Urteil des BPatG vom 20.06.2018

Urteil vom 20.06.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:200618B26Wpat15.16.0
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 15/16
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
20. Juni 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
- 2 -
betreffend die Marke 30 2010 033 325
– S 206/13 Lösch
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden
Richterin Kortge sowie der Richter Jacobi und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde, die Anschlussbeschwerde und der Kostenantrag
der Antragstellerin werden zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die dreidimensionale Marke (rot, grau, schwarz, weiß)
- 3 -
ist am 2. Juni 2010 unter der Nummer 30 2010 033 325 zur Eintragung als Marke
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register
angemeldet und am 6. Juli 2010 eingetragen worden für Waren der
Klasse 21:
Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und
Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwe-
cke); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlwolle; rohes
oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas);
Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit nicht in anderen
Klassen enthalten; Gläser (Gefäße);
Klasse 32:
Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und an-
dere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte;
Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Geträn-
ken;
Klasse 33:
alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere
Wodka.
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Am 12. Juli 2013 hat die Beschwerdegegnerin die Löschung der angegriffenen
Marke wegen mangelnder graphischer Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG
und Bösgläubigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG beantragt. Ferner hat sie den
Antrag gestellt, der Beschwerdeführerin die Kosten des Löschungsverfahrens
aufzuerlegen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, am 12. Oktober 2008 habe sie
mit der Firma W
… e.K., deren Inhaber die Ehefrau des Antragsgegners
sei, vereinbart, dass nur die W
… e.K. berechtigt sei, Likör- und
Wodkawaren der in Weißrussland ansässigen Antragstellerin in Deutschland zu
verkaufen. Danach sei diese Firma zwar berechtigt, nach schriftlicher Zustimmung
der Antragstellerin das Etikettdesign und die Warenumschließung zu ändern, nicht
aber identische oder ähnliche Marken auf ihren Namen registrieren zu lassen.
Nachdem die Firma das Design der Flasche ohne Abstimmung mit der
Antragstellerin geändert habe, sei dieses Design vom Antragsgegner als hier
streitbefangene Marke angemeldet worden. Die letzte Produktlieferung an die
Firma sei im Jahr 2009 erfolgt. Gleichwohl verkaufe sie weiterhin große Mengen
Wodka in Flaschen, die mit der angegriffenen Marke gekennzeichnet seien und als
Hersteller die Antragstellerin nennen. Der Antragsgegner als Ehemann der
Inhaberin der deutschen Firma habe zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht die
Absicht gehabt, die Marke selbst zu nutzen. Ihm sei es nur um die formale
Rechtsstellung als Inhaber eines Monopolrechts zum Zwecke einer nicht
gerechtfertigten Behinderung Dritter gegangen. Darüber hinaus sei die
widersprüchlich dargestellte Streitmarke auch nicht im Sinne von § 8 Abs. 1
MarkenG grafisch darstellbar. Das Zentrum der Flaschenvorderseite bestehe aus
einer wappenförmigen Umrandung, die entweder mit dem Bild eines Gebäudes,
mit Text oder mit einer leeren Fläche gefüllt sei. Damit sei nicht eindeutig, welchen
Inhalt dieses Wappen habe. Der Schriftzug „RUSSIAN CULT“ auf der
Flaschenrückseite sei in der Abbildung der Flaschenseite unten links nicht
enthalten. Die fünf Abbildungen stammten offensichtlich von verschiedenen
Flaschen. Wegen seines bösgläubigen Verhaltens habe der Antragsgegner die
Kosten des Löschungsverfahrens zu tragen.
- 5 -
Der Markeninhaber und Antragsgegner hat dem ihm am 2. August 2013 zuge-
stellten Löschungsantrag mit am 30. September 2013 beim DPMA eingegange-
nem Schriftsatz widersprochen mit der Begründung, die Antragstellerin habe den
zur Begründung der Bösgläubigkeit unterbreiteten Sachverhalt bewusst falsch dar-
gestellt und einen gefälschten Vertrag vorgelegt. Er sei Händler von hochwertigen
Spirituosen aus Weißrussland und verwalte und lizensiere Markenrechte. Lizenz-
nehmerin der Streitmarke sei das mit ihm verbundene Unternehmen seiner Ehe-
frau, die W
… e.K., deren Verkaufsdirektor er sei. Import und Vertrieb der
Spirituosen erfolge durch die W
… e.K., die am 10. Dezember 2008 mit
