Urteil des BPatG vom 30.07.2018

Urteil vom 30.07.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:300718B26Wpat66.16.0
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 66/16
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2012 004 727
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
30. Juli 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter
Jacobi und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
Cuvée Prestige Salmon
ist am 10. Mai 2012 angemeldet und am 25. Mai 2012 unter der Nummer
30 2012 004 727 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) geführte Register u. a. eingetragen worden für folgende Waren der
Klasse 8:
Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel;
Klasse 21:
Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Glaswaren, Por-
zellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen ent-
halten sind.
Gegen diese Marke, deren Eintragung am 29. Juni 2012 veröffentlicht worden ist,
hat die Beschwerdegegnerin aus ihrer Unionswortmarke
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PRESTIGE
die am 16. Oktober 2000 unter der Nummer 000 580 704 aufgrund erlangter Un-
terscheidungskraft in das beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigen-
tum (EUIPO) geführte Register eingetragen worden ist für Waren der
Klasse 7:
Elektrische Geräte und Apparate für Haus oder Haushalt; Ma-
schinen zum Mixen, Schlagen, Mischen, Schaumschlagen,
Schälen, Schaben, Hobeln, Zerkleinern, Schneiden, Durch-
drehen, Schnitzeln, Kneten und Mahlen von Lebensmitteln
und Gemüse; elektrische Küchenmaschinen; elektrische Uni-
versal-Küchenmaschinen; elektrische Fruchtpressen; elektri-
sche Messer; Messerschleifmaschinen; elektrische Dosenöff-
ner; Kaffeemühlen; Pfeffermühlen, elektrische Scheren; Ge-
tränkebereiter; Bügelmaschinen; Strickmaschinen; Nähma-
schinen; Waschmaschinen; Trockenschleudern; Geschirr-
spülmaschinen; elektrische Gartengeräte, Rasenmäher, Ra-
senschneider, Heckenschneidgeräte; Abfallentsorgungsge-
räte; Aktenvernichter, elektrische Schuhputzgeräte; Staubsau-
ger; Apparate und Instrumente zur Dampfreinigung von Texti-
lien, Bekleidung und Teppichen sowie Poliermaschinen für
Fußböden;
Klasse 8:
Handwerkzeuge und -instrumente; Messerschmiedewaren,
Messer, Gabeln und Löffel, Scheren, Knipser, Pinzetten, Na-
gelfeilen, Manikürenecessaires, Pedikürenecessaires; Rasier-
apparate, elektrische Rasierapparate, Bartschneide-geräte;
Rasiernecessaires, Etuis für Rasierapparate; elektrische
Hautpeelinggeräte;
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Klasse 9:
Elektrische Geräte und Apparate für Haus oder Haushalt;
Wäge-, Mess- und Zählgeräte und -instrumente, Waagen,
Thermometer; elektrische Bügeleisen und -pressen;
Haarstyler, Lockenstäbe, Ondulierstäbe, Haarkräuseler; Ra-
dios; Plattenspieler; Ton- und Videobandabspiel- und -auf-
nahmegeräte; CD- und Laserplatten-Abspiel- und -Aufnahme-
geräte; Telephonapparate; Telephon-Anrufbeantworter; Fern-
kopiergeräte; Fernsehapparate; Satellitenfernsehgeräte;
Videokameras; Fernbedienungen/Fernsteuerungen; Kameras;
Batterien; Batterieladegeräte; Spannungstransformatoren;
Lichtregler; elektrische Zeitschaltuhren; Babyüberwachungs-
Gegensprechanlagen, Alarm- und Überwachungsgeräte; Ein-
bruchmelder; Rauch- und Feuermelder; Feuerlöschgeräte;
Klasse 10:
Elektrische Massagegeräte und elektrische Fuß- und
Gesichtsmassagegeräte;
Klasse 11:
Geräte und Apparate für Haus oder Haushalt; Kühlschränke;
Gefrierschränke, -truhen; Kessel; Küchenherde; Öfen; Herde;
Heizelemente; Kochplatten; Schnellkochtöpfe; Friteusen; guß-
eiserne Platten zum Pfannkuchenbacken; Grillgeräte; Heiz-
