Urteil des BPatG vom 06.08.2018

Urteil vom 06.08.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:060818B27Wpat52.16.0
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 52/16
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 024 437.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
6. August 2018 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und
die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
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beschlossen:
1. Die Beschwerde der Anmelderin zu 2 gilt als nicht eingelegt.
2. Die Beschwerde der Anmelderin zu 1 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Am 14. Februar 2014 ist das Zeichen
für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der
Klasse 41 zur Eintragung als Wort-/Bildmarke in das vom Deutschen Patent- und
Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden:
Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere zu Unterrichtszwecken, Lehrbü-
cher, Unterrichtshandbücher;
Klasse 41: Sprachunterricht, computergestützter Sprachunterricht.
Im Anmeldeformular ist unter Ziff. (3) „Anmelder“ der Name der Anmelderin zu 2
aufgeführt, während „Rechtsanwältin H…“ unter Ziff. (4)
dieses For-
mulars als „Vertreter des Anmelders“ eingetragen sowie auf einer dem Formular
gesondert beigefügten „Anlage weiterer Anmelder“ genannt ist.
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Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat das Deutsche Patent- und Markenamt
(DPMA), Markenstelle für Klasse 41, die Markenanmeldung wegen fehlender Un-
terscheidungskraft des angemeldeten Zeichens zurückgewiesen.
Gegen den am 22. Mai 2015 zugestellten Beschluss wurde im Namen der „Inha-
ber“ am 19. Juni 2015 Erinnerung eingelegt. In diesem Schriftsatz lautet die Be-
treff-Zeile: „Anmelderin: H…, Dr. T…“.
Mit weiterem Beschluss vom 22. Oktober 2015 hat das DPMA, Markenstelle für
Klasse 41, die Erinnerung gegen den vorgenannten Beschluss zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Zurückweisung der Anmeldung wegen
fehlender Unterscheidungskraft zu Recht erfolgt sei.
Das angemeldete Zeichen bestehe aus einer Kombination der Großbuchstaben
„RECHT“, „PRACHE“ mit dem Paragraphenzeichen, welches zwischen den bei-
den Buchstabenfolgen angeordnet sei. Aufgrund des Zeilenversatzes zwischen
den Buchstabenfolgen rage das Paragraphenzeichen, welches in der Höhe etwa
doppelt so hoch wie die beiden Buchstabenfolgen sei, nicht über diese hinaus und
besitze auch keine Unterlänge. Die beiden Buchstabenfolgen seien zweifarbig
voneinander abgesetzt. Da das Wort „RECHT“ in blauer und das Wort „PRACHE“
in grauer Farbe gehalten und das Paragraphenzeichen zweifarbig (nämlich blau
und grau) gestaltet sei, scheine das Paragraphenzeichen aus zwei Buchstaben,
nämlich dem Konsonant „S“ in doppelter Ausführung, zu bestehen. Aufgrund der
konkreten Anordnung werde der angesprochene Verkehr, bei dem es sich um den
allgemeinen Verkehr handele, der die angemeldeten Waren und Dienstleistungen
mit normaler Aufmerksamkeit erwerbe, das obere Wort als „RECHTS“ und das
untere Wort als „SPRACHE“ und damit das Zeichen in seiner Gesamtheit als
„RECHTSSPRACHE“ wahrnehmen, womit die juristische Sprache im weitesten
Sinn bezeichnet werde. Hiermit stehe das Paragraphenzeichen als Sinnbild oder
Symbol des Rechts bzw. des Rechtswesens in unmittelbarem begrifflichem Zu-
sammenhang und unterstreiche die Bedeutung des Wortes. Der Verkehr sei stets
geneigt, Zeichen und Worte mit ihm bekannten und vertrauten Zeichen und Wor-
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ten zu assoziieren oder als solche wahrzunehmen. Zudem sei er daran gewöhnt,
dass zunehmend Buchstaben durch ähnlich aussehende Symbole ersetzt würden.
Gerade auch die Verwendung des Paragraphenzeichens als Ersetzung für den
Buchstaben „S“ sei ohne Weiteres – und vor allem in dem hier maßgeblichen Wa-
ren- und Dienstleistungsbereich – nachweisbar, wie sich aus den eingefügten Bei-
spielen ergebe.
