2.1 bis 2.1.2 beschrieben sind, die ein System in der Art einer metalli-
schen Flachdichtung darstellt.
Im Merkmal 2.1.3 werden die Mikrosicken einerseits als Vollsicken gekennzeich-
net, welche gemäß Abs. [0023] der geltenden Beschreibung schmale Dichtlinien
bilden können, die eine sichere Abdichtung gewährleisten, und andererseits in
ihrer Höhe mit Bemaßungsgrenzen im Bereich von 0,10 mm bis 0,15 mm definiert
werden, während Merkmal 2.1.5 die Breite dieser Mikrosicken in einem Bereich
von 1 mm bis 2,5 mm festlegt.
Die Funktionslagen selbst, aus denen die Mikrosicken heraus geformt sind (vgl.
Merkmale 2.1.2), sind gemäß Merkmal 2.1.6 mit einer Stärke von (exakt) 0,15 mm
ohne Angabe eines Bereiches definiert und weisen damit eine Stärke auf, die ma-
ximal gleich der (maximalen) Sickenhöhe (vgl. Merkmal 2.1.4) oder größer als
diese ist.
In Merkmal 2.1.7 wird die Stärke des metallischen Trägers, der gemäß Abs. [0011]
der geltenden Beschreibung als Trägerelement des Systems beschrieben wird, in
dem Bereich von 1 mm bis 2 mm festlegt.
2. Als maßgeblicher Fachmann ist ein Maschinenbauingenieur mit
Fachhochschulabschluss im Bereich der Getriebesteuerungs- und der Flachdich-
tungstechnik anzusehen.
3. Die Patentansprüche 1 und 2 nach Hauptantrag beruhen auf der ursprüngli-
chen und erteilten Offenbarung gemäß den ursprünglichen Unterlagen bzw. den
erteilten Unterlagen gemäß Streitpatentschrift DE 10 2009 008 019 B3 und sind
daher zulässig. Die geltende Beschreibung ist dem neu formulierten Anspruch 1
nach Hauptantrag in zulässiger Weise angepasst worden.
Die Merkmale 1 bis 2.1.2 des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag
(vgl. Merkmalsgliederung nach II.1) beruhen auf dem ursprünglichen bzw. dem er-
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teilten Anspruch 1. Das Merkmal 2.1.3 findet seine Stütze in der ursprünglichen
Beschreibung, Seite 2, Zeile 28 bis Seite 3, Zeile 3 bzw. den Absätzen [0009] und
[0010] der Beschreibung gemäß Streitpatentschrift. Die Merkmale 2.1.4 und 2.1.5
bezüglich der Dimensionierung der Mikrosicken in Höhe und Breite gehen auf die
ursprüngliche Beschreibung, Seite 3, Zeilen 12 bis 15 bzw. auf Abs. [0013] der
Beschreibung gemäß Streitpatentschrift zurück, während das Merkmal 2.1.6 be-
züglich der Funktionslagenstärke seine Stütze in der ursprünglichen Beschrei-
bung, Seite 3, Zeilen 9 und 10 bzw. in Abs. [0012] der Beschreibung der Streitpa-
tentschrift findet. Das Merkmal 2.1.7 bezüglich der Stärke des metallischen Trä-
gers ist in der ursprünglichen Beschreibung, Seite 3, Zeilen 5 bis 7 bzw. in den
erteilten Unterlagen gemäß Streitpatentschrift, Abs. [0011] offenbart.
Die Merkmalskombination nach dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Haupt-
antrag stellt nach alledem eine zulässige Beschränkung des Gegenstandes der
erteilten Fassung dar.
Das Merkmal des auf den geltenden Anspruch 1 rückbezogenen Patentan-
spruchs 2 nach Hauptantrag findet seine Stütze in der ursprünglichen Beschrei-
bung, Seite 3, Zeilen 5 bis 7 bzw. in der Beschreibung gemäß Streitpatentschrift,
Abs. [0011], so dass auch dieser Anspruch zulässig ist.
