Urteil des BPatG vom 24.07.2018

Urteil vom 24.07.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:240718B18Wpat17.16.0
BUNDESPATENTGERICHT
18 W (pat) 17/16
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung am 24. Juli 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn
sowie den Richter Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und den
Richter Dipl.-Ing. Altvater
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Marken-
- 2 -
amts vom 9. Juni 2016 aufgehoben und das Patent
10 2015 104 460 auf der Grundlage folgender Unterlagen erteilt:
− Patentansprüche 1 bis 14, eingegangen am 6. Juni 2018,
− Beschreibung Seiten 1 bis 5, eingegangen am 25. Mai 2018,
Seiten 6 bis 27, eingegangen am 25. März 2015,
− Figuren 1 bis 5, eingegangen am 25. März 2015.
G r ü n d e
I.
Die Patentanmeldung 10 2015 104 460.9 ist am 25. März 2015 beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingereicht worden und nimmt zwei britische Prioritäten
(GB 1405323 vom 25. März 2014 und GB 1501024 vom 21. Januar 2015) in An-
spruch. Sie trägt die Bezeichnung
„Priorisieren von Ereignissen, auf die ein Prozessor reagieren soll“.
Die Anmeldung wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen
Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 9. Juni 2016 zurückgewiesen, weil
sich die Gegenstände des (damals geltenden) jeweiligen Anspruchs 1 nach
Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 für den Fachmann aus Druck-
schrift
P1: US 4 271 468 A
in Verbindung mit dem fachmännischen Grundwissen, belegt durch
- 3 -
P2: US 5 613 128 A
in naheliegender Weise ergeben würden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Beschwerdeführerin beantragt mit Schriftsatz vom 6. Juni 2018,
den angegriffenen Beschluss vom 9. Juni 2016 aufzuheben und
das Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen:
− Patentansprüche 1 bis 14 vom 6. Juni 2018,
− Beschreibung Seiten 1 bis 5 vom 25. Mai 2018, Seiten 6
bis 27 vom 25. März 2015,
− (ursprüngliche) Figuren 1 bis 5 vom 25. März 2015.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 lautet:
M1
„Computersystem, umfassend:
M2
einen Prozessor, ausgelegt zum Reagieren auf Ereignisse
aus mehreren Quellen; und
M3
ein in Hardware implementiertes Priorisierungsmodul, ausge-
legt zum Priorisieren der Ereignisse für den Prozessor,
M4
wobei das Priorisierungsmodul ein oder mehrere Entschei-
dungsmodule umfasst, wobei wenigstens eines des einen
oder der mehreren Entscheidungsmodule umfasst:
- 4 -
M4.1
mehrere Eingänge, ausgelegt zum Empfangen jeweili-
ger Ereignis-Flags in Bezug auf Ereignisse aus jeweili-
gen Quellen, wobei jeder der Eingänge mit einer jewei-
ligen Priorität assoziiert ist;
M4.2
ODER-Logik, ausgelegt zum Ausgeben eines Flags
entsprechend dem Ergebnis einer logischen ODER-
Operation auf den an den mehreren Eingängen emp-
fangenen Ereignis-Flags;
M4.3
Identifikationslogik, ausgelegt zum Identifizieren, wel-
cher der Eingänge, die ein gesetztes Flag empfangen,
die höchste Priorität aufweist; und
M4.4
ein Ausgangsregister, ausgelegt zum Speichern einer
Quellenkennung der Quelle, für die ein gesetztes Er-
eignis-Flag an dem identifizierten Eingang empfangen
wird;
M5
wobei der Prozessor ausgelegt ist zum
M5.1
(i) Reagieren auf ein Empfangen eines von einem des ei-
nen oder der mehreren Entscheidungsmodule ausgegebe-
nen gesetzten Flags durch Lesen der im Ausgangsregister
des einen der Entscheidungsmodule gespeicherten Quellen-
kennung und
M5.2
(ii) Verwenden der Quellenkennung zum Identifizieren einer
