Urteil des BPatG vom 20.06.2018

Urteil vom 20.06.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:200618B18Wpat12.16.0
BUNDESPATENTGERICHT
18 W (pat) 12/16
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
20. Juni 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2013 211 372.2
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2018 durch die Vorsitzende Richterin
Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck und
Dr.-Ing. Flaschke
- 2 -
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 18. Juni 2013 beim Deutschen
Patent– und Markenamt zunächst in englischer Sprache eingereicht. Gemäß den
mit Schriftsatz vom 13. August 2013 nachgereichten deutschsprachigen Unter-
lagen trägt sie die Bezeichnung
„Steuerungsmechanismus basiert auf Zeitverhaltensinformation“.
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des
Deutschen Patent– und Markenamts vom 29. April 2016 mit der Begründung zu-
rückgewiesen, dass der geltende Patentanspruch 1 mangels Ausführbarkeit nicht
gewährbar sei. Zudem beruhe der Anspruch nicht auf einer erfinderischen Tätig-
keit. Im Zurückweisungsbeschluss wurde auf folgende Druckschrift verwiesen:
D1:
US 7 671 627 B1.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Im Ladungszusatz vom 9. Mai 2018 hat der Senat noch u. a. auf die im US–ameri-
kanischen Prüfungsverfahren ermittelte Druckschrift
- 3 -
D6
US 8 156 382 B1
als relevanten Stand der Technik hingewiesen.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 29. April 2016 aufzuheben und das
Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Verhand-
lung,
hilfsweise gemäß 1. Hilfsantrag
Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Verhand-
lung,
- Beschreibung, Seiten 1 bis 5, 9 bis 18 und 20 bis 23, eingegangen
am 13. August 2013,
Seiten 6 und 8, eingegangen am 9. Dezember 2014,
Seite 19, eingegangen am 10. August 2016,
- Figuren 1 bis 8, eingegangen am 13. August 2013.
Anspruch 1
Hauptantrag
M1
„Vorrichtung mit
einer logischen Pipeline (77), die angepasst ist, durch eine Takt-
geberfrequenz getaktet zu werden, einen Prozess zu verarbeiten, und
bei einer Temperatur zu arbeiten;
- 4 -
M2
einer Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung (3), die
angepasst ist, eine durchschnittliche Frequenz des Auftretens von
Zeitverhaltensverletzungen in der logischen Pipeline zu erhalten;
M3
einer Schwellwerteinrichtung (4, 10, 110), die angepasst ist, zu über-
prüfen, ob die durchschnittliche Frequenz des Auftretens der Zeitver-
haltensverletzungen außerhalb eines Bereichs ist; und
M4
einer Triggereinrichtung (120), die angepasst ist, einen Trigger bereit-
zustellen, wenn die durchschnittliche Frequenz des Auftretens der
Zeitverhaltensverletzungen außerhalb des Bereichs ist;
M5
wobei die Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung (3) fer-
ner angepasst ist, von Zeit zu Zeit und/oder beim Auftreten einer be-
stimmten Bedingung eine Periode zum Erhalten der durchschnittlichen
Zeitverhaltensverletzungsfrequenz gemäß einer Periodenabhängig-
keitsfunktion basierend auf zumindest einem aus dem Prozessverar-
beiten, der Temperatur, einer Versorgungsspannung und zu verarbei-
tender Daten anzupassen.“
Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 9 nach Hauptantrag wird auf die Akte
verwiesen.
