Urteil des BPatG vom 16.03.2010

BPatG: verwechslungsgefahr, verkehr, eugh, aufmerksamkeit, kennzeichnungskraft, patent, begriff, haus, gesamteindruck, aufspaltung

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 19/09
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
16. März 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 307 22 310
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hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 16. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 3. April 2007 angemeldete Wortmarke
magic light
ist am 23. Oktober 2007 für folgende Waren in Klasse 10
„Ultraviolettfilter für medizinische Zwecke, Ultraviolettlampen für
medizinische Zwecke, insbesondere für die Aushärtung von
Kunststoffen in der Zahnmedizin und -technik, Aerosolzerstäuber
für medizinische Zwecke, Ärztekoffer (gefüllt), Akupunkturnadeln,
Analysegeräte für medizinische Zwecke, chirurgische, ärztliche,
zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, zahnmedizini-
sche Messgeräte, zahnärztliches und zahntechnisches Instru-
mentarium, zahnärztliche und zahntechnische Waren, nämlich chi-
rurgische, ärztliche und zahnärztliche Instrumente zur Extraktion,
Wundnadeln, PA-Instrumente, Kronenabnehmer, chirurgisches
Nahtmaterial, rotierendes Instrumentarium, insbesondere Instru-
mente für Hand- und Winkelstücke, Instrumente für Endodontie,
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zahntechnische Instrumente, insbesondere Mischspatel, Auf-
wachsinstrument, Teleskopkronenzangen, Draht- und Klammer-
biegezangen, Seitenschneider, Tasterzirkel, Artikulatoren, Ein-
wegartikel für zahnärztliche Zwecke, insbesondere Einmalhand-
schuhe, Einweg-Kanülen, Einmal-Mundschutz, künstliche Glied-
maßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches
Nahtmaterial; Röntgenfilmbetrachtungsgeräte, Röntgenanlagen,
-apparate, -bilder, -röhren, -schirme für medizinische Zwecke, so-
weit in Klasse 10 enthalten“
sowie weitere Waren in den Klassen 11 und 21 unter der Nr. 307 22 310 in das
Markenregister
eingetragen
worden.
Die
Veröffentlichung
erfolgte
am
23. November 2007.
Widerspruch erhoben, beschränkt auf die vorgenannten Waren in Klasse 10, ist
aus der am 31. März 2004 angemeldeten und am 23. August 2005 eingetragenen
Gemeinschaftsmarke 3 741 791
MAGIC
die für
"10: zahnärztliche und kieferorthopädische Geräte zur Korrektur
der Zahnstellung, insbesondere Brackets und Bukkalröhrchen"
Schutz genießt.
Durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 25. November 2008 ist der Widerspruch zurückgewiesen worden.
Nach Ansicht des Prüfers - eines Beamten des höheren Dienstes - besteht keine
Verwechslungsgefahr. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei ge-
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ring. Das sich zur werbemäßigen Anpreisung, nicht aber ohne weiteres zur Wa-
renkennzeichnung eignende Wort "MAGIC" (= Zauberei, Zauber, zauberhaft)
weise allenfalls eine ganz geringe Unterscheidungskraft auf. Es solle eine techni-
sche Spitzenstellung, im Sinne eines Funktionierens wie durch Zauberei, sugge-
riert werden. Selbst soweit sich identische Waren gegenüberstünden, halte die
jüngere Marke einen ausreichenden Abstand von der Widerspruchsmarke ein. In
der jüngeren Marke habe das Wortelement "magic" keinen das Gesamtzeichen
prägenden Charakter, da ein Gesamtbegriff (magisches Licht) vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Die sich gegenüberstehenden Waren seien zum Teil identisch, zum Teil wiesen
sie eine hohe bis mittlere Ähnlichkeit auf. Der - nicht beschreibenden - Wider-
spruchsmarke "MAGIC" komme ein durchschnittlicher Schutzumfang zu. Abneh-
mer der vorliegend betroffenen, sich an Fachpersonal richtenden Waren erwarte-
ten nicht, dass diese "durch Zauberei" funktionierten. Die Wortfolge "magic light"
weise für die Mehrzahl der beanspruchten Produkte keinen klaren Bedeutungsge-
halt auf. Sinntragend sei sie nur für Ultraviolettfilter und -lampen. Überwiegend
werde der Verkehr in "magic light" eine besondere Produktlinie der unter "MAGIC"
vertriebenen Waren sehen, z. B. als Hinweis auf ein leichtes Material. Da somit
nur der Bestandteil "magic" einen betrieblichen Herkunftshinweis vermittele,
komme diesem eine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb der jüngeren
Marke zu.
Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 25. November 2008 aufzuheben
und die Marke 307 22 310, soweit mit dem Widerspruch angegrif-
fen, zu löschen.