Mit der Bedeutung „RECHTSSPRACHE“ stelle das Zeichen eine Inhalts- oder
Schwerpunktangabe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dar. Als
Rechtssprache werde die juristische Fachsprache bezeichnet.
Zum Thema „Rechtssprache“ seien zahlreiche Druckereierzeugnisse, insbeson-
dere Lehrbücher und Unterrichtshandbücher, erhältlich. Darüber hinaus würden
auch Seminare und Unterrichtseinheiten zum Thema „Rechtssprache“ angeboten.
Die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens seien deshalb nicht unterschei-
dungskräftig, sondern würden nur als unmittelbar beschreibende Angabe aufge-
fasst.
Die graphische Gestaltung des angemeldeten Zeichens sei nicht geeignet, dem
Zeichen einen schutzfähigen Gesamteindruck zu verleihen. Bei den gewählten
graphischen Mitteln der Zweizeiligkeit, der Zweifarbigkeit, und der Verwendung
von Großbuchstaben handele es sich um werbeübliche Gestaltungselemente.
Auch die Ersetzung der Buchstaben „S“ durch das Paragraphenzeichen bzw. die
Zusammenfügung der beiden Buchstaben „S“ zum Paragraphenzeichen stelle ein
gebräuchliches Mittel auf dem vorliegenden Waren- und Dienstleistungsgebiet dar.
Die gewählte Graphik sei daher nicht geeignet, vom beschreibenden Charakter
der Wortelemente wegzuführen; vielmehr versinnbildliche das Paragraphenzei-
chen das durch die Worte zum Ausdruck gebrachte Bezugsgebiet.
Der Beschluss vom 22. Oktober 2015 nennt im Rubrum die Anmelderin zu 1 an
erster Stelle. In der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses wird darauf hingewie-
sen, dass die Beschwerdegebühr für jeden Beschwerdeführer gesondert zu zah-
len ist, und dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt, wenn die Beschwerdege-
bühr nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt wird.
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Gegen diesen am 27. Oktober 2015 zugestellten Beschluss ist am 16. Novem-
ber 2015 „namens und im Auftrag der Anmelder“, Beschwerde eingelegt worden.
In der Betreffzeile dieses anwaltlichen Schreibens heißt es: „Anmelder:
Dr. T…, H…“.
Am selben Tag wurde eine Beschwerdegebühr i. H. v. 200.- Euro mittels Zusen-
dung des Formblatts „Angaben zum Verwendungszweck des Mandats“ einbezahlt.
Auf diesem stehen in der Spalte „Name des Schutzrechtsinhabers“ die Namen
„H…, Dr. T…“.
Zur Begründung der Beschwerde ist ausgeführt, der Eintragung des angemelde-
ten Zeichens stehe in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen
nicht das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens seien „RECHT“ und „PRACHE“,
wobei das Wort „PRACHE“ weder lexikalisch nachweisbar noch anderweitig im
deutschen Sprachgebrauch üblich sei, sondern sich vielmehr an die portugie-
sische Sprache anlehne. Der Annahme, dass die angesprochenen Verkehrskreise
in dem angemeldeten Zeichen den Begriff „Rechtssprache“ erkennen würden,
liege eine unzulässige analysierende Betrachtung zugrunde. Selbst wenn der Ver-
kehr in dem angemeldeten Zeichen möglicherweise das Wort „RECHTSSPRA-
CHE“ erkennen sollte, könne dem Zeichen insgesamt unter Einbeziehung der wei-
teren graphischen Zeichenbestandteile nicht jegliche Unterscheidungskraft abge-
sprochen werden. Dieses erhalte sein besonderes Gepräge nicht allein durch das
Paragraphenzeichen, sondern durch die Kombination der unvollständigen Wortbe-
standteile mit einem originellen Zeilenversatz. Hierdurch entsteht ein über die
bloße Zusammenfügung der einzelnen Wort- und Bildelemente hinausgehender,
besonders origineller Gesamteindruck.
