Urteil des BPatG vom 12.04.2006

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 66/06
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung DE 305 76 920.0
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nden Richterin Grabrucker
und der Richterinnen Fink und Dr. Mittenberger-Huber
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 2. April 2008 unter Mitwirkung der Vorsitze
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 12. April 2006
wird aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke Nr. 305 76 920.0
YM
soll für die Waren der
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel;
in das Markenregister eingetragen werden.
die Waren „Druckereierzeugnisse“ zurückgewiesen. Für diese stelle das angemel-
dete Zeichen wegen fehlender Unterscheidungskraft eine nicht schutzfähige Anga-
be dar. „YM“ sei eine beschreibende Angabe, die vom Verkehr auch als solche
verstanden werde. Es handle sich bei der Buchstabenkombination um den Hin-
weis auf die Zielgruppe, nämlich junge Frauen, bezeichnet als „Young Miss“ bzw.
junge und moderne Frauen, also „young and modern“. Im Bereich der Printmedien
sei es üblich Abkürzungen zu verwenden. Das angemeldete Zeichen werde daher
ohne Weiteres als entsprechende Abkürzung verstanden. Eine Mehrdeutigkeit sei
nicht ersichtlich, da andere Bedeutungen wie Kleidergröße, Längeneinheit etc.
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fern lägen. Hinzu komme, dass die Abkürzung „YM“ für „Young Miss“ bzw. „Young
& Modern“ bereits verwendet werde.
Die Anmelderin hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und ausge-
führt, dass das angemeldete Zeichen für die zurückgewiesenen Waren „Druckerei-
erzeugnisse“ unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig sei. „YM“ stelle
- entgegen der Auffassung der Markenstelle - nicht zweifelsfrei eine Abkürzung für
„YOUNG MISS“ oder „Young & Modern“ dar. Es könne sich auch um die Abkür-
zung für eine Kleidergröße oder eine Längeneinheit oder um eine Phantasiebe-
zeichnung handeln. Eine solche Vieldeutigkeit spreche aber für die Schutzfähigkeit
des Buchstabenzeichens, da es sich nicht zur beschreibenden Verwendung eigne.
Insbesondere bei Abkürzungen genüge bereits die Mehrdeutigkeit in den zwei
vom Deutschen Patent- und Markenamt genannten Varianten für die Eintragungs-
fähigkeit. Auf die Bezeichnung „YOUNG MISS“ werde der Durchschnittsverbrau-
cher allenfalls deshalb schließen, weil er unter diesem Titel die Zeitschrift
„BRIGITTE YOUNG MISS“ aus dem Hause der Anmelderin kenne und in diesem
Zusammenhang die Abkürzung „YM“ für das Produkt der Beschwerdeführerin be-
kannt sei.
Die Anmelderin beantragt daher sinngemäß,
den Beschluss vom 12. April 2006 aufzuheben.
II.
1. Die gem. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache
Erfolg, da dem Zeichenwort „YM“ für die zurückgewiesenen Waren „Druckereier-
zeugnisse“ kein Schutzhindernis gem. §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG
entgegensteht.
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2. Nicht schutzfähig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind nur solche Zeichen, de-
nen die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von
der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegen-
über solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der
Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren
und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH 08.05.2008, C-304/06
- Rn. 66 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2006, 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004,
1027 – Rn. 42 ff – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2003, 604
- Rn. 62 – Libertel; BGH 21.02.2008, I ZB 24/05 - Rn. 12 - VISAGE; GRUR 2006,
850 ff. - Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 257 – Bürogebäude; BGH
GRUR 2003, 1050 – Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 – anti KALK). Die
erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn das Zei-
chenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund
stehende Sachaussage darstellt, oder es sich um ein gebräuchliches Wort der
deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom ange-
sprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden wird (BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2003, 1050 - Cityservice;
GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).