Anders als die Einsprechende vorträgt, steht dabei die Formulierung im An-
spruch 1, Merkmal 2.1, wonach „an zumindest einer Seite der Getriebesteuerplatte
eine metallische Funktionslage vorgesehen“ ist, nicht im Widerspruch zu Merkmal
2.1.3, wonach beiderseits des metallischen Trägers daran anliegende Funktions-
lagen vorgesehen sind, denn das Merkmal 2.1.3 bildet die im oberbegrifflichen
Merkmal 2.1 angegebene Möglichkeit „an zumindest einer Seite“, der bereits eine
beidseitige Anbringung einer Funktionslage innewohnt, lediglich in üblicher Weise
einer Anspruchsformulierung weiter. Dazu stehen dann auch die Absätze [0009]
und [0010] nicht in Widerspruch, sondern bilden eine Offenbarungsstütze für das,
- 20 -
was im oberbegrifflichen Merkmal 2.1 bereits angelegt und in Merkmal 2.1.3 dann
konkretisiert ist.
Die von der Einsprechenden ferner gerügte Streichung der letzten vier Zeilen in
Abs. [0022] der Beschreibung gemäß Streitpatentschrift kann eine unzulässige
Änderung nicht bewirken, denn die dort (fälschlicherweise) angegebene Sicken-
höhe von 2 mm (gleich groß wie die dort ebenfalls angegebene Sickenbreite) ist
nicht Gegenstand der geltenden Patentansprüche 1 und 2 nach Hauptantrag.
Nachdem die Sickenhöhe in Merkmal 2.1.4 des geltenden Anspruchs 1 klar für
einen Wertebereich von 0,10 mm bis 0,15 mm definiert ist – im Anspruch 2 kommt
diese nicht vor –, kann weder das Vorhandensein dieser vier Zeilen in der Be-
schreibung noch deren Streichung die Auslegung der im Anspruch 1 gegebenen
Lehre in irgend einer Weise beeinflussen. Zudem können Rechte lediglich aus der
insoweit klaren und auch nicht auslegungsbedürftigen Bemessungsangabe von
Grenzwerten eines Bereichs gemäß Merkmal 2.1.4 hergeleitet werden, so dass
die Streichung dieser Zeilen Klarheit verschaffen mag, aber den Schutzbereich
des Patents nach dem geltenden beschränkten Anspruch 1 gemäß Hauptantrag in
keiner Weise beeinflusst.
Der Fachmann erkennt ohne weiteres, dass es sich bei der Maßangabe für die
Sickenhöhe um einen offensichtlichen Fehler handelt. Denn der Satz, in dem
diese Maßangabe steht, nimmt ausdrücklich Bezug auf Figur 4 („Wie Fig. 4 zeigt,
…“). Figur 4 zeigt jedoch keine Sicke, deren Breite und Höhe gleich groß sind.
Vielmehr ist die in Figur 4 gezeigte Sicke wesentlich breiter als hoch. Somit be-
deutet die Streichung in Abs. [0022] lediglich die zulässige Beseitigung eines of-
fensichtlichen Fehlers in der Beschreibung. Da der Fachmann diesen offensichtli-
chen Fehler auch in den ursprünglichen Unterlagen sofort erkennt, führt die Strei-
chung nicht zu einer unzulässigen Änderung gegenüber den ursprünglichen Un-
terlagen.
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4. Der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag
ist so deutlich und vollständig offenbart, dass der maßgebliche Fachmann diesen
ausführen kann.
Der Vorhalt der Einsprechenden, wonach der Anspruch 1 lediglich die Getriebe-
steuerplatte ohne die daran anliegenden Funktionslagen beschreibe, trifft nicht zu.