platten; Tellerwärmer; Waffeleisen; Sandwichbereiter; Paste-
tenbereiter; Kochherde; elektrische Kochgeräte; Grillspieße,
Drehspieße; Grillgeräte (mit Drehspieß); Toaster; Kessel;
Wärmepfannen; Barbecues; Kaffeemaschinen und -filter;
Kaffeeröster; Kaffeemaschinen; Haartrockner; elektrische
Wärmedecken; elektrische Fußwärmer; elektrische Beleuch-
tungsgeräte, Lampen, Nachtbeleuchtungen, Taschenlampen;
Klimaapparate; Ventilatoren, elektrische Radiatoren; Raum-
heizer; Befeuchter; Wasserreinigungs-apparate, Wasserfilt-
rierapparate;
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Klasse 20:
Küchenmöbel; Badmöbel; Werkbänke und Arbeitsstationen;
Körbe, Eimer; Sprossenleitern, Stehleitern; Trolleys; Tabletts;
Bettgestelle;
Klasse 21:
Geräte, Utensilien und Behälter für Haushalt und Küche;
Kochgeschirr, Backgeschirr, Grillgeschirr; Schnellkochtöpfe;
Artikel und Materialien zum Reinigen, Waschen, Staubwi-
schen, Scheuern oder Polieren; Bürsten, Mops, Teppichkeh-
rer, Teppichreiniger; Glaswaren, Porzellan und Steingut;
Steingutware; elektrische Zahnbürsten; Kaffeekannen
Widerspruch erhoben, der sich gegen die Waren der Klassen 8 und 21 richtet.
Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2014, der am 8. Januar 2014 beim DPMA eingegan-
gen ist, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der mangelnden
rechtserhaltenden Benutzung erhoben. Nachdem die Widersprechende auf bereits
vorgelegte Benutzungsunterlagen Bezug genommen hat, hat die Beschwerdegeg-
nerin ihre Nichtbenutzungseinrede ausdrücklich aufrechterhalten.
Mit Beschluss vom 7. März 2016 hat die Markenstelle für Klasse 33 des DPMA
eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur
Begründung hat sie ausgeführt, dass – unter Vernachlässigung der Frage der be-
strittenen rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke – zugunsten der
Widersprechenden Warenidentität angenommen werde. Die Kennzeichnungskraft
der Widerspruchsmarke sei schon von Haus aus unterdurchschnittlich. Zwar han-
dele es sich bei den Widerspruchswaren in den Klassen 8 und 21 um keine typi-
schen „Prestigewaren“ und der Begriff „Prestige“ beschreibe keines ihrer Merk-
male unmittelbar. Dennoch sei zu berücksichtigen, dass nicht selten auch Gläser,
Geschirr, Besteck u. a. als hochwertigere Produkte unter einer Serie „Prestige“
angeboten würden. Die Kennzeichnungskraft sei auch nicht durch intensive Be-
nutzung in der Bundesrepublik Deutschland gesteigert, weil sich die vorgelegten
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Unterlagen allein auf eine Benutzung der Marke in Großbritannien bezögen. Der
erhöhte Schutzumfang einer Unionsmarke könne aber nur berücksichtigt werden,
wenn er in Deutschland gegeben sei. Die aus drei Wörtern bestehende angegrif-
fene Marke „Cuvée Prestige Salmon“ unterscheide sich klanglich und schriftbild-
lich deutlich von der älteren Einwortmarke „PRESTIGE“. Die jüngere Marke werde
auch nicht von dem übereinstimmenden Bestandteil „Prestige“ geprägt, da dieses
in der Mitte positionierte Markenelement auf dem hier betroffenen Warensektor
kennzeichnungsschwach sei. Die weiteren in der angegriffenen Marke enthaltenen
Wörter „Cuvée“ und „Salmon“ seien nicht kennzeichnungsschwächer, weil sie kei-
nen beschreibenden Anklang für die relevanten Widerspruchswaren besäßen. Für
weitere Arten der Verwechslungsgefahr bestünden keine Anhaltspunkte, insbe-
sondere sei die Widerspruchsmarke wegen ihrer Kennzeichnungsschwäche nicht
geeignet, innerhalb der jüngeren Marke als Stammbestandteil eines Serienzei-
chens zu wirken.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie vertritt die An-
