Urteil des BPatG vom 25.07.2018

Urteil vom 25.07.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:250718B19Wpat65.17.0
BUNDESPATENTGERICHT
19 W (pat) 65/17
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. Juli 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2013 202 795
- 2 -
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 16. und 25. Juli 2018 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der
Richter Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Ing. Matter
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 1.34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
25. Oktober 2016 aufgehoben und das Patent 10 2013 202 795
beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018,
Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift.
2. Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden wird zurück-
gewiesen.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Auf die am 20. Februar 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)
eingereichte Anmeldung 10 2013 202 795.8
ist mit Beschluss vom
29. Januar 2014 das Patent 10 2013 202 795 mit der Bezeichnung „Reversible
Abtrennvorrichtung“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am
20. März 2014 erfolgt.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014,
eingegangen beim DPMA am selben Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das
Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Einsprechende hat sinngemäß gel-
tend gemacht, der Gegenstand des Patents sei nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht
patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
Die Einsprechende verweist u. a. auf folgende Schriften bzw. Unterlagen:
E1 DE 10 2008 013 448 A1
E2 DE 41 24 321 A1
E3 DE 10 2011 052 286 A1
E4 DE 24 05 671 A1
E5 DE 739 764
E6 WO 2009/103896 A2
E7 DE 10 2006 036 598 A1
E8 WO 2006/012754 A1
E9 DE 737 582
E10 EP 2 278 605 A1.
Die Patentinhaberin hat widersprochen und sinngemäß beantragt, das Patent in
vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
- 4 -
Mit am Ende der Anhörung vom 25. Oktober 2016 verkündetem Beschluss hat die
Patentabteilung 1.34 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent in vol-
lem Umfang aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom
24. Januar 2017, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am
selben Tag.
Die Einsprechende beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.34 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 25. Oktober 2016 aufzuheben und das Pa-
tent 10 2013 202 795 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen,
hilfsweise, unter Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden
im Übrigen, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht-
zuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 16. Juli 2018,
weiter hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 16. Juli 2018,
weiter hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 4, überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 25. Juli 2018,
- 5 -
Beschreibung und Zeichnung zu den Hilfsanträgen jeweils gemäß
Patentschrift.
Der Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung wie folgt:
1. Reversible Abtrennvorrichtung (RAT) für eine Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE), wobei die reversible Abtrennvorrich-
tung (RAT) in Serie mit der Überspannungsschutzeinrichtung (ÜSE)
zu betreiben ist, aufweisend
 eine Parallelschaltung eines ersten Stromzweiges (SK
1
) und eines
zweiten Stromzweiges (SK
2
), wobei der erste Stromzweig (SK
1
)
einen ersten Schalter (S
1
) und der zweite Stromzweig (SK
2
) ein
Bauelement mit veränderlichem Widerstand (X) aufweist,
 wobei der Schalter (S
1
) eine Formgedächtnislegierung aufweist,
welche den Schalter (S
1
) betätigt, wobei die Formgedächtnislegie-
rung in thermischer Verbindung (
ϑ) mit der Überspannungsschutz-
einrichtung (ÜSE) ist, so dass bei Erwärmung der Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE) diese Überspannungsschutzeinrich-
tung (ÜSE) reversibel abgetrennt werden kann.
In der Fassung nach Hilfsantrag vom 16. Juli 2018:
1. Reversible Abtrennvorrichtung (RAT) für eine Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE), wobei die reversible Abtrennvorrich-
tung (RAT) in Serie mit der Überspannungsschutzeinrichtung (ÜSE)
zu betreiben ist, aufweisend
 eine Parallelschaltung eines ersten Stromzweiges (SK
1
) und
eines zweiten Stromzweiges (SK
2
), wobei der erste Stromzweig
(SK
1
) einen ersten Schalter (S
1
) und der zweite Stromzweig
(SK
2
) ein Bauelement mit veränderlichem Widerstand (X) auf-
weist,
- 6 -
 wobei der Schalter (S
1
) eine Formgedächtnislegierung aufweist,
welche den Schalter (S
1
) betätigt, wobei die Formgedächtnis-
legierung in thermischer Verbindung (
ϑ) mit der Überspan-
nungsschutzeinrichtung (ÜSE) ist, so dass bei Erwärmung der
Überspannungsschutzeinrichtung (ÜSE) diese Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE) reversibel abgetrennt werden kann,
wobei der veränderliche Widerstand (X) einen induktiven Anteil
aufweist.
In der Fassung nach Hilfsantrag 2 vom 16. Juli 2018:
1. Reversible Abtrennvorrichtung (RAT) für eine Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE), wobei die reversible Abtrennvorrich-
tung (RAT) in Serie mit der Überspannungsschutzeinrichtung (ÜSE)
zu betreiben ist, aufweisend
 eine Parallelschaltung eines ersten Stromzweiges (SK
1
) und eines
zweiten Stromzweiges (SK
2
), wobei der erste Stromzweig (SK
1
)
einen ersten Schalter (S
1
) und der zweite Stromzweig (SK
2
) ein
Bauelement mit veränderlichem Widerstand (X) aufweist,
 wobei der Schalter (S
1
) eine Formgedächtnislegierung aufweist,
welche den Schalter (S
1
) betätigt, wobei die Formgedächtnislegie-
rung in thermischer Verbindung (
ϑ) mit der Überspannungsschutz-
einrichtung (ÜSE) ist, so dass bei Erwärmung der Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE) diese Überspannungsschutzeinrichtung
(ÜSE) reversibel abgetrennt werden kann,
wobei der veränderliche Widerstand (X) einen induktiven Anteil
aufweist, so dass der zweite Stromzweig initial vor Stromfluss durch
ein Überspannungsereignis geschützt ist, während ein Folgestrom
über den zweiten Stromzweig zumindest teilweise abgeleitet wer-
den kann.
- 7 -
Wegen des Wortlauts des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 und weiterer Einzelhei-
ten wird auf die Akte verwiesen.
II.
1.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Einsprechenden
hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zu
einer beschränkten Aufrechterhaltung des Patents nach Hilfsantrag 2 führt.
2.
Der Einspruch ist zulässig, insbesondere ist er ausreichend substantiiert
(§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Er setzt sich detailliert mit allen Merkmalen der Ge-
genstände der erteilten Ansprüche 1 bis 3 in Bezug auf die Entgegenhaltungen 4
bis 7 auseinander (Einspruchsschriftsatz vom 15. Dezember 2014, Seite 7, Ab-
satz 3 bis Seite 9, Absatz 5).
3.