Quelle eines Ereignisses, auf das der Prozessor reagieren
soll,
- 5 -
M6
wobei jedes des wenigstens einen Entscheidungsmoduls fer-
ner Eingangsregister umfasst, ausgelegt zum Speichern von
Quellenkennungen der Quellen der Ereignis-Flags, die an
den Eingängen empfangen werden, und
M7
wobei die Identifikationslogik ausgelegt ist, zu bewirken, dass
die Quellenkennung aus dem Eingangsregister, die dem
identifizierten Eingang entspricht, ins Ausgangsregister ge-
schrieben wird.“
Der Patentanspruch 11 lautet:
„Verfahren zum Reagieren auf Ereignisse in einem Compu-
tersystem, umfassend einen Prozessor, ausgelegt zum Reagieren
auf Ereignisse aus mehreren Quellen, und ein in Hardware imple-
mentiertes Priorisierungsmodul, ausgelegt zum Priorisieren der
Ereignisse für den Prozessor, wobei das Priorisierungsmodul ein
oder mehrere Entscheidungsmodule umfasst, die jeweils mehrere
Eingänge aufweisen, die mit jeweiligen Prioritäten assoziiert sind,
wobei das Verfahren umfasst:
Empfangen jeweiliger Ereignis-Flags in Bezug auf Ereignisse
aus jeweiligen Quellen an den Eingängen wenigstens eines des
einen oder der mehreren Entscheidungsmodule;
Ausgeben eines Flags entsprechend dem Ergebnis einer Io-
gischen ODER-Operation auf den Ereignis-Flags, die an den meh-
reren Eingängen empfangen werden, aus ODER-Logik des we-
nigstens einen Entscheidungsmoduls;
für jedes des wenigstens einen Entscheidungsmoduls ldenti-
fizieren, welcher der Eingänge des Entscheidungsmoduls, die ein
gesetztes Flag empfangen, die höchste Priorität aufweist;
- 6 -
in einem jeweiligen Ausgangsregister jedes des wenigstens
einen Entscheidungsmoduls Speichern einer Quellenkennung der
Quelle, für die ein gesetztes Ereignis-
Flag am identifizierten Ein-
gang des Entscheidungsmoduls empfangen wird;
wobei in Reaktion darauf, dass der Prozessor ein von einem
des einen oder der mehreren Entscheidungsmodule ausgegebe-
nes gesetztes Flag empfängt, der Prozessor die im Ausgangsre-
gister des einen der Entscheidungsmodule gespeicherte Quellen-
kennung liest; und
der Prozessor die Quellenkennung zum Identifizieren einer
Quelle eines Ereignisses, auf das der Prozessor reagieren soll,
verwendet;
ferner umfassend:
Speichern von Quellenkennungen der Quellen der Ereignis-
Flags, die an den Eingängen des wenigstens einen Entschei-
dungsmoduls empfangen werden, in Eingangsregistern; und
für jedes des wenigstens einen Entscheidungsmoduls
Schreiben der Quellenkennung aus dem Eingangsregister, die
dem identifizierten Eingang entspricht, in das Ausgangsregister.“
Der Patentanspruch 12 lautet:
„Priorisierungsmodul, implementiert in Hardware und ausgelegt
zur Kopplung mit einem Prozessor, der ausgelegt ist, auf Ereig-
nisse aus mehreren Quellen zu reagieren, wobei das Priorisie-
rungsmodul ausgelegt ist zum Priorisieren der Ereignisse für den
Prozessor, wobei das Priorisierungsmodul umfasst:
ein oder mehrere Entscheidungsmodule, wobei wenigs-
tens eines des einen oder der mehreren Entscheidungsmodule
umfasst:
- 7 -
mehrere Eingänge, ausgelegt zum Empfangen jeweiliger
Ereignis-Flags in Bezug auf Ereignisse aus jeweiligen Quellen,
wobei jeder der Eingänge mit einer jeweiligen Priorität assoziiert
ist;
ODER-Logik, ausgelegt zum Ausgeben eines Flags ent-
sprechend dem Ergebnis einer logischen ODER-Operation auf
den an den mehreren Eingängen empfangenen Ereignis-Flags;
Identifikationslogik, ausgelegt zum ldentifizieren, welcher
der Eingänge, die ein gesetztes Flag empfangen, die höchste Pri-