der Antragstellerin einen Kaufvertrag über
… Flaschen Wodka und Spirituosen
geschlossen habe. Danach habe der Wodka in dekorierten Flaschen mit Etiketten
geliefert werden sollen, deren Aufmachung von den Vertragsparteien zuvor abzu-
stimmen gewesen sei. Nach der Zusatzvereinbarung vom 10. Dezember 2008
habe die W
… e.K. das Musterdesign der Flaschen und der Etiketten
selbständig entwickeln und für etwaige Schutzrechtsverletzungen gegenüber
Dritten haften sollen. Die vertragsgegenständliche Flaschengestaltung entspreche
der Streitmarke. Das Emblem oberhalb des Wappens habe der Antragsgegner
2009 als deutsche Marke
(30 2009 045 480) und 2010 als internationale
Marke
(1 033 840) registrieren lassen. Daneben habe er auch ein Urheber-
recht an der Flaschengestaltung und dem Logo erworben. Um seine Urheber-
rechte an dem Flaschendesign zu dokumentieren, sei in Ziffer 15 der
Zusatzvereinbarung Nr. 2 vom 1. Juni 2010 zur Exklusivitätsvereinbarung
Nr. 14/07-08 vom 12. Dezember 2008 mit der Firma seiner Frau festgehalten wor-
den, dass die Antragstellerin verpflichtet sei, die Urheberrechte und Änderungen
im Design der Wodkaflasche „Minskaya“ von W… e.K. zu respektieren
und nicht markenrechtlich schützen zu lassen. Diese Ziffer fehle in dem von der
Antragstellerin vorgelegten Vertragsexemplar. Die angegriffene Marke sei zudem
nicht mit Marken der Antragstellerin ähnlich oder identisch, die vor ihrer Anmel-
dung eingetragen worden seien. Eine mit der Streitmarke nahezu identische
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internationale Marke
(1 117 823) habe die Antragstellerin erst im
Jahre 2012 registrieren lassen. Die Antragstellerin habe die streitgegenständliche
Flaschengestaltung weder vor der Anmeldung der Streitmarke benutzt, noch habe
sie irgendwelche Rechte daran erworben. Vielmehr bewerbe und vertreibe er seit
2009 unter der Firma W
… e.K. erfolgreich Russian Cult-Wodka in
Deutschland mit der verfahrensgegenständlichen Flaschengestaltung und habe
somit einen schutzwürdigen Besitzstand erworben. Die Tatsache, dass er erfolglos
versucht habe, sein Markenrecht in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ge-
gen die Antragstellerin und ihren Vertriebshändler, der den Wodka „MINSKAYA“ in
einer nahezu identischen Flaschenaufmachung importiert habe, durchzusetzen,
begründe keine Bösgläubigkeit. Ferner liege auch der Löschungsgrund der fehlen-
den graphischen Darstellbarkeit nicht vor. Die Tatsache, dass die Gesamtaufma-
chung der Flasche eine unterschiedlich gestaltete Vorder- und Rückseite auf-
weise, entspreche dem Sinn der dreidimensionalen Marke, verschiedene Ansich-
ten eines Gegenstandes zu schützen. Ferner seien die Kosten des
Löschungsverfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Antragstellerin hat noch im amtlichen Löschungsverfahren das Fehlen der
Ziffer 15 in der von ihr vorgelegten Zusatzvereinbarung und die Richtigkeit des
vom Antragsgegner vorgelegten Vertragsexemplars bestätigt.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2015 hat die Markenabteilung 3.4 des DPMA die
angegriffene Marke wegen fehlender grafischen Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1
MarkenG gelöscht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Ansichten der
Streitmarke widersprächen sich hinsichtlich des Inhalts des groß
en „Wappens“ auf
der Flaschenvorderseite. Während die erste und die fünfte Ansicht darin Schrift
bzw. Linien zeigten, enthalte die zweite Ansicht im „Wappen“ die Abbildung eines
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Gebäudes. Daher fehle es an der für § 8 Abs. 1 MarkenG erforderlichen
eindeutigen Bestimmung des Schutzgegenstandes, so dass die Frage der
Bösgläubigkeit offen bleiben könne. Die beiden Kostenanträge seien
zurückzuweisen, weil nach vorläufiger Einschätzung keine hinreichenden
Anhaltspunkte für eine Bösgläubigkeit des Antragsgegners zu erkennen seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers und Antragsgegners,
der seine Argumentation im amtlichen Löschungsverfahren wiederholt und der An-
sicht ist, die fünf verschiedenen Ansichten zeigten ein- und dieselbe real existie-
rende Flaschengestaltung aus verschiedenen Perspektiven. Zum Beweis werde
die Inaugenscheinnahme einer in den wesentlichen Details entsprechend gestalte-
ten Flasche angeboten sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens
beantragt. Der dargestellte Flaschenkörper habe eine weißlich mattierte Oberflä-
che mit vielen weißen Linien und einem aus Klarglas bestehenden „Sichtfens-
ter“ mit wappenartiger Umrandung auf der Vorderseite. Das frontseitige