Anspruch 1
antrag
gehoben):
M1
„Vorrichtung mit
einer logischen Pipeline (77), die angepasst ist, durch eine
Taktgeberfrequenz getaktet zu werden, einen Prozess zu verarbeiten,
und bei einer Temperatur zu arbeiten;
- 5 -
M2
einer Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung (3), die
angepasst ist, eine durchschnittliche Frequenz des Auftretens von
Zeitverhaltensverletzungen in der logischen Pipeline zu erhalten;
M3
einer Schwellwerteinrichtung (4, 10, 110), die angepasst ist, zu über-
prüfen, ob die durchschnittliche Frequenz des Auftretens der Zeitver-
haltensverletzungen außerhalb eines Bereichs ist; und
M4
einer Triggereinrichtung (120), die angepasst ist, einen Trigger bereit-
zustellen, wenn die durchschnittliche Frequenz des Auftretens der
Zeitverhaltensverletzungen außerhalb des Bereichs ist;
M5*
ner angepasst ist, von Zeit zu Zeit und/oder beim Auftreten einer be-
stimmten Bedingung Änderung von zumindest einem aus einem Pro-
zessverarbeiten, einer Temperatur, einer Versorgungsspannung und
einer Natur von zu verarbeitenden Daten eine Periode zum Erhalten
der durchschnittlichen Zeitverhaltensverletzungsfrequenz gemäß einer
Periodenabhängigkeitsfunktion basierend auf dem zumindest einenm
aus dem Prozessverarbeiten, der Temperatur, einder Versorgungs-
spannung und der Natur der zu verarbeitendenr Daten anzupassen.“
Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 9 nach Hilfsantrag 1 wird auf die Akte
verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn der jeweilige Ge-
genstand des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag beruht nicht auf einer er-
finderischen Tätigkeit (§ 4 PatG). Die Fragen der Zulässigkeit der geltenden An-
sprüche nach Haupt- und Hilfsantrag sowie der Neuheit der Anspruchsgegen-
- 6 -
stände können somit dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom
18. September 1990 - X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 – Elasti-
sche Bandage).
1.
Die Patentanmeldung betrifft eine Vorrichtung, ein Verfahren und ein Compu-
terprogrammprodukt, welche sich mit dem Timing einer Pipeline-Verarbeitung in
einem Prozessor befassen (vgl. geltende Beschreibung, S. 1). Gemäß Beschrei-
bungseinleitung wird in digitalen Logiksystemen versucht, die Betriebsfrequenz zu
erhöhen und gleichzeitig den Stromverbrauch zu reduzieren. In solchen Systemen
könnten Zeitverhaltensverletzungen aufgrund von Spannungsabfällen, Tempera-
turvariationen, Variationen in Gatelängen und Dotierungskonzentrationen auftre-
ten. Beispielsweise komme es zu einer Zeitverhaltensverletzung, wenn ein Re-
gister ein Ergebnis nicht speichern kann, weil eine vorgeschaltete Kombinations-
logik ihre Rechenoperation noch nicht beendet habe (vgl. Beschreibung, S. 2,
zweiter Abs. bis S. 3, Fig. 1).
Aufgabe
stabiler Betrieb einer logischen Schaltung erreicht werde. Stabiler Betrieb bedeute,
dass die durchschnittliche Zeitverhaltensverletzungsfrequenz in einem bestimmten
Bereich sei (vgl. geltende Beschreibung, S. 6, vorletzter Abs.).
Fachmann
dem Gebiet der Informations- oder Elektrotechnik auf und besitzt Kenntnisse in
der Mikroprozessortechnik. Darüber hinaus verfügt er über eine langjährige Erfah-
rung in der Programmierung von logischen Schaltungen.
Anspruch 1 nach Hauptantrag
durch eine Taktgeberfrequenz getakteten logischen Pipeline sowie einer
„Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung“
vorgesehen, die eine
durchschnittliche Frequenz des Auftretens von Zeitverhaltensverletzungen in der
- 7 -
logischen Pipeline erhält. In einer Schwellwerteinrichtung wird überprüft, ob die
durchschnittliche Frequenz des Auftretens der Zeitverhaltensverletzungen
außerhalb eines Bereichs ist. Eine Triggereinrichtung stellt einen Trigger bereit,
wenn die durchschnittliche Frequenz des Auftretens der Zeitver-
haltensverletzungen außerhalb des Bereichs ist. Die Zeitverhaltens-
verletzungsfrequenzerhalteeinrichtung passt von Zeit zu Zeit bzw. beim Auftreten
einer bestimmten Bedingung eine Periode zum Erhalten der durchschnittlichen
Zeitverhaltensverletzungsfrequenz an. Dies erfolgt mittels einer Perioden-
abhängigkeitsfunktion, die zumindest auf einem aus dem Prozessverarbeiten, der
Temperatur, einer Versorgungsspannung und zu verarbeitender Daten basiert.
