Urteil des BPatG vom 21.06.2005

BPatG: maximum, unterscheidungskraft, eugh, unternehmen, international, rom, registrierung, erzeugnis, internet, musik

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 190/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
21. Juni 2005
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die IR-Marke 791 439
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Ströbele sowie des Richters Guth und der Richterin Kirschneck
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die für die Waren
„Cl 3: Cosmétiques, fards, produits cosmétiques pour les soins de la peau“
international registrierte Marke 791 439 (Wortmarke)
MAXIMUM PERFORMANCE
sucht um Schutz in Deutschland nach.
Mit Beschluß vom 9. Juni 2004 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes
besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts
(DPMA) der IR-Marke den Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft verwei-
gert (§§ 8 Abs 2 Nr 1, 37 I, 107, 113 MarkenG, Art 5 I Satz 2 MMA iVm Art 6
quinqies B Nr 2 PVÜ). Zur Begründung ist ausgeführt, daß sich die Schutz bean-
spruchende englische Wortfolge „MAXIMUM PERFORMANCE“ in ihrer Bedeutung
„Spitzenleistung“ für die in Rede stehenden Waren als werbemäßige Herausstel-
lung besonderer qualitätsmäßiger Eigenschaften eigne. Auch wenn eine vorrangig
werbende Funktion den Schutz als Marke nicht von vornherein ausschließe, errei-
che die IR-Marke jedoch keine individualisierende Kennzeichnungswirkung für ein
bestimmtes Unternehmen, sondern erschöpfe sich für die angesprochenen inlän-
dischen Verkehrskreise – schon wegen der Nähe zu den entsprechenden deut-
schen Begriffen – erkennbar in einer unmittelbaren Qualitätsaussage. Eine schutz-
begründende Mehrdeutigkeit könne nicht festgestellt werden, wobei eine gewisse
begriffliche Unbestimmtheit der Annahme fehlender Unterscheidungskraft nicht
entgegenstehe. Eine solche entspreche vielmehr der Natur einer allgemeinen Be-
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zeichnung mit hohem Abstraktionsgehalt wie der vorliegenden. Zudem liege es in
Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren fern, vorrangig an eine
„Vorführung“ bzw ein „Happening“ zu denken.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Nach ihrer Auffas-
sung fehlt der IR-Marke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft und es han-
delt sich bei ihr auch nicht um eine beschreibende freihaltebedürftige Angabe. Die
IR-Marke stelle keinen feststehenden Begriff in der von der Markenstelle ange-
nommenen Bedeutung „Spitzenleistung“ dar, die sich nur in einem Wörterbuch
finde. Vielmehr besitze die Wortkombination eine große Anzahl möglicher Bedeu-
tungen, wie zB „maximale Leistung, bestmögliche Vorstellung“ oder „höchste
Funktionsvielfalt“. Sie sei daher nicht unmittelbar verständlich, sondern in hohem
Maße interpretationsbedürftig. Im Sinn von „Spitzenleistung“ werde „MAXIMUM
PERFORMANCE“ nur als technischer Fachbegriff, zB in der Automobiltechnik zur
Beschreibung von Motordaten oder Fahrleistungen oder in der Computertechnik
zur Angabe von Rechenleistungen, verwendet. Für Kosmetika sei ein dahinge-
hender beschreibender Gebrauch jedoch nicht erkennbar. Die Annahme von
Schutzhindernissen stehe außerdem im Widerspruch zu maßgeblichen Entschei-
dungen des Bundespatentgerichts (BPatG), des Harmonisierungsamtes (HABM),
des Europäischen Gerichts 1. Instanz (EuG) sowie der Eintragungspraxis des
DPMA.
Im Beschwerdeverfahren hat die Markeninhaberin das Warenverzeichnis der IR-
Marke für den deutschen Länderanteil durch Aufnahme des Zusatzes „à
l’exception de laque“ (= ausgenommen Haarsprays) eingeschränkt.
Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die nach § 165 Abs 4 und 5 Nr 1 MarkenG statthafte und auch sonst zulässige
Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auf-
fassung des Senats steht dem Schutz der international registrierten Marke in
Deutschland jedenfalls das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungs-
kraft entgegen (§§ 8 Abs 2 Nr 1, 107, 113 Abs 1 Satz 1, 37 Abs 1 MarkenG, Art 5
Abs 1 MMA iVm Art 6 quinquies B Nr 2, 1. Alt PVÜ).
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmungen ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche
die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend
zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer
Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 -
„Philips“; MarkenR 2003, 187, 190 - Nr 40 - „Linde ua“; MarkenR 2004, 116, 120 -
Nr 48 - „Waschmittelflasche“; BGH GRUR MarkenR 2003, 148, 149 „Winnetou“;
GRUR 2005, 417, 418 „BerlinCard“). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im
Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im
Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßli-
che Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und ver-
ständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen
abzustellen ist (vgl ua EuGH MarkenR 2003, 187, 190 - Nr 41 - „Linde ua“; Mar-
kenR 2004, 116, 120 - Nr 50 - „Waschmittelflasche“). Außerdem ist zu berücksich-
tigen, daß der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen idR so aufnimmt, wie
es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu
unterziehen (vgl ua EuGH GRUR 2004, 428, 431 - Nr 53 - „Henkel“; BGH Mar-
kenR 2000, 420, 421 „RATIONAL SOFTWARE CORPORATION“; GRUR 2001,
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1151, 1152 „marktfrisch“). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Recht-
sprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise
für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund ste-
henden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl ua EuGH GRUR 2004, 674, 678 - -
Nr 86 - „Postkantoor“; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 „marktfrisch“; GRUR 2005,
417, 418 „BerlinCard“) oder auch eine bloße Werbeaussage oder Anpreisung
allgemeiner Art zuordnen (vgl ua BGH GRUR 2000, 323, 324 „Partner with the
Best“; GRUR 2001, 735, 736 „Test it.“; GRUR 2002, 1070, 1071 „Bar jeder
Vernunft“). Eine in bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 3 im
Vordergrund stehende, lediglich allgemein anpreisende Angabe stellt die
Bezeichnung „MAXIMUM PERFORMANCE“ dar.
Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, daß die englische Wortfolge
„MAXIMUM PERFORMANCE“ den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen
ohne weiteres in der Bedeutung „maximale Leistung“ bzw „Höchst-, Spitzen-
leistung“ verständlich ist. Sowohl das Wort „MAXIMUM“ (engl = Subst „Maximum,
Höchstgrenze, -maß, -wert“; Adj „höchst, größt, Höchst-, Maximal-, Spitzen-“, vgl
Langenscheidt Handwörterbuch, Engl-Dt, 2001, CD-ROM, zu „maximum“) als
auch das Wort „PERFORMANCE“ (engl = Subst ua „Leistung“, vgl Langenscheidt,
aaO, zu „performance“) sind in entsprechenden Bedeutungen („Maximum“ iSv
„größtes Maß, Höchstmaß, höchster Wert, etw Unüberbietbares“ und „Perfor-
mance“ iSv „Leistungsstärke, Leistungsniveau“, vgl Duden – Deutsches Univer-
salwörterbuch, 4. Aufl, CD-ROM, zu den betreffenden Stichworten) als Fremd-
wörter im deutschen Wortschatz enthalten. Zudem begegnet dem Publikum das
englische Wort „Performance“ häufig in der Produktwerbung als Hinweis auf die
Leistungsstärke bzw -fähigkeit von Waren oder Dienstleistungen (vgl hierzu auf
der der Markeninhaberin mit der Ladung übermittelten Internet-Seite
www.slogans.de ua die Slogans: „High Performance. Delivered”, „The power of
performance.“, „Maximizing your performance at sea.“).