Das Streitpatent betrifft eine reversible Abtrennvorrichtung für eine Über-
spannungsschutzeinrichtung. Aus dem Stand der Technik seien zahlreiche Über-
spannungsschutzeinrichtungen bekannt. Ein großes Problem bei ihrer Verwen-
dung sei, dass nach einem Ableitereignis häufig ein Folgestrom auftrete (Streitpa-
tentschrift, Absätze 0001 bis 0003).
Dieser Folgestrom führe in aller Regel zu einer hohen Verlustleistung der Über-
spannungsschutzeinrichtung. Dabei trete eine starke Erwärmung auf, die zu ihrer
irreversiblen Schädigung bzw. Zerstörung führe und somit nicht nur eine Gefahr
für die Überspannungsschutzeinrichtung, sondern auch für die Umgebung dar-
stelle (Absatz 0004).
Darüber hinaus sei häufig zur schnellen Ableitung eines Überspannungsereignis-
ses eine geringe Impedanz der Überspannungsschutzeinrichtung zu beobachten.
Trete nun ein Folgestrom auf, so sei die niedrige Impedanz eine Gefahr für die
- 8 -
treibende Energieversorgung, da die niedrige Impedanz praktisch einen Kurz-
schluss darstelle, der zu einer nachhaltigen Schädigung oder Zerstörung der trei-
benden Energieversorgung führen könne (Absatz 0005).
Diese Probleme träten bei unterschiedlichen Überspannungsschutzeinrichtungen
auf. Besonders ausgeprägt seien sie jedoch bei einer Verwendung von Funken-
strecken bzw. gasgefüllten Überspannungsableitern und insbesondere in Gleich-
spannungssystemen (Absatz 0006).
Aus den Druckschriften
DE 10 2008 013 448 A1, DE 41 24 321 A1 und
DE 10 2011 052 286 A1 seien Abtrennvorrichtung mit schaltbaren Stromzweigen
und einem PTC bekannt (Absatz 0007).
Der Erfindung liege die Aufgabe zu Grunde, eine verbesserte Abtrennvorrichtung
bereitzustellen, die eine sichere Abtrennung einer Überspannungsschutzeinrich-
tung bereitstelle (Absatz 0008).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der Anspruch 1 in der erteilten Fassung eine
reversible Abtrennvorrichtung für eine Überspannungsschutzeinrichtung vor, deren
Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
1
Reversible Abtrennvorrichtung (RAT) für eine Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE),
1.1 wobei die reversible Abtrennvorrichtung (RAT) in Serie mit der
Überspannungsschutzeinrichtung (ÜSE) zu betreiben ist,
1.2 aufweisend eine Parallelschaltung eines ersten Stromzwei-
ges (SK
1
) und eines zweiten Stromzweiges (SK
2
),
1.2.1 wobei der erste Stromzweig (SK
1
) einen ersten Schal-
ter (S
1
)
1.2.2 und der zweite Stromzweig (SK
2
) ein Bauelement mit ver-
änderlichem Widerstand (X) aufweist,
- 9 -
1.2.1.1 wobei der Schalter (S
1
) eine Formgedächtnisle-
gierung aufweist, welche den Schalter (S
1
) be-
tätigt, wobei die Formgedächtnislegierung in ther-
mischer Verbindung (ϑ) mit der Überspannungs-
schutzeinrichtung (ÜSE) ist,
1.3 so dass bei Erwärmung der Überspannungsschutzeinrich-
tung (ÜSE) diese Überspannungsschutzeinrichtung (ÜSE) reversi-
bel abgetrennt werden kann.
In der Fassung nach Hilfsantrag vom 16. Juli 2018 ist zusätzlich das Bauelement
mit veränderlichem Widerstand des zweiten Stromzweigs näher ausgestaltet:
1.2.2.1 wobei der veränderliche Widerstand (X) einen indukti-
ven Anteil aufweist.
In der Fassung nach Hilfsantrag 2 vom 16. Juli 2018 sind weitere Angaben über
das Bauelement gemacht:
1.2.2.2 so dass der zweite Stromzweig initial vor Stromfluss
durch ein Überspannungsereignis geschützt ist, wäh-
rend ein Folgestrom über den zweiten Stromzweig
zumindest teilweise abgeleitet werden kann.
4.
Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann
einen Diplom-Ingenieur (FH) oder einen Bachelor der Fachrichtung Elektrotechnik
zu Grunde, der über eine langjährige Berufserfahrung in der Entwicklung von
Überspannungs- und Überstromschutzschaltungen verfügt.
5.
Zum Verständnis der erfindungsgemäßen Lehre und einzelner Merkmale
des jeweiligen Anspruchs 1 nach den verschiedenen Antragsfassungen sind fol-
gende Bemerkungen veranlasst:
- 10 -
a)
Die im Merkmal 1 genannte Überspannungsschutzeinrichtung (im Folgen-
den mit ÜSE abgekürzt) ist im bestimmungsgemäßen Betrieb parallel zu einem
vor Überspannungen zu schützenden Verbraucher geschaltet, wobei ÜSE und
Verbraucher zudem an eine, zumeist als Spannungsquelle ausgebildete, Energie-
versorgung angeschlossen sind (Streitpatenschrift, Figur 1: Versorgungsspannung
zwischen der Phase L
1
und dem Bezugspotential PE, der nicht dargestellte Ver-
braucher wird an die „rechten“ Anschlüsse angeschlossen).
Im Normalbetrieb ist die ÜSE im Vergleich zu dem Verbraucher sehr hochohmig,
so dass die Energieversorgung kaum zusätzlich belastet wird und in der ÜSE auf-
grund der niedrigen Verlustleistung nur eine geringe (Eigen-)Erwärmung auftritt.
Bei einem Überspannungsereignis, z. B. einem Blitzschlag (Absatz 0024), wird die
ÜSE kurzzeitig sehr niederohmig, wodurch – trotz des hohen durch sie fließenden
Puls- bzw. Ableitstroms – die an dem zu schützenden Verbraucher anliegende
Spannung das für ihn erlaubte Maß nicht überschreitet und er vor Zerstörung ge-
schützt wird.
Bei einer fachüblichen Ausbildung der ÜSE als Varistor oder Funkenstrecke kann
nach einem Überspannungs- bzw. Ableitereignis in unerwünschter Weise ein Fol-
gestrom auftreten (Absätze 0003, 0021), der nicht nur zu einer irreversiblen Schä-
digung bzw. Zerstörung der ÜSE durch deren Erwärmung, sondern auch – jeden-
falls bei einem großen Folgestrom – zu einer nachhaltigen Schädigung bzw. Zer-
störung der treibenden Energieversorgung führen kann (Absätze 0004 bis 0006,
0022).
b)
Zum Abschalten des unerwünschten und ggfs. gefährlichen Folgestroms
dient die beanspruchte reversible Abtrennvorrichtung, die nach Merkmal 1.1 in
Serie zu der ÜSE betrieben wird. Nach Merkmal 1.2 weist die Abtrennvorrichtung
eine Parallelschaltung eines ersten und eines zweiten Stromzweiges auf, wobei
der erste Stromzweig nach Merkmal 1.2.1 einen ersten Schalter aufweist.