Vielmehr sind die Funktionslagen integraler Bestandteil des im geltenden An-
spruch 1 nach Hauptantrag beschriebenen Gegenstandes, denn dessen Merk-
male 2.1 bis 2.1.6 (vgl. II.1.) sind allesamt auf die Funktionslagen bzw. deren we-
sentliche Strukturen (Mikrosicken) gerichtet. Irreführend könnte allenfalls die Be-
zeichnung „Getriebesteuerplatte“ sein, denn der im Anspruch 1 gekennzeichnete
Gegenstand betrifft genau genommen eine Dichtungsplatte für Getriebesteuer-
platten. Diese Unschärfe erschließt sich jedoch dem maßgeblichen Fachmann
(vgl. II.2.) bei der Lektüre der Patentschrift und der Betrachtung der Zeichnungen
sofort, denn bei einer Getriebesteuerplatte würde er Fluidkanäle usw. erwarten,
die in der Zeichnung nicht dargestellt sind. Allerdings sind Funktionslagen mit
dichtenden Sicken dargestellt und beschrieben, die den verschlungenen Wegen
der Fluidkanäle folgen. Daher erschließt sich der beschriebene Gegenstand dem
Fachmann sofort und ohne weiteres. Im Übrigen spricht auch die ständige Recht-
sprechung dem Patent die Definitionshoheit über die dort verwendeten Begriffe zu,
indem sie das Patent zu seinem eigenen Lexikon erklärt (BGH GRUR 1999, 909-
914 Rdnr. 53 – Spannschraube).
Ein weiterer Einwand der Einsprechenden ist auf den Begriff „Labyrinthstruktur“
gerichtet, zu dem sie ausführt, dass eine von der Patentinhaberin hierzu gegebene
Definition in Richtung einer verworrenen oder schwierig zu beschreibenden
Struktur einerseits zu Unklarheit führe und andererseits für die Fluidkanäle und
Durchführungen einer Getriebesteuerplatte auch nicht zutreffe, so dass die pa-
tentgemäße Getriebesteuerplatte nicht ausführbar sei. Dieser Einwand vermag
nicht durchzugreifen, denn mit „Labyrinthstruktur“ wird hier lediglich der erste Ein-
druck der Dichtlinienführung auf den Funktionslagen bildhaft beschrieben und
- 22 -
zwar dahingehend, dass dort enge Kanäle mit häufigen Richtungswechseln
(scheinbaren oder tatsächlichen) Sackgassen o. ä. von den abdichtend wirkenden
Mikrosicken der Funktionslagen abgebildet werden sollen. Eine bestimmte Füh-
rung von Fluidkanälen zu bestimmten Ventilen o. ä. hin ist zwar Voraussetzung für
die korrekte Funktion einer kompletten Getriebesteuerplatte. Eine solche ist jedoch
nicht Gegenstand des vorliegenden Patents, sondern lediglich die Abdichtungs-
elemente, die den Kanälen derjenigen Getriebesteuerplatte folgen, in der sie ein-
gesetzt werden und für die sie ausgelegt sind. Insoweit gibt der Begriff „Labyrinth-
struktur“ lediglich bildhaft den verschlungenen Verlauf der Dichtlinien wieder und
steht einer Ausführbarkeit der Funktionslagen im Hinblick auf eine bestimmte Füh-
rung der Fluidkanäle einer bestimmten Getriebesteuerplatte nicht entgegen. Im
Übrigen findet der Begriff „Labyrinth“ in Verbindung mit anderen Ausdrücken in der
Technik immer wieder Verwendung, wenn eine Struktur mit verschlungenen We-
gen kurz und prägnant beschrieben werden soll wie z. B. im Falle einer Labyrinth-
dichtung.
