Urteil des BPatG vom 26.07.2018

Urteil vom 26.07.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:260718B25Wpat49.17.0
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 49/17
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
26. Juli 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 040 078.5
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Knoll sowie der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
DATALABS
ist am 19. Mai 2015 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent-
und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistun-
gen der Klassen 9 und 42 angemeldet worden:
Klasse 9:
Computer-Software in Bezug auf klinische Studien;
Klasse 42:
Hosting und zeitweise Bereitstellung von nicht herun-
terladbarer Software in Bezug auf klinische Studien; technische
Supportdienstleistungen, nämlich Behebung von Problemen mit
Software und gehosteten Software-Anwendungen in Bezug auf
klinische Studien.
Mit Beschluss vom 31. Januar 2017 hat die Markenstelle für Klasse 42 des DPMA
die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich die Be-
zeichnung „DATALABS“ aus den englischsprachigen Begriffen „Data“ (Daten) und
„Labs“ (Labore, Laboratorien) zusammensetze und in ihrer Gesamtheit „Datenla-
bore“ bzw. „Datenlaboratorien“ bedeute. Die Bezeichnung „DATALABS“ bringe im
Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zum Aus-
druck, dass diese für Datenlabore geeignet seien oder die Funktion eines Daten-
labors wahrnehmen könnten. Die Bezeichnung sei daher nur eine Angabe über
die Art, Beschaffenheit und Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen. Dieser Bedeutungsgehalt erschließe sich den angesprochenen Fach-
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kreisen unmittelbar, da Englisch in der Forschung und Entwicklung auf dem Ge-
biet der Pharmazie und der Medizin die übliche Fachsprache sei. Weiterhin seien
der Begriff „Datenlabor“ und seine Pluralform „Datenlabore“ im Deutschen bereits
im Anmeldezeitpunkt als Fachbegriff bekannt und gebräuchlich gewesen. In einem
„Datenlabor“ würden große Mengen an Einzeldaten analysiert, systematisiert und
gezielt ausgewertet, wodurch diese nutzbar gemacht werden könnten. So entstün-
den beispielsweise im Rahmen von klinischen Studien, die für die Zulassung
neuer Medikamente erforderlich seien, unzählige Einzeldaten, die zur Feststellung
der therapeutischen Wirksamkeit des Medikaments und möglicher Nebenwirkun-
gen unter verschiedensten Kriterien ausgewertet werden müssten. Die mit der
Markenanmeldung beanspruchte Ware der Klasse 9 „Computer-Software in Bezug
auf klinische Studien“ könne somit entweder selbst die Funktion eines Datenlabors
erfüllen oder so ausgestaltet sein, dass sie in einem Datenlabor eingesetzt werden
könne. Auch das „Hosting von Software“ und der entsprechende Support könnten
mittels eines Datenlabors erbracht werden oder für ein Datenlabor bestimmt sein.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Die angemeldete
Bezeichnung verfüge über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.
