Urteil des BPatG vom 07.10.2009

BPatG (marke, management, unterscheidungskraft, anmeldung, eintragung, beschreibende angabe, begriff, unternehmen, eugh, beschwerde)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 103/08
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 21 978.6
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 7. Oktober 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Für die Dienstleistungen
„Klasse 37:
Auslegung, Auswahl und Bereitstellung von Dienst-
leistungen und Produkten zur Verlängerung der
Lebensdauer von Industrieausrüstungen, in denen
Lager und Lagerzubehörteile eingesetzt werden,
wie beispielsweise Maschinen und Fahrzeuge,
sowie Schmiermittel, und Reparatur der vorgenann-
ten Lager und Lagerzubehörteile“
ist die Wortmarke 306 21 978.6
FRICTION MANAGEMENT SOLUTIONS
zur Eintragung angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren
ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)
zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke
werde von den Verkehrskreisen, für die die in der Anmeldung aufgeführten Dienst-
leistungen bestimmt seien, ohne weiteres in ihrer beschreibenden Bedeutung
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„Reibungs-Management-Lösungen“ verstanden. Insbesondere würden die fragli-
chen Verkehrskreise den englischsprachigen Begriff „friction“ in Zusammenhang
mit der in Lagern von Maschinen und Fahrzeugen auftretenden Reibung bringen,
deren Optimierung eine zentrale Rolle für die zu erwartende Lebensdauer von
Maschinen und Fahrzeugen spiele. Die von der Anmelderin demgegenüber ange-
führte Mehrdeutigkeit der einzelnen englischsprachigen Begriffe, aus denen die
angemeldete Gesamtmarke gebildet ist, sei zwar grundsätzlich gegeben. Die
Mehrdeutigkeit der einzelnen Markenbestandteile werde jedoch durch den konkre-
ten Produktbezug ausgeräumt. Auch das von der Anmelderin angeführte Argu-
ment, dass die angemeldete Marke für eine Vielzahl von Produkten und Dienst-
leistungen verwendet werden solle, für die die angemeldete Marke nicht beschrei-
bend sei, spiele bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit gemäß § 8 MarkenG keine
Rolle, da hierfür lediglich die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen
maßgeblich seien, für die die angemeldete Marke durchweg eine beschreibende
Bedeutung aufweise.
Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist weiterhin der
Ansicht, die Bezeichnung „FRICTION MANAGEMENT SOLUTIONS“ stelle weder
eine freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe dar noch fehle ihr die für eine
Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft. Es handele sich bei ihr nicht um
einen auf grammatikalisch korrekte Weise gebildeten Begriff der englischen Spra-
che, der als Beschreibung für die konkret beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen der Klasse 37 dienen könne, sondern um eine neue, mehrdeutige Wort-
schöpfung. Zwar könne der Begriff „FRICTION“ im Zusammenhang mit den bean-
spruchten Dienstleistungen möglicherweise auch beschreibend verstanden wer-
den: Jedoch ergebe sich durch die Kombination mit den weiteren Wörtern
„MANAGEMENT SOLUTIONS“ ein Gesamtbegriff, der für die angesprochenen
Verkehrskreise keine im Inland gebräuchliche Bezeichnung für die benannten
Waren und Dienstleistungen oder für deren Merkmale darstelle. Ein Sachzusam-
menhang ergebe sich erst durch Nachdenken und ein wenig Fantasie, wobei ins-
besondere die Wortfolge „MANAGEMENT SOLUTIONS“ auch anders als von der
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Markenstelle angenommen verstanden werden könne und in Kombination mit dem
Begriff „FRICTION“ von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht zwangsläufig
im Sinne von „Reibungs-Management-Lösungen“ verstanden werde. Ein Indiz für
die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke stelle auch deren Eintragung in
Frankreich, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada dar. Die Ein-
tragung in diesen Staaten spreche insbesondere gegen ein Freihaltungsbedürfnis
an der angemeldeten Bezeichnung.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom
27. Juni 2007 und vom 28. August 2008 aufzuheben.
II
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, aber unbegründet. Der angemelde-
ten Marke fehlt für die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen jegliche
Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die
einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für
die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stam-
mend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen
anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch dieses Eintragungshindernis ist im
Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin
besteht, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl.
EuGH GRUR 2002, 804, 809 - Philips; GRUR 2003, 604, 607 - Libertel). Für
kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet
sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und
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Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu
erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO).
Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten
Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Ver-
kehrskreise zu beurteilen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR Int.
2004, 631, 633 - Dreidimensionale Tablettenform I). Keine Unterscheidungskraft
weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise
für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund ste-
henden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152
- marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT).
Ausgehend von diesen rechtlichen Voraussetzungen fehlt der angemeldeten
Marke die Eignung, die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen ihrer
betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden. Die als Marke beanspruchte
Bezeichnung „FRICTION MANAGEMENT SOLUTIONS“ setzt sich, wie die Mar-
kenstelle in den angegriffenen Beschlüssen zutreffend festgestellt hat, aus den
drei englischsprachigen Begriffen „friction“, „management“ und „solutions“ zusam-
men, die von den tatsächlichen und potentiellen Abnehmern der in Anmeldung
aufgeführten Dienstleistungen bei einer Verwendung im Zusammenhang mit die-
sen Dienstleistungen ohne weiteres in der von der Markenstelle angenommenen
Bedeutung „Reibungs-Management-Lösungen“ verstanden werden. Die in der
Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen der Klasse 37 richten sich an Unterneh-
men und in diesen Unternehmen an Personen, die sich mit der Herstellung, der
Bereitstellung und dem Betrieb von Industrieanlagen und Fahrzeugen befassen, in
denen Lager und Lagerzubehörteile enthalten sind. In den Lagern von Maschinen
und Fahrzeugen treten bei deren Betrieb Reibungen und Reibungsverluste auf,
die es zu minimieren gilt, um z. B. die Lebensdauer zu verlängern und den Ener-
gieverbrauch zu senken. Bei diesen Fachleuten kann ohne weiteres davon ausge-
gangen werden, dass sie der englischen Sprache mächtig sind und die angemel-
dete Marke bei einer Verwendung im Zusammenhang mit den in der Anmeldung
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aufgeführten Dienstleistungen in dem von der Markenstelle angenommenen Sinne
verstehen. Diese Annahme ist insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil es sich
bei dem Begriff „FRICTION“ um einen Fachbegriff des Maschinen- und Fahrzeug-
bereichs handelt, den es auch in Form des Wortes „Friktion“ in der deutschen
Sprache mit der übereinstimmenden Bedeutung „Reibung“ gibt und den zweifels-
ohne auch der hier einschlägige Fachverkehr kennt (vgl. Duden, Die deutsche
Rechtschreibung, 21. Auflage, S. 293 linke Spalte).
Die weiteren Begriffe „MANAGEMENT“ und „SOLUTIONS“ sind entweder bereits
in den deutschen Sprachschatz übernommen worden oder zählen zum auch in der
inländischen Werbung verwendeten englischen Vokabular. Sie werden deshalb in
den von der Markenstelle angenommenen Bedeutungen „Management“ bzw. „Lö-
sungen“ ebenfalls ohne weiteres verstanden. Zwar können insbesondere den eng-
lischen Wörtern „friction“ und „solutions“ für sich allein betrachtet und ohne konkre-
ten Sachbezug theoretisch auch andere Bedeutungen zukommen. Dies ist jedoch
für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft nicht maßgeblich.
Vielmehr ist eine angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit und vor dem Hintergrund
der Waren und Dienstleistungen zu beurteilen, für die sie bestimmt ist. Bei dieser
erforderlichen markenrechtlichen Sichtweise kann sich der Kreis lexikalisch mögli-
cher Begriffsgehalte auf einen im Vordergrund stehenden Sinngehalt reduzieren
(vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2003,
882, 883 – Lichtenstein), was auch vorliegend der Fall ist, weil die weiteren von
der Anmelderin aufgezeigten theoretischen Bedeutungen der angemeldeten
Marke im Zusammenhang mit den in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistun-
gen deutlich ferner liegen als die von der Markenstelle der Zurückweisung
zugrunde gelegte Bedeutung der angemeldeten Marke. Im Übrigen ist es für die
Verneinung der Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bereits
ausreichend, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Marke von mehreren
in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreiben-
dem Charakter entnehmen können (BGH GRUR 2005, 257, 258 – Bürogebäude).
Dies ist bei der angemeldeten Marke in der von der Markenstelle zutreffend ermit-
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telten Bedeutung „Reibungs-Management-Lösungen“ zweifelsfrei der Fall, denn
sie enthält für die angesprochenen potentiellen Abnehmer der hier maßgeblichen
Dienstleistungen die beschreibende Sachaussage, dass die Anmelderin Lösungen
auf dem Gebiet des Reibungsmanagements offeriert.