wappenförmige Sichtfenster gebe den Blick auf die Innenseite der Flaschenrück-
seite frei, so dass es je nach Lichtbrechung durch die in der Flasche enthaltene
Flüssigkeit einen anderen Inhalt zeige. Bei exakt frontseitiger Ansicht (Ansicht 2)
erscheine im Sichtfenster das auf der Flaschenrückseite dargestellte Gebäudebild
in spiegelverkehrter und aufgrund der Lichtbrechung leicht verzerrter Weise. In der
zweiten Seitenansicht (Ansicht 5) sei aufgrund des seitlichen Blickwinkels im wap-
penförmigen Sichtfenster nur die weißlich mattierte Flaschenoberfläche mit ihren
Linien erkennbar. In der Ansicht von schräg oben (Ansicht 1) ergebe sich als Inhalt
des frontseitigen Wappens ein verzerrtes Bild der hinteren Innenseite der Flasche,
welches aufgrund einer Luftblase innerhalb der Flasche und der dort erfolgenden
Lichtbrechung dreispaltig unterteilt sei. Der dort verschwommen erkennbare Text
könne auf einem flaschenrückseitig aufgeklebten, Etikett
innenseitig aufgedruckt sein, der bei vorderseitiger Ansicht von schräg oben durch
das Sichtfenster, aber nicht auf der Flaschenrückseite außen (Ansicht 3) erkenn-
bar sei. Dabei sei auch schemenhaft der Schriftzug „RUSSIAN CULT“ zu erken-
nen. Die tatsächlich von seiner Lizenznehmerin vertriebenen Flaschen wiesen
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unterhalb des flaschenrückseitigen Gebäudebilde
s nebst Schriftzug „RUSSIAN
CULT“ einen Textblock auf, der bei der Erstellung des Markengegenstandes fla-
schenaußenseitig mit einem weißen Etikett abgedeckt worden bzw. durch
Nachbearbeitung des Bildes entfernt worden sei. Dadurch erscheine besagter Text
nicht in der Rückansicht der Flasche in Ansicht 3, werde aber bei einem Blick ins
Innere der Flasche durch das frontseitige Fenster in Ansicht 1 sichtbar. Die
verschiedenen Ansichten definierten also in widerspruchsfreier Weise eine real
existierende Flaschengestaltung. Es treffe zwar zu, dass der letzte Buchstabe des
Schriftzuges „RUSSIAN CULT“ in der zweiten Seitenansicht (Ansicht 5) noch er-
kennbar sei, während in der ersten Seitenansicht (Ansicht 4) die Anfangsbuchsta-
ben dieses Schriftzugs fehlten. Dies lasse sich aber durch einen Lichtreflex bzw.
eine Spiegelung an dem für die Schrift verwendeten Glanzlack erklären, der so
stark reflektiere, dass er weiß erscheine, wenn die Flasche unter geeignetem
Reflexionswinkel vor einer Lichtquelle betrachtet werde. Es existierten Lacke oder
hologrammartige Aufdrucke, die bei Betrachtung aus verschiedenen Richtungen
ihre Farbe wechselten und somit den Effekt erzeugen könnten, dass sich die An-
fangsbuchstaben des Schriftzuges bei seitlicher Ansicht und der gegebenen Be-
leuchtungssituation nicht mehr von der weißen Umgebung abhebten. Insoweit
werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Ferner könne
der Schriftzug auch in einer flaschenrückseitigen Einbuchtung der Flasche aufge-
druckt und deshalb in Ansicht 4 nicht sichtbar sein. Die vorgelegten Fotos (Bl. 103
GA) einer in den wesentlichen Details mit der Marke übereinstimmenden Flasche
belegten, dass Lichtreflexe nicht sichtbar sein müssen.
Er beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom
24. Juli 2015
aufzuheben
und
den
Löschungsantrag
zurückzuweisen.
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Ferner regt er an, die Rechtsbeschwerde zu der Frage zuzulassen, ob eine z. B.
durch optische Reflexe verursachte, vermeintliche Unklarheit in verschiedenen
Darstellungen
einer
dreidimensionalen
Marke
dem
Bestimmtheitsgebot
zuwiderlaufe.
Die Antragstellerin ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Sie
beantragt sinngemäß,
1. die Beschwerde zurückzuweisen;
2. dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens
aufzuerlegen.
Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragt sie,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom
24. Juli 2015 im Kostenausspruch aufzuheben und dem Antrags-
gegner die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens
aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt,
1. die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen;
2. den Kostenantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung in der Sache. Zur
Begründung ihrer Anschlussbeschwerde gegen die Kostenentscheidung und ihres
Kostenantrages im Beschwerdeverfahren vertritt sie über ihre bisherige
Argumentation hinaus die Auffassung, die von der Markenabteilung festgestellten
Widersprüche ließen sich selbst mit Hilfe der Auslegungsalternativen des
- 10 -
Antragsgegners
nicht
auflösen.
Lege
man
einen
undurchsichtigen
Wappenaufdruck zugrunde, widersprächen sich die verschiedenen Abbildungen.
