Urteil des BPatG vom 24.07.2018

Urteil vom 24.07.2018

ECLI:DE:BPatG:2018:240718B10Wpat40.15.0
BUNDESPATENTGERICHT
10 W (pat) 40/15
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
24. Juli 2018
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2007 045 892
- 2 -
hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf-
grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2018 unter Mitwirkung des Rich-
ters Dipl.-Ing. Richter als Vorsitzender sowie der Richter Eisenrauch,
Dipl.-Ing. Küest und Dr.-Ing. Großmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I .
Gegen das Patent 10 2007 045 892, das am 25. September 2007 angemeldet und
dessen Erteilung am 4. April 2013 veröffentlicht worden war, ist Einspruch erho-
ben worden. Die Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat
auf Grund der Anhörung vom 13. Mai 2015 beschlossen, das Patent aufrechtzuer-
halten.
Im Einspruchsverfahren sind dabei von der Einsprechenden die Druckschriften
D1
JP 2005-16 632 A
D2
englischsprachige Maschinenübersetzung des Abstracts zur D1
D3
DE 44 08 405 B4
D4
EP 1 591 690 A1
D5
DE 10 2004 007 961 A1
herangezogen worden; zusätzlich zu den vorgenannten Druckschriften waren zum
Stand der Technik im Erteilungsverfahren noch folgende Druckschriften berück-
sichtigt worden:
- 3 -
D6
DE 10 2005 009 213 A1
D7
DE 10 2004 011 971 A1
D8
DE 100 21 762 A1
D9
JP 2001-193 782 A
D10
JP 2006-242 270 A.
Die Patentabteilung hat in ihrem Beschluss die Erfindung als ausreichend offen-
bart sowie den Gegenstand des Patents in der erteilten Fassung des Anspruchs 1
als patentfähig erachtet, da dieser gegenüber dem aufgezeigten Stand der Tech-
nik neu sei und auch nicht durch verschiedene Kombinationen der vorgenannten
Schriften D1 bis D5 nahegelegt werde.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 3. Juli 2015 eingegangene Be-
schwerde der Einsprechenden. Sie hat in ihrer Beschwerdebegründung vom
30. September 2015 zunächst ausgeführt, dass das Patent auf Grund wider-
sprüchlicher Dimensionierungsvorgaben für die Länge der Stützhülsen nicht aus-
führbar sei. Darüber hinaus sei der Patentgegenstand nicht neu gegenüber D3
bzw. gelange der Fachmann ausgehend von dieser zumindest in naheliegender
Weise zum Streitgegenstand, wozu sie jeweils in der Verhandlung vorgetragen
hat.
Die Patentinhaberin ist der Auffassung der Einsprechenden entgegengetreten. Sie
meint, dass der Gegenstand der D3 das Merkmal einer Abstützung über die ge-
samte Länge der auf Block gefahrenen Zuganschlagfeder nicht offenbare und der
Streitgegenstand damit neu sei. Darüber hinaus mangele es ausgehend von D3
an einer Veranlassung, die den Fachmann in naheliegender Weise zu einem Ge-
genstand mit der anspruchsgemäßen Ausführung der Stützhülse führen würde.