sicht, die ältere Unionsmarke sei originär kennzeichnungskräftig, da sie mit der
Bedeutung „Ansehen und Geltung einer Person, Gruppe, Institution oder ähnliches
in der Öffentlichkeit“ keine Merkmale der relevanten Widerspruchswaren be-
schreibe. Sie verfüge zudem über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft in Groß-
britannien, die in allen Mitgliedstaaten Wirkung entfalte. Ausweislich der eides-
stattlichen Versicherung ihres Bevollmächtigten K… vom
1. September 2013 habe ihre Lizenznehmerin in den Jahren 2007 bis 2012 in
Großbritannien mit Backformen, Keramikwaren, Kochgeschirr, Elektrogeräten,
Küchengeräten, Messern und Dampfdrucktöpfen, die mit der Widerspruchsmarke
gekennzeichnet gewesen seien, Umsätze in Millionenhöhe erzielt. Dabei könne
eine Wortmarke in verschiedenen Schriftformen und Farben rechtserhaltend be-
nutzt werden. Selbst bei Annahme einer geringen Kennzeichnungskraft der Wi-
derspruchsmarke halte die angegriffene Marke den gebotenen Abstand nicht mehr
ein. Schon aufgrund ihrer Länge und mangels eines Gesamtbegriffs neigten die
angesprochenen Verkehrskreise zur Zergliederung der jüngeren Marke. Zudem
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wiesen die Bestandteile „Cuvée“ und „Salmon“ beschreibende Anklänge auf.
„Salmon“ bedeute in der englischen Sprache „Lachs“ und enthalte damit eine Be-
stimmungsangabe, weil es Lachsservierbretter und Designer-Lachsmesser gebe.
Der Begriff „Cuvée“ bezeichne verschnittene Weine und eigne sich als Bestim-
mungsangabe für Glas- oder Messerschmiedewaren, die zum Servieren einer
Cuvée dienten.
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des DPMA vom
7. März 2016 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die ange-
griffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke
000 580 704 für die Waren der Klasse 8 und 21 zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bestreitet sowohl die rechtserhaltende Benutzung als auch die gesteigerte
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die jedenfalls nicht im maßgebli-
chen Kollisionsgebiet gegeben sei. Die Benutzungsnachweise zeigten eine Ver-
wendung der älteren Marke „PRESTIGE“ nur mit einem großen Anfangsbuchsta-
ben und invers, nämlich weiß auf rotem Grund. Dies verändere den kennzeich-
nenden Charakter der Unionswortmarke. Diese sei in Bezug auf die Waren der
Klassen 8 und 21 zudem kennzeichnungsschwach, weil sie die Widerspruchspro-
dukte nur werbemäßig als Waren besonderer Qualität anpreise. Ferner sei die
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Großbritannien durch eine Viel-
zahl prioritätsälterer, benutzter Marken geschwächt. Der Bestandteil „Prestige“ sei
in der angegriffenen Gesamtbezeichnung daher weder prägend, noch habe er
eine selbständig kennzeichnende Stellung inne, zumal die Elemente „Cuvée“ und
„Salmon“ die beanspruchten Waren in den Klassen 8 und 21 nicht beschrieben. In
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ihrer Gesamtheit besitze die angegriffene Marke keinen beschreibenden Charak-
ter für die verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 8 und 21 und es gebe
keinen Grund, die jüngere Marke auf „Prestige“ zu verkürzen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 24. November 2016 und 14. Dezember 2017 ist
die Widersprechende darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde keine
Aussicht auf Erfolg habe. Mit Schriftsatz vom 15. März 2018, eingegangen am
16. März 2018, hat sie mitgeteilt, die Beschwerde aufrechtzuerhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache mangels hinreichender Glaubhaftma-
chung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke keinen Erfolg.