Dementsprechend ist für den maßgeblichen Fachmann auch die technische Aus-
sage des Merkmals 2.1.1 des geltenden Anspruchs 1 nach Hauptantrag klar ver-
ständlich, wonach die metallische Funktionslage mit dem Muster der Labyrinth-
struktur entsprechenden Durchgängen vorgesehen ist. Dieses Merkmal bezieht
sich auf Durchgänge in den dichtenden Schichten, die für den maßgeblichen
Fachmann durch einen Blick in die patentgemäßen Zeichnungen, Fig. 1 bis 3, klar
erkennbar in den Räumen zwischen den Mikrosicken, also den Räumen, die die
Kanäle der Getriebesteuerplatte abbilden, liegen müssen, jedenfalls insoweit sie
nicht die Durchführungen für die das Gesamtsystem verspannenden Schrauben
betreffen. Ziel der Offenbarung des Streitpatents ist es auch hier nicht, die genaue
Lage und Anzahl der Durchgänge festzulegen, denn diese sind wiederum abhän-
gig von der Ausgestaltung einer bestimmten Getriebesteuerplatte. Die Lehre des
Streitpatents ist jedenfalls nacharbeitbar und geeignet, ein Abdichtsystem mit
Funktionslagen, die ihrerseits abdichtende Mikrosicken tragen und Durchgänge
aufweisen, für jede beliebig ausgestaltete Getriebesteuerplatte bereit zu stellen,
- 23 -
an deren jeweiligen Verlauf der Fluidkanäle und Position der Durchgänge die
Funktionslagen mit ihrer Trägerlage dann im Einzelfall anzupassen sind.
Der Ausdruck „Labyrinthstruktur“ kann nach alledem die Ausführbarkeit der Lehre
des Streitpatents mit den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nicht in
Frage stellen.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist neu.
Von dem Gegenstand der nachveröffentlichten und deshalb lediglich zum Neu-
heitsvergleich heranzuziehenden D5 (DE 10 1008 062 829 A1) (ältere Anmeldung)
unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nach
Hauptantrag in der Bemaßung der Sickenhöhe gemäß Merkmal 2.1.4 (vgl. Merk-
malsgliederung in II.1), wonach die Sickenhöhe in einem Bereich von 0,10 bis
0,15 mm liegt, während die Sickenhöhe beim Stand der Technik nach D5 gemäß
Abs. [0012] i. V. m. Abs. [0059] rechnerisch bei 0,15 mm beginnt und bei 1,5 mm
endet, weil sie gemäß Abs. [0059] der D5 um einen Faktor von mindestens unge-
fähr 1,5 bis höchstens ungefähr 3 größer als die Dichtungslagenstärke sein soll,
wobei die Dichtungslagenstärke ihrerseits einen Wert von mindestens ungefähr
0,1 mm bei höchstens ungefähr 0,5 mm aufweisen soll (Abs. [0021]). Anders als
beim Stand der Technik nach D5 arbeitet die patentgemäße Funktionslage mit
einer Sickenhöhe, die kleiner oder allenfalls gleich der Funktionslagenstärke be-
messen ist (vgl. Merkmal 2.1.6: Funktionslagenstärke 0,15 mm), während in D5,
Abs. [0059] expressis verbis ausgeführt wird, dass die Sickenhöhe „um einen
Faktor von mindestens ungefähr 1,5 bis höchstens ungefähr 3 größer als die
Dichtungslagenstärke“, das ist die Funktionslagenstärke, ausgeführt sein soll.
Nach alledem unterscheidet sich der Patentgegenstand nach dem geltenden An-
spruch 1 gemäß Hauptantrag von der Hydrauliksystemsteuerplatte nach D5 in der
Bemessung der Sickenhöhe sowie in dem Verhältnis der Sickenhöhe zur Stärke
der Dichtungslage bzw. Funktionslagen.
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Durch die D6 (US 5 582 415) ist eine Getriebesteuerplatte bekannt geworden (vgl.
Spalte 9, Zeilen 60 ff., „EXAMPLE 3“ sowie Fig. 26 bis 32), bei der die Dichtungs-
anordnung aus einer einlagigen Metallplatte (100) oder aus einem Nichtmetall-
material besteht (Sp. 10, Zeilen 42 ff.), wobei diese Platte (100) beidseitig mit
dichtendem Material („coating layers“ 101, 102) beschichtet ist und zwar in Form
eines Musterdrucks („pattern printing“), welcher den Dichtlinien für die Ölkanäle
der Getriebesteuerplatten folgt (Spalte 10, Zeilen 27 bis 56). Anders als bei der
patentgemäßen Lösung werden die Dichtlinien bei der entgegengehaltenen Ge-
triebesteuerplatte nach D6 nicht durch aus der Ebene der metallischen Lage aus-
geformte (Mikro)sicken gebildet, sondern durch auch in entsprechenden Mustern
aufgedrucktes Dichtmaterial. Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag hat
demnach einen Gegenstand, der sich von der Getriebesteuerplatte zumindest in
Merkmal 2.1.2 bezüglich der aus der Ebene der Lage ausgeformten (Mikro)sicken
sowie in deren Bemaßung nach den Merkmalen 2.1.4 und 2.1.5 unterscheidet.