Auf Hinweis des Rechtspflegers, dass eine Beschwerdegebühr für jede Be-
schwerdeführerin gesondert zu zahlen sei, haben die Anmelderinnen vorgetragen,
dass es sich bei ihnen um eine Personenmehrheit in Form einer Gesellschaft bür-
gerlichen Rechts handele. Die Anmelderinnen böten jedenfalls seit dem Jahr 2011
gemeinsam Seminare und Lehrveranstaltungen an, so dass ein Zusammen-
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schluss zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks vorliege. Vor diesem Hinter-
grund sei die gegenständliche Marke ausschließlich dem Gesellschaftsvermögen
zuzurechnen und sei deshalb auch für die Gesellschaft angemeldet worden. Auch
die Beschwerde sei im Namen der Gesellschaft erhoben worden. Allein aus dem
Fehlen eines Rechtsformzusatzes könne nicht darauf geschlossen werden, dass
Verfahrenshandlungen nicht der Gesellschaft zuzurechnen seien.
die Beschlüsse des DPMA, Markenstelle für Klasse 41, vom
13. Mai 2015 und vom 22. Oktober 2015 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des DPMA, die Schrift-
sätze der Beteiligten, den gerichtlichen Hinweis vom 13. März 2018 und den übri-
gen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin zu 2 gilt als nicht eingelegt (siehe unten Ziff. 1.).
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin zu 1 ist nicht begründet (s. u. Ziff. 2).
1. Die Beschwerde der Anmelderin zu 2 gilt als nicht eingelegt.
Nach § 66 Abs. 2 MarkenG ist die Beschwerde innerhalb eines Monats
nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim Patentamt einzulegen.
Bei der Beschwerde handelt es sich um eine sonstige Handlung im Sinne
von § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 PatKostG, für die innerhalb dieser Frist auch die
dafür vorgesehene Gebühr zu zahlen ist (vgl. BGH, GRUR 2017, 1286,
Rn. 12 – Mehrschichtlager; BGH, GRUR 2015, 1255 Rn. 10 – Mauerstein-
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satz). Nach § 6 Abs. 2 PatKostG gilt die Handlung als nicht vorgenommen,
wenn die Gebühr nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt wird.
Für die vorliegende Beschwerde ist nach Nr. 401 300 des Gebührenver-
zeichnisses zum Patentkostengesetz eine Gebühr i. H. v. 200.- Euro zu ent-
richten. Nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil B des Gebührenverzeich-
nisses werden bestimmte Gebühren, darunter die Beschwerdegebühr, „für
jeden Antragsteller gesondert“ erhoben. Hieraus ergibt sich, dass bei Einle-
gung einer Beschwerde, die von mehreren Personen erhoben wird, die Ge-
bühr entsprechend der Anzahl der Beschwerdeführer mehrfach zu entrich-
ten ist (BGH, GRUR 2017, 1286, Rn. 13 – Mehrschichtlager; BGH, GRUR
2015, 1255 Rn. 11 – Mauersteinsatz).
Mehrere Anmelder einer Marke sind mehrere Antragsteller im Sinne dieser
Regelung
(vgl. BGH, GRUR 2017, 1286, Rn. 13 – Mehrschichtlager zu
mehreren Einsprechenden und mehreren Patentinhabern; a. A. BPatG,
25 W (pat) 19/15 – Cevita), so dass die Anmelderinnen zwei Beschwerde-
gebühren innerhalb der Beschwerdefrist hätten einzahlen müssen, und
nicht lediglich eine Beschwerdegebühr.
Zwar wäre bei einer Markenanmeldung durch mehrere Personen, die eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bilden, nur eine Beschwerdege-
bühr zu zahlen gewesen, da in diesem Fall nur ein Anmelder, nämlich die
GbR, vorliegt. Entgegen der Ausführungen der Anmelderinnen kann jedoch
hier nicht von einer Anmeldung durch eine solche GbR ausgegangen wer-
den. Der Vortrag der Anmelderinnen, dass sie gemeinsam unter der ange-
meldeten Bezeichnung Seminare und Lehrveranstaltungen anbieten wür-
den, führt nicht zur Annahme einer Markenanmeldung durch eine von ihnen
gebildete GbR. Unabhängig von der Frage, inwieweit Umstände, die erst
nach Ablauf der Beschwerdefrist vorgetragen werden, überhaupt berück-
sichtigt werden können bei der Prüfung, wer Markenanmelder ist (offen
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gelassen in der Entscheidung BGH, GRUR 2017, 1286, Rn. 23 – Mehr-
schichtlager), und unabhängig von der Frage, ob der Vortrag zur gemein-
samen Lehrtätigkeit für die Annahme einer GbR ausreichen könnte, spre-
chen die Umstände des Anmeldeverfahrens gegen die Annahme einer An-
meldung des verfahrensgegenständlichen Zeichens durch eine GbR: So ist
im Anmeldeformular unter Ziff. (3) „Anmelder“
der Name „Dr.