orität aufweist; und
ein Ausgangsregister, ausgelegt zum Speichern einer
Quellenkennung der Quelle, für die ein gesetztes Ereignis-Flag an
dem identifizierten Eingang empfangen wird;
wobei das Priorisierungsmodul ausgelegt ist, dem Prozessor zu
erlauben, die Quellenkennung aus dem Ausgangsregister von ei-
nem des einen oder der mehreren Entscheidungsmodule zur Ver-
wendung beim ldentifizieren einer Quelle eines Ereignisses, auf
das der Prozessor reagieren soll, zu lesen,
wobei jedes des wenigstens einen Entscheidungsmoduls ferner
Eingangsregister umfasst, ausgelegt zum Speichern von Quellen-
kennungen der Quellen der Ereignis-Flags, die an den Eingängen
empfangen werden, und wobei die ldentifikationslogik ausgelegt
ist zum bewirken, dass die Quellenkennung aus dem Eingangsre-
gister, die dem identifizierten Eingang entspricht, ins Ausgangsre-
gister geschrieben wird.“
Der Patentanspruch 14 lautet:
„Verfahren zur Verwendung eines in Hardware implementierten
Priorisierungsmoduls zum Priorisieren von Ereignissen für einen
Prozessor, der ausgelegt ist, auf Ereignisse aus mehreren Quellen
- 8 -
zu reagieren, wobei das Priorisierungsmodul ein oder mehrere
Entscheidungsmodule umfasst, die jeweils mehrere Eingänge
aufweisen, die mit jeweiligen Prioritäten assoziiert sind, wobei das
Verfahren umfasst:
Empfangen jeweiliger Ereignis-Flags in Bezug auf Ereig-
nisse aus jeweiligen Quellen an den Eingängen wenigstens eines
des einen oder der mehreren Entscheidungsmodule;
Ausgeben eines Flags entsprechend dem Ergebnis einer
Iogischen ODER-Operation auf den Ereignis-Flags, die an den
mehreren Eingängen empfangen werden, aus ODER-Logik des
wenigstens einen Entscheidungs-moduls;
für jedes des wenigstens einen Entscheidungsmoduls
ldentifizieren, welcher der Eingänge des Entscheidungsmoduls,
die ein gesetztes Flag empfangen, die höchste Priorität aufweist;
in einem jeweiligen Ausgangsregister jedes des wenigs-
tens einen Entscheidungsmoduls Speichern einer Quellenkennung
der Quelle, für die ein gesetztes Ereignis-
Flag am identifizierten
Eingang des Entscheidungsmoduls empfangen wird; und
wobei das Priorisierungsmodul dem Prozessor erlaubt, die
Quellenkennung aus dem Ausgangsregister von einem des einen
oder der mehreren Entscheidungsmodule zur Verwendung beim
ldentifizieren einer Quelle eines Ereignisses, auf das der Prozes-
sor reagieren soll, zu lesen,
ferner umfassend:
Speichern von Quellenkennungen der Quellen der Ereig-
nis-Flags, die an den Eingängen des wenigstens einen Entschei-
dungsmoduls empfangen werden, in Eingangsregistern; und
für jedes des wenigstens einen Entscheidungsmoduls
Schreiben der Quellenkennung aus dem Eingangsregister, die
dem identifizierten Eingang entspricht, in das Ausgangsregister.“
- 9 -
Wegen des Wortlauts der abhängigen Ansprüche 2 bis 10 und 13 wird auf die
Akte verwiesen.
Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass die geänderte Anspruchsfas-
sung zulässig sei und die Gegenstände der Ansprüche im Lichte des Standes der
Technik patentfähig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Beschwerde hat
Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung
des nachgesuchten Patents. Denn der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Ge-
genstand des nunmehr geltenden Patentbegehrens ist gegenüber dem im Verfah-
ren befindlichen Stand der Technik neu und beruht auf einer erfinderischen Tätig-
keit. Auch die weiteren Voraussetzungen zur Patenterteilung sind erfüllt (§§ 1 bis
5, § 34 und § 38 PatG).