Dass die angemeldete Marke nicht erkennen lässt, worin die von der Anmelderin
angebotenen Reibungs-Management-Lösungen bestehen, macht sie nicht derart
unbestimmt, dass dies ihre Unterscheidungskraft begründen könnte. Nicht jede
begriffliche Unbestimmtheit begründet die markenrechtliche Unterscheidungskraft.
Vielmehr sind auch relativ vage und allgemeine Angaben als verbraucherorien-
tierte Sachinformationen zu bewerten, insbesondere wenn sie sich auf umfängli-
che Sachverhalte beziehen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnun-
gen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den
gewünschten möglichst weiten Bereich waren- und dienstleistungsbeschreibender
Eigenschaften erfassen zu können (BGH a. a. O. - Bücher für eine bessere Welt;
GRUR 2003, 1050 – Cityservice). Insoweit ist auch die begriffliche Weite der
angemeldeten Marke offensichtlich durchaus gewollt, um auf verschiedene Lösun-
gen für das Reibungsmanagement hinzuweisen, was auch von einem angemes-
sen verständigen Durchschnittsabnehmer der in der Anmeldung benannten
Dienstleistungen so verstanden werden wird.
Angesichts des engen beschreibenden Bezugs der angemeldeten Marke zu den
beanspruchten Dienstleistungen ist auch die Tatsache, dass die angemeldete
Marke in Frankreich, in Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika einge-
tragen bzw. registriert worden ist, nicht geeignet, das Schutzhindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auszuräumen. Selbst die in einem anderen Mitgliedsstaat
der EU auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts getroffenen Entschei-
dungen über absolute Eintragungshindernisse sind für nachfolgende Verfahren in
anderen Mitgliedsstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428, 432, Nr. 63
- Henkel). Sie vermögen nicht einmal eine relevante Indizwirkung zu entfalten
(BGH GRUR 2005, 578, 580 – LOKMAUS; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 27
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- FUSSBALL WM 2006). Erst recht gilt dies für Eintragungen in Staaten außerhalb
des harmonisierten Markenrechts, die unter teilweise anderen rechtlichen Voraus-
setzungen erfolgt sind.
Soweit sich die Anmelderin darauf beruft, dass die angemeldete Marke grammati-
kalisch nicht korrekt gebildet sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen, da eine
grammatikalische Unkorrektheit nicht zu erkennen ist und auch die Anmelderin
nicht dargelegt hat, inwiefern die angemeldete Marke sprachlich unkorrekt sein
soll. Aber selbst wenn zu Gunsten der Anmelderin von einer sprachlich Unkorrekt-
heit der angemeldeten Marke ausgegangen wird, vermag dies deren Unterschei-
dungskraft im Inland nicht zu begründen. Maßgeblich für die Beurteilung der
Unterscheidungskraft ist nämlich die Auffassung der inländischen Durchschnitts-
verbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen. Insoweit kann im Einzel-
fall auch eine im muttersprachlichen Heimatland als phantasievoll verstandene
bzw. in der konkreten Form in der jeweiligen Fremdsprache nicht nachweisbare
Wortverbindung nach dem Sprachverständnis des deutschen Verkehrs als
beschreibende, nicht betriebskennzeichnende Aussage aufgefasst werden (vgl.
insoweit z. B. BGH GRUR 1999, 238, 240 – Tour de culture). So liegt der Fall - bei
unterstellter sprachlicher Unkorrektheit der angemeldeten Marke – auch hier, da
eine Unkorrektheit für den der englischen Sprache durchschnittlich mächtigen
deutschen Fachverkehr nicht erkennbar ist und er deshalb auch keinen Anlass
hat, in der angemeldeten Marke trotz ihres eindeutig beschreibenden Begriffsge-
halts einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen zu sehen.
Aus den zuvor dargelegten Gründen ist der angemeldeten Marke die Eintragung
für die beanspruchten Dienstleistungen zu Recht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
versagt worden. Die Beschwerde der Anmelderin konnte daher keinen Erfolg
haben.
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Auf die Frage, ob der Eintragung der angemeldeten Marke für die fraglichen
Dienstleistungen auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entge-
gensteht, kommt es nicht an, da einer angemeldeten Marke bereits dann die Ein-
tragung zu versagen ist, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen nur eines
Schutzhindernisses gegeben sind.
Dr. Fuchs-Wissemann
Lehner
Reker
Fa