Die Abtrennvorrichtung darf die originäre Funktion der ÜSE nicht beeinträchtigen,
d. h. sie muss vor dem Abtrennen eine so niedrige Impedanz aufweisen, dass der
bei einem Überspannungsereignis auftretende sehr große Puls- bzw. Ableitstrom
- 11 -
an ihr nur einen äußerst geringen zusätzlichen Spannungsabfall erzeugt. Daher
entnimmt der Fachmann dem Merkmal 1.2.1, dass der erste Schalter im ersten
Stromzweig der Abtrennvorrichtung im Normalbetrieb geschlossen ist und dabei
eine sehr geringe Impedanz aufweist.
Aufgrund der Reihenschaltung der Abtrennvorrichtung mit der ÜSE nach Merkmal
1.1 und aufgrund der Angaben zu dem inneren Aufbau der Abtrennvorrichtung
nach den Merkmalen 1.2, 1.2.1 und 1.2.2 versteht der Fachmann unter der Ab-
trennung der ÜSE nach Merkmal 1.3 nicht eine galvanische Entkopplung von der
Spannungsversorgung und/oder dem zu schützenden Verbraucher, sondern den
Wechsel von der sehr niederohmigen Anbindung der ÜSE über den geschlosse-
nen Schalter im ersten Stromzweig zu einer relativ hochohmigen Anbindung über
das Bauelement mit veränderlichem Widerstand (X) im zweiten Stromzweig der
Abtrennvorrichtung (vgl. Absätze 0020 und 0025).
c)
Fließt nach einem Überspannungs- bzw. Ableitereignis in – wie vorstehend
ausgeführt – unerwünschter Weise ein vergleichsweise hoher Folgestrom durch
die ÜSE und den in Serie dazu geschalteten ersten Schalter im ersten Stromzweig
der Abtrennvorrichtung, führt dies zu einer allmählichen Erwärmung der ÜSE. Da
diese nach Merkmal 1.2.1.1 in thermischer Verbindung mit einer Formgedächtnis-
legierung des ersten Schalters ist, erwärmt diese sich ebenfalls.
Unter einer Formgedächtnislegierung versteht der Fachmann dabei solche Metal-
le, die in Abhängigkeit von ihrer Temperatur zwei unterschiedliche Strukturen
(Phasen) und damit äußere Formen aufweisen können. Sie werden oft als Me-
mory-Metalle bezeichnet.
Wenn die Formgedächtnislegierung des ersten Schalters eine bestimmte Tempe-
ratur erreicht bzw. überschritten hat, ändert sie ihre Form und betätigt, d. h. öffnet
den ersten Schalter, wodurch der Folgestrom nur noch durch den zweiten Strom-
zweig der Abtrennvorrichtung fließen kann.
d)
Da die Abtrennung der ÜSE nach den Angaben in den Merkmalen 1, 1.1
und 1.3 reversibel sein soll, entnimmt der Fachmann dem Anspruch 1, dass eine
- 12 -
Abkühlung der ÜSE und damit der Formgedächtnislegierung des ersten Schalters
zu seinem erneuten Schließen führt, wodurch der Ausgangszustand erreicht und
damit die Schutzfunktion der ÜSE wieder hergestellt ist (Absatz 0028). Dies bein-
haltet, dass die ÜSE nicht oder höchstens insoweit beschädigt wurde, als dass sie
einen (leicht) erhöhten Leckstrom aufweist, aber ihre Schutzfunktion noch gege-
ben ist.
Nach den Angaben in der Beschreibung kann die Formgedächtnislegierung einen
Zweiweg-Memoryeffekt (Absätze 0023, 0028) oder einen Einweg-Memoryeffekt
(Absätze 0023, 0027) aufweisen, wobei im letztgenannten Fall der erste Schalter
durch eine externe Beeinflussung, z. B. durch Federkraft, wieder geschlossen
wird.
e)
Voraussetzung für das Abkühlen der ÜSE und das daraus resultierende
Schließen des Schalters ist, dass der durch ein Überspannungsereignis verur-
sachte Folgestrom zum Erliegen kommt, also z. B. „gelöscht“ wird, wenn die ÜSE
als Funkenstrecke ausgebildet ist, oder zumindest sehr stark reduziert wird
(Absätze 0023 und 0025). Hierfür sorgt das Bauelement mit veränderlichem
Widerstand im zweiten Stromzweig nach Merkmal 1.2.2, z. B. dadurch, dass es
als PTC-Widerstand ausgebildet ist, der durch den Folgestrom und die damit ein-
hergehende Eigenerwärmung hochohmiger wird, so dass der Folgestrom sich so-
weit verringert, bis die ÜSE gelöscht wird und/oder sich zumindest abgekühlt hat
(Absätze 0025 und 0026).
Das Bauelement mit veränderlichem Widerstand (X) kann gemäß Absatz 0030 der
Streitpatentschrift aus mehreren induktiven, kapazitiven und resistiven Kompo-
nenten zusammengeschaltet sein. Damit kann das Bauelement mit veränderli-
chem Widerstand (X) nicht nur ein einzelnes, diskretes Bauelement, z. B. eine
Spule oder einen ohmschen Widerstand umfassen, sondern auch eine beliebige
Verschaltung mehrerer (ohmscher) Widerstände, Spulen und Kapazitäten.
Unter dem veränderlichen Widerstand (X) des Bauelements versteht der Fach-
mann eine veränderliche komplexwertige Impedanz, die im Allgemeinen einen
resistiven, einen kapazitiven und/oder einen induktiven Anteil aufweist. Dem
- 13 -
Fachmann ist bekannt, dass die Impedanz jedes realen Bauelements, also z. B.
eines (hauptsächlich resistiv wirkenden) PTC-Widerstands, einen, wenn auch ge-
ringen, parasitären, induktiven und/oder kapazitiven Anteil aufweist, wobei der in-
duktive Anteil z. B. bereits durch die Induktivität der Zuleitungen des Bauelements
gegeben sein kann.
f)
Merkmal 1.2.2.1 (Hilfsantrag) präzisiert, dass der im Merkmal 1.2.2 genann-
te veränderliche Widerstand (X) jedenfalls auch einen induktiven Anteil aufweist.