1.
Die Patentanmeldung betrifft ein Computersystem, ein Verfahren zum
Reagieren auf Ereignisse in einem Computersystem, ein Priorisierungsmodul und
ein Verfahren zur Verwendung eines Priorisierungsmoduls (vgl. geltende Be-
schreibung, S. 3, Z. 2 - S. 5, Z. 33).
Gemäß der Beschreibungseinleitung könnten in einem Computersystem Ereig-
nisse auftreten, auf die ein Prozessor reagieren muss, wobei es vorkomme, dass
Ereignisse mit einer schnelleren Rate auftreten als die Rate, mit der der Prozessor
die Ereignisse behandeln könne. Der Prozessor könne ein Warteschlangensystem
verwenden, um zu entscheiden, auf welches der Ereignisse in der Warteschlange
als nächstes reagiert werden solle. Die Entscheidung werde in Software im Pro-
- 10 -
zessor implementiert und könne auf einer Menge von Regeln basieren. Es könn-
ten beispielsweise Ereignisse aus bestimmten Quellen gegenüber Ereignissen aus
anderen Quellen priorisiert werden. Die Entscheidung könne auch auf einer Zeit-
dauer basieren, die ein Ereignis auf eine Reaktion vom Prozessor gewartet habe
(vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Z. 7 - S. 2, Z. 1).
Der Prozessor benötige Zeit- und Verarbeitungsressourcen zum Einreihen der
Ereignisse in die Software-Warteschlangen und zur Implementierung der Soft-
wareanweisungen des Entscheidungsprozesses, um zu bestimmen, auf welches
Ereignis er als nächstes reagieren soll (vgl. geltende Beschreibung, S. 2,
zw. Abs.).
Aufgabe
beitungsressourcen, die ein Prozessor zum Priorisieren von Ereignissen ver-
braucht, zu verringern, so dass ein effizienteres Computersystem bereitgestellt
wird (vgl. geltende Beschreibung, S. 2, zw. Abs.).
Die Aufgabe soll durch Warteschlangen für Ereignisse und eine Entscheidungslo-
gik in Hardware gelöst werden, wozu ein Computersystem nach Anspruch 1, ein
Verfahren nach Anspruch 11, ein Priorisierungsmodul nach Anspruch 12 und ein
Verfahren zur Verwendung eines Priorisierungsmodul nach Anspruch 14 bereitge-
stellt werden.
2.
Fachmann
tions- oder Elektrotechnik an, der über mehrere Jahre Erfahrung in der Hardware-
und Software-Entwicklung von Prozessoren und deren Ansteuerung in einem
Computersystem verfügt.
Der so definierte Fachmann legt dem Anspruchsgegenstand des Anspruchs 1 das
folgende Verständnis zugrunde:
- 11 -
Mit dem in Merkmal M2 aufgeführten Prozessor wird eine Verarbeitungseinheit
eines Computersystems bezeichnet, welche ein Programm abarbeitet, etwa eine
CPU eines Computers (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Z. 7 - 10, S. 27, erster
Abs.). Die Ereignisse, auf die der Prozessor reagieren soll (vgl. Merkmale M2,
M5.2), sind in der Anmeldung nicht weiter eingeschränkt als dass der Prozessor
Anweisungen in Bezug auf ein Ereignis aus einer Quelle abzurufen hat (vgl. gel-
tende Beschreibung, S. 1, Z. 7 - 16, S. 13, Z. 28 - 31, S. 14, Z. 1 - 18). Merkmal
M3 schreibt vor, dass das Priorisierungsmodul in Hardware implementiert ist, wel-
ches gemäß den Merkmalen M4.1 bis M4.4 mehrere Eingänge, eine ODER-Logik,
eine Identifikationslogik und ein Ausgangsregister umfasst. Nicht umfasst von An-
spruch 1 sind somit Priorisierungsmodule, welche teilweise oder gänzlich in Soft-
ware implementiert sind. Die Angabe, dass das Priorisierungsmodul ein oder meh-
rere Entscheidungsmodule umfasst (vgl. Merkmal M4) stellt zunächst keine wei-
tere Einschränkung dar, da jedenfalls für die erste Oder-Variante („ein Entschei-
dungsmodul“) das Priorisierungsmodul und das Entscheidungsmodul ein und das-
selbe Modul sein können. Im Zusammenwirken mit dem in Merkmal M4.4 aufge-
führten Ausgangsregister stellt die in Merkmal M4.3 aufgeführte Identifikationslogik
ein von der ODER-Logik in Merkmal M4.2 zu unterscheidendes Logikbauteil dar.
