Urteil des BPatG vom 15.02.2007

BPatG (marke, unterscheidungskraft, parfüm, verkehr, klasse, beschwerde, bezeichnung, unternehmen, kosmetik, bildmarke)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 57/08
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. September 2009
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 65 387.3
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck
und Eisenrauch auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2009
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 2. November 2005 als Bildmarke angemeldete Darstellung
ist für Waren in den Klassen 3 und 25 sowie Dienstleistungen in Klasse 44 be-
stimmt.
Seitens der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts ist
die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gem. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und
2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 15. Februar 2007 teilweise, nämlich
für die Waren
„Zahnputzmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und
Schönheitspflege, insbesondere Abschminkmittel, Adstringenzien, Allaunsteine,
Ambra, Anti-Transpirantien, Augenbrauenkosmetika, Augenbrauenstifte, Avivage-
seifen, Badesalze, Bimsstein, Bleichcreme für die Haut, Bleichmittel, Deodorants,
desinfizierende Seifen, desodorisierende Seifen, Duftholz, Duftstoffe, Duftwasser,
Eau de Javel, Enthaarungsmittel, Enthaarungswachs, Farbstoffe für die Kosmetik,
Fette für kosmetische Zwecke, Geraniol, Grundstoffe für Blumenparfums, Haarfär-
bemittel, Haarwasser, Hautcreme, Hauptpflegemittel, Jasminöl, Klebstoffe für
kosmetische Zwecke, Klebstoffe für künstliche Wimpern, Kölnisch Wasser, Kos-
metika, Kosmetik-Necessaires, Kosmetikstifte, kosmetische Badezusätze, kosme-
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tische Schlankheitspräparate, künstliche Nägel, künstliche Wimpern, Lavendelöl,
Lavendelwasser, Lippenstifte, Lotionen für kosmetische Zwecke, Make-up, Man-
delmilch für kosmetische Zwecke, Madelöl, Mandelseife, Moschus, Mundpflege-
mittel (nicht für medizinische Zwecke), Nagellack, Nagelpflegemittel, Neutralisie-
rungsmittel für Dauerwellen, Öle für kosmetische Zwecke, Parfümerieöle, Par-
fums, Pfefferminz für Parfümeriewaren, Pfefferminzessenz, pflanzliche Aroma-
stoffe (ätherische Öle), Pomaden für kosmetische Zwecke, Potpourries, Präparate
für die Trockenreinigung, Rasiermittel, Rasierseife, Rasiersteine, Rasierwasser,
Räuchermittel, Reinigungsmilch, Rosenöl, Schminke, Schminkmittel, Schminkpu-
der, schweißhemmende Seifen, Seifen, Shampoos, Sonnenschutzmittel, Toilet-
tenmittel, Toilettenseifen, Toilettenwasser, Tücher (getränkt mit kosmetischen Lo-
tionen) Vaseline, Watte, Wattestäbchen, Wimpernkosmetika, Wimperntusche,
Haarwässer“
als nicht unterscheidungskräftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen wor-
den.
Die Einzelwörter "Parfüm" und "Outlet" (= Verkaufsstelle) seien Teil der deutschen
Umgangssprache. Sogenannte Outlets (meist als Factory Outlets bezeichnet)
gebe es in den verschiedensten Branchen (wie z. B. Mode, Schuhe, Schmuck,
Porzellan und Glas, Lebensmittel, Sport, Kosmetik und Parfüm; unter Hinweis auf
Internet-Seiten, 13 Bl.). In der Gesamtheit liegt daher die Bezeichnung einer Ver-
triebsstätte vor, wobei es nicht unüblich sei, dass in einem Verkaufsbereich neben
Parfüm auch weitere kosmetische Produkte angeboten würden. Die graphische
Ausgestaltung sei nicht geeignet, ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu
bewirken. Die kleinen schwarzen, zwischen den Einzelbuchstaben von „OUTLET“
stehenden Quadrate dienten nur zur Hervorhebung und stellten ein gebräuchli-
ches Mittel der Werbegraphik dar.