Der Begriffsinhalt der Bezeichnung „DATALABS“, auch in der deutschen Überset-
zung „Datenlabore“, sei im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und
Dienstleistungen allenfalls vage und rege zum Nachdenken an. Die Markenstelle
habe zudem nicht nachgewiesen, dass der deutsche Durchschnittsverbraucher
das Zeichen im Sinne von „Datenlabor“ verstehe. Dieser Begriff sei auch kein Wort
der deutschen Sprache, dem der maßgebliche Verkehr einen konkreten und ein-
deutigen Sachhinweis entnehmen könne. Er werde im Verkehr zudem bereits als
betriebliches Herkunftszeichen verwendet, so z. B. für die Fachkonferenz „Daten-
Labor“, die „Datenlabor GmbH“ oder das „Datenlabor Berlin“. Das Zeichen be-
schreibe daher in keiner Weise hinreichend konkret einen bestimmten Ort, an dem
Software entwickelt oder hergestellt werden könnte oder für den sie bestimmt sein
könnte. Aufgrund dieser vagen Begriffsbedeutung habe die angemeldete Marke
keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Bedeutungsgehalt in Bezug zu
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den angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Die von der Markenstelle ange-
führte Begründung, die beanspruchte Ware könne „selbst die Funktion eines
Datenlabors erfüllen“, treffe nicht zu, da ein Labor eine komplexe Einrichtung sei,
in der eine Vielzahl von unterschiedlichen Prozessen abliefen. Die Kombination
der Begriffe „Daten“ und „Labor“ sei bereits deswegen für sich genommen fanta-
sievoll, weil der Begriff „Labor“ an einen physischen Ort denken lasse, an dem
Wissenschaftler Informationen verarbeiten. Immaterielle und rein elektronisch
existierende Computerdaten, um die es im vorliegenden Softwarebereich gehe,
würden jedoch weder in einem Labor noch sonst physisch von einem Wissen-
schaftler verarbeitet. Der Begriff „Datenlabor“ sei daher ein Euphemismus bzw.
eine fantasievolle, jedenfalls nicht glatt beschreibende Umschreibung für diese
Vorgänge. Nicht zuletzt wegen der Pluralform der angemeldeten Marke sei weiter-
gehend unklar, um was es sich dabei handeln solle. Bei markenmäßiger Benut-
zung nehme der Verkehr das Zeichen wegen seines allenfalls sprechenden Cha-
rakters als betrieblichen Herkunftshinweis wahr. Die angemeldete Marke sei kurz,
prägnant bzw. weise eine gewisse Originalität auf und sei Im Übrigen in zahlrei-
chen, teils auch englischspracheigen Ländern (UK, USA, Kanada, Schweiz, Japan
VR China), und vor dem EUIPO ohne Beanstandung zur Eintragung gekommen.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2017 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, den Ladungszusatz des Senats vom
28. Mai 2018, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und auf den übrigen
Akteninhalt verwiesen.
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II.
Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige
Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt
die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die
Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1
MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom
Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Haupt-
funktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Wa-
ren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428
Rn. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 – FUSSBALL WM 2006).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der
Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vor-
dergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850
Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor).
Unterscheidungskraft fehlt ferner auch solchen Angaben, die aus gebräuchlichen
Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremd-
sprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen eine entsprechenden
Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterschei-
dungsmittel verstanden werden (vgl. dazu BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute
Laune Drops) bzw. die für sich genommen oder im Zusammenhang mit produkt-
beschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allgemei-
ner Art enthalten (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands
schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch
solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten
Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreiben-
der Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL
WM 2006 a. a. O.).
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Ein in diesem Sinne enger beschreibender Bezug ist insbesondere zwischen Be-
zeichnungen von Produktions-, Angebots- und Vertriebsstätten und den dort ver-
triebenen Produkten (Waren und Dienstleistungen) gegeben. Zwar handelt es sich
bei diesen sog. Etablissementbezeichnungen nicht um beschreibende Angaben
i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da sie nicht der unmittelbaren Beschreibung der
dort hergestellten oder vertriebenen Waren bzw. angebotenen Dienstleistungen
dienen (vgl. BGH GRUR 1999, 988, Tz. 15 – HOUSE OF BLUES). Daraus folgt
aber noch nicht, dass eine solche Bezeichnung Unterscheidungskraft i. S. d. § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist. Insoweit ist zu beachten, dass nach der Recht-
sprechung des EuGH und des BGH Unterscheidungskraft nicht nur solchen Anga-
ben abzusprechen ist, denen der Verkehr für die fraglichen Produkte einen im Vor-
dergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet; vielmehr kann diese
auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor;
GRUR 2004, 680 – BIOMILD). So mangelt es vor allem auch solchen Angaben an
hinreichender Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, die zwar die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst nicht unmittelbar betreffen,
durch die aber ein enger beschreibender Bezug hierzu hergestellt wird und des-
halb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Be-
griffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der
Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten
Produkte sieht (vgl. BGH GRUR 2009, 411, Tz. 9 – STREETBALL; GRUR 2008,
1093, Tz. 15 – Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2006, 850, Tz. 19 – FUSSBALL
WM 2006). Eine Bezeichnung, die in erster Linie als Angabe eines Ortes verstan-
den wird, an dem üblicherweise die betroffenen Waren produziert und/oder ver-
trieben werden bzw. Dienstleistungen erbracht und angeboten werden, ist nicht
geeignet, den Bezug zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb herzustellen und die
Waren eines Unternehmens von denen anderer kennzeichenmäßig abzugrenzen
(vgl.
