Urteil des BPatG vom 27.11.2007

BPatG (stand der technik, bundesrepublik deutschland, anlage, bremse, fachmann, technik, verwendung, stand, wirkung, last)

BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
4 Ni 62/06 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
27. November 2007
In der Patentnichtigkeitssache
BPatG 253
08.05
- 2 -
betreffend das europäische Patent EP 0 662 573
(DE 695 02 203)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 27. November 2007 durch die Vorsitzende Richterin Winkler
und die Richter Voit, Dipl.-Ing. Kuhn, Dipl.-Ing. Rippel und die Richterin
Dr.-Ing. Prasch
für Recht erkannt:
I.
Das europäische Patent EP 0 662 573 wird mit Wirkung für
das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig
erklärt.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 662 573
(Streitpatent), das am 10. Januar 1995 unter Inanspruchnahme der Priorität der
dänischen Patentanmeldung DK 4094 vom 10. Januar 1994 angemeldet worden
ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird
beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 695 02 203 geführt. Es be-
trifft einen linearen Antrieb und umfasst einen einzigen Anspruch, der ohne Be-
zugszeichen wie folgt lautet:
- 3 -
A linear actuator comprising an actuator housing and a non-self-
locking screw spindle rotatable in either direction, a driving nut
axially displaceable on the screw spindle and connected to a drive
rod, and a reversible electric motor driving the screw spindle via a
gear and respectively projecting or retracting the drive rod de-
pending on the direction of rotation of the spindle, characterised in
that the actuator further comprises a coil spring with one end fixed
in the actuator housing and with a number of windings arranged
around one end of the spindle or a cylindrical element of a power
transmission coupling associated therewith, and arranged such
that it allows free roatation of the spindle during the projection
movement but applies a braking force on the spindle in the re-
tracting movement, balanced such that the spindle appears self
locking.
In der deutschen Übersetzung lautet der um Schreibfehler berichtigte Anspruch
ohne Bezugszeichen wie folgt:
Ein Linearantrieb, umfassend ein Antriebsgehäuse und eine nicht
Schraubenspindel, die in Richtungen
drehbar ist, eine Antriebsmutter, die auf der Schraubenspindel
axial verlagerbar und mit einer Antriebswelle verbunden ist, und
einen reversierbaren Elektromotor, der die Schraubenspindel über
ein Getriebe antreibt und die Antriebswelle, abhängig von der
Drehrichtung der Spindel nach vorn schiebt bzw. zurückbewegt,
dadurch gekennzeichnet
Schraubenfeder umfasst, die mit einem Ende in dem Antriebsge-
häuse befestigt ist und bei der eine Anzahl um ein
Ende der Spindel oder ein zylindrisches Element einer diesem zu-
geordneten Kraftübertragungskupplung angeordnet sind, und die
so angeordnet ist, dass sie während der Vorwärts-
/Ausfahrbewegung freie Drehung der Spindel zulässt, aber bei der
- 4 -
Rückwärts-/Rückzugsbewegung eine Bremskraft auf die Spindel
ausübt, die so ausgewogen ist, dass die Spindel
zu sein scheint.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Streitpatentschrift EP 0 662 573 B1 Bezug
genommen.
Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch be-
ruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Begründung führt sie aus, im Stand
der Technik sei zum Prioritätszeitpunkt ein linearer Antrieb mit den Merkmalen des
Patentgegenstandes bereits bekannt gewesen. Sie bietet hierfür Zeugenbeweis an
und beruft sich im Übrigen auf folgende Unterlagen und Druckschriften:
K7
EP 0 577 541 A1
K8
J.