- 4 -
Die Beschwerdeführerin und Einsprechende hat den Antrag gestellt,
den Beschluss der Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 13. Mai 2015 aufzuheben und das Patent in
vollem Umfang zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin hat den Antrag gestellt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:
„Schwingungsdämpfer für die Radaufhängung eines Kraftfahrzeu-
ges, mit einem Dämpferrohr (1), einem den Innenraum des
Dämpferrohres (1) in zwei Arbeitsräume (2, 3) unterteilenden Ar-
beitskolben, der an einer Kolbenstange (5) befestigt ist, einem ein
offenes Ende des Dämpferrohres (1) verschließenden Ver-
schlusspaket (6), durch das die Kolbenstange
(5) hindurchgeführt ist, und mit einer zwischen zwei Federtellern
(7, 8) angeordneten, als Schraubenfeder ausgebildeten Zugan-
schlagfeder (9), wobei sich die Enden der Zuganschlagfeder (9)
auf Stützflächen (10) der Federteller (7, 8) abstützen, wobei die
Federteller (7, 8) sich in Längsrichtung des Schwingungsdämpfers
erstreckende Stützhülsen (11, 12) aufweisen, deren äußere Man-
telflächen (11a, 12a) die Zuganschlagfeder (9) von innen in radia-
ler Richtung abstützen, wenn die Zuganschlagfeder (9) auf Block
gefahren ist, und wobei die axialen Erstreckungen der Stützhülsen
(11, 12) so dimensioniert sind, dass dann, wenn die Zugan-
schlagfeder auf Block gefahren ist, eine Abstützung über die ge-
samte Länge der Zuganschlagfeder durch die Stützhülsen (11, 12)
gegeben ist und die Stützhülsen (11, 12) einander nicht berühren.“
- 5 -
Hieran schließt sich der Anspruch 2 gemäß Patentschrift an.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie führt jedoch
nicht zum Erfolg, da das Patent Bestand hat.
1.
Zum Patentgegenstand
Das Streitpatent betrifft einen Kraftfahrzeug-Stoßdämpfer mit einer Schraubenfe-
der als Zuganschlag.
In Absatz [0003] der Patentschrift wurde es im Stand der Technik als nachteilig
erachtet, dass, wenn eine als Schraubenfeder ausgebildete Zuganschlagfeder
aufgrund großer auf sie einwirkender Kräfte auf Block gefahren werde, es zu ei-
nem Ineinanderschieben der einzelnen Windungen komme, so dass die Feder-
windungen nach innen oder außen auswichen und dabei plastisch verformt wür-
den. Dadurch seien Funktion und Dauerfestigkeit der Zuganschlagfeder nicht
mehr gegeben.
Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen gattungsge-
mäßen Schwingungsdämpfer zur Verfügung zu stellen, bei dem eine plastische
Verformung der Zuganschlagfeder auch dann sicher vermieden werden kann,
wenn die Zuganschlagfeder in Folge sehr hoher auf sie einwirkender Kräfte auf
Block gefahren und im Blockzustand noch weiter belastet wird (vgl. Absatz [0007]
der Patentschrift).
- 6 -
Der Anspruch 1 umfasst in seiner erteilten Fassung gemäß der von der Einspre-
chenden mit ihrer Beschwerdebegründung vorgelegten Merkmalsgliederung fol-
gende Merkmale:
A)
Schwingungsdämpfer für die Radaufhängung eines Kraftfahrzeuges,
B)
mit einem Dämpferrohr (1), einem den Innenraum des Dämpferrohres
(1) in zwei Arbeitsräume (2, 3) unterteilenden Arbeitskolben, der an ei-
ner Kolbenstange (5) befestigt ist,
C)
einem ein offenes Ende des Dämpferrohres (1) verschließenden Ver-
schlusspaket (6), durch das die Kolbenstange (5) hindurchgeführt ist,
D)
und mit einer zwischen zwei Federtellern (7, 8) angeordneten, als
Schraubenfeder ausgebildeten Zuganschlagfeder (9),
E)
wobei sich die Enden der Zuganschlagfeder (9) auf Stützflächen (10)
der Federteller (7, 8) abstützen,
F)
wobei die Federteller (7, 8) sich in Längsrichtung des
Schwingungsdämpfers erstreckende Stützhülsen (11, 12) aufweisen,
deren äußere Mantelflächen (11a, 12a) die Zuganschlagfeder (9) von
innen in radialer Richtung abstützen, wenn die Zuganschlagfeder (9)
auf Block gefahren ist,
G)
und wobei die axialen Erstreckungen der Stützhülsen (11, 12) so
dimensioniert sind, dass dann, wenn die Zuganschlagfeder auf Block
gefahren ist, eine Abstützung über die gesamte Länge der Zugan-
schlagfeder durch die Stützhülsen (11, 12) gegeben ist
H)
und die Stützhülsen (11, 12) einander nicht berühren.
