Urteil des BPatG vom 10.01.2000

Urteil vom 10.01.2000

BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 63/98
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 196 80 561.9-41
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 10. Januar 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Moser sowie der Richter Dr. Rupprecht, Dr. Philipp und Harrer
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der
Prüfungsstelle für Klasse C 02 F des Deutschen Patentamts
BPatG 152
10.99
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vom 7.Oktober 1998 aufgehoben und das Patent gemäß Hilfs-
antrag erteilt.
Bezeichnung:
Anmeldetag:
Die Priorität der Anmeldungen in Japan vom 23.August 1995
und 10.Januar 1996 ist in Anspruch genommen.
(Aktenzeichen der Erstanmeldungen: 7/213864 und 8/1858)
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Ein Patentanspruch, eingegangen am 6. Dezember 1999;
Beschreibung: Seiten 1 bis 4, die die ursprünglichen Beschrei-
bungsseiten 1 bis 5 ersetzen, eingegangen am 6.Dezem-
ber 1999, Seiten 8, 9, 11, 14 und 16, eingegangen am
10.Dezember 1999, Seiten 6, 7, 10, 12, 13, 15 und 17 bis 19,
eingegangen am 8.Februar 1997;
6 Blatt Zeichnungen, eingegangen am 8.Februar 1997.
2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Mit Beschluß vom 7. Oktober 1998 hat die Prüfungsstelle für Klasse C 02 F des
Deutschen Patentamts die Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Vorrichtung und Verfahren zur Aufbereitung von Wasser"
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zurückgewiesen.
Dem Beschluß lagen die am 24. September 1998 eingegangenen Patentansprü-
che 1 bis 7 zugrunde, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
gekennzeichnet
durch
Einleiten von Ozon in das aufzubereitende Wasser, wobei auf
das Wasser eine magnetische Kraft wirkt, um die zu oxidieren-
den Substanzen zu oxidieren und auszufällen;
Abfiltrieren der ausgefällten Substanzen;
Einleiten von Ozon in das erhaltene Wasser, wobei eine ma-
gnetische Kraft auf das Wasser einwirkt; und
Leiten des erhaltenen Wassers über eine katalytisch wirkende
Schicht aus Aktivkohle.
Zu den Ansprüchen 2 bis 7 wird auf die Akte verwiesen.
Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß das Verfahren ge-
mäß Anspruch 1 gegenüber (2) der im Prüfungsverfahren genannten Druck-
schriften (2) bis (8)
(2) US 4 959 142 A
(3) JP 3-56193 (A), Referat aus Patents Abstracts of Japan,
C-834, 1991 Vol. 15/No. 202
(4) JP 07-185573 A, Referat aus Patents Abstracts of Japan
(5) DE 26 35 576 A1
(6) DE 26 40 218 A1
(7) EP 577 871 A1
(8) US 4 957 626
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wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
ihr Patentbegehren gemäß Hauptantrag mit den dem Beschluß zugrundeliegen-
den Patentansprüchen und gemäß Hilfsantrag mit dem am 6.Dezember 1999 ein-
gegangenen einzigen Patentanspruch weiterverfolgt, der wie folgt lautet:
Vorrichtung zur Aufbereitung von Wasser, die folgende Be-
standteile umfaßt:
einen ersten und einen zweiten Ozongenerator (4,7);
ein erstes Reaktionsgefäß (5) zur magnetischen Be-
handlung, welches einen Abschnitt (21) zur magneti-
schen Behandlung aufweist, in welches das aufzube-
reitende Wasser eingeleitet wird und in dem eine vor-
bestimmte magnetische Kraft auf das Wasser einwirkt,
sowie einen Abschnitt zur Zugabe und Vermi-
schung (22), in welches vom ersten Ozongenerator (4)
erzeugtes Ozon in das einer magnetischen Behandlung
unterworfene Wasser eingeleitet und mit diesem ver-
mischt wird;
ein erstes Filter (6), mit dem ausgefällte Substanzen
aus dem Wasser, das aus dem ersten Reaktionsgefäß
zur magnetischen Behandlung zugeführt wurde, abfil-
triert werden;
ein zweites Reaktionsgefäß (8) zur magnetischen Be-
handlung, welches einen Abschnitt (21) zur magneti-
schen Behandlung aufweist, in welches das aufzube-
reitende Wasser eingeleitet wird und in dem eine vor-
bestimmte magnetische Kraft auf das Wasser einwirkt,
sowie einen Abschnitt zur Zugabe und Vermi-
schung (22), in das vom zweiten Ozongenerator (7) er-
zeugtes Ozon in das einer magnetischen Behandlung
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unterworfene Wasser eingeleitet und mit diesem ver-
mischt wird;
ein Reaktionsgefäß (9), in dem das aus dem zweiten
Reaktionsgefäß zur magnetischen Behandlung zuge-
führte Wasser einer Oxidations- und Abbaureaktion
durch eine katalytische Schicht von Aktivkohle unter-
zogen wird; und
ein zweites Filter (10), mit dem ausgefällte Substanzen
aus dem vom Reaktionsgefäß zugeleiteten Wasser
entfernt werden.