T…“ aufgeführt, während „Rechtsanwältin H…“ unter
Ziff. (4) dieses Formulars als „Vertreter des Anmelders“ eingetragen sowie
auf einer dem Formular gesondert beigefügten „Anlage weiterer Anmelder“
genannt ist.
Aus den im Verfahren vor dem DPMA eingereichten Schriftsätzen ist
ebenfalls nicht ersichtlich, dass die Anmeldung durch eine GbR erfolgt sein
soll; dort erscheinen in den Betreffzeilen der Schriftsätze vielmehr Angaben
wie
„Anmelder: Dr. T…,
H…“
oder
„Anmelderin:
H…, Dr. T…“.
Diese Angaben und insbesondere die zuvor dargelegte Bezeichnung der
Anmelderin zu 1 als „weiterer Anmelder“ zeigen deutlich, dass eine Anmel-
dung durch zwei natürliche Personen und nicht durch eine GbR beabsich-
tigt war.
Unter diesen Umständen ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung
zunächst zu prüfen, ob die entrichtete Gebühr einer der Anmelderinnen
zugeordnet werden kann; eine solche Zuordnung einer gezahlten Gebühr
kommt beispielsweise in Betracht, wenn nur der Name eines Beteiligten auf
dem Überweisungsformular oder der Einzugsermächtigung angegeben ist
(vgl. BGH, GRUR 2017, 1286, Rn. 27 – Mehrschichtlager).
Da vorliegend sowohl der Beschwerdeschriftsatz als auch das eingereichte
Zahlungsformular („Angaben zum Verwendungszwecks des Mandats“)
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beide Anmelderinnen nennen, ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich.
Die bloße Tatsache, dass jeweils die Anmelderin zu 2 an erster Stelle ge-
nannt ist, stellt insoweit keinen eindeutigen Anhaltspunkt dar.
Der Bundesgerichtshof hat seine frühere Rechtsprechung aufgegeben,
nach der bei Zahlung nur einer Beschwerdegebühr in einem derartigen Fall
die Beschwerde sämtlicher Beteiligter als nicht erhoben gelte, sofern eine
Zuordnung der Gebühr nicht möglich sei (so noch BGH, GRUR 2015, 1255
Rn. 16 ff. – Mauersteinsatz). Er hat demgegenüber zuletzt entschieden,
dass die Einreichung einer Beschwerdeschrift, auf der zwei Beteiligte ge-
nannt sind, im Zweifel dahin auszulegen sei, dass die Beschwerde, falls sie
mangels Entrichtung einer ausreichenden Zahl von Gebühren nicht für
beide Beteiligte in zulässiger Weise erhoben wurde, für den im Rubrum der
angefochtenen Entscheidung an erster Stelle Genannten erhoben sein soll.
Denn die Beteiligten würden durch die Zahlung eines Betrags in Höhe einer
Beschwerdegebühr deutlich machen, dass ihr Interesse auf eine gerichtli-
che Überprüfung der Entscheidung des Patentamts gerichtet sei, so dass
ihre Erklärung für den Fall, dass der eingezahlte Betrag nicht für beide Be-
teiligten ausreiche, dahin auszulegen sei, dass das Beschwerdeverfahren
zumindest für einen von ihnen durchgeführt werden solle (BGH, GRUR
2017, 1286, Rn. 30 f. – Mehrschichtlager).