1.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung
der Unionswiderspruchsmarke mit Schriftsatz vom 7. Januar 2014, eingegangen
beim DPMA am 8. Januar 2014, gemäß § 125b Nr. 4, § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG
i. V. m. Art. 15 GMV (jetzt: Art. 18 UMV) bestritten.
Da die die Einrede der Nichtbenutzung undifferenziert erhoben wurde, ist davon
auszugehen, dass die Einrede beide Zeiträume des §§ 125b Abs. 4, 43 Abs. 1
Satz 1 und 2 MarkenG umfassen soll (BGH GRUR 1998, 938 – DRAGON;
lngerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 43 Rdnr. 12; Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 11. Aufl., § 43 Rdnr. 26; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis,
3. Aufl., Rdnr. 560).
a)
Die Einrede ist nach §§ 125b Abs. 4, 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG zuläs-
sig, weil die am 16. Oktober 2000 eingetragene Unionswiderspruchsmarke mehr
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als fünf Jahre vor der am 29. Juni 2012 erfolgten Veröffentlichung der Eintragung
der angegriffenen Marke registriert worden ist.
Nach § 125b Nr. 4 MarkenG sind für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine äl-
tere Unionsmarke gestützt wird, die Glaubhaftmachungsregeln des § 43 Abs. 1
MarkenG entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Be-
nutzung der Marke gemäß § 26 MarkenG die Benutzung der Unionsmarke gemäß
Art. 18 der Verordnung über die Unionsmarke (UMV) tritt.
b)
Die Widersprechende hat somit die Benutzung der Unionswortmarke sowohl
für den Zeitraum Juni 2007 bis Juni 2012 – innerhalb der letzten fünf Jahre vor der
Veröffentlichung der angegriffenen Marke – als auch für den Zeitraum Juli 2013
bis Juli 2018 – innerhalb von fünf Jahren vor der Entscheidung über die Be-
schwerde – gemäß § 125b Abs. 4, § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG im maßgeb-
lichen Unionsgebiet (Art. 18 UMV) nach Art, Dauer und Umfang glaubhaft zu ma-
chen.
c)
Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunk-
tion – die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen ist, zu garantieren
– benutzt wird, um für diese Waren einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu si-
chern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch
benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren (EuGH WRP 2017,
1066 Rdnr. 37 – Gözze/VBB; GRUR 2003, 425 Rdnr. 38 – Ansul/Ajax; BGH
GRUR 2013, 725 Rdnr. 38 – Duff Beer). Eine ernsthafte Benutzung erfordert, dass
die Marke tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt
präsent ist (EuGH GRUR 2008, 343 Rdnr. 72 - 74 – Il Ponte Finanziaria/HABM
[BAINBRIDGE]).
Zur Glaubhaftmachung muss von der Widersprechenden daher konkret angege-
ben werden, wer die Marke auf welche Weise für welche Waren in welchen Jahren
an welchem Ort benutzt hat und wie viel Umsatz damit erwirtschaftet worden ist.
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Dabei müssen die detaillierten Angaben zu den Umsatzzahlen entweder in Geld-
beträgen oder in Stück- bzw. Auftragszahlen konkret auf die jeweiligen Waren be-
zogen und in die jeweiligen für die Benutzung rechtserheblichen Zeiträume auf-
geteilt sein. Das Erfordernis einer derartigen, auf einzelne Waren(-gruppen) bezo-
genen Glaubhaftmachung der Benutzung ergibt sich aus § 125b Abs. 4, § 43
Abs. 1 Satz 3 MarkenG, wonach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur
die Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhal-
tende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist (vgl. im Übrigen die entsprechen-
den Vorschriften für andere Verfahrensarten: § 25 Abs. 2 Satz 3, § 55 Abs. 3
Satz 4 MarkenG; BPatG 24 W (pat) 69/08 – Butterfly by Max Gordon/Butterfly;
30 W (pat) 505/15 – Universal Nutrition).
d)
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat die Widersprechende eine rechtser-
haltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht hinreichend dargelegt und
glaubhaft gemacht.
aa) Dies gilt schon für den ersten Benutzungszeitraum von Juni 2007 bis
Juni 2012.