Lege man ein durchscheinendes Etikett zugrunde, entsprächen die Abbildungen
nicht den Gesetzen der Optik. Ein undurchsichtiges, einen flaschenrückseitigen
Textblock abdeckendes Etikett sei in keiner der Ansichten 3, 4 oder 5 sichtbar,
obwohl es aufgrund seiner unterschiedlichen optischen Eigenschaften gegenüber
dem Flaschenmaterial in einem Lichtreflex erkennbar sein müsste. Außerdem
müsste ein solches, da es auf die Rückseite einfallendes Licht blockieren würde,
zu einer Abschattung des Hintergrundes führen, die in Ansicht 1 nicht zu sehen
sei. Ferner habe der Anmelder einer Marke die Darstellungen so zu wählen, dass
diese die Marke ohne Widerspruch darstellten. Aufgrund der zylindrischen Form
des Flaschenkorpus seien Lichtreflexe stets langgezogen und reichten über einen
großen Teil der Höhe der Flasche. Die Lichtreflexe hellten dabei stets die
Glasoberfläche auf, so dass sie auch neben oder direkt über den Aufdrucken an
der unbedruckten Glasoberfläche erkennbar seien. In der Ansicht 4 sei weder ein
langgezogener Lichtreflex im Bereich der Gebäudedarstellung noch eine
Aufhellung des Glasmaterials im Bereich des fehlenden Schriftzuges zu erkennen.
Der Schriftzug „RUSSIAN CULT“ fehle somit in der Ansicht 4. Der Antragsgegner
sei bei der Anmeldung der angegriffenen Marke zudem bösgläubig gewesen. Er
habe ohne Handelsabsicht markante Teile eines dem Vertragspartner der Firma
seiner Ehefrau gehörenden Zeichens kopiert und als Marke angemeldet, um
diesen Vertragspartner nach Auflösung des Vertrages an einem weiteren Handel
mit den betreffenden Produkten zu hindern.
In der mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner seinen schriftsätzlichen
Vortrag im Wesentlichen wiederholt und die Auffassung vertreten, die vermeintli-
chen Widersprüche in der Darstellung der angegriffenen Marke ließen sich durch
Lichtreflexe erklären. Zwei verschiedene, der Markengestaltung ähnliche, vom
Antragsgegner mitgebrachte Flaschen sind zu Informationszwecken in Augen-
schein genommen worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die
Beschwerde
des
Markeninhabers,
die
Anschlussbeschwerde
der
Antragstellerin und deren Kostenantrag haben keinen Erfolg.
Der Eintragung der dreidimensionalen Marke
stand bzw. steht das
Schutzhindernis der fehlenden grafischen Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1
MarkenG entgegen. Die Markenabteilung hat die angegriffene Marke deshalb zu
Recht gelöscht (§§ 50 Abs. 1 und 2, 54 MarkenG). Ferner trägt jeder Beteiligte
seine Kosten im patentamtlichen und gerichtlichen Verfahren selbst.
A.
Beschwerde des Markeninhabers
1.
Der Antragsgegner hat dem ihm am 2. August 2013 zugestellten
Löschungsantrag fristgerecht mit einem am 30. September 2013 beim DPMA
eingegangenen Schriftsatz widersprochen (§ 54 Abs. 2 MarkenG).
2.
Nach § 50 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen
§§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist. Die angegriffene Marke ist wegen
mangelnder grafischer Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG zu löschen.
a)
Die grafische Darstellbarkeit ist nach Art. 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG
des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
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Mitgliedstaaten über die Marken, der durch § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 MarkenG in
das deutsche Markenrecht umgesetzt worden ist, ein Grunderfordernis für die
Markenfähigkeit von Registermarken (EuGH GRUR 2007, 231 Rdnr. 28
– Dyson;
GRUR 2004, 858 Rdnr. 22
– Heidelberger Bauchemie; GRUR 2003, 604 Rdnr. 23
– Libertel; GRUR 2003, 145 Rdnr. 45 – Sieckmann).
Die grafische Darstellbarkeit dient dabei im Wesentlichen drei Zwecken: erstens
soll im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form
zugrunde gelegt werden; zweitens soll die Eintragung der Marke im Register
dadurch überhaupt ermöglicht werden und drittens soll durch eine Veröffentlichung
der Eintragung die Allgemeinheit über die in Kraft stehenden Marken und ihren
Schutzumfang unterrichtet werden (EuGH a. a. O. Rdnr. 47 - 51
– Sieckmann;
BGH
GRUR
2013,
929
Rdnr. 14
– Schokoladenstäbchen II; BPatG
29 W (pat) 29/12
– Kappe eines Schreibgeräts).
Nach den vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgestellten Grundsätzen muss
das Zeichen daher klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich,
verständlich, dauerhaft und objektiv sein (a. a. O. Rdnr. 29
– Libertel; a. a. O.
Rdnr. 47 - 55
– Sieckmann). Danach genügt ein Zeichen den Anforderungen
beispielsweise nicht, wenn sich der Gegenstand der Anmeldung auf eine Vielzahl
unterschiedlicher Erscheinungsformen erstrecken kann (vgl. EuGH a. a. O.
Rdnr. 37 bis 40
– Dyson; BGH a. a. O. – Schokoladenstäbchen II), oder wenn die
eingereichten
zweidimensionalen
graphischen
Wiedergaben
einander
widersprechen (BPatG GRUR-RR 2015, 148
– Roots 64).
Die
– nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erforderliche – Wiedergabe der Marke
muss daher so klar und eindeutig dargestellt sein, dass eine genaue
Identifizierung und Bestimmung des beanspruchten Schutzgegenstandes möglich
ist und nachträgliche Änderungen zweifelsfrei ausgeschlossen sind (BGH GRUR
2004, 502, 503
– Gabelstapler II).