Der Fachmann, der im vorliegenden Fall als ein Fachhochschulingenieur der
Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und
Konstruktion von Stoßdämpfern angesehen wird, wird dabei erkennen, dass die
Dimensionierung der Stützhülsen gemäß den Merkmalen F bis H den wesentli-
- 7 -
chen Aspekt des Patents darstellt. Demnach sollen bei einer auf Block gefahrenen
Schraubenfeder, d. h. wenn deren Windungen aneinander liegen, die äußeren
Mantelflächen der Stützhülsen die Windungen über die gesamte Blocklänge von
innen in radialer Richtung abstützen, unter der zusätzlichen Maßgabe, dass sich
die beiden Stützhülsen nicht berühren dürfen. Hierbei wird in Merkmal H durch die
Wortwahl „nicht berühren“ zum Ausdruck gebracht, dass kein größerer Abstand
vorzusehen ist, sondern eben nur so viel, dass kein Kontakt bzw. keine Beauf-
schlagung von Anschlagkräften zwischen den Stützhülsen stattfindet und die
Kraftübertragung ausschließlich über die Feder erfolgt.
Diese Vorgabe ergibt sich aus der streitpatentgemäßen Aufgabenstellung, nach
der die Zuganschlagfeder im Blockzustand noch weiter belastet werden soll (siehe
Absatz [0007] der Streitpatentschrift). Dabei muss nach Merkmal G trotzdem noch
die Abstützung aller Federwindungen, d. h. über die gesamte Länge der auf Block
gefahrenen Feder, im Wesentlichen gewährleistet sein (siehe Absatz [0011],
1. Satz der Streitpatentschrift). Hierzu braucht allerdings nicht zwangsläufig die
gesamte Länge der auf Block gefahrenen Feder abgedeckt werden, sondern nur
so viel, dass eine radiale Verschiebung der Windungen nach innen verhindert
wird. Da, - wie der Figur 2 entnehmbar ist -, die Größenordnung der Abstützweite
zwischen den Windungen für den Fachmann ersichtlich größer ist als ein minima-
ler Abstand zwischen den Stützhülsen, der lediglich einen Kontakt der Stützhülsen
untereinander ausschließen soll, stellen diese Vorgaben für den Fachmann kein
unlösbares Problem dar, sondern lediglich eine Abstimmungsmaßnahme, die in
seinem handwerklichen Ermessen liegt.
Eine Beschränkung auf einen festen Wert, z. B. den im angefochtenen Beschluss
angeführten Spalt mit einer axialen Ausdehnung von weniger als der Steigung der
auf Block gefahrenen Feder, scheint allerdings nicht angezeigt und ist auch so im
Streitpatent nicht offenbart. Die Dimensionierung ergibt sich vielmehr aus den zu-
vor angeführten anspruchsgemäßen Vorgaben, dass im Blockzustand ein Abstüt-
- 8 -
zen der Federwindungen nach innen über die gesamte Federlänge gegeben ist
sowie ein gegenseitiges Berühren der Stützhülsen verhindert wird; hierbei kann
auch ein geringerer Abstand als der Windungsabstand, der bei einer auf Block
gefahrenen Feder dem Drahtdurchmesser entspricht, geboten bzw. erforderlich
sein.
2.
Das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein
Fachmann sie ausführen kann. Der Widerrufsgrund nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG
ist damit nicht gegeben.