G.:
„Electromechanical linear actuators solve specific
application problems“, in: Actuator Systems, November 1979, S. 26-31 mit
K8b
K8a
Deutsche Übersetzung von US 4 899 492
K9
DE 38 09 555 A1
K10
93/94“ der
Fa. „Stanzwerk Wetter“ mit Anschreiben vom Mai 1993
K11
Kopie Titelblatt und S. 75 des Ausstellungskatalogs „interzum Köln“ vom
14. bis 18. Mai 1993
K12
NIKO Antriebstechnik
Nr. N 72.100 07 mit dem Datum 12. März 1991
K13
von
K12
K15
Konvolut von Fotos eines Linearantriebs Okimat 1-S/L, der dem von der
Klägerin auf der interzum 1993, Köln, gezeigten entsprechen soll
K18
DE 37 32 431 A1
- 5 -
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent EP 0 662 573 mit Wirkung für das Ho-
heitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklä-
ren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in vollem Umfang entgegen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet. Sie führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents
mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn der Ge-
genstand des einzigen Patentanspruchs in der erteilten Fassung ist nicht patent-
fähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 56 EPÜ).
Es kann dahinstehen, ob sein Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik neu
ist, denn jedenfalls beruht er gegenüber den Entgegenhaltungen K8 und K9 nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Davon ausgehend ist der Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung
davon überzeugt, dass der hier einschlägige Durchschnittsfachmann, ein Diplom-
Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau, der mit der Entwicklung von Line-
arantrieben betraut ist, zum Prioritätszeitpunkt aufgrund seines allgemeinen
Fachwissens und in Kenntnis der Entgegenhaltungen K8 und K9 der Lage war,
den Patentgegenstand in naheliegender Weise aufzufinden.
- 6 -
II.
1. Das Streitpatent betrifft einen Linearantrieb, also einen Antrieb, der zu einer
translatorischen Bewegung führt. Die Streitpatentschrift beschreibt eingangs im
Stand der Technik bekannte Ausführungen solcher Linearantriebe, etwa nach der
EP-A-0 577 541. Da für bestimmte Zwecke und Anordnungen bei der Verwendung
solcher Linearantriebe jedoch die Verwendung selbsthemmender Spindeln erfor-
derlich ist, wird eine beträchtlich höhere - nach Angaben der Streitpatentschrift
(S. 1 Z. 10-12 der DE 695 02 203) bis zu 50 % - Leistung benötigt und die selbst-
hemmenden Spindeln weisen eine sehr feine Ganghöhe auf.
2. Vor diesem Hintergrund will die Streitpatentschrift einen Linearantrieb unter
Verwendung einer nicht selbsthemmenden Spindel auch in den Situationen, in de-
nen nach dem Stand der Technik eine selbsthemmende Spindel zum Einsatz ge-
langen müsste, unter Verwendung einer Bremsfeder in Form einer flachen
Schraubenfeder bereitstellen (S. 1, Z. 13-16). Dabei soll die Bremsfeder so ange-
ordnet sein, dass sie unter Belastung - also normalerweise bei einer Vorwärtsbe-
wegung – eine freie Rotation der Spindel zulässt, wohingegen bei der Rückwärts-
bewegung eine so bemessene Bremskraft ausgeübt werden soll, dass bei einer
Rückwärtsbewegung ohne Antrieb die Spindel blockiert wird, andererseits der
motorische Antrieb diese Bremskraft aber ohne weiteres überwinden kann (S. 1,
Z. 18-23).
3. Dazu schlägt die Streitpatentschrift einen linearen Antrieb mit folgenden Merk-
malen vor:
Linearantrieb, umfassend
1.
ein
Antriebsgehäuse
und
2.
eine Schraubenspindel (6),
2.1
die nicht selbsthemmend ist und
2.2
in beiden Richtungen drehbar ist,
- 7 -
3.
eine
Antriebsmutter
(8),
3.1
die auf der Schraubenspindel axial verlagerbar ist und
3.2
mit einer Antriebswelle (10) verbunden ist,
4.
einen reversierbaren Elektromotor (2), der
4.1
die
Schraubenspindel
über ein Getriebe antreibt und
4.2
die
Antriebswelle,
abhängig
von der Drehrichtung der Spindel,
nach vorne schiebt bzw. zurückbewegt,
5.
eine Schraubenfeder (20),
5.1
die mit einem Ende an dem Antriebsgehäuse befestigt ist und
5.2
die eine Anzahl von Windungen aufweist, wobei
5.2.1 diese um ein Ende der Spindel oder
5.2.2 um ein zylindrisches Element einer diesem zugeordne-
ten Kraftübertragungskupplung angeordnet sind und
5.3
die Schraubenfeder ist so angeordnet ist, dass sie
5.3.1
während
der
Vorwärts-/Ausfahrbewegung eine freie
Drehung der Spindel zulässt, aber
5.3.2 bei der Rückwärts-/Rückzugsbewegung eine Brems-
kraft auf die Spindel ausübt, die so ausgewogen ist,
dass die Spindel selbsthemmend erscheint.
