Urteil des BPatG vom 22.06.2009

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, verkehr, mode, eugh, registrierung, wortmarke, begriff, künstler, fachsprache

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 126/08
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. Juni 2009
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 22 133.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung vom
22. Juni 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. van Raden sowie
die Richter Schwarz und Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I
Die Anmeldung der Wortmarke
ROCK COUTURE
hat die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts mit
Erstbeschluss vom 21. Dezember 2006 teilweise, nämlich für die Waren
„Aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit
plattierte Waren; kunstgewerbliche Gegenstände und Ziergegen-
stände, soweit sie in Klasse 14 enthalten sind; Juwelierwaren,
echte und unechte Schmuckwaren, Uhren und andere Zeitmessin-
strumente, Uhrarmbänder, Uhrketten, Teile der vorstehenden Wa-
ren, soweit sie in Klasse 14 enthalten sind; Waren aus Leder und
Lederersatzstoffen, soweit sie in Klasse 18 enthalten sind, insbe-
sondere Kleinlederwaren, Taschen und andere nicht an die aufzu-
nehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse, Geldbörsen,
Brieftaschen, Handtaschen, Reisetaschen, Reise- und Handkoffer,
Aktentaschen, Einkaufstaschen, Schlüsseltaschen, Rucksäcke,
Schulranzen, Reisenecessaires, Umhängeriemen; Bekleidungs-
stücke, insbesondere T-Shirts; Handschuhe; Gürtel; Kopfbe-
deckungen“,
wegen fehlender Unterscheidungskraft und einem Freihaltungsbedürfnis zurück-
gewiesen. Bei der angemeldeten Wortmarke handele es sich um einen eindeuti-
gen Sachbegriff im Sinne einer hohen Schneider- oder Handwerkskunst im Rock-
Style. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Rock-Style, der stark angelehnt sei
an das Outfit der Künstler aus der Rock-Szene, derzeit wieder boome, was insbe-
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sondere auch ein Blick in die Fachzeitschriften der Modebranche zeige. Es müsse
davon ausgegangen werden, dass solche aktuellen Trends nicht nur dem modein-
teressierten Publikum geläufig seien, sondern auch dem Anmelder als Fachanbie-
ter auf dem Modesektor. Dem Beschluss beigefügt sind Auszüge aus Modezeit-
schriften, bei denen das Wort „Rock“ im Zusammenhang mit Bekleidungsstücken
(meist im Sinne von Rock-Style) verwendet wird. Der Modefachbegriff „Couture“
bezeichne heutzutage nicht nur ausschließlich Produkte der hohen Schneider-
kunst, sondern auch die dazugehörigen Accessoires. So weise die neueste Aufla-
ge des Textil- und Modelexikons von Denninger/Giese unter dem Stichwort „Haute
Couture“ u. a. darauf hin, dass die Haute Couture als aufwendiges und kostspieli-
ges Experimentierfeld der Mode auch heute noch bei der Entwicklung neuer Stof-
fe, Schnitte und Accessoires nach wie vor eine bedeutende Rolle spiele. Insoweit
könnten von dem vorliegend angemeldeten Begriff „ROCK COUTURE“ auch
sämtliche versagten Waren, also auch alle weitestgehend als Schmuck-
accessoires, Gürtel oder Leder- bzw. Lederimitationsbehältnisse bezeichneten
Waren umfasst werden.
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle mit
Zweitbeschluss vom 9. Juni 2008 im Wesentlichen aus den Gründen des Erstbe-
schlusses zurückgewiesen. Die Erinnerungsprüferin hält die angemeldete Be-
zeichnung für freihaltungsbedürftig. Der Ausdruck „ROCK COUTURE“ sei im Hin-
blick auf die beanspruchten Waren eine die Art und Eignung sowie die Bestim-
mung glatt beschreibende Angabe. Die Marke beschreibe lediglich die versagten
Waren, die alle das Thema „Rock“ hätten und dem für diese Art des Tanzes als
derzeitige Mode in höchster Materialqualität und Verarbeitungsart, nämlich mit
dem längst in die deutsche Sprache, jedenfalls der Modebranche im weitesten
Sinne, eingegangenen sloganartigen und werbemäßigen Schlagwort „COUTURE“.