Unter Zugrundelegung der Auslegung und Sichtweise gemäß II.1 ist die Ausführ-
barkeit gegeben. So kann der Fachmann trotz Vorsehen eines kleinen Spalts zwi-
schen den beiden Stützhülsen, der lediglich das gegenseitige Berühren der Stütz-
hülsen bei einer auf Block gefahrenen Feder verhindern soll, die Feder über die
gesamte Blocklänge in radialer Richtung abstützen. Hierzu muss die Feder näm-
lich nicht vollständig zwischen den Windungen abgestützt werden, sondern es
reicht eine Auflage am Innenrand der Feder aus; der Bereich zwischen zwei Win-
dungen, in dem die Windung nicht an der Mantelfläche anliegt, trägt nicht zum Ab-
stützen bei bzw. muss folglich nicht abgestützt werden. Somit kann der Fachmann
in diesem Bereich einen Spalt zwischen den Stützhülsen vorsehen, ohne die
Stützwirkung der Stützhülsen über die vollständige Blocklänge im Wesentlichen zu
beeinträchtigen.
3.
Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist patentfähig (§§ 1 bis 5
PatG).
3.1.
Die zweifellos gewerblich anwendbare Vorrichtung nach dem Patentan-
spruch 1 ist neu.
Die Neuheit gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik ist gegeben. So geht
aus keiner der Druckschriften ein Schwingungsdämpfer hervor, bei dem im Block-
- 9 -
zustand zum einen die Stützhülsen die Zugfeder über die gesamte Länge abstüt-
zen und zum anderen die Stützhülsen einander nicht berühren (Merkmale G und
H).
Dies gilt auch für den Stoßdämpfer der D3, der unbestritten die Merkmale A bis F
sowie in den Ausführungsbeispielen auch das Merkmal H aufweist. Der Figur 1
entnimmt der Fachmann zwei Federteller 23 mit Stützhülsen 27, die im zusam-
mengeschobenen Zustand der Feder 21 jeweils zwei Windungen radial innen
abstützen können; zumindest die zwei verbleibenden dargestellten Windungen, -
auf Grund der gebrochenen Darstellung des Ausführungsbeispiels dürften dies
jedoch noch einige Windungen mehr sein -, werden hierbei nicht mehr von den
Hülsen abgestützt, so dass das Merkmal G, das im Blockzustand eine Abstützung
über die gesamte Länge der Feder verlangt, nicht gegeben ist. Zwar gibt D3 in
Absatz [0023] den Hinweis, dass die Länge der Hülse „ein Mehrfaches einer Fe-
derwindung der Feder“ betragen kann, um eine Berührung der Feder mit der Kol-
benstange zu vermieden. Dies führt jedoch nicht unmittelbar und eindeutig zu ei-
ner Ausgestaltung, bei der die Länge der Stützhülsen so gewählt wird, dass im
Blockzustand der Feder über die gesamte Länge eine Abstützung erfolgt (Merkmal
G).
So mangelt es bereits daran, dass D3 den Belastungszustand einer auf Block ge-
fahrenen Feder nicht offenbart. Folglich kann aus D3 auch nicht hervorgehen, für
einen solchen Fall das Merkmal einer vollständigen Abstützung der auf Block ge-
fahrenen Feder vorzusehen. Vielmehr offenbart D3 im Hinblick auf die Anzahl der
Windungen, dass die Hülse nicht nur eine, sondern auch mehrere Windungen in
einer formschlüssigen Verbindung aufnehmen kann, um eine bessere Einspan-
nung der Federenden auszubilden, durch die ein Ausknicken der Feder und
dadurch der Kontakt der Feder mit der Kolbenstange vermieden werden können
(siehe Anspruch 1, insbesondere Kennzeichenteil, in Verbindung mit Ab-
satz [0008]). Eine Offenbarung, die eine (Einspann-)Länge der Stützhülsen so
vorsieht, dass eine seitliche Abstützung über die gesamte Länge der auf Block
- 10 -
gefahrenen Feder erfolgen soll, ergibt sich hieraus jedenfalls nicht und wird der
Fachmann auf Grund der nicht offenbarten Belastungssituation auch nicht in die
D3 „hineinlesen“. Darüber hinaus ergebe sich bei einer derartigen Ausgestaltung
zudem das Erfordernis, trotz der vollständigen Abstützung über die gesamte
Blocklänge zusätzlich einen Spalt gemäß Merkmal H vorzusehen, was sich in die-
sem Fall ebenfalls nicht zwangsläufig ergibt (siehe z. B. Figur 2 der D4, bei der die
Stützhülsen bewusst als Anschläge ausgebildet sind).