Nach den vorstehenden Ausführungen ist dies bei jedem realen Bauelement der
Fall. Das Bauelement mit veränderlichem Widerstand (X) muss nicht zwingend
eine induktive Komponente im Sinne eines hauptsächlich induktiv wirkenden
diskreten Bauelements umfassen, denn das Streitpatent unterscheidet zwischen
den Komponenten eines Bauelements und den (resistiven), induktiven und (kapa-
zitiven) Anteilen der komplexen Impedanz des Bauelements.
g)
Nach Merkmal 1.2.2.2 (Hilfsantrag 2) sorgt der induktive Anteil des verän-
derlichen Widerstands für die dort genannten Wirkungen. Der Fachmann versteht
diese Angabe so, dass das Bauelement einen induktiven Anteil solcher Größe
haben muss, dass die genannten Wirkungen, insbesondere der Schutz des zwei-
ten Stromzweigs vor einem initialen Stromfluss bei einem Überspannungsereignis,
eintritt.
Der angesprochene Fachmann kennt die einschlägigen Prüfnormen für Über-
spannungsereignisse und die sich daraus ergebenden Spezifikationen für Über-
spannungsschutzeinrichtungen und damit auch die auftretenden Ableitströme und
Stromanstiegszeiten. Daher ist dem Fachmann bewusst, dass eine sehr niedrige
Induktivität, wie sie bei einem kurzen Zuleitungsdraht eines Bauelements auftritt,
nicht die beanspruchte Wirkung zeigen wird, sondern dass dafür ein deutlich grö-
ßerer Induktivitätswert erforderlich ist.
Dabei umfasst der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 sowohl Bau-
elemente mit veränderlichem Widerstand, deren induktiver Anteil überwiegend
durch eine separate induktive Komponente (= Bauelement) realisiert wird, als auch
- 14 -
solche Bauelemente, die ihren induktiven Anteil durch eine spezielle konstruktive
Gestaltung eines primär resistiv wirkenden Bauelements erzielen.
6.
Die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag
sind nicht patentfähig.
6.1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag)
beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Die Druckschrift DE 24 05 671 A1 (Druckschrift E4) beschäftigt sich mit dem
Schutz von gleichspannungsgespeisten Verbrauchern vor Überspannungen
(Druckschrift E4, Anspruch 1). Als Überspannungsschutzeinrichtung werden ein
oder mehrere zum Verbraucher parallel geschaltete Gasspannungsableiter ver-
wendet, die im Belastungsfall zünden und dadurch die Spannung am Verbraucher
auf die Brennspannung des oder der Gasspannungsableiter begrenzen. Um eine
thermische Zerstörung der Überspannungsschutzeinrichtung durch den Folge-
strom zu verhindern, wird ein Kaltleiter, also ein nicht-linearer PTC-Widerstand,
mit der Überspannungsschutzeinrichtung verschaltet und thermisch mit ihr gekop-
pelt (Figuren 1 bis 5). Eine Erwärmung der Überspannungsschutzeinrichtung führt
zu einer raschen Erwärmung und Widerstandserhöhung des Kaltleiters, wodurch
der durch den Folgestrom verursachte Spannungsabfall an der Überspannungs-
schutzeinrichtung sinkt und sie somit gelöscht und vor Zerstörung gesichert wird.
In einer in der Figur 4 dargestellten Variante wird die Überspannungsschutzein-
richtung A3 in Reihe geschaltet mit einer Parallelschaltung aus einem Schalter r
(Ruhekontakt eines Relais R) und einem Kaltleiter KL4. Der andere Teil des Relais
R befindet sich in einer Hilfsschaltung:
- 15 -
Figur 4 der Druckschrift E4
Im Normalbetrieb ist die Überspannungsschutzeinrichtung A3 über den geschlos-
senen Ruhekontakt r des Relais R dem Verbraucher V unmittelbar parallel ge-
schaltet. Bei einem Überspannungsereignis zündet A3 und begrenzt so die Span-
nung am Verbraucher V. Durch die Erwärmung der Überspannungsschutzeinrich-
tung A3 erwärmt sich auch der thermisch mit ihr gekoppelte Kaltleiter KL3 in der
Hilfsschaltung und wird hochohmiger. Dadurch steigt die Spannung an der Basis
des Bipolartransistors T, so dass dieser leitend wird. Der Kollektorstrom des
Transistors T steigt dementsprechend an und erregt das dort angeordnete Relais
R. Dieses öffnet den Kontakt r, so dass die Überspannungsschutzeinrichtung A3
mit dem Kaltleiter KL4 in Reihe geschaltet ist, was zum Löschen der Überspan-
nungsschutzeinrichtung A3 führt.
Wenn nach einiger Zeit die Überspannungsschutzeinrichtung A3 und der mit ihr
thermisch gekoppelte Kaltleiter KL3 wieder abgekühlt sind, schließt das Relais R
den Kontakt r erneut, d. h. der Ausgangszustand wird wieder erreicht. Es liegt so-
mit eine reversible Abtrennvorrichtung vor.
Danach ist – ausgedrückt in den Worten des Patentanspruchs 1 erteilter Fas-
sung – hinsichtlich des Streitpatents Folgendes bekannt: Eine
1
reversible Abtrennvorrichtung () für
eine Überspannungsschutzeinrichtung (
),
- 16 -
(vgl. Figur 4; Seite 7, Absatz 1: „
“)
1.1
wobei die reversible Abtrennvorrichtung (KL4, r) in Serie mit der
Überspannungsschutzeinrichtung (A3) zu betreiben ist,
(vgl. Figur 4)
1.2
aufweisend eine Parallelschaltung eines ersten Stromzweiges
(durch r) und eines zweiten Stromzweiges (durch KL4),
(vgl. Figur 4)
1.2.1
wobei der erste Stromzweig (durch r) einen ersten Schalter
(
(vgl. Figur 4)
1.2.2
und der zweite Stromzweig (durch KL4) ein Bauelement
) mit veränderlichem Widerstand aufweist,
(vgl. Figur 4)
1.2.1.1
teils
wobei der Schalter (r) mit einer Hilfsschaltung verbunden
ist, welche den Schalter (r) betätigt, wobei die Hilfsschaltung in
thermischer Verbindung (über KL3) mit der Überspannungs-
schutzeinrichtung (A3) ist,
(vgl. Figur 4)
1.3
so dass bei Erwärmung der Überspannungsschutzeinrich-
tung (A3) diese Überspannungsschutzeinrichtung (A3) reversi-
bel abgetrennt werden kann.
(vgl. Figur 4; Seite 8, Absatz 2: „
“ und die einleitenden Ausführungen zu der
Druckschrift E4)
- 17 -
Soweit stimmt der Gegenstand des Anspruchs 1 erteilter Fassung mit der aus der
Druckschrift E4 bekannten reversiblen Abtrennvorrichtung überein. Als Unter-
schied verbleibt die Betätigung des Schalters nach dem Merkmal 1.2.1.1.