die Senatsentscheidungen 25 W (pat) 70/09
– CHOCOLATERIA;
25 W (pat) 6/10 – BIOTEEMANUFAKTUR; 25 W (pat) 200/09 – Kaffeerösterei
Freiburg; 25 W (pat) 69/10 – Tea Lounge; 25 W (pat) 538/12 – Harzer Apparate-
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werke; alle Entscheidungen sind über die Homepage des Bundespatentgerichts
öffentlich zugänglich).
Die Bezeichnung „Datenlabor“ bzw. die englische Bezeichnung „Datalab“ stellt in
der deutschen Fachsprache auf dem Gebiet der Informatik eine allgemein ge-
bräuchliche Etablissementbezeichnung dar. Sie ist dabei in Bezug auf ihre Be-
griffsbildung – wie das Wort „Sprachlabor“ – metaphorisch und bedient sich des
Bildes eines „Labors“, also eines räumlichen Arbeitsbereiches, in welchem auf
dem Gebiet der Naturwissenschaften experimentiert, gemessen und geforscht
wird. Zunächst werden als „Datenlabore“ Betriebe bezeichnet, die verlorene Daten
wiederherstellen, etwa nach der physischen Beschädigung eines Datenträgers.
Darüber hinaus werden in als „Datenlabor“ bezeichneten Betrieben auch digitale
Dienstleistungen im weitesten Sinne erbracht, etwa die Entwicklung von Software
oder die Beschaffung von Daten (auf die Rechercheergebnisse des Senats, die
der Anmelderin mit dem Ladungszusatz vom 28. Mai 2018 übersandt worden sind,
wird insoweit Bezug genommen). Schließlich benennt die Bezeichnung – sowohl
als englisches als auch deutsches Fachwort – einen Ort, der physischer oder auch
virtueller Natur sein kann (also ein räumliches Etablissement oder eine Software
mit dem zugehörigen Speicherplatz), an dem große Datenmengen gesammelt,
aufbereitet, analysiert und nutzbar gemacht werden. Entsprechende Datenmen-
gen, die eine strukturierte Auswertung erfordern, fallen insbesondere bei klini-
schen Studien an, auf die sich die mit der Markenanmeldung beanspruchten
Dienstleistungen spezifisch beziehen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin
handelt es sich damit bei der angemeldeten Bezeichnung um einen Fachbegriff
mit einer klar umrissenen inhaltlichen Bedeutung, die dem angesprochenen und
für sich genommen ausreichend maßgeblichen Fachverkehr ohne Weiteres geläu-
fig ist. Damit kann die angemeldete Bezeichnung auch nicht mehr als „sprechende
Marke“ angesehen werden. Die Benutzung des Begriffs „Datalab“ bzw. „Datenla-
bor“ lässt sich auch in der letztgenannten Bedeutung bereits im Anmeldezeitpunkt,
auf den es entscheidend ankommt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten
werden Fakten), ohne Weiteres nachweisen (auf die Rechercheergebnisse des
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Senats, die der Anmelderin mit dem Ladungszusatz vom 28. Mai 2018 übersandt
worden sind und auf die vom DPMA vorgelegten Rechercheergebnisse wird Be-
zug genommen). Die entsprechende Benutzung des Begriffs „Datalab“ oder „Da-
tenlabor“ im Sinne einer Etablissementbezeichnung zur strukturierten Aufarbeitung
großer Datenmengen erfolgte sowohl in Deutschland als auch im englischsprachi-
gen Raum. Dabei ist davon auszugehen, dass sich der mit den beanspruchten
Dienstleistungen angesprochene, hoch spezialisierte Fachverkehr, der sich mit der
Auswertung klinischer Studien befasst, nicht allein auf die Lektüre inländischer
Quellen beschränkt, sondern auch Quellen, wie sie im Anlagenkonvolut 4 nach-
gewiesen sind, zur Kenntnis nimmt (Bl. 58 – 62 der Akten). Weitere Rechercheer-
gebnisse belegen zudem die entsprechende Benutzung des Begriffs „Datalab“
bzw. „Datenlabor“ im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Markenan-
meldung, was gleichfalls den Schluss zulässt, dass der Begriff dem angesproche-
nen Fachverkehr schon im Anmeldezeitpunkt geläufig war. Dabei kann das Vor-