Hilfsantrags
zungsfrequenzerhalteeinrichtung“ die Periode von Zeit zu Zeit und/oder beim Auf-
treten einer Änderung von zumindest einem aus einem Prozessverarbeiten, einer
Temperatur, einer Versorgungsspannung und einer Natur von zu verarbeitenden
Daten gemäß einer Periodenabhängigkeitsfunktion basierend auf dem zumindest
einen aus dem Prozessverarbeiten, der Temperatur, der Versorgungsspannung
und der Natur der zu verarbeitenden Daten anpasst.
2.
Die Merkmale des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag versteht der
Fachmann folgendermaßen:
Anspruch 1 nach Hauptantrag betrifft eine Vorrichtung mit einer durch eine Takt-
geberfrequenz getakteten logischen Pipeline, die bei einer Temperatur einen Pro-
Merkmal M1
eine beliebige logische Schaltung, deren Architektur zumindest teilweise über eine
Befehls-Pipeline verfügt (vgl. geltende Beschreibung, S. 10, dritter Abs. bis S. 11,
erster Abs.). Die Schaltung weist eine sogenannte Zeitverhaltensverletzungserfas-
sungseinrichtung, d. h. eine Einrichtung zur Erfassung einer Zeitverhaltensverlet-
zung, auf, welche das Auftreten einer Zeitverhaltensverletzung in den Logikbau-
- 8 -
steinen erfasst (vgl. Beschreibung, S. 11, zweiter Abs.; vgl. Merkmal M2). Wenn
die Erfassungseinrichtung eine Verletzung erkennt, sendet sie ein „TEP“-Signal zu
der Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung (vgl. Beschreibung,
S. 11, vorletzter Abs.). Die Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung
kann beispielsweise ein Zähler sein, der jedes Mal, wenn er ein solches Signal
erhält, inkrementiert wird (vgl. Beschreibung, S. 13, vierter u. fünfter Abs.).
Eine Schwellwerteinrichtung überprüft, ob die durchschnittliche Frequenz des Auf-
tretens von Zeitverhaltensverletzungen außerhalb eines Bereichs liegt (vgl.
Merkmal M3
Grenzwert gekennzeichnet und definiert den (zulässigen) Schwellwert oder Be-
reich, in dem ein stabiler Betrieb der logischen Schaltung gewährleistet ist (vgl.
Beschreibung, S. 6, vorletzter Abs. u. S. 13, letzter Abs.). Ist die Zeitverhaltens-
verletzungsfrequenzerhalteeinrichtung ein Zähler, so vergleicht die Schwellwer-
teinrichtung den Inhalt des Zählers mit einem oberen und/oder einem unteren
Schwellwert. Ist der Inhalt des Zählers beispielsweise größer als ein oberer
Schwellwert oder kleiner als ein unterer Schwellwert, so liegt die durchschnittliche
Frequenz des Auftretens von Zeitverhaltensverletzungen außerhalb des (zulässi-
gen) Bereichs (vgl. Beschreibung, S. 13, letzter Abs.). In diesem Fall wird ein Trig-
ger bereitgestellt. Dies bedeutet, dass ein Fehlersignal bzw. Flag ausgegeben wird
Merkmal M4
einheit das Fehlersignal empfängt, steuert sie zumindest einen der Prozesspara-
meter so, dass die durchschnittliche Frequenz des Auftretens von Zeitverhaltens-
verletzungen wieder in dem (zulässigen) Bereich fällt (vgl. Fig. 2, Block 6 i. V. m.
der Beschreibung, S. 17, zweiter Abs.). Zum Beispiel kann die Versorgungsspan-
nung erhöht werden, wenn zu viele Zeitverhaltensverletzungen erfasst werden
(vgl. Beschreibung, S. 6, 2. Abs.).
Merkmal M5
haltensverletzungsfrequenz angepasst werden. Der Fachmann versteht die Peri-
ode als Zeitintervall, in welchem die Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalte-
einrichtung die Ereignisse zählt. Die Periode kann dabei ein einzelner Taktzyklus
- 9 -
sein, sie kann sich aber auch aus einer Vielzahl von Taktzyklen zusammensetzen.