Während beim Streitpatent der Schalter eine Formgedächtnislegierung aufweist,
die thermisch mit der ÜSE gekoppelt ist und den Schalter bei Erwärmung betätigt
(öffnet), wird in der Druckschrift E4 zum Öffnen des Schalters eine Hilfsschaltung
bestehend aus einem Kaltleiter KL3, einem Relais R, einem Transistor T, einer
Zenerdiode Z (und einem Widerstand W) verwendet. Die Hilfsschaltung ist ther-
misch mit der ÜSE gekoppelt und hat die gleiche Funktion wie die Formgedächt-
nislegierung nach dem Streitpatent.
Der Fachmann erkennt bei der Lösung nach der Druckschrift E4 den Nachteil,
dass die Hilfsschaltung relativ stör- und ausfallanfällig ist, da sie aus mehreren
elektronischen Bauelementen besteht und eine separate Spannungsversorgung
benötigt (Figur 4). Damit ist der Fachmann in hohem Maße veranlasst, nach einer
robusteren Schaltungsvariante zu suchen, die jedoch bei Erwärmung der ÜSE
ebenfalls dafür sorgen muss, dass der Schalter geöffnet wird, so dass die ÜSE
dann mit dem zunächst niederohmigen und später hochohmigen Kaltleiter KL4 in
Reihe geschaltet wird, was zum Löschen der ÜSE führt.
Bei der Suche nach einer geeigneten Alternative stößt er auf die Druckschrift
WO 2006/012754 A1 (Druckschrift E8), die sich ebenfalls mit einer reversiblen
Abtrennvorrichtung für eine ÜSE beschäftigt, wobei ein thermisch mit der ÜSE
gekoppelter Schalter elektrisch mit ihr in Reihe geschaltet ist. Im Normalbetrieb ist
der Schalter geschlossen. Sollte durch ein Überspannungsereignis die ÜSE nie-
derohmig werden und ein Folge- oder Leckstrom auftreten, erwärmt sich die ÜSE
und mit ihr der Schalter bzw. dessen Betätigungsvorrichtung. Der Schalter öffnet
sich, wodurch die ÜSE abgetrennt wird. Das nachfolgende Abkühlen der ÜSE und
der Betätigungsvorrichtung führt zu einem erneuten Schließen des Schalters
- 18 -
wodurch die ÜSE ihre Schutzaufgabe wieder erfüllen kann (Druckschrift E8, An-
sprüche 1 und 2).
Der Schalter weist eine Formgedächtnislegierung auf, die mit der ÜSE in thermi-
scher Verbindung ist und die den Schalter betätigt (Rest von Merkmal 1.2.1.1).
Danach ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 erteilter Fassung für den
Fachmann in naheliegender Weise aus den Druckschriften E4 und E8.
Nach Auffassung der Patentinhaberin würde der Fachmann die Druckschrift E8
nicht in Betracht ziehen, weil sich diese nur mit einer in einem Koaxialleiter ange-
ordneten Gaskapsel-Blitzschutzeinrichtung für Mobilfunk-Basisstationen beschäf-
tige (Druckschrift E8, Seite 11, Absatz 1).
Dieses Argument greift nicht durch, denn der Fachmann entnimmt der Druckschrift
E8 – wie dargelegt – in allgemeiner Form eine reversible Abtrennvorrichtung für
eine ÜSE, wobei eine mit der ÜSE thermisch gekoppelte Formgedächtnislegierung
eines Schalters diesen betätigt (Ansprüche 1, 2 und 19). Die von der Patentinha-
berin genannte Verwendung bezieht sich lediglich auf eine vorteilhafte Ausgestal-
tung (Druckschrift E8, Seite 5, vorletzter Absatz: die Nachrüstung der ÜSE in
Koaxialleiteranordnungen ohne bauliche Änderungen ist nur eine fakultativ ge-
nannte Aufgabe).
6.2
Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag beruht
ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Bei den in der Figur 4 der Druckschrift E4 gezeigten Bauelementen handelt es
sich, insbesondere angesichts des Anmeldezeitpunkts im Jahr 1974 und den zu
erwartenden elektrischen Belastungen, um diskrete, bedrahtete Bauelemente,
deren Zuleitungen einen induktiven Anteil aufweisen. Dies gilt auch für den Kaltlei-
ter KL4 (Merkmal 1.2.2.1).
- 19 -
Danach ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag für
den Fachmann in naheliegender Weise.
7.
Die Patentansprüche 1 bis 3 nach Hilfsantrag 2 sind zulässig.
7.1
Die Ansprüche 1 bis 3 nach Hilfsantrag 2 gehen nicht über den Inhalt der
Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4
PatG).
Die Gegenstände der einzelnen Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2
sind wie folgt ursprungsoffenbart:
Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.2.1, 1.2.2 und 1.3:
vgl. Anspruch 1 vom Anmeldetag;
Merkmal 1.2.1.1:
vgl. Anspruch 1 und Beschreibung, Seite 4, Zeilen 13 bis 15 vom
Anmeldetag;
Merkmal 1.2.2.1:
vgl. Beschreibung, Seite 6, Zeilen 19 bis 22, vom Anmeldetag, wo-
bei der Fachmann die ursprüngliche Offenbarung in dem Sinne
versteht, dass nicht das Bauelement, sondern dessen veränder-
licher Widerstand einen induktiven Anteil aufweist;
Merkmal 1.2.2.2:
vgl. Beschreibung, Seite 6, Zeilen 19 bis 25, vom Anmeldetag,
wobei der Fachmann die ursprüngliche Offenbarung in dem Sinne
versteht, dass es um den Stromfluss bei einem Überspannungs-
ereignis geht und dass mit dem „entsprechenden Leiterzweig“ der
- 20 -
zweite Stromzweig gemeint ist, in dem das Bauelement mit
veränderlichem Widerstand angeordnet ist.
Die Unteransprüche 2 und 3 nach Hilfsantrag 2 sind identisch mit den entspre-
chenden Unteransprüchen vom Anmeldetag.
7.2
In der Fassung nach Hilfsantrag 2 wird der Schutzbereich des Patents
gegenüber der erteilten Fassung nicht erweitert (§ 22 Abs. 1 2. Alternative PatG).
Die im Vergleich zu der erteilten Fassung zusätzlichen Merkmale 1.2.2.1 und
1.2.2.2 verringern den Schutzbereich des Patents, weil sie das Bauelement mit
veränderlichen Widerstand (X) konkretisieren.
8.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist neu (§ 3 PatG).