wobei der Abschnitt (22) zur Einleitung und Vermischung von
Ozon des Reaktionsgefäßes (5, 8) zur magnetischen Be-
handlung als Bestandteile umfaßt:
einen Mischzylinder (31);
ein Rohr (32) zur Einleitung von Ozon, das von der
stromaufwärts gelegenen Seite des Mischzylinders her
eingeführt ist;
eine innerhalb des Mischzylinders benachbart zum
Einleitungsrohr für Ozon vorgesehene Ablenkvorrich-
tung (33), um das Wasser in Bewegung zu versetzen
und zu mischen; und eine Anzahl von innerhalb des
Mischzylinders auf der stromabwärtigen Seite der Ab-
lenkvorrichtung vorgesehenen Vorsprüngen;
wobei die Ablenkvorrichtung (33) ein Paar halbkreisförmiger
Leitschaufeln (41A, 41B) aufweist, die unter einem bestimm-
ten Winkel in bezug auf die Strömungsrichtung des Wassers
geneigt sind und gegeneinander verdreht angeordnet sind,
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wobei der Abschnitt (22) zur Einleitung und Vermischung von
Ozon weiterhin eine Scheidewand (42) umfaßt, welche den
stromaufwärts des Kreuzungspunktes der beiden Leitschau-
feln gelegenen Raum in zwei Längsabschnitte teilt, und
wobei eine Anzahl von Vorsprüngen (34) versetzt zueinander
(zick-zack-artig) auf der Innenseite des Mischzylinders vorge-
sehen sind, die jeweils einen zylinderförmigen Abschnitt (51)
aufweisen, der mit einer Seite auf der Innenwand des Misch-
zylinders (31) befestigt ist, und auf dessen anderer Seite ein
pilzförmiger Abschnitt (52) angeformt ist.
Die Anmelderin macht geltend, aus dem Stand der Technik und insbesondere aus
der Entgegenhaltung (2) sei ein zweistufiges Verfahren und eine entsprechende
Vorrichtung zur Aufbereitung von Wasser weder vorbekannt noch nahegelegt.
Wesentliche Merkmale des Vorrichtungsanspruchs gemäß Hilfsantrag seien auf
die vorteilhafte Ausgestaltung des Mischabschnitts gerichtet; diese Merkmale
seien als erfindungswesentlich offenbart.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluß der Prüfungsstelle aufzuheben und das Patent
gemäß Hauptantrag mit den dem Beschluß zugrundeliegenden
Patentansprüchen, hilfsweise mit dem einzigen am
6.Dezember 1999 eingegangenen Vorrichtungsanspruch und
den angepaßten Unterlagen zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
Die Beschwerde ist zulässig (PatG § 73); sie konnte jedoch nur zu dem im Tenor
angegebenen Ergebnis führen, weil das Verfahren gemäß Anspruch 1 des
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Hauptantrags nach Auffassung des Senats nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit
beruht.
Zum Hauptantrag
Der Senat kann nicht erkennen, daß der angefochtene Beschluß fehlerhaft wäre;
er macht sich die zutreffende Begründung dieses Beschlusses hinsichtlich der
Patentwürdigkeit des Patentanspruchs 1 - vgl S 6 le Abs bis S 7 Abs 3 - zu eigen.