Die Erinnerung der Anmelderin ist durch Beschluss der Markenstelle vom
29. April 2008 zurückgewiesen worden. Die Erinnerungsprüferin - eine Beamtin
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des höheren Dienstes - vertieft die Argumentation des Erstbeschlusses. Die an-
gemeldete Wortkombination sei für inländische breite Verkehrskreise ohne weite-
res verständlich. Ihr werde der Sinngehalt entnommen, dass die in Frage stehen-
den Produkte in einem (meist finanziell günstigeren) Werksverkauf erworben wer-
den könnten. Sämtliche zurückgewiesenen Waren, auch soweit sie nicht unbe-
dingt Parfümstoffe enthielten, gehörten zum Parfümeriebedarf. Folglich vermittele
der Markenbegriff keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern be-
schreibe den Vertriebsort und die Art der Waren. Die graphische Gestaltung sei
nicht geeignet, der Marke eine besondere Eigenart zu verleihen (unter Hinweis auf
den Beschluss des BPatG vom 04.02.1998, 27 W (pat) 56/96 - K.U.L.T.,
GRUR 1998, 1023 = BPatGE 39, 256). Dem Erinnerungsbeschluss waren weitere
Intenet-Seiten (2 Bl.) beigefügt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie be-
antragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Pa-
tent- und
Markenamts
vom 15. Februar 2007
und
vom
29. April 2008 im Umfang der Versagung aufzuheben.
Zur Begründung bezieht sich die Anmelderin auf ihr Vorbringen im patentamtli-
chen Verfahren. Die "K.U.L.T."-Entscheidung des Bundespatentgerichts sei mit
dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Die nur im zweiten Wortbestandteil zwi-
schen den Einzelbuchstaben in mittlerer Höhe angebrachten Kästchen stellten ein
gestalterisches Element dar, welches mit den im Fußbereich von Buchstaben an-
gebrachten Abkürzungspunkten nicht vergleichbar sei. Zudem habe sie - die An-
melderin - einen besonderen Schrifttyp gewählt und ihr Zeichen als Wort-Bild-
Kombination angemeldet. Ergänzend wird auf die registrierte Wort-/Bildmarke
399 28 035 "OUTLET HOUSE" hingewiesen.
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Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der als Marke angemeldeten Darstellung fehlt hinsichtlich der beschwerdegegen-
ständlichen Waren in Klasse 3 jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen
innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel auf-
gefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren (oder Dienstleistungen) als
von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit
von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH
GRUR Int. 2005, 135,
Nr. 29
- Maglite;
BGH
GRUR 2009,
411,
Nr. 8
- STREETBALL; GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard). Denn die Haupt-
funktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten
Waren (oder Dienstleistungen) zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer
Marke ist im Hinblick auf jede der beanspruchten Waren zu beurteilen, wobei es
auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die
mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksa-
men und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustel-
len (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 53, 81, 83
m. w. Nachw.).
Die angemeldete Marke setzt sich aus den beiden Wortbestandteilen "PARFÜM"
und "OUTLET" zusammen - wobei die Lesbarkeit des zweiten Wortes durch die
Untergliederung, d. h. die Kästchen zwischen den Einzelbuchstaben, nicht er-
schwert ist -, deren Bedeutungsgehalt die Markenstelle zutreffend aufgezeigt hat.
Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die Mar-
kenstelle hat weiterhin anhand von Internet-Seiten belegt, dass sogenannte Out-
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lets (Vertriebsstätten für Werksverkäufe, Fabrikverkäufe) auf zahlreichen Waren-
gebieten verbreitet sind, u. a. für Parfüm und sonstige Kosmetikartikel, und auch
die Bezeichnung "Parfüm Outlet" bereits tatsächlich in Gebrauch ist. Auf die
Frage, ob diese Wortzusammenstellung unmittelbar warenbeschreibend (i. S. v.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) ist, kommt es bei der Beurteilung der Unterscheidungs-
kraft letztlich nicht an. Jedenfalls ist die Schlussfolgerung der Markenstelle nicht
zu beanstanden, der angemeldeten Bezeichnung werde für Waren auf dem Kör-
perpflege- und Kosmetiksektor, selbst soweit diese im Einzelfall keine Parfüm-
stoffe enthielten, kein Hinweis auf eine individuelle betriebliche Herkunft entnom-
men.
Die typographische und bildliche Ausgestaltung der angemeldeten Marke vermag
das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft ebenfalls nicht zu bewirken. Zwar
kann eine Wort-/Bildmarke, deren Wortbestandteile nicht unterscheidungskräftig
sind, aufgrund der Gesamtgestaltung über Unterscheidungskraft verfügen, wenn
die graphischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in de-
nen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache graphische Gestaltungs-
elemente oder Verzierungen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr durch häu-
fige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, reichen jedoch nicht aus, um in
Kombination mit nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteilen dem Gesamt-
zeichen Unterscheidungskraft zu verschaffen (st. Rspr. des BGH; z. B.
GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2008, 710, Nr. 20 - VISAGE; GRUR 2009,
954, Nr. 16 - Kinder III).
Vorliegend sind die Gestaltungselemente - wie die Markenstelle zutreffend erkannt
hat - einfach und unauffällig. Dies betrifft zunächst die gewählte Schrifttype, die
sich von einer der üblichen Schriftarten in Versalien (z. B. Grotesk) nicht erkenn-
bar abhebt. Auch die Untergliederung des zweiten Wortbestandteils durch mittig
angeordnete kleine Kästchen stellt kein hinreichend ungewöhnliches Gestaltungs-
element dar, welches dem Verkehr Anlass geben könnte, zu einem markenmäßi-
gen Verständnis des Gesamtzeichens zu gelangen. Angesichts des engen waren-
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beschreibenden Bezugs der Wortbestandteile der angemeldeten Marke bedurfte
es erheblicher gestalterischer Elemente, damit der Verkehr im angemeldeten Ge-
samtzeichen von Haus aus (d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung) einen
Herkunftshinweis sehen könnte (vgl. BGH GRUR 2009, 954, Nr. 17 - Kinder III).
Denn je verbreiteter und allgemein geläufiger unmittelbar warenbezogen verwen-
dete Begriffe sind, um so höhere Anforderungen sind an die bildli-
che/typographische Gestaltung einer solche enthaltende Kombinationsmarke zu
stellen (vgl. BPatGE 36, 29 - Color COLLECTION; BPatG GRUR 1998, 401
- Jean's etc.). Dass die Untergliederung von Wörtern - nach Einzelbuchstaben
ebenso wie nach Silben - nicht nur durch Punkte, sondern auch durch andere
Schriftzeichen (Quer- und Bindestriche sowie sonstige Symbole) - mithin auch, wie
hier, durch kleine Kästchen - völlig werbeüblich ist, wurde bereits in der von der
Markenstelle genannten "K.U.L.T."-Entscheidung des Bundespatentgerichts
(GRUR 1998, 1023) festgestellt; diese Gepflogenheit besteht heute in gleicher
Weise.
Die Anmelderin vermag aus der Eintragung einer anderen - ihrer Ansicht nach
ähnlichen - Marke keinen Anspruch auf Registrierung im vorliegenden Fall herzu-
leiten. Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich, noch in
Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung
derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Ent-
scheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern
eine Rechtsfrage dar (vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel;
GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2009, 667, Nr. 19
- SCHWABENPOST u. a.; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; WRP 2008, 1428,
Nr. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya).
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Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Prof. Dr. Hacker
Eisenrauch
Viereck
br/Bb