bringen der Anmelderin als richtig unterstellt werden, dass der Begriff teilweise
auch markenmäßig benutzt wird. Der Verkehr ist aber insoweit an Verwendungen
nicht schutzfähiger, rein beschreibender Sachangaben gewöhnt, so dass einzelne
kennzeichenmäßige Verwendungen nicht den Schluss zulassen, dass der ange-
sprochene Verkehr einen Fachbegriff nicht mehr als solchen erkennt und ihn als
betrieblichen Herkunftshinweis versteht. Auch der Umstand, dass die angemeldete
Bezeichnung die Pluralform des Fachbegriffs „Datalab“ darstellt, führt zu keiner
anderen Beurteilung. Sofern dies dem Verkehr überhaupt auffallen sollte, ist die
Pluralform in der Regel keine relevante Verfremdung eines allgemein gebräuchli-
chen Fachbegriffs und führt damit nicht ausreichend von einem rein sachbeschrei-
benden Verständnis weg. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass die Plu-
ralform im Zusammenhang mit entsprechenden Etablissementbezeichnungen kei-
neswegs ungewöhnlich ist, was z. B. die Firmierung der berühmten „Bell
Laboratories“ oder der „Abbott Laboratories“ zeigt.
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Zur Auffassung der Anmelderin und des Bundesgerichtshofs in ständiger Recht-
sprechung, dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft zur Überwin-
dung des Schutzhindernisses ausreiche und es geboten sei, bei der Feststellung
des erforderlichen Grades der Unterscheidungskraft einen großzügigen Maßstab
anzulegen, ist ergänzend unter Bezugnahme auf die insoweit maßgebliche Recht-
sprechung des europäischen Gerichtshofs anzumerken, dass auch das Schutz-
hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des zugrundeliegenden
Allgemeininteresses auszulegen ist, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit
vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren. Die Prüfung der Marken-
anmeldung muss daher streng und vollständig sein, um ungerechtfertigte Eintra-
gungen zu vermeiden (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 57, 60 – Libertel; BGH,
GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook; Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG,
12. Aufl., § 8 Rn. 178, 179).
Soweit sich die Anmelderin aus ihrer Sicht durchaus verständlich auf vergleich-
bare Voreintragungen beruft, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefes-
tigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS
unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47–51
– BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42–44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008,
1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009,
1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsent-
scheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder
eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker/
Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 78 und Rn. 79 mit zahlreichen weiteren
Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist
keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Ent-
scheidung, wobei selbst identische inländische Voreintragungen nach ständiger
Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es
auch im Rahmen von unbestimmten Rechtsbegriffen keine Selbstbindung der
Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das
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Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigen-
ständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen.
III.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss kann die Anmelderin und Beschwerdeführerin das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.
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Kriener
Dr. Nielsen
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