Der Senat geht wie die Prüfungsstelle davon aus, daß bei der Beurteilung erfinde-
rischer Tätigkeit allgemeines Fachwissen zu berücksichtigen ist und verweist
hierzu auf die in der Zwischenverfügung vom 25.November 1999 genannte (9)
Handbuch der Lebensmittelchemie, Band VIII/Teil 1 "Wasser und Luft", Springer
Verlag 1969, S 367 bis 369, insbes S 369, wo unter Abs b) auch die Oxidation mit
Ozon und eine anschließende Filtration über gekörnte Kohle angesprochen ist. Da
über einen Antrag nicht teilweise entschieden werden kann, müssen die An-
sprüche 2 bis 7 des Hauptantrags das Schicksal des nicht gewährbaren An-
spruchs 1 teilen.
Zum Hilfsantrag
Zu formalen Bedenken besteht kein Anlaß. Der einzige Anspruch ist aus den ur-
sprünglichen Ansprüchen 6, 7 und 10 herleitbar.
Die beanspruchte Vorrichtung ist schon deswegen neu, weil bei keiner der aus (2)
bis (9) bekannten Anlagen ein Mischzylinder umfaßt wird, der die Merkmale des
geltenden Anspruchs aufweist.
Die Vorrichtung gemäß dem einzigen Anspruch beruht auch auf erfinderischer
Tätigkeit, denn der nächstliegende, durch die Druckschriften (2) und (3) vermittelte
Stand der Technik legt die beanspruchte Lösung hinsichtlich des Mischzylinders
nicht nahe.
Das der Erfindung zugrundeliegende Problem ist darin zu sehen, eine Vorrichtung
zur Wasseraufbereitung zur Verfügung zu stellen, bei der dem aufzubereitenden
Wasser kein Fällungsmittel zugegeben werden muß, und die einen erhöhten Wir-
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kungsgrad bei der Nutzung des eingesetzten Ozons aufweist - vgl geltende Be-
schreibung S 3 Abs 2.
Wie die Anmelderin durch Ergebnisse eines Vergleichstests glaubhaft macht, kann
mit der erfindungsgemäßen Mischvorrichtung etwa eine doppelt so hohe Menge
an Sauerstoff in Wasser gelöst werden wie mit einer konventionellen
Mischvorrichtung - vgl geltende Beschreibung S 13 Z 30 bis S 15 Z 2.
Bei der in (2) beschriebenen Mischstrecke ist das Rohr zur Einleitung von Ozon
nicht wie anmeldungsgemäß von der stromaufwärts gelegenen Seite des Misch-
zylinders her in den Mischzylinder eingeführt sondern von der stromabwärts gele-
genen Seite und ist als erster Mischbereich 35 und als zweiter Mischbereich 14
ausgestaltet, in denen Ablenkstäbe 34 und 19 angebracht sind - vgl (2) Fig 5 bis 8
mit zugehöriger Beschreibung Sp 2 T 27 bis Sp 3 Z 20. Eine Anregung für die
Ausgestaltung der Mischstrecke in der in vorliegender Anmeldung beanspruchten
Ausführung kann weder aus (2) noch aus (3) erhalten werden. Für die statische
Mischung sind in (3) nämlich Elemente 2a, 2b vorgesehen, die im Urzeigersinn
bzw entgegen dem Urzeigersinn verdreht sind und im rechten Winkel zueinander
vielstufig in einem Rohr angeordnet werden, um welches ringförmige Permanent-
magnete angeordnet sind.
Da nicht ersichtlich ist, daß die weiteren dem Senat vorliegenden Druckschriften
hierüber hinausweisende Gesichtspunkte beinhalten, kann der beanspruchten
Vorrichtung die erforderliche erfinderische Tätigkeit nicht abgesprochen werden.
Der einzige Anspruch gemäß Hilfsantrag ist somit gewährbar.
Da der Senat dem Hilfsantrag stattgeben konnte, war im Einverständnis mit der
Anmelderin - vgl Schriftsatz vom 3.Dezember 1999 S 2 Abs 3 - eine mündliche
Verhandlung nicht erforderlich.
Dr. Moser
Dr. Rupprecht
Dr. Philipp
Harrer
Ju