8.1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber der
Druckschrift DE 10 2008 013 448 A1 (= Druckschrift E1) neu.
Die Druckschrift E1 möchte eine Abtrennvorrichtung für eine als Varistor ausgebil-
dete Überspannungsschutzeinrichtung so gestalten, dass die bei deren Überlas-
tung auftretenden Fehlerströme sicher beherrscht werden, ohne dass eine Schä-
digung der Varistoren eintritt (vgl. Druckschrift E1, Absatz 0018). Hierzu wird der
Fehlerstrom in einen parallelen „Kommutierungszweig“ oder „Löschzweig“ geleitet
und dann gelöscht (Absätze 0020, 0021). Im Kommutierungszweig kann ein PTC-
Widerstand geschaltet sein (Absatz 0024).
Der Schalter der Abtrennvorrichtung umfasst einen beweglichen Leiterabschnitt,
der im normalen Betrieb durch eine Lötstelle mit einem Anschluss der Abtrennvor-
richtung verbunden ist und eine Feder, die auf den beweglichen Leiterabschnitt in
Abtrennrichtung einwirkt (Anspruch 1). Bei einer Überspannung schmilzt die Löt-
stelle durch den hohen Impulsstrom und der Strom fließt nur noch über den Kom-
- 21 -
mutierungszweig, der im weiteren Verlauf hochohmig geschaltet werden kann, um
den Fehlerstrom vollständig zu löschen (Absätze 0044, 0052).
Die Abtrennvorrichtung ist aufgrund der geschmolzenen Lötstelle nicht reversibel.
Die Druckschrift E1 offenbart, ausgedrückt in den Worten des Patentanspruchs 1
gemäß Hilfsantrag 2, eine
1
teils
Abtrennvorrichtung (
) für eine Überspannungsschutzeinrichtung
(),
(vgl. Figur 2 und Absätze 0041 bis 0043)
1.1
teils
wobei die Abtrennvorrichtung (2, 8) in Serie mit der Über-
spannungsschutzeinrichtung (1) zu betreiben ist,
(vgl. Figur 2)
1.2
aufweisend eine Parallelschaltung eines ersten Stromzwei-
ges (durch 2) und eines zweiten Stromzweiges (8),
(vgl. Figur 2)
1.2.1
wobei der erste Stromzweig (durch 2) einen ersten Schal-
ter (2)
1.2.2
und der zweite Stromzweig (8) ein Bauelement mit veränder-
lichem Widerstand (PTC) aufweist,
(vgl. Figur 2 und Anspruch 2)
1.2.1.1
teils
wobei der Schalter (2) eine Lötstelle und eine Feder auf-
weist, welche den Schalter (2) betätigt,
(vgl. Figur 2 und Anspruch 1)
1.3
teils
wobei die Überspannungsschutzeinrichtung (1) abgetrennt
werden kann,
(vgl. Ansprüche 1 und 4)
- 22 -
1.2.2.1
wobei der veränderliche Widerstand (PTC) einen induktiven
Anteil aufweist.
(wie zur Auslegung dieses Merkmals dargelegt, ist
dem Fachmann bekannt, dass jedes reale Bauele-
ment einen gewissen induktiven Anteil aufweist, auch
wenn es – wie hier der PTC – primär resistiv wirkt).
Danach ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht vollständig
aus der Druckschrift E1 bekannt.
8.2
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber der
Druckschrift DE 24 05 671 A1 (= Druckschrift E4) neu.
Wie zu Haupt- und Hilfsantrag ausgeführt, sind die Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.2.1,
1.2.2, 1.3 und 1.2.2.1 vollständig, sowie das Merkmal 1.2.1.1 teilweise aus der
Druckschrift E4 bekannt. Das Merkmal 1.2.2.2 ist aus der Druckschrift E4 nicht
bekannt.
Danach ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht vollständig
aus der Druckschrift E4 bekannt.
8.3
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber dem
Stand der Technik nach der Druckschrift WO 2006/012754 A1 (= Druckschrift E8)
neu.
Die Druckschrift E8 wurde bereits im Zusammenhang mit dem Anspruch 1 nach
Hauptantrag genannt.
- 23 -
Die Druckschrift E8 offenbart, ausgedrückt in den Worten des Patentanspruchs 1
gemäß Hilfsantrag 2, eine
1
reversible Abtrennvorrichtung (
) für eine Überspannungsschutzeinrichtung (
),
(vgl. Anspruch 1: „
“)
1.1
wobei die reversible Abtrennvorrichtung () in
Serie mit der Überspannungsschutzeinrichtung () zu be-
treiben ist,
(vgl. Anspruch 7: „
“)
1.2
teils
aufweisend einen ersten Stromzweig (durch den Schalter)
(vgl. Anspruch 7)
- 24 -
1.2.1
wobei der erste Stromzweig einen ersten Schalter (
aufweist,
(vgl. Anspruch 7)
1.2.1.1
wobei der Schalter eine Formgedächtnislegierung aufweist,
welche den Schalter betätigt, wobei die Formgedächtnisle-
gierung in thermischer Verbindung mit der Überspannungs-
schutzeinrichtung (22) ist,
(vgl. Seite 6, Absatz 3: „
“; Seite 6,
Absatz 2: „
“)
1.3
so dass bei Erwärmung der Überspannungsschutzeinrich-
tung (22) diese Überspannungsschutzeinrichtung (22) rever-
sibel abgetrennt werden kann.
(vgl. Seite 6, Absatz 2: „
“)
Danach ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht vollständig
aus der Druckschrift E8 bekannt.
- 25 -
8.4
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber der
Druckschrift DE 737 582 (= Druckschrift E9) neu.
Die Druckschrift E9 beschäftigt sich mit einer Hochspannungssicherung, die in
Reihe zum einem Verbraucher geschaltet ist und nur bei Überlastungen, also bei
zu großen (Dauer-)Strömen, nicht jedoch bei z. B. durch Blitzeinschlag oder
Schaltvorgänge ausgelösten Wanderwellen ansprechen soll (Seite 1, Zeilen 15 bis
19). Hierzu wird zur Entlastung des Schmelzleiters der Sicherung bei Stoßbean-
spruchung dem Schmelzleiter eine Funkenstrecke parallel geschaltet. Um den
Stoßstrom auf den Nebenschluss, also die Funkenstrecke, abzudrängen, wird
dem Schmelzleiter ein induktiver Widerstand in Serie geschaltet (Seite 1, Zei-
len 25 bis 32).