Mit den angegebenen Merkmalen sollen gemäß Streitpatentschrift Seite 3, letzter
Absatz, insbesondere durch die Verwendung einer nicht selbsthemmenden Spin-
del, eine wesentliche Energieeinsparung bei gleichzeitig kürzeren Verstellzeiten
erreicht werden, ohne auf die Vorteile einer selbsthemmenden Spindel verzichten
zu müssen.
Die Bedeutung der Merkmale 5 bis 5.3 ist in der Streitpatentschrift auf Seite 1,
Zeilen 18 bis 28 erläutert. Hierdurch erfährt der Fachmann, dass die Schraubenfe-
der in mehreren Windungen derart um einen zylindrischen Spindelabschnitt gewi-
ckelt ist, dass sie als Bremsfeder wirkt. Demnach muss die Schraubenfeder mit
einer gewissen Vorspannung um die Spindel gewickelt sein um diese Bremswir-
kung in Form von Reibkraft entfalten zu können.
- 8 -
Dabei ist die Schraubenfeder mit ihrer Gewinderichtung so angeordnet, dass sie
bei Drehung der Spindel in ihrer Vorwärtsbewegung durch die Reibkraft abgewi-
ckelt, also gelöst wird, wodurch sich die Reibungskraft zwischen Spindel und
Schraubenfeder verringert und daher in der Vorwärtsbewegung eine nahezu freie
Rotation der Spindel ermöglicht wird. Bei einer Rückwärtsbewegung der Spindel
wird durch diese zwischen Spindel und Schraubenfeder wirkende Reibungskraft,
die Wicklung der Schraubenfeder weiter zusammengezogen, so dass die Reibung
zwischen Spindel und Schraubenfeder weiter erhöht wird und so eine erhöhte
Bremskraft entsteht, wodurch die Spindel selbsthemmend erscheint.
Die ergänzenden Hinweise in der Streitpatentschrift, wonach die Bremskraft ein
Kompromiss derart ist, dass die Spindel gegen Drehung blockiert wird, wenn der
Motor nicht in Betrieb ist, sie aber ausreichend klein ist, dass sie vom Motor über-
wunden werden kann, ist nach fachgerechter Würdigung nur so zu verstehen,
dass bei Stillstand des Motors zunächst die Reibungskraft zwischen Spindel und
Schraubenfeder ausreichend ist, um eine Rückwärtsbewegung der Spindel durch
das Eigengewicht oder auch durch eine Last zu verhindern. Ist diese Last jedoch
größer, so dass es zu einer gewissen Rückwärtsbewegung kommt, die gemäß
Merkmal 5.3.2 ausdrücklich erwähnt ist, wird die Bremskraft durch das Zusam-
menziehen der Schraubenfederwicklung weiter erhöht, so dass sie insgesamt die
Trägheit der Anordnung abfangen kann (Seite 1, Zeile 27). In jedem Fall muss
diese maximale Bremskraft jedoch so ausgelegt und somit begrenzt sein, dass sie
immer vom Motor bei der Rückwärtsbewegung überwunden werden kann.
4. Der aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare
Linearantrieb nach dem einzigen Patentanspruch beruht gegenüber dem entge-
gengehaltenen Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
In dem als Anlage K8 ins Verfahren eingeführten Aufsatz "Electromechanical li-
near actuators solve specific application problems" der Zeitschrift „Actuator Sys-
tems“ von 1979 ist der Aufbau typischer Linearantriebe ausführlich beschrieben.
Gemäß Seite 1 mittlere Spalte, Absatz 2 in Verbindung mit der Figur 3 gemäß
- 9 -
Anlage K8 weisen derartige Linearantriebe (linear actuators) in einer Ausfüh-
rungsvariante jeweils eine in einem Gehäuse (Figur 3) angeordnete Verstell-
schraubenspindel (lead screw assembly) auf, die in beide Richtungen drehbar ist.