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b)
Den vorgenannten Anforderungen an die grafische Darstellbarkeit wird die
angegriffene Marke nicht gerecht.
aa) Eine dreidimensionale Marke ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 MarkenV zwingend
durch eine zweidimensionale grafische Wiedergabe darzustellen, die nach § 9
Abs. 2 Satz 1 MarkenV bis zu sechs verschiedene Ansichten enthalten kann.
Nach § 6a Abs. 1 MarkenV kann zur Erläuterung einer zweidimensionalen grafi-
schen Markenwiedergabe eine Beschreibung eingereicht werden.
bb) Vorliegend hat der Antragsgegner eine zweidimensionale grafische Wieder-
gabe der Marke
mit fünf Ansichten in Form von Fotos
eingereicht. Sie zeigt eine Flasche aus verschiedenen Perspektiven mit einer
weißlich mattierten Oberfläche bzw. aus hellgrauem Milchglas.
- 14 -
In der Ansicht 2
, das Foto einer Flaschenvorderseite, wird eine Fla-
sche gezeigt, auf deren Front weit unterhalb des von einer schwarzen Kappe ab-
geschlossenen Flaschenhalses ein von wehenden Flaggen umgebenes Siegel mit
den Großbuchstaben „R“ und „C“ und einem nicht lesbaren weiteren kleineren
Text abgebildet ist, das auch auf der Vorder- und Rückseite des oberen schwar-
zen Flaschenhalses abgedruckt ist. Darunter befindet sich die Abbildung eines
Gebäudes an einer Straße in einer wappenförmigen Umrahmung. Unter dem
Wappen befindet sich der Schriftzug „Minskaya“ in kyrillischen Buchstaben nach
der weißrussischen Schreibweise. Darunter sind die Bezeichnung „Vodka“ in kyril-
lischen und lateinischen Buchstaben, getrennt durch einen kurzen horizontalen
Strich sowie mehrere kleine (Güte-)Siegel angeordnet.
In der Ansicht 3
wird die Rückseite der Flasche in direkter Aufsicht
gezeigt, bei der sich weit unterhalb des Flaschenhalses wieder das von der
Vorderseite bekannte Siegel mit den Buchstaben „R“ und „C“ mittig über der im
Vergleich zur Vorderseite spiegelverkehrten Abbildung des identischen Gebäudes
- 15 -
an einer Straße befindet. Unmittelbar darunter ist der Schriftzug „RUSSIAN
CULT“ angeordnet.
Die erste Ansicht
ist ein von schräg oben aufgenommenes Foto der
Flaschenvorderseite mit verschwommenem Text im Bereich der wappenförmigen
Umrandung.
Die Ansicht 4
zeigt das Foto einer Seitenansicht der Flasche von rechts,
allerdings ohne Text unter der Gebäudeabbildung und mit einem nur schwach
erkennbarem leeren Wappen, während die Ansicht 5
das Foto einer
Seitenansicht der Flasche von links mit Schriftzugrest und einem leeren Wappen
enthält.
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cc) Diese fünf Ansichten widersprechen einander. Sie zeigen nicht ein- und
dieselbe dreidimensionale Flaschengestaltung.
aaa) Das Zentrum der Flaschenvorderseite besteht aus einer wappenförmigen
Umrandung, die entweder mit verschwommenem Text (Ansicht 1), dem Bild eines
Gebäudes an einer Straße (Ansicht 2) oder mit einer leeren Fläche (Ansicht 4
und 5) gefüllt ist. Damit ist schon für die Vorderseite nicht eindeutig, welchen Inhalt
dieses Wappen bei der angemeldeten Flaschengestaltung hat.
bbb) Widersprüche bestehen aber auch für die Rückseite.
Auf der Flaschenrückseite der Ansicht 3 befindet sich deutlich der Schriftzug
„RUSSIAN CULT“ unterhalb des Gebäudebildes. In der Abbildung der
Flaschenseite unten links, also in der Ansicht 4, fehlt ein solcher Schriftzug, von
dem zumindest die Anfangsbuchstaben zu sehen sein müssten. In der zweiten
Seitenansicht 5 sind demgegenüber noch Reste des Schriftzuges erkennbar.
Die Markenabbildung enthält daher drei verschiedene Vorderseiten und zwei
verschiedene Rückseiten, so dass der Schutzgegenstand nicht eindeutig bestimmt
werden kann.
ccc) Die Erklärungsversuche sind entweder nicht nachvollziehbar oder sie hätten
zur Erläuterung der widersprüchlichen Darstellung in einer fakultativ möglichen
Beschreibung aufgenommen werden müssen, die aber fehlt.
(1) Der Antragsgegner erklärt die drei verschiedenen Wappeninhalte damit, dass
es sich bei dem Wappen im Gegensatz zur übrigen weiß mattierten
Flaschenoberfläche
um
ein
aus
Klarglas
bestehendes,
also
leeres
wappenförmiges „Sichtfenster“ handeln soll, das je nach Lichtbrechung durch die
in der Flasche enthaltene Flüssigkeit einen anderen Inhalt zeige, indem es den
Blick auf die Innenseite der Flaschenrückseite freigebe:
- 17 -
- Bei exakt frontseitiger Ansicht (Ansicht 2) erscheine im Sichtfenster das auf
der Flaschenrückseite dargestellte Gebäudebild in spiegelverkehrter und
aufgrund der Lichtbrechung leicht verzerrter Weise.