Denn in der eidesstattlichen Versicherung des Bevollmächtigten der Widerspre-
chenden, K…, vom 1. September 2013 sind zwar die Warengrup-
pen Backformen, Keramikwaren, Kochgeschirr, Elektrogeräte, Küchengeräte,
Messer und Dampfdrucktöpfe gebildet worden, aber die damit in Großbritannien
erzielten Umsätze in den Jahren 2007 bis 2011 werden nicht nach diesen Waren-
gruppen aufgeschlüsselt, sondern nur insgesamt angegeben. Lediglich für ein ein-
ziges Jahr, nämlich das Jahr 2012, erfolgt eine entsprechende Aufschlüsselung
der Umsatzzahlen. Allerdings ist für diese Verkäufe keine einzige Rechnung vor-
gelegt worden. Außer einigen Fotos, die sich nicht auf alle Warengruppen bezie-
hen, z. B. fehlen Fotos zu Keramikwaren und Dampfdrucktöpfen, und die keine
zeitliche Zuordnung zum Jahr 2012 ermöglichen, sind auch keine weiteren aussa-
gekräftige Belege wie Prospekte, Kataloge oder Ähnliches vorgelegt worden.
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bb) Für den zweiten Benutzungszeitraum von Juli 2013 bis Juli 2018 sind weder
Ausführungen über die Benutzung der Widerspruchsmarke gemacht noch Benut-
zungsunterlagen eingereicht worden.
e)
Mangels Glaubhaftmachung der Benutzung können gemäß § 125b Nr. 4,
§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG keinerlei Waren und Dienstleistungen bei der Prüfung
Berücksichtigung finden, so dass eine Verwechslungsgefahr gemäß § 125b Nr. 1,
§ 9 MarkenG schon aus diesem Grund ausgeschlossen ist.
2.
Ein Hinweis auf die Notwendigkeit, die Benutzungsunterlagen für den ersten
Zeitraum zu ergänzen und Unterlagen für den wandernden Benutzungszeitraum
vor-zulegen, war vor der Entscheidung des Senats weder erforderlich noch gebo-
ten. Im Rahmen des Benutzungszwangs herrscht der Beibringungsgrundsatz
(BGH GRUR 2006, 152 Rdnr. 19 – GALLUP; BPatG GRUR-RR 2015, 468, 469
– Senkrechte Balken). Danach ist es allein Sache der Widersprechenden, die
Mittel der Glaubhaftmachung dem wandernden Benutzungszeitraum anzupassen
und die entsprechenden Zeitabläufe im Auge zu behalten (BPatG
27 W (pat) 25/16 – FRUTTA PUR/Fructa; 28 W (pat) 524/14 – GREENWHEEL/
GREEN WHEELS/GREENWHEELS. Hierzu hatte die Beschwerdeführerin nach
Erhebung der Beschwerde im April 2016, als die letzten vorgelegten Umsatzzah-
len aus dem Jahr 2012 bereits über drei Jahre alt waren, hinreichend Gelegenheit.
Sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass ihr vor einer Entscheidung des Se-
nats eine weitere Frist zum Vortrag eingeräumt wird. Dennoch hat der Senat die
Widersprechende mit den Schreiben vom 24. November 2016 und
14. Dezember 2017 auf die mangelnde Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinge-
wiesen, so dass sie ausreichend Gelegenheit gehabt hätte, ihre Benutzungsun-
terlagen zu ergänzen. Auch die Aufklärungspflicht des Gerichts gemäß § 139 ZPO
gebietet im konkreten Fall keinen Hinweis auf die Verfristung der eingereichten
Benutzungsunterlagen. Das gilt auch dann, wenn – wie hier – die Nichtbenut-
zungseinrede im patentamtlichen Verfahren erhoben wurde, dort aber dahinge-
stellt geblieben ist, weil der Widerspruch aus anderen Gründen zurückgewiesen
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wurde. Eine einmal zulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede bleibt für alle wei-
teren Instanzen rechtswirksam (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 13 – GALLUP; GRUR
1999, 995, 996 – HONKA; GRUR 1999, 54, 55 – Holtkamp; BPatG
24 W (pat) 113/10 – REVITALIQUE/VITANIQUE). Greift der Widersprechende die
aus anderen Gründen erfolgte Zurückweisung des Widerspruchs mit der Be-
schwerde an, so hat er im anschließenden Beschwerdeverfahren die rechtserhal-
tende Benutzung für den jeweils maßgeblichen Zeitraum glaubhaft zu machen
(BPatG 24 W (pat) 113/10 – REVITALIQUE/VITANIQUE). Die anwaltlich vertre-
tene Beschwerdeführerin hat mit der Vorlage der Benutzungsunterlagen im pa-
tentamtlichen Widerspruchsverfahren bereits gezeigt, dass sie die Anforderungen
an die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung kennt (vgl. auch
BPatG 26 W (pat) 50/16 – Hamosons). Außerdem hatte die Inhaberin der ange-
griffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung trotz der für den ersten Benut-
zungszeitraum vorgelegten Unterlagen ausdrücklich weiter bestritten.
III.
Gründe für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billig-
keitsgründen auf eine der Verfahrensbeteiligten nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG
liegen nicht vor.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine
Kosten selbst trägt. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann das Bundespatentge-
richt die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen,
wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierzu bedarf es stets besonderer Umstände
(BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; GRUR 1996, 399, 401 – Schutzverklei-
dung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten
vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist
auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten
Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf
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Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Mar-
kenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfahrensgegner
vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. BPatG 27 W (pat) 40/12 – mcpe-
ople/McDonald′s; BPatGE 12, 238, 240 - Valsette/Garsette). Dabei ist stets ein
strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die
nur ausnahmsweise
bei einem
sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrens-
ausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten
Kosten aufzuerlegen (BGH a. a. O. – Lewapur; a. a. O. – Schutzverkleidung).
Solche besonderen Umstände sind im Widerspruchsverfahren beispielsweise
dann angenommen worden, wenn der Widerspruch nach Erhebung der Nichtbe-
nutzungseinrede ohne einen ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftma-
chung weiterverfolgt wird (BPatG GRUR 1996, 981, 982 – ESTAVITAL; BPatGE
22, 211, 212 f.).
Vorliegend hat die Widersprechende im patentamtlichen Widerspruchsverfahren
als Benutzungsunterlagen sowohl eine eidesstattliche Versicherung als auch Fo-
tos vorgelegt. Hinzu kommt, dass die Markenstelle im angefochtenen Beschluss
die Frage der bestrittenen rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke
offen gelassen hat. Dass die eingereichten Unterlagen zur Glaubhaftmachung für
den ersten Benutzungszeitraum nicht ausgereicht haben, ist kein Grund für eine
Auferlegung von Kosten (Ströbele/Hacker/Thiering/Knoll, MarkenG, 12. Aufl, § 71
Rdnr. 18). Da die Beschwerde aber schon wegen der mangelnden Glaubhaftma-
chung der rechtserhaltenden Benutzung für den ersten Benutzungszeitraum kei-
nen Erfolg hatte, kann der fehlende Glaubhaftmachungsversuch für den zweiten
Zeitraum nicht zur Begründung einer Kostentragung herangezogen werden.
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IV.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur
gegeben, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133
Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Kortge
Jacobi
Schödel
Pr