Die Figur 3 zeigt das Stromlaufbild der Sicherung 1, nämlich die Parallelschaltung
einer Funkenstrecke 44, 46 zu der Reihenschaltung eines Schmelzleiters 36 mit
einer Induktionsspule 30 mit Eisenkern 34. Die Figur 4 zeigt die Reihenschaltung
der Sicherung 1 mit dem abzusichernden Verbraucher 62 (Transformator), wobei
parallel zu diesem eine Überspannungsschutzeinrichtung 58 (Überspannungs-
ableiter) geschaltet ist:
Die Druckschrift E9 offenbart, ausgedrückt in den Worten des Patentanspruchs 1
gemäß Hilfsantrag 2, eine
- 26 -
1
teils
Abtrennvorrichtung (,bestehend aus der Paral-
lelschaltung der mit der Reihenschal-
tung aus der und dem )
für eine Überspannungsschutzeinrichtung (
) und für einen Verbraucher (
),
(vgl. Figuren 3 und 4)
1.1
teils
wobei die Abtrennvorrichtung (1) in Serie mit der Parallel-
schaltung der Primärwicklung des Transformators 62 mit der
Überspannungsschutzeinrichtung (58) zu betreiben ist,
(vgl. Figur 4)
1.2
aufweisend eine Parallelschaltung eines ersten Stromzwei-
ges (durch 44, 46) und eines zweiten Stromzweiges (durch
30, 36),
(vgl. Figur 3)
1.2.1
teils
wobei der erste Stromzweig (durch 44, 46) eine erste Fun-
kenstrecke (44, 46) aufweist,
(vgl. Figur 3)
1.2.2
und der zweite Stromzweig (durch 30, 36) ein Bauele-
ment (30, 36) mit veränderlichem Widerstand aufweist,
(vgl. Figur 3: die Reihenschaltung von Induktions-
spule 30 und Schmelzleiter 36 weist in Abhängig-
keit des Zustands des Schmelzleiters 36 (in-
takt/geschmolzen) einen veränderlichen Wider-
stand auf (niederohmig/hochohmig))
1.3
teils
wobei bei einer Überlastung die Überspannungsschutz-
einrichtung (58) abgetrennt werden kann,
(vgl. Seite 2, Zeilen 90 bis 96: „
“;
- 27 -
d. h. zum einen ist die Eigenerwärmung des
Schmelzleiters 36 ursächlich für das Abtrennen,
zum anderen ist die Abtrennung irreversibel)
1.2.2.1
wobei der veränderliche Widerstand einen induktiven Anteil
aufweist,
(vgl. Figur 3: die Induktionsspule 30 weist eine
Induktivität auf)
1.2.2.2
so dass der zweite Stromzweig (durch 30, 36) initial vor
Stromfluss durch ein Überspannungsereignis geschützt ist,
während ein Folgestrom über den zweiten Stromzweig
(durch 30, 36) zumindest teilweise abgeleitet werden kann.
(der Folgestrom wird zumindest so lange durch
den zweiten Stromzweig abgeleitet, wie der
Schmelzleiter 36 noch nicht geschmolzen ist).
Danach ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht vollständig
aus der Druckschrift E9 bekannt.
8.5
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber der
Druckschrift EP 2 278 605 A1 (= Druckschrift E10) neu.
Die Druckschrift E10 beschäftigt sich mit einer thermisch oder durch Überstrom
ausgelösten Abtrennvorrichtung für eine Überspannungsschutzeinrichtung, die bei
Überspannungsereignissen die ÜSE nicht abtrennen soll.
Die Figur 3 zeigt die Reihenschaltung der als Varistor ausgebildeten ÜSE
() mit der Abtrennvorrichtung (), die eine Parallel-
schaltung zweier Stromzweige aufweist, wobei in beiden Stromzweigen jeweils ein
Schalter () vorhanden ist. In einem Stromzweig ist dem Schalter
eine Stromerfassungseinheit mit Spule ( …
) in Reihe geschaltet. Die beiden Schalter 14, 16 werden immer gleich-
- 28 -
zeitig betätigt, und zwar entweder durch einen von der Einheit 13 erfassten Über-
strom (
CC) oder durch eine starke Erwärmung der ÜSE 15 (θ°).
Die Druckschrift E10 offenbart, ausgedrückt in den Worten des Patentanspruchs 1
gemäß Hilfsantrag 2, eine
1
teils
Abtrennvorrichtung (12) für eine Überspannungsschutzein-
richtung (15),
(vgl. Figur 3; Absatz 0007, Zeilen 44 bis 49: „
“;
danach ist die Abtrennvorrichtung jedenfalls hin-
sichtlich der thermischen Auslösung nicht reversi-
bel)
- 29 -
1.1
teils
wobei die Abtrennvorrichtung (12) in Serie mit der Überspan-
nungsschutzeinrichtung (15) zu betreiben ist,
(vgl. Figur 3)
1.2
aufweisend eine Parallelschaltung eines ersten Stromzwei-
ges (durch 16) und eines zweiten Stromzweiges (durch 14
und 13),
(vgl. Figur 3)
1.2.1
wobei der erste Stromzweig (durch 16) einen ersten Schal-
ter (16) aufweist,
(vgl. Figur 3)
1.2.2
und der zweite Stromzweig (durch 14 und 13) ein Bauele-
ment mit veränderlichem Widerstand (14, 13) aufweist,
(vgl. Figur 3: die Reihenschaltung von Erfassungs-
einheit 13 und zweitem Schalter 14 weist in Ab-
hängigkeit des Zustands des Schalters 14 (ge-
schlossen, offen) einen veränderlichen Wider-
stand auf (niederohmig/hochohmig))
1.2.1.1
teils
wobei der Schalter (16) in thermischer Verbindung (
θ°) mit
der Überspannungsschutzeinrichtung (15) ist,
(vgl. Figur 3)
1.3
teils
so dass bei Erwärmung der Überspannungsschutzeinrich-
tung (15) diese Überspannungsschutzeinrichtung (15) abge-
trennt werden kann
(vgl. Figur 3 und Absatz 0007)
1.2.2.1
wobei der veränderliche Widerstand (14, 13) einen indukti-
ven Anteil aufweist,
(vgl. Absatz 0057: „
“)
- 30 -
1.2.2.2
teils
wobei ein Folgestrom über den zweiten Stromzweig (durch
14 und 13) zumindest teilweise abgeleitet werden kann.
(der induktive Anteil schützt den zweiten Stromzweig
nicht in dem Sinne des Streitpatents, d. h. dass bei
einem Überspannungsereignis nahezu kein Strom
durch den zweiten Stromzweig fließen würde, vgl. Ab-
satz 0056: „
“; Absatz 0058:
“).
Danach ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht vollständig
aus der Druckschrift E10 bekannt.
8.6
Die Druckschriften E2, E3, E5, E6 und E7 liegen zur Überzeugung des Se-
nats vom Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 noch weiter ab.