Eine Antriebsmutter (nut) ist in beiden Richtungen axial verlagerbar an der Spindel
angeordnet und ist mit einer Antriebswelle (extension tube) verbunden. Die Ver-
stellschraubenspindel ist über ein Getriebe (gear reduction assembly) mit einem
reversierbaren, in beide Richtungen betreibbaren Elektromotor (drive unit or mo-
tor) verbunden, welcher die Antriebswelle (extension tube) abhängig von der Dreh-
richtung der Verstellschraubenspindel (lead screw assembly) entweder nach vorne
schiebt oder zurückbewegt.
An mehreren Stellen, beispielsweise auf Seite 26, Spalte 2 vorletzter Absatz oder
Seite 28, 3. Spalte 5. Absatz der Anlage K8 ist beschrieben, dass derartige Line-
arantriebe üblicherweise mit einer Last haltenden, mechanischen Bremse vom
Reibungstyp ausgestattet sind, um unter Last ein unerwünschtes Zurückfahren
bzw. Drehen der Spindel zu vermeiden. Dadurch erhält der Fachmann den Hin-
weis, dass der bekannte Linearantrieb eine Schraubenspindel aufweisen muss,
die nicht selbsthemmend ist, da es sonst einer Last haltenden Bremse nicht be-
darf.
Somit sind die Merkmale 1 bis 4.2 entsprechend der Merkmalsgliederung des
Streitpatents vollständig aus der K8 bekannt.
Darüber hinaus ist in Figur 3 der Anlage K8 auch ein geeigneter Ort für die Anord-
nung der Bremse mit dem Hinweis „Simple brake holds actuator in position when
power is removed“ gezeigt. Demnach befindet sich die Bremse gleich im An-
schluss an einer Überlastkupplung (overload clutch), welche am Anfang der Spin-
del angeordnet ist.
Weitere Angaben über die bauliche Ausgestaltung dieser „einfachen Bremse“ vom
„Reibungstyp“ sind diesem Aufsatz nicht zu entnehmen.
Der Fachmann, der mit der Konstruktion eines Linearantriebes befasst ist, wird
daher nach all diesen Hinweisen, die er aus dem Stand der Technik nach diesem
- 10 -
Fachartikel (Anlage K8) erhält, lediglich eine geeignete einfache Reibbremsein-
richtung suchen, welche gemäß den Anregungen der K8 am Anfang der drehen-
den Antriebsspindel oder aber im Bereich der Überlastkupplung einsetzbar ist.
Hierbei wird er auch die DE 38 09 555 A1 (Anlage K9) in Betracht ziehen, weil sie
bereits durch ihre Bezeichnung „Mechanische Rücklauffederbremse“ ihre Rele-
vanz dokumentiert und zudem im selben Fachgebiet, nämlich bei Antriebseinhei-
ten oder Bewegungskonstruktionen Anwendung findet. Diese Druckschrift zeigt
mechanische Rücklauffederbremsen für langsam drehende Getriebe, Antriebsein-
heiten, Motoren sowie mechanische Bewegungskonstruktionen in verschiedenen
Ausführungsvarianten. In dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 ist eine Rück-
lauffederbremse bezüglich einer rotierenden Achse (2) durch eine Schlingfeder (1)
gebildet, die unter Vorspannung um die Achse (2) gewickelt ist. Das eine Ende der
Feder ist an einem Fixierpunkt (3) befestigt, während das andere Ende entweder
gemäß dem in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel einfach absteht oder gemäß
dem Ausführungsbeispiel in Figur 2 gegen einen Anschlag (4) anschlägt. Gemäß
Spalte 2, Zeilen 10 bis 16 wird somit erreicht, dass die Windungen der Feder beim
Drehen der Achse in die eine Richtung gelöst, also abgewickelt werden, während
sie beim Drehen der Achse in die andere Richtung zusammengezogen werden,
wodurch sich die Reibkraft auf die Achse erhöht und diese dadurch zunehmend
blockierend wirkt. Gemäß Spalte 1, Zeile 40 bis 43 der DE 38 09 555 A1 (An-
lage K9) kann diese vorgewählte Vorspannung der Feder je nach Anwendungs-
zweck beispielsweise bis zu einem erprobten oder errechneten Drehmoment aus-
legt werden. Somit entspricht diese Funktionsweise der bekannten mechanischen
Rücklaufbremse genau der Wirkungsweise des Streitpatentgegenstands, wie sie
entsprechend den Ausführungen auf Seite 1, Zeilen 18 bis 28 der Streitpatent-
schrift beschrieben ist.