Beispielsweise kann sich die Periode auf 100 Zyklen erstrecken (vgl. Beschrei-
bung, S. 12, zweiter Abs.). Die Periode soll von Zeit zu Zeit (z. B. periodisch)
und/oder beim Auftreten einer bestimmten Bedingung angepasst werden (vgl. Be-
schreibung, S. 17, zweiter Abs.). Eine bestimmte Bedingung kann beispielsweise
dann vorliegen, wenn zumindest eine der PVT-Randbedingungen (Power, Vol-
tage, Temperature) verändert worden ist (vgl. Beschreibung, S. 12, dritter Absatz
Merkmal M5* nach Hilfsantrag
Im Kern kommt es demzufolge darauf an, dass mit der Periodenanpassung neben
der Schwellwertüberwachung ein zweites Mittel zur Verfügung steht, um die Aus-
löseschwelle des Triggers steuern zu können. Hierzu sieht Merkmal M5 eine Peri-
odenabhängigkeitsfunktion vor, gemäß der die Periode angepasst werden soll.
Dabei soll die Periodenabhängigkeitsfunktion auf zumindest einem aus dem Pro-
zessverarbeiten, der Temperatur, einer Versorgungsspannung und zu verarbei-
tender Daten basieren. Ein funktionaler Zusammenhang wird weder in den An-
sprüchen noch in der Beschreibung angegeben. Der Fachmann erkennt aber,
dass die Periodenabhängigkeitsfunktion keine feste Konstante ist, sondern von
verschiedenen Größen und Randbedingungen abhängen kann, so z. B. von der
Anzahl paralleler Prozesse, der Bauteiltemperatur, der Versorgungsspannung
oder den zu verarbeitenden Daten, unter die eine große Anzahl an Größen fallen
kann (vgl. Fig. 2, Block 6 i. V. m. der Beschreibung, S. 10, zweiter Abs. u. Brü-
ckenabsatz S. 14/15). Der Anspruch 1 gibt somit vor, dass die Periode angepasst
werden kann, also variabel ist. Der Wert der resultierenden Periode kann bei-
spielsweise aus einer Nachschlagetabelle ausgelesen werden (vgl. Beschreibung,
Brückenabsatz S. 12/13).
Somit lässt der Anspruch 1 offen, wie die Periodenabhängigkeitsfunktion konkret
definiert ist. Dadurch ist es dem Fachmann überlassen, welche Größen oder
Randbedingungen er zur Anpassung der Periode heranzieht.
- 10 -
Dass das Merkmal M5 des Hauptanspruchs keine technische Wirkung erziele und
damit keine erfinderische Tätigkeit begründen könne, wie im Zurückweisungsbe-
schluss behauptet (vgl. S. 5, dritter Abs.), trägt nicht. Denn die breite Fassung die-
ses Merkmals führt nicht zur mangelnden Ausführbarkeit, sondern zur Verallge-
meinerung des Anspruchsgegenstands.