- In der zweiten Seitenansicht (Ansicht 5) sei aufgrund des seitlichen
Blickwinkels im (leeren) Sichtfenster nur die weißlich mattierte
Flaschenoberfläche erkennbar.
- In der Ansicht 1 von schräg oben ergebe sich als Inhalt des frontseitigen
Sichtfensters ein verzerrtes, aufgrund einer Luftblase dreispaltig unterteiltes
Bild eines Textes, der auf einem flaschenrückseitig aufgeklebten,
Etikett innenseitig aufgedruckt sei.
Es mag zutreffen, dass sich diese Effekte bei einer Flasche mit dem geschilderten
Klarglasfenster ergeben, aber das hätte zur Auflösung der sichtbaren
Widersprüche in einer Beschreibung erläutert werden müssen. Ohne eine solche
erläuternde Beschreibung können nur die
– für jeden Betrachter, der Einsicht ins
Markenregister nimmt,
– sichtbaren Merkmale den Schutzgegenstand bilden und
diese widersprechen einander.
Soweit der Antragsgegner ausgeführt hat, die reale Flasche weise unterhalb des
rückseitigen
Schriftzuges „RUSSIAN CULT“ einen Textblock auf, der bei der
Erstellung des Markengegenstandes flaschenaußenseitig mit einem weißen Etikett
abgedeckt worden bzw. durch Nachbearbeitung des Bildes entfernt worden sei, ist
dieser Vortrag schon deshalb unerheblich, weil sich der Schutzgegenstand
ausschließlich aus der beim DPMA eingereichten Wiedergabe der 3-D-Marke
ergeben muss. Hinzu kommt, dass auch dieses Vorbringen widersprüchlich ist.
Denn wenn das außen angebrachte Etikett mit dem Textblock undurchsichtig ist,
wie behauptet wird, ist der Text auch nur flascheninnenseitig wie in Ansicht 1
lesbar und an der Außenseite nicht erkennbar. Dann hätte er aber auch nicht
abgedeckt oder durch Bildnachbearbeitung entfernt werden müssen. Ferner
- 18 -
müsste ein solches undurchsichtiges, den flaschenrückseitigen Textblock
abdeckendes Etikett in den Ansichten 3, 4 oder 5 aufgrund seiner
unterschiedlichen optischen Eigenschaften gegenüber dem Flaschenmaterial in
einem Lichtreflex erkennbar sein.
(2) Aber selbst wenn sich die unterschiedliche Füllung der wappenartigen
Umrandung in den Ansichten 1, 2, 3 und 4 mit dem Klarglasfenster auch ohne
erläuternde Beschreibung physikalisch erklären ließe, bliebe noch der
Widerspruch bestehen, dass in der Abbildung der Flaschenseite unten links, also
in Ansicht 4, der Anfangsbuchstabe des rückseitig aufgedruckten Schriftzuges
„RUSSIAN CULT“ fehlt. Dessen Fehlen hat der Antragsgegner auch in der
mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar erklären können.
Wenn sich dies durch einen Lichtreflex bzw. eine Spiegelung an dem für die Schrift
verwendeten Glanzlack erklären ließe, müssten auch in dem sichtbaren Teil des
Gebäudebildes Lichtreflexe erkennbar sein. Das ist aber nicht der Fall. In der
Ansicht 4
ist
weder
ein
langgezogener
Lichtreflex
im
Bereich
der
Gebäudedarstellung noch eine Aufhellung des Glasmaterials im Bereich des
fehlenden Schriftzuges zu erkennen. Ferner ist am Flaschenverschluss erkennbar,
dass sich die Lichtreflexion in dieser Aufnahme in einem weißen Streifen etwa in
der Mitte der Flasche von oben nach unten erstreckt. Die Lichtreflexion berührt
nicht den rechten Flaschenbereich, auf dem sich die Anfangsbuchstaben des
Schriftzuges „RUSSIAN CULT“ befinden müssten.
ddd) Die Inaugenscheinnahme der beiden, der Markengestaltung ähnliche, vom
Antragsgegner mitgebrachten Flaschen ist nicht geeignet, die der vorliegenden
Markenwiedergabe immanenten Widersprüche aufzulösen, da sich Ansatzpunkte
für eine Auslegung nur aus der Markenwiedergabe selbst ergeben dürfen.
eee) Das
Gleiche
gilt
für
die
beantragte
Einholung
eines
Sachverständigengutachtens zum Nachweis, dass die Markenansichten mit der
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Gestaltung einer real existierenden Flasche in Einklang gebracht werden könne,
und zu Lacken oder hologrammartigen Aufdrucken, die den Effekt erzeugen
könnten, dass sich Buchstaben bei seitlicher Ansicht und einer entsprechenden
Beleuchtungssituation nicht mehr von der weißen Umgebung abheben. Denn die
Markenwiedergabe muss aus sich heraus für Behörden und Wettbewerber
eindeutig sein.
fff)
Deshalb sind auch die als Anlage 1 zum Schriftsatz vom 26. März 2018
vorgelegten Fotos (Bl. 103 GA) einer in den wesentlichen Details mit einer
markengegenständlichen übereinstimmenden Flasche, die belegen sollen, dass
Lichtreflexe nicht sichtbar sein müssen, als Beweismittel ungeeignet.