Der einschlägige Fachmann wird daher ohne weiteres den aus dem Fachartikel
der K8 bekannten Linearantrieb mit der aus der DE 38 09 555 A1 (Anlage K9) be-
kannten mechanischen Rücklauffederbremse ausstatten, wozu er einfach nur die
aus der DE 38 09 555 A1 (Anlage K9) bekannte Schlingfeder um das Ende der
Spindel bzw. um ein zylindrisches Teil der Überlastkupplung anordnen muss, wo-
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bei der Fixierpunkt durch das ohnehin vorhandene Gehäuse gegeben ist. Hierbei
ergibt sich von selbst, dass die Bremskraft entsprechend dem Hinweis in Spalte 1,
Zeile 40 bis 43 der DE 38 09 555 A1 (Anlage K9) nur bis zu einem bestimmten
Drehmoment ausgelegt wird, wodurch die Spindel selbsthemmend erscheint, weil
der bekannte Linearantrieb nach der K8 in beide Richtungen verfahrbar sein
muss.
Den Anlass, die K9 mit der K8 zu kombinieren, erhält der Fachmann zum einen
bereits durch die in Spalte 1, Zeilen 54 bis 59 der DE 38 09 555 A1 (Anlage K9)
aufgelisteten typischen Anwendungsbeispiele dieser bekannten mechanischen
Rücklauffederbremse, die stufenlose Verstelleinheiten bei Polstermöbeln, Stativen
sowie Lehnen, Sitz- und Fensterverstelleinrichtungen umfassen, welche bekann-
termaßen auch typische Anwendungsfälle für Linearantriebe darstellen. Zum an-
deren drängt sich die bekannte mechanische Rücklauffederbremse nach der
DE 38 09 555 A1 (Anlage K9) gerade durch ihre in Spalte 1, Zeilen 10 bis 15
bzw. 30 bis 31 angegebenen Vorteile (einfachste Konstruktion, verlässliche Wir-
kung in vielen Bereichen, sichere und wirtschaftliche Voraussetzung bei kleinstem
Raum) dem Fachmann bei der Suche nach einer einfachen Bremse vom Rei-
bungstyp geradezu auf und führt daher ohne weitere fachmännischen Überlegun-
gen zu einem Linearantrieb mit allen Merkmalen des einzigen Patentanspruchs
der erteilten Fassung.
Die Auffassung der Beklagten, dass die bekannte mechanische Rücklauffeder-
bremse nach der DE 38 09 555 A1 (Anlage K9) vom Fachmann nicht beachtet
worden wäre, weil sie gattungsfremd sei, da sie keinen Linearantrieb sondern nur
Bremseinrichtungen von reinen Drehbewegungen umfasse, ist nach Überzeugung
des Senats unzutreffend. Denn zum einen deuten die vorstehend beschriebenen
typischen Anwendungsfälle der bekannten mechanischen Rücklauffederbremse
zweifelsfrei auf die Verwendung in Linearantrieben hin. Zum anderen ist in der
Spalte 1, Zeile 8 der DE 38 09 55 A1 (Anlage K9) direkt beschrieben, dass die be-
kannte Bremse bei langsam drehenden Bewegungskonstruktionen Einsatz findet,
die nicht nur in Drehrichtung betätigt werden, sondern auch bei solchen, die in
- 12 -
eine Bewegungsrichtung und somit in eine „lineare Richtung“ betätigt werden, was
definitionsgemäß zu einem Linearantrieb führt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m.
§ 709 ZPO.
Winkler Voit Kuhn Rippel
Dr.
Prasch
Pr