3.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich für den
D1
D6
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
D1
einer bestimmten Temperatur ein Prozess verarbeitet wird (vgl. Sp. 1, Z. 40 – 42,
Sp. 2, Z. 50 – 57, Sp. 4, Z. 23 – 26 u. Anspruch 14). Es ist vorgesehen, zur Erhö-
hung der Rechenleistung die Prozessortaktung anzupassen (vgl. Sp. 1, Z. 40 – 42,
58 – 60, Sp. 4, Z. 38 – 41, Fig. 4 i. V. m. Abschnitt 6 in Sp. 11 u. 12). Damit ist
eine Vorrichtung mit einer logischen Pipeline bekannt, die angepasst ist, durch
eine Taktgeberfrequenz getaktet zu werden, einen Prozess zu verarbeiten, und
Merkmal M1
Zusammenhang mit einer höheren Taktrate bzw. einem Übertakten nutzen zu
können, sollen Zeitverhaltensverletzungen bis zu einem gewissen Grad toleriert
werden (vgl. Sp. 4, Z. 10 – 13, Sp. 16, Z. 43 – 45). Hierzu besitzt der Prozessor
einen als Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung anzusehenden in-
ternen Zähler (), der angepasst ist, eine durchschnittliche Frequenz des
Auftretens von Zeitverhaltensverletzungen () in der logischen Pipeline zu
Merkmal M2
prüft, ob die in dem Zähler inkrementierte durchschnittliche Frequenz des Auftre-
tens von Zeitverhaltensverletzungen () größer oder kleiner
als ein vorgegebener Sollwert () ist. Der Sollwert ist dabei als
Merkmal M3
- 11 -
Vorrichtung weist auch eine Triggereinrichtung auf, die einen Trigger bereitstellt,
wenn die durchschnittliche Frequenz der Zeitverhaltensverletzungen außerhalb
des vorgegebenen Bereichs liegt, wie dies im Funktionsablauf gemäß Figur 4 dar-
Merkmal M4
Dabei ist die Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrichtung angepasst, eine
(variable) Periode (, ) zum Erhalten der durch-
schnittlichen Zeitverhaltensverletzungsfrequenz vorzugeben, ohne dass aber eine
Periodenabhängigkeitsfunktion definiert wird. Beispielsweise kann sich eine Peri-
ode über 100.000 Taktzyklen erstrecken. Die Taktfrequenz und somit auch die
Periode, in welcher die Zeitverhaltensverletzungen gezählt werden, soll dynamisch
verändert werden, wenn sich Umgebungsbedingungen, wie beispielsweise die
Temperatur oder Spannung, verändern. Dies bedeutet, dass die Periodenan-
passung von Zeit zu Zeit bzw. beim Auftreten einer bestimmten Bedingung erfolgt
teilweise Merkmal M5
Druckschrift D1 nennt keine Periodenabhängigkeitsfunktion, gemäß der die Peri-
ode (variabel) angepasst werden kann. Die Schrift gibt dem Fachmann aber den
Hinweis, dass die Periode lang genug sein sollte, um die Fehlerrate zuverlässig
ermitteln zu können (vgl. Sp. 12, Z. 24 – 27:
). Durch diesen Hinweis ver-
anlasst, wird der Fachmann bei der Realisierung der Zeitverhaltensverletzungsfre-
quenzerhalteeinrichtung versuchen, die Länge der Periode optimal an verschie-
dene Randbedingungen und Prozessparameter anzupassen; dies insbesondere
auch deshalb, weil Druckschrift D1 darauf hinweist, dass Veränderungen der Um-
gebungsbedingungen, wie der Temperatur und der Versorgungsspannung, das
Befehls-Pipelining beeinflussen können (vgl. Sp. 1, Z. 29 – 31 u. Sp. 4, Z. 23 - 25).
Der Fachmann wird daher bei der Programmierung der Taktsteuerung verschie-
dene Zielsetzungen berücksichtigen, wie z. B. hinsichtlich des Energieverbrauchs
und der Prozessortemperatur. So liegt es in der Griffweite des Fachmanns und
entspricht aufgrund seines Fachwissens seinem routinemäßigen Handeln, zuläs-
sige Taktfrequenzen als Funktion von verschiedenen Parametern, wie z. B. der
Prozessortemperatur, vorab in Versuchen zu ermitteln und in einem Register als
- 12 -
Tabelle abzulegen. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Fachmann eine
Periode zum Erhalten der durchschnittlichen Zeitverhaltensverletzungsfrequenz
verwenden wird, die gemäß einer Periodenabhängigkeitsfunktion angepasst ist
(vgl. Merkmal M5).