Somit kann der Argumentation der Einsprechenden nicht gefolgt werden, dass der
Fachmann das Merkmal G aus D3 entnehmen könne, da dieser ein Berühren der
Kolbenstange durch die Feder gerade für den Fall der maximalen Beanspruchung,
also im Blockzustand, vermeiden möchte und deshalb die Abstützung über die
gesamte Blocklänge der Feder vornehmen werde. Diese Problematik wird, wie im
vorhergehenden Absatz ausgeführt, in D3 überhaupt nicht angesprochen und
auch nicht implizit von deren Lehre umfasst.
Bei D1 bzw. D2 wird das streitpatentgemäße Problem von ineinandergeschobe-
nen Windungen (siehe hierzu Figuren 4 und 5) durch eine plane Ausgestaltung
der Kontaktflächen der Federwindungen (siehe Figuren 1 bis 3, Bez. 26) gelöst.
Eine radiale Abstützung durch die Stützhülsen 29 erfolgt gemäß Figur 1 über je-
weils zwei Windungen, so dass im Blockzustand die vier verbleibenden Windun-
gen nicht von den Stützhülsen abgestützt werden (fehlendes Merkmal G).
D4 zeigt in den Figuren 1 und 2 einen Schwingungsdämpfer, dessen Stützhülsen
32A bzw. 24b im ausgezogenen Zustand des Schwingungsdämpfers die Schrau-
benfeder 31 nach radial innen abstützen. Hierbei berühren sich die Stützhülsen
jedoch gezielt zur Kraftableitung, um eine Überlastung der Schraubenfeder über
die Elastizitätsgrenze hinaus zu vermeiden (siehe Absatz [0033]). Damit ist zu-
mindest das Merkmal H nicht gegeben.
- 11 -
Die weiteren Schriften D5 bis D10 offenbaren jeweils Stützhülsen, die maximal
zwei Windungen der Schraubenfeder aufzunehmen vermögen, so dass es auch
hier zumindest an dem Merkmal G mangelt.
3.2.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer
erfinderischen Tätigkeit.
Der Kerngedanke wird darin gesehen, bei einem Schwingungsdämpfer mit einer
Zuganschlagfeder die axiale Länge der Stützhülsen der Schraubenfeder so aus-
zuführen, dass im Blockzustand einerseits eine radiale Abstützung über die ge-
samte Länge der Zuganschlagfeder erfolgt, so dass auch bei einer großen Kraft-
beaufschlagung kein Ineinanderschieben von Windungen stattfindet, und ande-
rerseits keine gegenseitige Berührung der Stützhülsen stattfindet. Hierdurch er-
folgt die Kraftübertragung definiert über die auf Block gefahrene Feder und nicht
über die Stützhülsen.
Eine Anregung oder Hinweise in Richtung einer derartigen Kombination der
Merkmale G und H sind dem vorliegenden Stand der Technik nicht entnehmbar,
wozu auf die Ausführungen im Neuheitsvergleich verwiesen wird. Hier finden sich
nur die jeweilige Umsetzung der Merkmale G oder H, nicht aber die Kombination
dieser beiden Merkmale.
Und auch unter Berücksichtigung fachlicher Erwägungen gelangt der Fachmann
nicht in naheliegender Weise zu einem Gegenstand mit dieser Kombination.