3. Das angemeldete Wortzeichen „YM“ besteht aus den zwei Großbuchstaben
„Y“ und „M“. Als Akronym kann es mehrfache Bedeutung besitzen. So steht es als
Abkürzung für 1) den IATA-Code für Montenegro, 2) Yahoo Messenger, 3) YM
BioSciences, 4) Young Muslims, eine Jugendorganisation oder 5) Yokohama
Minatomirai Railway Company (http://de.wikipedia.org/wiki/YM). Die deutsche In-
ternet-Abkürzungsmaschine (www.abkuerzungen.de) verzeichnet - in Kleinbuch-
staben - lediglich einen Eintrag, nämlich ym = you mean (Chatslang). Die Suchma-
schine www.acronymfinder.com kennt dagegen 26 Bedeutungen für „YM“, von
Yemen über Young Men, Yardmaster, Your Mum, Young Muslims, Yottameter
(Maßeinheit 10 hoch 24), Yucca Mountain, Your Move, Your Magazine, Your
Majesty, Yoctometer (Maßeinheit 10 hoch -24), unter anderem aber auch „Young
Miss (magazine)“ und „Young & Modern“. Aufgrund der Vielzahl der Bedeutungs-
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möglichkeiten von „YM“ wird sich für den Verkehr erst aus dem Kontext, in dem er
die zwei Buchstaben wahrnimmt, ergeben, welche der Bedeutungsvarianten im
konkreten Fall greift. Eine Google-Recherche (www.google.de/search?...) führt
zwar ebenfalls zu der Zeitschrift „Young Miss“, wird aber zugleich als Kennzeich-
nung eines Produkts von der Firma Samsung verwendet. Das Kürzel „YM“ ist inso-
weit weder ein gebräuchliches Wort der deutschen oder englischen Sprache, noch
dient es als im Vordergrund stehende Sachaussage für die zurückgewiesenen
Waren „Druckereierzeugnisse“.
4. In Bezug auf Zeitschriften kann nach der Recherche des Senats das Kürzel
„YM“ stehen für:
• Die deutsche Young Miss
• das eingestellte amerikanische YM (Magazin)
• Yachting
Monthly
• das japanische Young Magazin
(http://de.wikipedia.org/wiki/YM). Die Bezeichnung „YM“ erschöpft sich aber gera-
de nicht in einer beschreibenden, ohne Weiteres verständlichen Aussage, so dass
das Publikum das angemeldete Zeichen für die angemeldeten Waren nur als
Sachangabe und nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem Unternehmen ver-
stehen könnte (EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 42 ff. – DAS PRINZIP DER BE-
QUEMLICHKEIT). Denn erst in der Langform ergibt sich die Bedeutung der
Abkürzung. Im Gegensatz zur Entscheidung des Bundespatentgerichts „TRM -
Tenant Relocation Management“ (BPatG 33 W (pat) 3/05) wird das Akronym im
Wortzeichen selbst nämlich nicht durch eine naheliegende Interpretation der Ab-
kürzung aufgelöst, sondern bleibt als bloße - interpretationsfähige - Buchstaben-
kombination bestehen. Der 33. Senat (a. a. O.) hat ebenfalls entschieden, dass
der Buchstabenfolge „TRM“ für sich betrachtet kein beschreibender Bedeutungs-
gehalt entnommen werden konnte. Da sie jedoch den Wörtern „Tenant Relocation
Management“ direkt vorangestellt sei und mit deren Anfangsbuchstaben überein-
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stimme, spreche eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Verkehr die
einleitende Buchstabenfolge „TRM“ unwillkürlich als gleichbedeutende Verkürzung
der dahinterstehenden Wortfolge auffasse. Diese Konstellation ist im vorliegenden
Verfahren jedoch nicht gegeben, da das Wortzeichen lediglich aus den beiden
Buchstaben „YM“ ohne eine weitere erklärende Wortfolge besteht.
5. Da die angemeldete Marke für die verfahrensgegenständlichen Waren keinen
unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, ist nicht erkennbar, welche
Merkmale oder Eigenschaften mit der Bezeichnung „YM“ konkret beschrieben
werden könnten. Ein Bedürfnis, diese Bezeichnung für den Geschäftsverkehr als
Sachangabe gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freizuhalten, besteht daher nicht.
Grabrucker Fink
Dr.
Mittenberger-Huber
Ko