Ferner beschreibt der Anspruch 1 nach Hauptantrag in Merkmal 2.1.3 eine dreila-
gig aufgebaute metallische Flachdichtung, die Funktionslagen in einer bestimmten
Stärke sowie eine metallische Trägerschicht in einem bestimmten Stärkebereich
aufweist, so dass sich der Gegenstand nach dem geltenden Anspruch 1 gemäß
Hauptantrag von der Getriebesteuerplatte nach D6 zusätzlich noch in den Merk-
malen 2.1.3, 2.1.6 und 2.1.7 unterscheidet.
Die übrigen Ausführungsbeispiele der D6 sind auf metallische Zylinderkopfdich-
tungen, die zwischen Zylinderkopf und Zylinderblock (vgl. EXAMPLE 1, Spalte 4,
Zeilen 1 ff.) bzw. zwischen dem Zylinderkopf und einem Einlassrohrkrümmer des
Motors (vgl. EXAMPLE 2, Zeilen 65 ff.) angeordnet sind, so dass sich der Gegen-
stand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag hiervon schon durch seine auf eine Ge-
triebesteuerplatte gerichteten Merkmale 1. bis 2.1 und 2.1.3 unterscheidet.
Die in der mündlichen Verhandlung noch im Zusammenhang mit jeweils einer
geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung thematisierten Werkszeichnun-
gen gemäß Anlagen D20a, D14c und E3a sind allesamt auf Zylinderkopfdichtun-
- 25 -
gen und nicht auf Getriebesteuerplatten gerichtet, so dass sich der Gegenstand
nach dem geltenden Anspruch 1 gemäß Hauptantrag von den metallischen Zylin-
derkopfdichtungen nach D20a, D14c und E3a jeweils bereits in allen auf eine Ge-
triebesteuerplatte gerichteten Merkmalen, nämlich die Merkmale 1., 2., 2.1 und
2.1.3 unterscheidet. Die in den Werkszeichnungen angegebene Sickenhöhe liegt
bei Anlage D20a bei 0,19 bis 0,28 mm und bei D14c sowie E3a jeweils bei
0,18 mm und ist damit höher bemessen als der im geltenden Anspruch 1 nach
Hauptantrag in Merkmal 2.1.4 angegebene Wertebereich von 0,10 bis 0,15 mm,
so dass sich der Patentgegenstand nach dem geltenden Anspruch 1 zumindest
auch hierin von diesen technischen Lösungen unterscheidet.
Die in der mündlichen Verhandlung noch zur Stärke des metallischen Trägers er-
wähnte D11 (DE 199 24 260 A1) ist ebenfalls auf eine Zylinderkopfdichtung mit
einer zu einer Brennraum-Durchgangsöffnung hin ausgerichteten offenen Sicke
ober- und unterhalb eines dem Träger entsprechenden Dichtungsblocks gerichtet.
Damit unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag
von diesem Stand der Technik zumindest in allen auf eine Getriebesteuerplatte
gerichteten Merkmalen 1. bis 2.1 und 2.1.3, wobei zudem die Sickenhöhe der of-
fenen Sicken nicht angegeben ist. Von den Sicken nach D11 unterscheidet sich
die patentgemäße Lösung noch darin, dass die Sicken dort als Vollsicken ausge-
bildet sind, wie in Merkmal 2.1.4 zudem zum Ausdruck gebracht wird.