Auch wenn vorliegend sowohl im Beschwerdeschriftsatz als auch auf dem
Zahlungsformular der Name der Anmelderin zu 2 an erster Stelle genannt
ist, so ist – da dies wie dargelegt für eine eindeutige Auslegung, dass die
Beschwerde im Namen der Anmelderin zu 2 eingelegt werden soll, nach
Ansicht des Senats nicht ausreichend ist – aus Gründen der Rechtssicher-
heit die vom BGH formulierte Zweifelsregelung anzuwenden, nach der die
Beschwerde im Zweifelsfall im Namen der im Rubrum des angefochtenen
Beschlusses an erster Stelle genannten Anmelderin, nämlich der Anmelde-
rin zu 1, eingelegt werden sollte.
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Die Beschwerde der Anmelderin zu 2 gilt demgegenüber mangels ausrei-
chender Gebührenzahlung gem. § 66 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1
S. 1 Alt. 2, Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt.
2. Die Beschwerde der Anmelderin zu 1 ist zulässig, insbesondere ist sie gem.
§ 66 Abs. 1 MarkenG statthaft und wurde gem. § 66 Abs. 2 MarkenG frist-
gerecht eingelegt; die Beschwerdegebühr wurde rechtzeitig gezahlt gem.
§ 66 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 PatKostV.
Die Beschwerde bleibt jedoch in der Sache erfolglos. Der Eintragung der
angemeldeten Bezeichnung steht in Bezug auf die beanspruchten Waren
und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungs-
kraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle
die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen hat.
a) § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen
aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von
der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem
bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren
und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterschei-
den (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung
durch Technik]; BGH, GRUR 2018, 301, Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-
Marke; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 569,
Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido). Denn die Haupt-
funktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeich-
neten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, GRUR 2008,
608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006, 229, Rn. 27 – Bio-ID;
BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 12
– smartbook).
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Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen
beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden
Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als sol-
cher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen
tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel
versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware
oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unter-
scheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug
zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und
deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreiben-
den Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst
und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der
angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2017, 186,
Rn. 32 – Stadtwerke Bremen; BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH,
GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 19
– FUSSBALL WM 2006). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fragli-
chen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender
beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch
nicht um Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der
deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr
– etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung –
stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wer-
den, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterschei-
dungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR
2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2014, 872, Rn. 21 – Gute Laune
Drops; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 13 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 1143,
Rn. 9 – Starsat).
Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Wa-
ren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des
Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411,
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Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering,
Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 8 Rn. 47). Dieser wird die Marke so wahr-
nehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrach-
tung zu unterziehen (BGH, GRUR 2018, 301, Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-
Marke; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterschei-
dungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der An-
meldung des jeweiligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15
– Aus Akten werden Fakten).
b) Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten
Bezeichnung in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen zu verneinen.
aa)
Angesprochene Verkehrskreise der beanspruchten Waren und
Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 sind sowohl der Durchschnittsver-
braucher als auch diejenigen Personen, die zum Zwecke der beruflichen
Aus- und Fortbildung Druckereierzeugnisse erwerben oder Sprachunterricht
nehmen.
Das angemeldete Zeichen setzt sich aus dem Wortbestandteil „RECHTS-
SPRACHE“ und einer besonderen graphischen Gestaltung (in den Farbtö-
nen blau und grau, versetzt über zwei Zeilen sowie unter Verwendung eines
Paragraphenzeichens) zusammen. Insoweit kann auf die Darlegung der
graphischen Ausgestaltung im angegriffenen Beschluss verwiesen werden.
bb)
Die angesprochenen Verkehrskreise werden in dem angemeldeten
Zeichen nicht den Begriff „RECHT“ und einen weiteren Bestandteil „PRA-
CHE“, verbunden durch ein Paragraphenzeichen, sehen, sondern in diesem
ohne Weiteres den zusammengesetzten Begriff „RECHTSSPRACHE“
- 13 -
erkennen, der den Inhalt bzw. das Thema der in Klasse 16 beanspruchten
Waren (Druckereierzeugnisse, insbesondere zu Unterrichtszwecken, Lehr-
bücher, Unterrichtshandbücher) sowie der in Klasse 41 beanspruchten
Dienstleistungen (Sprachunterricht, computergestützter Sprachunterricht)
unmittelbar beschreibt.