B.
Anschlussbeschwerde der Antragstellerin
Die Kostenentscheidung des DPMA ist nicht zu beanstanden. Jeder
Verfahrensbeteiligte hat seine Kosten im patentamtlichen Verfahren selbst zu
tragen.
1.
Maßgebliche
Rechtsgrundlage
für
die
Kostenentscheidung
im
patentamtlichen Verfahren ist § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, wonach das DPMA die
Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann,
wenn dies der Billigkeit entspricht.
§ 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG geht im Grundsatz davon aus, dass jeder Beteiligte
seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es
stets besonderer Umstände (BGH GRUR 1972, 600, 601
– Lewapur; GRUR 1996,
399, 401
– Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gege-
ben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu
vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer
nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest
kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder
- 20 -
Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfah-
rensgegner vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. BPatG 27 W (pat) 40/12
– mcpeople/McDonald′s; BPatGE 12, 238, 240 – Valsette/Garsette). Dabei ist stets
ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die
Kostentragung
aus
Billigkeitsgründen
nur
ausnahmsweise
bei
einem
sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der
Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem
Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BGH a. a. O.
– Lewapur; a. a. O. – Schutzver-
kleidung).
Solche besonderen Umstände sind im Löschungsverfahren beispielsweise
gegeben, wenn der Markeninhaber trotz einer ersichtlich begründeten
Löschungsaufforderung an einer gemäß § 8 MarkenG schutzunfähigen Marke
festhält und damit den Löschungsantrag provoziert, oder wenn eine bösgläubige
Markenanmeldung vorliegt.
2.
Keiner der vorgenannten besonderen Umstände ist hier gegeben.
a)
Im Hinblick darauf, dass die Markenstelle selbst die gegen § 8 Abs. 1
MarkenG verstoßende Streitmarke eingetragen hat, kann dem Antragsgegner
nicht vorgeworfen werden, dass er den Löschungsantrag provoziert habe.
b)
Für eine Bösgläubigkeit des Antragsgegners im Zeitpunkt der Anmeldung der
angegriffenen
Marke,
am
2. Juni 2010,
bestehen
keine
ausreichenden
Anhaltspunkte.
Eine bösgläubige Markenanmeldung wird angenommen, wenn die anmeldende
Person in Kenntnis eines fremden, durch Vorbenutzung entstandenen, bundesweit
schutzwürdigen Besitzstandes ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche
oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum
Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung oder Unterbindung
- 21 -
dieses Besitzstandes als Kennzeichen eintragen lässt, wenn sie die mit der
Eintragung entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbs-
kampfes einsetzen will oder wenn sie die Markenanmeldung allein zu dem Zweck
beabsichtigt, den Marktzutritt einer anderen Person zu verhindern, ohne die Marke
selbst benutzen zu wollen (EuGH GRUR 2009, 763 Rdnr. 44
– Lindt &
Sprüngli/Hauswirth; BGH GRUR 2016, 380 Rdnr. 17
– GLÜCKSPILZ m. w. N.;
BGH GRUR 2016, 378 Rn. 18 ff.
– LIQUIDROM).
b)
Einen eigenen markenrechtlich relevanten schutzwürdigen Besitzstand, in
den die Anmeldung der angegriffenen Marke eingreift, hat die Antragstellerin nicht
dargelegt.
Sie hat die angemeldete Flaschengestaltung weder vor der Anmeldung der
Streitmarke benutzt noch Rechte daran erworben. Sie hat sich sogar gegenüber
der W
… e.K. in Ziffer 15 der Zusatzvereinbarung Nr. 2 vom 1. Juni 2010
zur Exklusivitätsvereinbarung Nr. 14/07-08 vom 12. Dezember 2008 verpflichtet,
von der W
… e.K. entwickelte Änderungen im Design der Wodkaflasche
nicht markenrechtlich schützen zu lassen. Der Antragsgegner hat unwider-
sprochen dargelegt und glaubhaft gemacht, dass für die Antragstellerin vor der
Anmeldung der angegriffenen Marke keine identischen oder ähnlichen Marken
eingetragen waren. Die Antragstellerin hat erst am 6. Januar 2012, also 1 ½ Jahre
nach der verfahrensgegenständlichen Anmeldung, die Registrierung einer mit der
Streitmarke
nahezu
identischen
internationalen
Marke
(1 117 823) beantragt.
- 22 -
c)
Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der
Antragsgegner die mit der Eintragung der Streitmarke entstehende Sperrwirkung
zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen wollte.