Der übrige im Verfahren befindliche Stand der Technik ist in der mündlichen Ver-
handlung von den Beteiligten nicht mehr aufgegriffen worden. Keine dieser Ge-
genstände von Druckschriften oder von Werkszeichnungen zu weiteren geltend
gemachten offenkundigen Vorbenutzungen vermag die Neuheit des geltenden
Anspruchs 1 nach Hauptantrag in Frage zu stellen, da diese entweder Zylinder-
kopfdichtungen oder ähnliche Durchlassabdichtungen betreffen oder im Falle der
D4 ein Verfahren zur Herstellung eines Steuergehäuseteils für eine
Getriebesteuerplatte aus Kunststoff ohne Bezugnahme auf eine Dichtungsanord-
nung über den Fluidkanälen beschreiben.
- 26 -
6. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1
gemäß Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der nächstkommende zur Frage der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehende
Stand der Technik wird durch die D6 (US 5 582 415 A) gebildet, die insoweit
– auch nach der Auffassung der Einsprechenden – den Ausgangspunkt darstellen
kann.
Durch die D6 ist u. a. auch eine Getriebesteuerplatte für elektrohydraulisch betä-
tigbare Fahrzeuggetriebe bekannt geworden (vgl. Sp. 9, Zeilen 60 ff. unter
„EXAMPLE 3“ sowie Fig. 26 bis 32), welche Durchgänge (93) (vgl. „oil holes“ in
Sp. 10, Zeile 13 sowie Fig. 26) aufweist, die in einem einer Labyrinthstruktur ent-
sprechenden Muster angeordnet sind (vgl. Fig. 26, „valve bodies“ (83, 84) mit da-
zwischen angeordneter Trennplatte (87) ((„separate plates“) gemäß Sp. 10, Zei-
len 5 ff.), so dass bei diesem Stand der Technik das Merkmal 1. des Anspruchs 1
nach Hauptantrag (vgl. Merkmalsgliederung in II.1) verwirklicht ist.
Auch weist die Getriebesteuerplatte nach D6 eine Dichtungsanordnung (z. B.
Platte (87) in Fig. 26) auf, die entlang der Labyrinthstruktur (der sog. „valve bo-
dies“ (z. B. 83, 84)) verlaufende Dichtlinien bildet, welche ihrerseits aus einem ge-
druckten Muster einer dichtenden Substanz auf der Platte gebildet sind (vgl.
Sp. 10, Zeilen 27 ff.), so dass auch Merkmal 2. beim Stand der Technik nach D6
erfüllt ist.
Eine metallische Funktionslage an zumindest einer Seite der Getriebesteuerplatte
gemäß Merkmal 2.1 wird dem Fachmann jedoch durch die D6 bereits nicht mehr
nahegelegt, denn die entgegengehaltene Dichtungsanordnung besteht aus ledig-
lich einer Platte („substrate 100“), die aus metallischen oder nichtmetallischen
Werkstoffen gefertigt sein kann (vgl. Sp. 10, Zeilen 43 ff.). Platten aus mehreren
Lagen sind nicht Gegenstand der D6 bezüglich Dichtungsanordnungen an Getrie-
besteuerplatten, so dass auch die der Labyrinthstruktur entsprechenden Durch-
gänge (93) zwar vorhanden sind, jedoch nicht in einer „Funktionslage“, sondern
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eben in der gesamten einlagigen Platte, so dass Merkmal 2.1.1 dem Fachmann
nicht vollumfänglich nahe gelegt wird.
Nachdem beim Stand der Technik nach D6 keine Funktionslage vorgesehen ist
und hierfür zur Bildung von Dichtlinien auch keine aus der Ebene dieser Lage aus-
geformten Mikrosicken vorgesehen sind – Dichtlinien nach D6 werden durch ein
aufgedrucktes Muster aus einer dichtenden Substanz gebildet (vgl. Sp. 10, Zei-
len 27 bis 41) - wird Merkmal 2.1.2 ebensowenig nahe gelegt wie Merkmal 2.1.3,
denn eine dreilagige Platte bestehend aus einem metallischen Träger und beider-
seits daran anliegenden Funktionslagen ist nicht Gegenstand der D6 bezüglich
Getriebesteuerplatten. Auch die Bemaßungen der Stärken der einzelnen Lagen
sowie der Sicken können dem Fachmann durch die D6 im Hinblick auf Getriebe-
steuerplatten schon deshalb nicht vermittelt werden, weil hier diese Strukturen
nicht vorhanden sind.