Gemäß Merkmal M7 schreibt die Identifikationslogik eine Quellenkennung für den
Eingang mit der höchsten Priorität aus dem Eingangsregister des Entscheidungs-
moduls (vgl. Merkmal M6) in das Ausgangsregister. Der Begriff „Quellenkennung“
(in Merkmalen M4.4 und M5.1 bis M7) bezeichnet beispielsweise eine Bitfolge,
welche eine Warteschlangenkennung oder einen Offset in einer Lookup-Tabelle
beinhaltet, welcher eine Speicheradresse für zu dem jeweiligen Ereignis gehö-
rende Anweisungen identifiziert (vgl. geltende Beschreibung, S. 8, Z. 14 - 34,
S. 14, Z. 20 - S. 15, Z. 1).
In den nebengeordneten Patentansprüchen 11, 12 und 14 werden dieselben Be-
griffe verwendet, welche entsprechend auszulegen sind.
- 12 -
3.
Der Erteilungsantrag liegt im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung
a)
Die Merkmale der Ansprüche sind durch die ursprünglichen Patentansprü-
che sowie die ursprünglich eingereichte Beschreibung mit den Figuren 1 bis 5 als
zur Erfindung zugehörend offenbart:
Der Patentanspruch 1 setzt sich zusammen aus den ursprünglichen Ansprü-
chen 1, 2 und 3, der Patentanspruch 11 aus den ursprünglichen Ansprüchen 15
und 16 und der Patentanspruch 12 aus den ursprünglichen Ansprüchen 17 und
18. Der Patentanspruch 14 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 20, ergänzt
um die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 16, basierend auf Seite 5 Ab-
satz 2 der Anmeldeunterlagen. Mit den unabhängigen Ansprüchen werden nun-
mehr konkretisierend sämtliche zur Lösung der Aufgabe erforderlichen Baugrup-
pen eines Entscheidungsmoduls beansprucht. Die Unteransprüche 2 bis 10 und
13 beruhen auf den ursprünglichen Unteransprüchen 4 bis 11, 14 und 19 unter
Anpassung der Rückbezüge.
b)
Die Änderungen in der Beschreibung sind zulässig. Der relevante Stand der
Technik wurde in der Beschreibungseinleitung gewürdigt und die Beschreibung
wurde an das geltende Patentbegehren angepasst.
4.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu gegenüber dem im Verfah-
ren befindlichen Stand der Technik (§ 3 PatG).
P1
, welche zum Reagieren auf Interrupts und damit auf Ereignisse aus mehre-
M1, M2
M3
ein Kanalcontroller ()i. V. m. einem Systemcontroller
() angesehen werden, wobei der Kanalcontrollereine Art
M4
- 13 -
) aufweist (vgl. Fig. 1 u. 2A, Sp. 5, Z. 3 - 10 u.