Es müsse den Mitbewerbern des Anmelders unbenommen bleiben, in solch
schlagwortartiger Weise auf ihre für die mit dem Tanz „Rock“ bestimmten und ge-
eigneten Waren hinzuweisen.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er
sinngemäß beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle in dem Umfang aufzuheben, in
dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde und die angemeldete
Marke in vollem Umfang einzutragen.
Der Anmelder hält die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit für schutzfähig. Für
die Waren der Klassen 14 und 18 hätte die Markenstelle keine Indizien für eine
beschreibende Bedeutung vorgebracht. Bezüglich der Waren in der Klasse 25
habe die Erstprüferin zu Unrecht den in der Textilbranche verwendeten Begriff
„Rock Style“ mit der Marke „ROCK COUTURE“ gleichgesetzt. Das Wort „Style“
habe eine andere Bedeutung wie der Markenbestandteil „COUTURE“.
An der auf den Hilfsantrag des Anmelders anberaumten mündlichen Verhandlung
hat der Anmelder, wie vorher angekündigt, nicht teilgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil
der als Marke angemeldeten Bezeichnung für die beschwerdegegenständlichen
Waren jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
(konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten
Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst
zu werden. Die Hauptfunktion einer Marke besteht nämlich darin, die Ursprungs-
identität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. z. B.
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EuGH GRUR Int. 2005, 1012 Rdn. 27 - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854
- FUSSBALL WM 2006). Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unter-
scheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Be-
schwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH
GRUR 2003, 604, Rdn. 50 - Libertel; GRUR 2004, 674, Rdn. 123 - Postkantoor).
Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der vom Verkehr,
d. h. von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständi-
gen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Rdn. 50 - Henkel)
ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erkannt wird, so ist ihr die Re-
gistrierung als Marke zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt
es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungs-
mittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; 2005, 417 - BerlinCard).
Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus gängigen Ausdrücken
einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fachsprache gebildet sind
(Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 110).
Nach diesen Grundsätzen weist das angemeldete Zeichen nicht die für eine Ein-
tragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf. Den Bedeutungsgehalt
der Wortfolge „ROCK COUTURE“ hat die Markenstelle auch in ihrer Gesamtbe-
deutung zutreffend dargelegt. In Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Wa-
ren wird der angesprochene inländische Verkehr der Marke lediglich einen sach-
bezogenen beschreibenden Hinweis auf deren Stilrichtung entnehmen. Er wird die
Wortfolge ohne Weiteres in dem Sinne verstehen, dass es sich bei den so ge-
kennzeichneten Waren um hochwertige Modewaren bzw. Modeaccessoires im
Rock-Stil handelt.
Durch die von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucke ist ausreichend be-
legt, dass es im Bereich der Mode bzw. der Modeaccessoires eine bestimmte Stil-
richtung gibt, die als rockig bzw. im Rockstil bezeichnet wird. Dass es eine ent-
sprechende Moderichtung gibt, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Insbeson-
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dere in der Rocker-Szene ist es seit Jahrzehnten üblich, dass die Mitglieder dieser
Szene spezielle Kleidung (meist aus Leder) und spezielle Schmuckwaren tragen.
Bei dem nachgestellten Wort „COUTURE“ handelt es sich um die Kurzform des
ursprünglich aus dem Französischen stammenden Begriffs „Haute Couture“, der
als sog. Lehnwort in die deutsche Sprache eingegangen ist (vgl. Duden Deutsches
Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006) und der im Modebereich als Hin-
weis auf eine Hochwertigkeit verstanden und vielfach verwendet wird. Der Verkehr
wird die Marke daher in ihrer Gesamtheit ohne weiteres als Hinweis auf eine hoch-
wertige Ware für die Rockszene verstehen.
Aus den dem Anmelder mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandten
Internetausdrucken ergibt sich, dass die Wortfolge „ROCK COUTURE“ im Bereich
der Bekleidungsstücke im aufgezeigten Sinn von Dritten bereits verwendet wird.
Dies gilt entgegen der Auffassung des Anmelders auch für Waren der Klassen 14
und 18, da etwa Schmuckwaren und Lederwaren in einem hochwertigen Rockstil
gestaltet sein können. Dafür spricht beispielsweise der dem Anmelder übermittelte
Internetausdruck -outlet-store.com/product, in dem von einem Frauen-
T-Shirt die Rede ist, das von eingefassten Steinen umrandet ist.
Ob einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der
Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht
entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Dr. van Raden
Schwarz
Kruppa
Ko