Nach alledem vermag das Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 26 bis 32 der D6, wel-
ches auf Getriebesteuerplatten gerichtet ist, dem Fachmann die Merkmale 1.2 bis
2.1.7 weder zu vermitteln noch nahezulegen, weil die dort beschriebenen Struktu-
ren (Funktionslagen, Mikrosicken, Träger) nicht Gegenstand der in D6 dargestell-
ten und beschriebenen Getriebesteuerplatte sind.
In weiteren Ausführungsbeispielen beschreibt die D6 zwar auch andere Dich-
tungsformen, die mehrlagig aufgebaut sein können (vgl. z. B. Fig. 11, 12) und Si-
cken enthalten können. Diese Dichtungsformen werden jedoch für andere Ein-
satzbereiche als Getriebesteuerplatten beschrieben. So wird ab Sp. 4, Zeile 1 ff.
unter „EXAMPLE 1“ eine metallische Dichtung beschrieben, die zwischen Zylin-
derkopf und Motorblock eines Verbrennungsmotors („V-6 engine“) positioniert ist.
Des Weiteren wird ab Sp. 8, Zeile 65 unter „EXAMPLE 2“ eine weitere metallische
Dichtung beschrieben, die zwischen Zylinderkopf und einem Rohrkrümmer einer
Verbrennungsmaschine positioniert ist. Alle diese ein- oder mehrlagig ausgebil-
deten Dichtungssysteme haben auch Sickenstrukturen. In ihrem Einsatzbereich
- 28 -
sind sie jedoch auf die o. g. Zwecke zur Abdichtung am Zylinderkopf von Verbren-
nungsmotoren beschränkt, während für die Dichtungsaufgaben an Getriebesteu-
erplatten ein anderes System ohne Sicken, aber dafür mit aufgedrucktem Muster
einer dichtenden Substanz – wie oben dargestellt – beschrieben wird.
Die in D6 dargestellten Dichtungssysteme haben sowohl als Zylinderkopfdichtung
als auch als Dichtplatten in Getriebesteuerplatten lediglich die punktuelle bzw.
musterartige Beschichtung der entscheidenden Bereiche der metallischen Dicht-
platten mit einer dichtenden Substanz gemeinsam. Hieraus ist nicht abzuleiten,
dass nach der Gesamtoffenbarung der D6 die Dichtungssysteme für Zylinderkopf-
dichtungen auf Dichtungsplatten übertragen werden könnten. Anders als die Ein-
sprechende vorträgt, regt dies auch nicht die von ihr mehrfach zitierte Beschrei-
bungsstelle gemäß Sp. 11, Zeilen 22 bis 30 an, denn auch dieser Textstelle ist
lediglich zu entnehmen, dass der übergeordnete Vorschlag der D6 („present in-
vention“), nämlich die punktuelle bzw. den Dichtlinien folgende Beschichtung
durch Musterdruck, sowohl bei Zylinderkopfdichtungen als auch bei abdichtenden
Trennplatten von Getriebesteuerplatten eingesetzt werden kann, ohne dass je-
doch die jeweiligen Strukturen, also die Sicken und der mehrlagige Aufbau bei Zy-
linderkopfdichtungen bzw. der einlagige Aufbau der Trennplatten bei Getriebe-
steuerplatten ohne Sickenstrukturen, gegeneinander ausgetauscht werden könn-
ten oder sollten.
Nach alledem kann die Gesamtheit der Offenbarung der D6 dem maßgeblichen
Fachmann die im geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag beschriebene Lehre
nicht nahe legen.