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Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin wird das Wort „Performance“ in
dem genannten Sinn nicht ausschließlich im Zusammenhang mit technischen
Leistungsmerkmalen verwendet, sondern ebenso für Leistungen, Leistungskraft
oder -fähigkeit auf anderen Gebieten, wie sich etwa aus der Fundstelle in Krämer,
Modern Talking auf Deutsch, 2000, S 170 (der Markeninhaberin ebenfalls mit der
Ladung übersandt), ergibt. Dort heißt es: „e Wird heute jederzeit von
jedermann erwartet, vom Konzernchef bis zum Autoreifen ...“. Insofern stellt sich
den angesprochenen Verbrauchern der Ausdruck „PERFORMANCE“ bzw „MAXI-
MUM PERFORMANCE“ auch für die hier in Rede stehenden Waren „Kosmetika“,
die beispielsweise ein Höchstmaß an Leistung in punkto pflegender oder dekorati-
ver Wirkung bieten können, als eine naheliegende, deren besondere Leistungs-
merkmale hervorhebende, werbliche Bezeichnung dar. Abgesehen davon sind
Kosmetika meist das Ergebnis chemischer, mithin technischer Produktionspro-
zesse, so daß es sich auch in dieser Hinsicht anbietet, ein solches Erzeugnis als
eine „Spitzenleistung“ der kosmetischen Industrie anzupreisen.
Soweit sich die Markeninhaberin auf die Mehrdeutigkeit der Wortfolge beruft, ver-
mag ihr der Senat nicht zu folgen. Die dem Wort „Performance“ insbesondere auf
künstlerischen Gebieten (Musik, Theater) zukommenden weiteren Bedeutungen
„Aufführung, Vorstellung, Darstellung, happeningähnliche künstlerische Aktion“
(vgl Duden, aaO; Langenscheidt, aaO, jeweils zu „P(p)erformance“) sind in Zu-
sammenhang mit den hier betroffenen Waren „Kosmetika“ ersichtlich nicht ein-
schlägig und treten deshalb nicht in den Vordergrund. Im übrigen sind die von der
Markeninhaberin angeführten Bedeutungen der Wortfolge „MAXIMUM PERFOR-
MANCE“ zum Teil eher theoretischer lexikalischer Natur (zB „höchste Funktions-
vielfalt“) und werden sich dem inländischen Publikum, wenn überhaupt, ohne
weitere analytische Überlegungen kaum erschließen.
Aus den verschiedenen von der Markeninhaberin angeführten, die Eintragungsfä-
higkeit ihrer Meinung nach vergleichbarer Marken positiv beurteilenden Entschei-
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dungen des BPatG, des EuG und des HABM sowie aus den vom DPMA eingetra-
genen verschiedenen Marken mit dem Wort „Performance“ läßt sich die Schutzfä-
higkeit der IR-Marke nicht herleiten. Da es sich bei der Entscheidung über die
Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebun-
dene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prü-
fung unterliegt, ergibt sich aus der Registrierung ähnlicher oder selbst identischer
Marken durch das DPMA bzw aus Entscheidungen der Rechtsmittelgerichte, wel-
che die Schutzfähigkeit angemeldeter Marken bejahen, auch unter dem Gesichts-
punkt des Gleichbehandlungsgebots (Art 3 GG) kein Anspruch auf Schutzgewäh-
rung für spätere Markenanmeldungen bzw schutzbeanspruchende IR-Marken (vgl
BGH GRUR 1997, 527, 528 „Autofelge“; BlPMZ 1998, 248, 249 „Today“). Nach
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann es ferner keinen Einfluß
auf die Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke haben, daß in einem anderen
Mitgliedsland der Europäischen Union ähnliche Marken für ähnliche Waren regi-
striert worden sind (vgl EuGH GRUR 2004, 428, 432 – Nr 64 – „Henkel“). Nichts
anderes kann hinsichtlich der Registrierung ähnlicher Gemeinschaftsmarken für
ähnliche Waren durch das HABM mit Wirkung für die EU-Mitgliedsländer gelten.
Abgesehen davon läßt sich in bezug auf Marken mit dem Bestandteil „Perfor-
mance“ eine einheitliche Entscheidungspraxis weder des BPatG noch des HABM
feststellen (vgl zB BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 99/03 „PERFORMANCE“,
nicht eintragbar für Waren der Kl 7; HABM PAVIS PROMA R0034/98-3 „LASTING
PERFORMANCE“, nicht eintragbar für Parfümerieartikel, ätherische Öle, Mittel zur
Körper- und Schönheitspflege).
Dr. Ströbele
Guth
Kirschneck
Bb