So lehrt der nächstkommende Stand der Technik nach D3 in Absatz [0008], zum
Vermeiden eines Kontakts zwischen Kolbenstange und Feder bei relativ langen
und weichen Federn eine formschlüssige Verbindung an der Federeinspannung
vorzusehen; gemäß Absatz [0023] kann der Kontakt der Feder mit der Kolben-
stange insbesondere dadurch verhindert werden, dass die Länge der Stützhülsen
ein Mehrfaches einer Federwindung beträgt. Demgegenüber liegt dem Streitpatent
- 12 -
das Problem zugrunde, dass bei hohen Zuganschlagkräften, wie sie z. B. bei Off-
road-Fahrzeugen auftreten, die aufeinanderliegenden Windungen ineinander ver-
schoben und plastisch verformt werden können (siehe Absatz [0009] des Streit-
patents). Dieser Belastungsfall erfordert die seitliche Abstützung über die gesamte
Länge der zusammengeschobenen Feder, wohingegen D3 „nur“ eine Einspan-
nung über mehrere Windungen lehrt. Zwar könnte man im Zuge einer Steigerung
der Anzahl der von der Stützhülse aufzunehmenden Windungen theoretisch auch
zu einer Abstützung der gesamten Blocklänge kommen, was allerdings auf Grund
der unterschiedlichen Problemstellungen bzw. Lösungsgedanken aus dem Blick-
winkel des Fachmanns als auf einer ex-post Betrachtung beruhend anzusehen
wäre. So wird die Problematik einer auf Block gefahrenen und weiter belasteten
Feder in D3 nicht angesprochen, so dass sich für den Fachmann hieraus keine
Veranlassung ergibt, für diesen speziellen Belastungsfall eine vollständige seitli-
che Abstützung vorzusehen. Darüber hinaus müsste er außerdem noch das
Merkmal H vorsehen, um zum Streitgegenstand zu gelangen. Durch dieses
Merkmal wird nämlich sichergestellt, dass trotz der Abstützung über die volle
Blocklänge die Kraftübertragung nur über die Feder erfolgt bzw. die Stützhülsen
nicht belastet werden. Hierzu bringen bereits die Ausführungen zur Ausführbarkeit
unter II.1 zum Ausdruck, dass diese Kombination für den Fachmann nicht ohne
Weiteres auf der Hand liegt, und auch der vorliegende Stand der Technik führt
hiervon weg. So ist lediglich der D4 der Fall einer vollständigen Federabstützung
nach Merkmal G entnehmbar, wobei bei dieser die Lastaufnahme im Gegensatz
zum Streitpatent gezielt über die Stützhülsen erfolgt, um eine Überbelastung der
Feder zu verhindern (siehe diesbezügliche Ausführungen im Neuheitsvergleich).
Die Berücksichtigung des weiteren Standes der Technik führt ebenfalls nicht wei-
ter, da aus diesen ebenfalls nicht die Merkmalskombination G und H hervorgeht.
Die von den Beteiligten geführte Diskussion bezüglich der Ausführung der Stütz-
hülsen aus weniger belastbarem Kunststoff (siehe D3, Absatz [0009]) ist zwar (in
Kenntnis des Streitpatents) nachvollziehbar, jedoch mangelt es auch hier daran,
- 13 -
dass der Fachmann, selbst wenn er beim Gegenstand der D3 die Länge der
Stützhülsen über die gesamte Blocklänge der Feder vorsehen würde, keine Ver-
anlassung oder Anregung hätte, eine gezielte Lastaufnahme über die Feder ent-
sprechend dem Merkmal H vorzusehen.
Damit gelangt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zu einem Gegenstand
mit allen Merkmalen des Anspruchs 1, da dem gesamten vorliegenden Stand der
Technik weder ein entsprechendes Vorbild noch eine Anregung in Richtung der
streitpatentgemäßen Lehre entnehmbar ist.
Der beanspruchte Gegenstand ist somit patentfähig, der erteilte Anspruch 1 ist
daher bestandsfähig.
4.
Mit dem bestandsfähigen Patentanspruch 1 hat auch der hierauf rückbezo-
gene Unteranspruch 2 Bestand, da er eine nicht triviale Ausgestaltung des
Schwingungsdämpfers nach Anspruch 1 betrifft.
III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befan-
genheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
- 14 -
4 .
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zu-
gestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.
Richter
Küest
Eisenrauch
Dr. Großmann
prö