Der maßgebliche Fachmann würde auch ausgehend von einer einlagigen Dich-
tungsplatte in Getriebesteuerplatten, welche durch Musterdruck mit Dichtlinien aus
einer abdichtenden Substanz versehen ist, wie dies die D6 offenbart, nicht auf an-
dere und weitere Zylinderkopfdichtungen zurückgreifen, wie sie z. B. durch die
Werkszeichnungen nach D20a, D14c und E3a sowie durch die D11
- 29 -
(DE 199 24 260 A1) gekennzeichnet sind. Vielmehr würde ihn die den Ausgangs-
punkt bildende D6 gerade von derartigen Überlegungen abhalten, denn nach der
Lehre der D6 sind in Getriebesteuerplatten andere Dichtungssysteme zu verwen-
den als bei Zylinderkopfdichtungen.
Demnach kommt es nicht darauf an, ob die Bemaßung der Sickenhöhe z. B. bei
den Werkszeichnungen nach D14c und E3a mit 0,18 mm der patentgemäßen
Obergrenze zumindest von oben angenähert ist und die in diesen Werkszeich-
nungen jeweils gegebene Toleranz mit 0,05 mm noch dazu beitragen könnte, den
beanspruchten Wertebereich zu erreichen, wie die Einsprechende vorträgt. Auch
kommt es nicht darauf an, ob die Zylinderkopfdichtung nach D11 eine im patent-
gemäß eingetragenen Wertebereich liegende Stärke für eine Trägerlage erkennen
lässt.
Entscheidend ist es einzig, ob der maßgebliche Fachmann ausgehend vom Stand
der Technik nach D6 veranlasst war, sich zur Erreichung einer besonders guten
Dichtwirkung bei Labyrinthstrukturen dichter Packung im Stand der Technik bei
Zylinderkopfdichtungen nach Anregungen umzusehen. Dies ist vorliegend nicht
der Fall, denn die D6 schlägt schon eine für enge und dicht aneinander liegende
Labyrinthstrukturen geeignete Lösung in Form einer mit einem dichtenden Muster
bedruckten Platte vor, die ihrerseits raumsparender und auch mit anderen ab-
dichtend wirkenden Mitteln arbeitet als die in derselben Entgegenhaltung vorge-
schlagenen Zylinderkopfdichtungen, welche auch Sicken enthalten. So betrachtet
war der Fachmann durch die Lektüre der D6 eher noch abgehalten, zur Lösung
seines Problems mehrlagig aufgebaute und mit Sicken versehene Zylinderkopf-
dichtungen als Vorbild für eine Dichtungsanordnung in Getriebesteuerplatten in
Betracht zu ziehen.
Auch der übrige im Verfahren befindliche Stand der Technik, der thematisch weiter
abliegt, konnte dem Fachmann keine Anregungen im Hinblick auf eine Getriebe-
steuerplatte mit den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag vermitteln.
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Nachdem der Fachmann aus dem zur Frage der erfinderischen Tätigkeit heranzu-
ziehenden Stand der Technik keine Anregungen im Hinblick auf die in Anspruch 1
nach Hauptantrag beschriebene Lehre erhalten konnte und die nächstkommende
und den Ausgangspunkt bildende Druckschrift D6 ihn in Bezug auf Getriebesteu-
erplatten sogar in eine andere technische Richtung zur Lösung seines Problems
geführt hätte, bedurfte es zum Zeitrang des Streitpatents einer erfinderischen Tä-
tigkeit, um zur Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag zu gelangen.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat daher Bestand.
Mit dem tragenden Hauptanspruch hat auch der auf diesen rückbezogene Pa-
tentanspruch 2 Bestand, dessen Merkmal über rein fachübliches Handeln hinaus-
geht.
Nach alledem bedurfte es eines Eingehens auf die weiteren noch bestehenden
Hilfsanträge IV bis VII nicht mehr.
Angesichts der vorangegangenen Begründung musste auch den Umständen der
insgesamt geltend gemachten Benutzungshandlungen nicht mehr weiter nachge-
gangen werden, da deren durch Werkszeichnungen o. ä. dokumentierten Gegen-
stände dem Patentgegenstand nicht hinreichend nahe kommen und es daher auf
die Feststellung ihres Zeitrangs und des Nachweises ihrer Offenkundigkeit nicht
mehr ankommt.
- 31 -
III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die
Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 32 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Dr. Zehendner
Dr. Huber
Uhlmann
Brunn
Pr