Die Verwendung des Paragraphenzeichens „§“ für den Buchstaben „S“
bzw. für ein „doppeltes S“ ist werbeüblich, wie sich bereits aus den in den
angegriffenen Erinnerungsbeschluss einkopierten vielfachen Belegen sowie
aus dem ergänzenden Hinweis des Senats auf das am Bundespatentge-
richt verwendete Justizfachsystems GO§A (genannt „GOSA“) ergibt. Vorlie-
gend erleichtert die zweifarbige und zweireihige Gestaltung des angemel-
deten Wort-/Bildzeichens die Lesbarkeit des Paragraphenzeichens „§“ als
„doppeltes S“. Der angesprochene Verkehr erkennt den aus dem in blau
gehaltenen Bestandteil „RECHTS“ und dem versetzten, in grau gehaltenen
Bestandteil „SPRACHE“ zusammengesetzten Begriff „RECHTSSPRACHE“
als Bezeichnung der juristischen Fachsprache.
Dementsprechend werden die angesprochenen Verkehrskreise den Wort-
bestandteil „RECHTSSPRACHE“ des angemeldeten Zeichens im Zusam-
menhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen als einen
reinen Sachhinweis auf Inhalt oder Thema der so bezeichneten Waren und
Dienstleistungen sehen und nicht einen Hinweis auf die Herkunft derselben.
So können sowohl Druckereierzeugnisse, insbesondere Lehrbücher, als
auch Sprachunterricht speziell juristische Fachsprache(n) zum Gegenstand
haben. Auf die im angegriffenen Beschluss zitierten Druckereierzeugnisse
und dargelegten angebotenen Seminare wird Bezug genommen.
cc)
Die graphische Darstellung des angemeldeten Zeichens in zwei ver-
schiedenen Farben blau und grau, in zwei Zeilen und unter Verwendung
des Paragraphenzeichens „§“ unterstützt nicht nur das Verständnis des
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Wortbestandteils im Sinne von „RECHTSSPRACHE“, sie ist auch ihrerseits
nicht geeignet, das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft zu
überwinden.
Zwar kann auch im Falle einer nicht unterscheidungskräftigen Wortfolge die
besondere bildliche und graphische Ausgestaltung einen eigenständigen
betrieblichen Herkunftshinweis begründen. Geringe Veränderungen vermö-
gen jedoch umso weniger die Unterscheidungskraft zu begründen, je deutli-
cher ein sachlicher Bezug des dargestellten Wortbestandteils zu den bean-
spruchen Waren und Dienstleistungen erkennbar ist (s. Ströbele in:
Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 8 Rn. 209). Dement-
sprechend können einfache graphische Gestaltungen oder Verzierungen
des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige
Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft des Wortbe-
standteils nicht aufwiegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 20 – VISAGE;
BGH, GRUR 2001, 1153 – anti KALK). Zur Begründung einer eigenständi-
gen betrieblichen Herkunftsfunktion muss die Ausgestaltung vielmehr eine
kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke
bewirken, die den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile be-
deutungslos macht (vgl. BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 20 – VISAGE; Ströbele
in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 8 Rn. 209).
Eine derartige Ausgestaltung kann vorliegend nicht festgestellt werden;
vielmehr reicht die Gestaltung nicht über die gängige Gebrauchsgraphik
hinaus, so dass sie von dem glatt beschreibenden Gehalt des Wortbe-
standteils nicht entscheidend wegführt. Die verwendeten Gestaltungsele-
mente – also die Verwendung zweier verschiedener Farben, einer versetz-
ten Gestaltung über zwei Zeilen sowie des Paragraphenzeichens „§“ für
den bzw. die Buchstaben „S“ – sind sowohl jeweils für sich genommen wer-
beüblich als auch in ihrer Kombination nicht als herkunftshinweisend zu
bewerten, zumal die Farbunterschiede schwer erkennbar sind. Die graphi-
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sche Ausgestaltung ist dementsprechend – auch in Kombination mit dem
schutzunfähigen Wortbestandteil – nicht geeignet, dem angemeldeten Zei-
chen in seiner Gesamtheit Unterscheidungskraft zu verleihen.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Be-
schwerdeführerin zu 1 ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Ver-
handlung zurückgenommen hat und der Senat eine mündliche Verhandlung
auch nicht für geboten erachtet hat, § 69 Nr. 1, Nr. 3 MarkenG.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.
Klante
Paetzold
Lachenmayr-Nikolaou
Fa