Z. 53 - Sp. 6, Z. 63). Die Eingänge des Kanalcontrollers (vgl. Fig. 1) sind jedoch
nicht mit einer jeweiligen Priorität assoziiert und es gibt keine Angaben zu einem
Merkmal M4.1 teilweise
tung wird vielmehr allein anhand der Position in der Warteschlange vergeben, wo-
raufhin die verschiedenen Bitpositionen der Interrupts in einem Register (
)als Broadcast gesendetwerden (vgl. Sp. 6, Z. 60 - 62; Sp. 8, Z. 50 - 55;
Merkmal M4.4 teilweise
ten Computersystem antworten darauf die Prozessoren, womit sie anzeigen, dass
sie den nächsten Interrupt bearbeiten könnten. Welcher Interrupt von welchem
Prozessor bearbeitet wird, wird daraufhin von dem Systemcontroller anhand der
Antwortreihenfolge bzw. des Zustands der Prozessoren entschieden (vgl. Sp. 3,
Z. 64 - Sp. 4, Z. 2; Sp. 7, Z. 30 - 68). Erläutert wird ferner eine Identifizierung der
Warteschlange (), diese erlaubt jedoch keine unmittelbare
Kennung der Quelle des Interrupts und stellt damit keine Quellenkennung im an-
spruchsgemäßen Sinne dar (vgl. Sp. 6, Z. 68 - Sp. 7, Z. 29). Somit sind aus
Druckschrift P1 keine Logikbausteine gemäß den Merkmalen M4.2 und M4.3 und
kein Ausgangsregister, welches eine Quellenkennung speichert, sowie keine
Quellenkennung bekannt (Merkmale M4.2, M4.3, M5.1, M5.2, M6 und M7 fehlen,
Merkmale M4.1, M4.4 fehlen teilweise).
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist somit gegenüber Druck-
schrift P1 neu.
P2
beschreibt programmierbare Controller für ein Multiprozessor-System (vgl.
M1, M2
( als ein in Hardware
implementiertes Priorisierungsmodul anzusehen, dies dürfte jedoch nicht eine Pri-
orisierung in Bezug auf die verschiedenen Eingänge und Quellen liefern und keine
Abarbeitungsreihenfolge des jeweiligen Prozessors vorgeben, sondern vielmehr
festlegen, welcher der Prozessoren welchen Interrupt bearbeiten soll (vgl. Sp. 4,
- 14 -
Z. 45 - 63, Sp. 6, Z. 9 - 13, Sp. 7, Z. 48 - 64). Die Druckschrift erläutert ferner,
dass dieses Priorisierungsmodul in den Prozessor integriert sein kann oder aber
separat vom Prozessor ausgebildet und an den Prozessor gekoppelt werden kann
(vgl. Sp. 3, Z. 19 - 37, Sp. 10, Z. 58 - 60). Weitere Angaben zu Flags oder Eingän-
gen mit einer jeweiligen Priorität, welche sich nicht auf die Nummer des Prozes-
sors bezieht, sondern auf eine Quellenkennung, sind der Druckschrift nicht zu ent-
nehmen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit auch gegenüber dem aus
Druckschrift P2 bekannten Computersystem neu.
Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart somit ein Computer-
system mit sämtlichen in Anspruch 1 geforderten Merkmalen. Insbesondere sind
weder in Druckschrift P1 noch in Druckschrift P2 Angaben zu Ereignis-Flags, wel-
che mit den jeweiligen Eingängen zugeordneten Prioritäten assoziiert sind, und
Quellenkennungen, welche identifizierten Eingängen entsprechen und in Ein-
gangs- bzw. Ausgangsregister eines Entscheidungsmoduls gespeichert vorliegen,
zu entnehmen.
Weiterer relevanter Stand der Technik ist nicht bekannt geworden.
Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber dem Stand
der Technik.
5.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann nicht
in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik und
beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Wie in Abschnitt II. 4. erläutert, ist keiner der im Verfahren befindlichen Schriften
ein Hinweis auf Ereignis-Flags, welche mit den jeweiligen Eingängen zugeordne-
ten Prioritäten assoziiert sind, oder auf Quellenkennungen, welche identifizierten
Eingängen entsprechen und in einem Eingangs- bzw. Ausgangsregister eines
Entscheidungsmoduls gespeichert vorliegen, zu entnehmen.