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Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass das Wa-
renverzeichnis der angegriffenen Marke 307 22 310 in Klasse 10
durch folgenden Vermerk beschränkt wird: "sämtliche vorgenann-
ten Waren, ausgenommen zahnärztliche und kieferorthopädische
Geräte zur Korrektur der Zahnstellung, insbesondere Brackets und
Bukkalröhrchen".
Sie ist dem Vorbringen der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung
entgegengetreten.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die sich gegenüberstehenden Marken unterliegen nicht der Gefahr einer Ver-
wechslung im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b Mar-
kenG.
Ob Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall
unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität
bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des
Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Aus-
wahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu be-
urteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343,
Nr. 48 - BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO; zur
Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Strö-
bele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 32, 33).
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Wegen des in der mündlichen Verhandlung dem Warenverzeichnis der angegrif-
fenen Marke hinzugefügten Ausnahmeverkehrs, wonach sämtliche Waren in
Klasse 10 "nicht für zahnärztliche und kieferorthopädische Geräte zur Korrektur
der Zahnstellung, insbesondere Brackets und Bukkalröhrchen" bestimmt sind, liegt
nunmehr keine Warenidentität mehr vor (wenngleich weiterhin Warenähnlichkeit
im Bereich der zahnärztlichen und zahntechnischen Instrumente und auch der
sonstigen Waren in dieser Klasse vorhanden ist).
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "MAGIC" ist von Haus aus un-
terdurchschnittlich. Dieser Begriff eignet sich nicht nur - auf zahlreichen Waren-
sektoren - als allgemeines, für das deutsche ebenso wie das internationale Publi-
kum leicht verständliches Werbeschlagwort, sondern auch - im Blick auf die kon-
kret beanspruchten Waren - als produktbezogene Anspielung, z. B. auf Qualität
und verwenderfreundliche Handhabung. Dass der Fachverkehr, an den sich die
Erzeugnisse richten - was sich wegen dessen erhöhter Aufmerksamkeit (für die
Produkte und für deren Kennzeichnung) generell eher verwechslungsmindernd
auswirkt -, nicht ernsthaft von "magischen" Eigenschaften ausgehen wird, bewirkt
noch keinen durchschnittlichen Schutzumfang. Für dessen Steigerung infolge
umfangreicher Benutzung ist nichts vorgetragen.
Die sich gegenüberstehenden Zeichen stimmen im Wortelement "magic" überein
- der unterschiedlichen Schreibweise in großen bzw. kleinen Buchstaben kommt
insoweit keine Bedeutung zu -, unterscheiden sich aber durch den nur in der jün-
geren Marke enthaltenen zweiten Wortbestandteil "light". Dieser wird weder über-
sehen oder überlesen, noch bei der Wiedergabe vernachlässigt werden. Vielmehr
wird die angegriffene Marke stets in der Gesamtheit ihrer beiden Teile aufgenom-
men und benannt werden, so dass von daher eine unmittelbare Verwechslungs-
gefahr der Vergleichsmarken ausscheidet.
Für diese Annahme spricht vor allem der gesamtbegriffliche Charakter von "magic
light" i. S. v. "magisches Licht". Dieser Bedeutungsgehalt drängt sich auch deut-
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schen Verkehrskreisen unmittelbar auf. Es ist zwar zutreffend, dass das englisch-
sprachige Wort "light" neben "Licht" auch die Bedeutung "leicht" aufweist. Aber
abgesehen davon, dass auch bei einem derartigen Verständnis sich ebenfalls ein
gesamtbegrifflicher Sinngehalt einstellen würde ("zauberhaft leicht"), hat die Wi-
dersprechende nicht den - ihr obliegenden - Nachweis geführt, dass auf dem hier
konkret betroffenen Warensektor sog. Light-Erzeugnisse auf dem Markt vertreten
wären. Der Hinweis auf völlig andere Produktbereiche (wie Nahrungsmittel oder
Zigaretten) ist insoweit unbehelflich. Mithin hat der Verkehr keinerlei Veranlas-
sung, in der Gesamtbezeichnung "magic light" ein sog. Light-Produkt der Inhabe-
rin der Marke "MAGIC" zu sehen.
Da für eine Aufspaltung der einen Gesamtbegriff verkörpernden jüngeren Marke
"magic light" kein Raum ist, ist das Wort "magic" innerhalb dieser Marke weder für
den Gesamteindruck prägend, noch kommt ihm eine selbständig kennzeichnende
Stellung zu (im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung; vgl. EuGH
GRUR 2005, 1042, Nr. 30 ff. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859
- Malteserkreuz). Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr unter dem Ge-
sichtspunkt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Altern. 2
MarkenG) liegen ebenfalls nicht vor.
Nach allem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
Prof. Dr. Hacker
Eisenrauch
Viereck
br/Bb