Voraussetzung dafür ist, dass der Einsatz auf die Beeinträchtigung der
wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht in erster Linie auf die
Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH GRUR 2008, 917 Rdnr. 23
– EROS). Grundsätzlich ist von der Vermutung des generellen Benutzungswillens
des Markenanmelders auszugehen. Diese Vermutung kann zwar widerlegt
werden. Dies gilt jedoch nur für Ausnahmefälle, in denen eine ernsthafte Planung
für die eigene oder eine fremde Benutzung der angemeldeten Marke von
vornherein nach allgemeiner Lebenserfahrung auszuschließen ist (BGH GRUR
2001, 242, 245
– Classe E).
Vorliegend hat der Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen, dass er
Markenrechte verwaltet und lizensiert und dass die Firma seiner Ehefrau
Lizenznehmerin der Streitmarke ist.
d)
Es liegen auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür vor, dass der
Antragsgegner die angegriffene Marke hauptsächlich oder ausschließlich zur
Behinderung Dritter angemeldet hat.
Der Umstand, dass er erfolglos versucht hat, sein Markenrecht in einem
einstweiligen
Verfügungsverfahren
gegen
die Antragstellerin
und
ihren
Vertriebshändler wegen des Exports bzw. Imports von Wodka in einer nahezu
identischen Flaschenaufmachung durchzusetzen, begründet allein noch keine
Bösgläubigkeit. Denn ein Markeninhaber ist jederzeit berechtigt, sein Markenrecht
gegen Dritte zu verteidigen. Die Eintragung einer Marke dient grundsätzlich
gerade dem Zweck, sich das Alleinbenutzungsrecht zu sichern und gegen die
Benutzung durch andere zur Wehr setzen zu können. Zu diesem Zweck können
alle legalen Mittel eingesetzt werden (BPatG 29 W (pat) 84/10
– Gelbe Seiten).
- 23 -
Ein zweckfremder Einsatz kann daher nicht in der legitimen Verteidigung eines
Markenrechts gesehen werden (BPatG 30 W (pat) 16/12
– VCV).
C.
Kostenantrag der Antragstellerin
Der Antrag der Antragstellerin, dem Markeninhaber die Kosten des
Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, hat aus den gleichen vorgenannten
Gründen keinen Erfolg.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine
Kosten selbst trägt. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG
kann das
Bundespatentgericht die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder
teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierzu bedarf es stets
besonderer Umstände (BGH a. a. O.
– Lewapur; a. a. O. – Schutzverkleidung).
Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt,
das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Im Übrigen gilt das zu
§ 63 MarkenG Ausgeführte.
III.
Gründe für eine Kostenauferlegung von Amts wegen zu Lasten der Antragstellerin
aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind ebenfalls nicht ge-
geben.
Die erforderlichen besonderen Umstände fehlen auch hier. Zwar hat die Antrag-
stellerin in ihrem Schriftsatz zur Begründung des Löschungsantrags vom
12. Juli 2013 eine deutsche Übersetzung der Zusatzvereinbarung vom
1. Juni 2010 beigefügt, in der die
– für die Frage der Bösgläubigkeit relevante –
Ziffer 15 nicht aufgeführt war, obwohl der Antragsgegner die Antragstellerin schon
mit Schriftsatz vom 25. Juni 2013 auf diese Ziffer hingewiesen hatte, aber die An-
- 24 -
tragstellerin hat dies noch im patentamtlichen Löschungsverfahren mit Schriftsatz
vom 17. Februar 2014 richtiggestellt und die Markenabteilung hat die angegriffene
Marke nicht wegen Bösgläubigkeit, sondern wegen mangelnder graphischer Dar-
stellbarkeit gelöscht, so dass die Einlegung der Beschwerde durch den unzutref-
fenden Vortrag der Antragstellerin nicht verursacht worden ist.
IV.
Die vom Antragsgegner angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83
Abs. 2 MarkenG ist nicht veranlasst.
Weder war über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden
(§ 82 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch war die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als
erforderlich zu erachten (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Die vom Beschwerdeführer gestellte Frage, ob eine z. B. durch optische Reflexe
verursachte, vermeintliche Unklarheit in verschiedenen Darstellungen einer drei-
dimensionalen Marke dem Bestimmtheitsgebot zuwiderlaufe, haben der EuGH
und der BGH schon dahingehend beantwortet, dass die Darstellung klar, eindeu-
tig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv
(EuGH a. a. O.
– Dyson; a. a. O. – Libertel; a. a. O. – Sieckmann) bzw. so klar und
eindeutig sein muss, dass nachträgliche Änderungen zweifelsfrei ausgeschlossen
werden können (BGH a. a. O.
– Gabelstapler II; BGH a. a. O. – Schokoladenstäb-
chen II). Dabei ist es unerheblich, aus welchen Gründen die Darstellung unklar ist.
Im Übrigen hat der Senat bei der Beurteilung der grafischen Darstellbarkeit die
vom EuGH und BGH in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Maßstäbe ange-
legt.
- 25 -
V.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 26 -
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Kortge
Jacobi
Schödel
Pr