- 15 -
Druckschrift P1 befasst sich ebenso wie Druckschrift P2 vorrangig damit, wie ver-
schiedene Ereignisse in einem System mit mehreren Prozessoren zu verteilen
sind. Druckschrift P1 offenbart zwar einen als Priorisierungsmodul anzusehenden
Kanalcontroller () mit mehreren Eingängen sowie verschie-
dene Register (vgl. Fig. 1 u. 3A: ). Beide Druck-
schriften geben jedoch keine Hinweise darauf, eine Priorisierung anhand einer
Quellenkennung in Abhängigkeit des jeweiligen Eingangs vorzunehmen. Daher
ergibt sich für den Fachmann ausgehend von diesen beiden Druckschriften keine
Veranlassung, die dort offenbarten Computersysteme entsprechend zu ändern
oder zu ergänzen.
Aus dem Fachwissen sind zwar Controller mit zugeordneten Ein- und Ausgangs-
registern bekannt, das allgemeine Fachwissen gibt dem Fachmann aber keine
Anregungen, in der beanspruchten Weise den verschiedenen Eingängen eine Pri-
orisierung anhand einer Quellenkennung vorzugeben, um so die Zeit- oder Verar-
beitungsressourcen, die ein Prozessor zum Priorisieren von Ereignissen ver-
braucht, zu verringern.
Damit führt weder eine gemeinsame Betrachtung der im Verfahren befindlichen
Druckschriften noch eine Ergänzung der Lehren dieser Druckschriften mit dem
Wissen des Fachmanns in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden
Anspruchs 1. Der beanspruchte Gegenstand geht somit über das übliche fach-
männische Handeln, ausgehend von den Lehren der betrachteten Druckschriften
P1 und P2 und unter Einbeziehung des Fachwissens hinaus.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
6.
Die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 11, 12 und 14 sind
ebenfalls patentfähig.
- 16 -
Das Verfahren gemäß Anspruch 11 weist Verfahrensmerkmale auf, die den Vor-
richtungsmerkmalen M1 bis M7 des auf ein Computersystem gerichteten An-
spruchs 1 inhaltlich entsprechen. Das Verfahren zum Reagieren auf Ereignisse in
einem Computersystem ist daher nicht anders zu bewerten als das Computersys-
tem gemäß Anspruch 1. Dies gilt ebenso für die nebengeordneten Ansprüche 12
und 14, die auf ein zur Kopplung mit einem Prozessor ausgelegtes Priorisie-
rungsmodul, welches in Hardware implementiert ist, und auf ein Verfahren zur
Verwendung eines in Hardware implementierten Priorisierungsmoduls gerichtet
sind, deren Merkmale hinsichtlich des Reagierens auf Ereignisse aus mehreren
Quellen inhaltlich den Merkmalen des Anspruchs 1 entsprechen. Die Gegen-
stände der Ansprüche 11, 12 und 14 sind daher ebenfalls neu gegenüber dem im
Verfahren befindlichen Stand der Technik.
Wie zu Anspruch 1 ausgeführt, beruht das Computersystem auch auf einer erfin-
derischen Tätigkeit; ebenso sind auch das Verfahren zum Reagieren auf Ereig-
nisse in einem Computersystem gemäß Anspruch 11, das Priorisierungsmodul
gemäß Anspruch 12 und das Verfahren zu dessen Verwendung gemäß An-
spruch 14, welche die den Merkmalen des Anspruchs 1 entsprechende Merkmale
aufweisen, dem Fachmann durch den Stand der Technik, auch in Verbindung mit
dem allgemeinen Fachwissen, nicht nahegelegt.
7.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 10 und 13 betreffen über das Selbstver-
ständliche hinausgehende Ausgestaltungen des Gegenstands nach Anspruch 1
bzw. 12. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 10 und 13 sind daher ebenfalls patent-
fähig.
8.
Da die vorgelegten geltenden Unterlagen auch den weiteren Voraussetzun-
gen zur Patenterteilung (§§ 1, 2, 5, 34 PatG) genügen, war auf die Beschwerde
der Anmelderin der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für
Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und ein Pa-
tent zu erteilen.
- 17 -
9.
Der Beschluss konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da dem An-
trag des Anmelders vollumfänglich stattgegeben wurde.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 18 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
schriftlich einzulegen.
Wickborn
Kruppa
Dr. Otten-Dünnweber
Altvater
Pr