9.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht auf einer erfin-
derischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
9.1
Ausgehend von der Druckschrift E1 kommt der Fachmann nicht in nahelie-
gender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2.
Alle Ausführungsformen der Druckschrift E1 zeigen eine als Lötstelle ausgebildete
und damit absichtlich irreversibel ausgestaltete Abtrennvorrichtung. Eine Veranlas-
sung für den Fachmann, diese sichere und robuste Lösung durch eine reversible
Abtrennvorrichtung zu ersetzen, ist weder ersichtlich noch hat die Beschwerde-
führerin etwas hierzu ausgeführt.
- 31 -
9.2
Ausgehend von der Druckschrift E4 kommt der Fachmann nicht in nahe-
liegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2.
Der Druckschrift E4 kann der Fachmann keinen Hinweis oder auch nur eine Anre-
gung entnehmen, bei dem veränderlichen Widerstand des in der Figur 4 darge-
stellten Kaltleiters KL4 einen induktiven Anteil vorzusehen, der die in Merk-
mal 1.2.2.2 genannte Wirkung erzielt.
Auch die von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am
25. Juli 2018 noch genannten Druckschriften DE 737 582 (Druckschrift E9) und
EP 2 278 605 A1 (Druckschrift E10) können dem Fachmann, ausgehend von der
Druckschrift E4, den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht nahe-
legen.
Die Druckschrift E9 zeigt in ihren Figuren 4 und 3 zwar eine Schaltung, die eine
gewisse Ähnlichkeit mit der Schaltung nach Figur 1 des Streitpatents zeigt (siehe
die Ausführungen zur Neuheit im Abschnitt 8.4), jedoch ist zu berücksichtigen,
dass bei der Druckschrift E9 die Sicherung 1 nicht eine Abtrennvorrichtung für die
ÜSE 58 alleine, sondern insbesondere für den Verbraucher 62 darstellt, d. h. der
normale Betriebsstrom des Verbrauchers 62 fließt vollständig über die Sicherung 1
(vgl. Druckschrift E9, Figur 4), während nach dem Streitpatent im normalen Be-
triebsfall die ÜSE und die dazu in Serie geschaltete reversible Abtrennvorrichtung
RAT nicht vom Verbraucherstrom durchflossen werden.
Insofern liefert die zum Schutz des Schmelzleiters 36 der Sicherung 1 in Reihe
geschaltete Induktionsspule 30 der Druckschrift E9 dem Fachmann auch keine
Veranlassung, den Kaltleiter KL4 mit einem (hohen) induktiven Anteil zu versehen,
denn der Kaltleiter KL4 muss ersichtlich nicht vor einem Schmelzen bei Stoßströ-
men geschützt werden.
- 32 -
Auch die im zweiten Stromzweig (durch 14 und 13) der Abtrennvorrichtung 12
nach Druckschrift E10 als Teil eines Stromerfassungsmittels 13 vorhandene Spule
dient nicht zum initialen Schutz dieses Stromzweiges vor einem Stromfluss durch
ein Überspannungsereignis, sondern lediglich dazu, den initialen Stromfluss durch
den zweiten Stromzweig (etwas) zu senken (vgl. Druckschrift E10, Absatz 0058).
Bereits aus diesem Grund erhält der Fachmann aus der Druckschrift E10 keine
Veranlassung, den Kaltleiter KL4 der Druckschrift E4 nach Merkmal 1.2.2.2 aus-
zulegen.
9.3
Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift E8 kommt der
Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach
Hilfsantrag 2.
Der Abtrennvorrichtung der Druckschrift E8 zeigt bereits keinen zweiten, zum
ersten parallel geschalteten Stromzweig und es ist nicht ersichtlich, wie der Fach-
mann ausgehend von der Druckschrift E8 in naheliegender Weise zum Gegen-
stand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 kommen sollte. Denn die Druckschrift
E8 zeigt dem Fachmann eine funktionierende, robuste, reversible Abtrennvorrich-
tung mit hinreichend kurzen Brenn- und Reaktivierungszeiten (vgl. Druckschrift E8,
Seite 16, Absatz 2). Der Fachmann hat somit keine Veranlassung, einen zweiten
Stromzweig zur Kommutierung des nur kurzzeitig auftretenden Folgestroms vor-
zusehen, wie es grundsätzlich aus der Druckschrift E4 bekannt ist.
9.4
Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift E9 kommt der
Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach
Hilfsantrag 2.
Es ist schon nicht ersichtlich, warum der Fachmann die dem Schutz des Verbrau-
chers 62 dienende Sicherung 1 (vgl. Druckschrift E9, Figur 4) zusätzlich in der
dem Verbraucher parallel geschalteten Überspannungsschutzeinrichtung 58 vor-
sehen sollte. Aber selbst wenn er dies in Betracht ziehen sollte, gäbe es keine
- 33 -
Veranlassung für ihn, die Funkenstrecke 44, 46 durch einen Schalter mit Formge-
dächtnislegierung und den Schmelzleiter 36 durch ein Bauelement mit veränderli-
chem Widerstand, das reversibel arbeitet, zu ersetzen.
9.5
Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift E10 kommt der
Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach
Hilfsantrag 2.
Es ist nicht ersichtlich, warum der Fachmann die nicht reversible, thermische aus-
gelöste, Abtrennvorrichtung durch eine reversible ersetzen sollte, denn die
Druckschrift E10 geht davon aus, dass die thermische Sicherung nur dann ausge-
löst wird, wenn die als Varistor ausgebildete ÜSE beschädigt ist (vgl. Ab-
satz 0005).
Zudem lehrt die Druckschrift E10 – wie in Abschnitt 8.5 dargelegt – dass der
zweite Stromzweig zwar einen induktiven Anteil aufweisen soll, dass dieser jedoch
nicht so groß ist, dass ein initialer Schutz des zweiten Stromzweigs vor Stromfluss
durch ein Überspannungsereignis gewährleistet ist.
9.6
Zur Überzeugung des Senats legt auch der sonstige im Verfahren genannte
Stand der Technik den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht
nahe.
9.7
Die Unteransprüche 2 und 3 sowie die übrigen Unterlagen in der Fassung
10.
Über den Hilfsantrag 4 musste daher nicht entschieden werden.
11.
Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden war daher zurückzu-
weisen.
- 34 -
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsbeschwerde
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde
nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der
nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3
PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen
Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich
oder stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen,
bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt
worden sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102
Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer
qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch
Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden
(§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1)
Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof
und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die
auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes
- 35 -
bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2
Abs. 1 Satz 2
Nr. 1
BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen
bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden
(§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt
Kirschneck
Arnoldi
Matter
Ko