D6
Fachmann eine allgemeine Methode zur zuverlässigen Erfassung von Zeitverhal-
tensverletzungen in einem Abtastfenster lehrt. Konkret beschreibt Druckschrift D6
ein Verfahren zur Überwachung von Fehlerereignissen in einer Speicherumge-
bung, in der Daten zu Speicherzwecken zwischen verschiedenen Systemen über-
tragen werden (vgl. Fig. 7 u. Sp. 2, Z. 54 – 59). Das Verfahren beruht auf einer
Methode zur Erfassung von Zeitverhaltensverletzungen, wobei neben der
Schwellwertüberwachung ein weiteres Mittel zur Verfügung steht, um die Auslöse-
schwelle eines Triggers steuern zu können (vgl. Sp. 1, Z. 27 – 36 u. Fig. 2, Be-
zugszeichen 212). So wird eine Zeitverhaltensverletzungsfrequenzerhalteeinrich-
tung beschrieben, die angepasst ist, eine Periode zum Erhalten der durchschnittli-
chen Zeitverhaltensverletzungsfrequenz anzupassen (vgl. Sp. 3, Z. 62 – Sp. 4,
Z. 10, Ansprüche 12, 13, 15 i. V. m. Fig. 6). Beispielsweise können die Start- und
Endpunkte der Periode verschoben werden (vgl. Sp. 4, Tab. 1). Zusätzlich sieht
die Lehre der Druckschrift D6 aber auch vor, die Länge der Periode zu variieren,
um damit unerwünschte Zeitverhaltensverletzungen vermeiden zu können (vgl.
Anspruch 13, Sp. 2, Z. 14 – 17 u. insb. Sp. 8, Z. 1 – 3).
Der Fachmann kann der Druckschrift zudem entnehmen, dass die Anpassung der
Periode automatisiert erfolgen kann (vgl. Sp. 4, Z. 11, 12). Dies bedeutet nichts
anderes, als dass die Periode mittels einer Abhängigkeitsfunktion angepasst wird,
die der Fachmann vorab modelliert hat. Die Anpassung basiert dabei zwangläufig
auf zu verarbeitenden Daten. Der Fachmann gelangt damit auf Basis der Druck-
schrift D1 und dem Fachwissen, wie es durch Druckschrift D6 belegt ist, zu
Merkmal M5
haltensverletzungsfrequenz gemäß einer Periodenabhängigkeitsfunktion basie-
- 13 -
rend auf zumindest einem aus dem Prozessverarbeiten, der Temperatur, einer
Versorgungsspannung und zu verarbeitender Daten angepasst wird.
Das Argument der Anmelderin, dass der Fachmann die Lehre von Druckschrift D6
nicht berücksichtigen würde, da sie sich mit dem Zählen von Fehlerereignissen in
Speichersystemen befasst, kann nicht überzeugen. Denn der Anspruch 1 nach
Hauptantrag schließt nicht das Zählen von Fehlerereignissen in Speichern bzw.
entsprechenden Systemen aus.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist somit nicht patentfähig.
4.
Hilfsantrag
Änderung von zumindest einem aus einem Prozessverarbeiten, einer Temperatur,
einer Versorgungsspannung und einer Natur von zu verarbeitenden Daten“ ange-
passt wird, kann dem Anspruch 1 ebenfalls nicht zur Patentfähigkeit verhelfen.
Die Änderungen im Merkmal M5* betreffen nur eine im Zusammenhang mit der
„und/oder“–Kombination beanspruchte Alternative. Demnach wird auf die Ausfüh-
rungen zum Anspruch 1 nach Hauptantrag im Abschnitt II.3. verwiesen. Abgese-
D1
gebungsbedingungen und Prozessparameter, wie z. B. der Temperatur anzupas-
sen (vgl. Sp. 4, Z. 23 – 25). Damit ist auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach
Hilfsantrag mit dem geänderten Merkmal M5* in einer beanspruchten Alternative,
bei der die Temperatur als Prozessparameter berücksichtigt wird, nahegelegt.
Der Gegenstand von Anspruch 1 nach Hilfsantrag beruht somit ebenfalls nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
- 14 -
5.
Mit dem jeweils nicht patentfähigen Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag
sind auch die übrigen Ansprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein
eigenständiges Patentbegehren gerichtet war und über einen Antrag nur einheit-
lich entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom
27. Juni 2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862, Abschnitt III. 3. a)aa) – Informations-
übermittlungsverfahren II).
6.
Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Haupt- und Hilfsantrag nicht
patentfähig sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 15 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Wickborn
Kruppa
Dr. Schwengelbeck
Dr. Flaschke
Fi