Urteil des BPatG vom 20.04.2004

BPatG: beschreibende angabe, verkehr, kennzeichnung, englisch, wörterbuch, film, begriff, bestandteil, setzer, patent

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 37/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
20. April 2004
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 399 79 646.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 20. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Schermer sowie die Richter Dr. van Raden und Schwarz
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes
vom 2. Januar 2002 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Die Anmelderin hat die Bezeichnung
Primesetter
als Wortmarke für „Geräte zum Belichten von Film und Druckplatten, insbesondere
Nassfilm, Polyester-Druckplatten und Trockenfilm; Geräte zum Entwickeln von
Film und Druckplatten; Raster-Image-Prozessoren; Betriebsprogramme für die
vorgenannten Geräte“ zur Eintragung in das Register angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit
Beschluss vom 2. Januar 2002 die Anmeldung wegen mangelnder Unterschei-
dungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Marke habe in ihrer Gesamtheit die
Bedeutung eines „ausgezeichneten, erstklassigen Setzers“ und weise somit als
glatt beschreibende Angabe lediglich darauf hin, dass die beanspruchten Waren
die gute, hervorragende Arbeit eines Setzers leisteten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie macht
im wesentlichen geltend, die angesprochenen Verkehrskreise würden in der An-
meldemarke nicht ohne weiteres einen bestimmten Bedeutungsgehalt erkennen
und diesen auf die konkret beanspruchten Waren übertragen; da die Bezeichnung
als Ganzes keine Bedeutung habe und selbst ihre beiden Einzelbestandteile
mehrdeutig seien, könnte der Verkehr ihr in bezug auf die beanspruchten Waren
keinen beschreibenden Sinngehalt entnehmen. Für die Schutzfähigkeit spreche
schließlich auch, dass die Anmelderin bereits Inhaberin mehrerer vergleichbar
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gebildeter nationaler Marken für gleiche oder ähnliche Waren sei (ua Topsetter,
Metalsetter, Multisetter, Streamsetter, Prosetter).
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechter-
halten und vertieft; sie hat darüber hinaus die Zulassung der Rechtsbeschwerde
angeregt und das Warenverzeichnis auf die folgenden Waren beschränkt:
„Geräte zum Entwickeln von Film und Druckplatten; Raster-Image-
Prozessoren; Betriebsprogramme für die vorgenannten Geräte“.
II
Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil der Eintragung der Anmeldemarke
für die nunmehr noch beanspruchten Waren keine absoluten Schutzhindernisse
entgegenstehen. Es kann weder ein Freihaltebedürfnis an der angemeldeten
Bezeichnung festgestellt werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), noch steht ihrer
Eintragung eine mangelnde Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) ent-
gegen.
Allerdings ist der Markenstelle darin zuzustimmen, dass es für die ange-
sprochenen Verkehrskreise nahe liegt, die Anmeldemarke in bezug auf Waren der
Klasse 9 ohne weiteres im Sinne von „erstklassiger Setzer“ zu übersetzen. Denn
der Bestandteil „Prime“ ist dem Verkehr im Sinne „erstklassig, hervorragend“ als
Qualitätsangabe geläufig (vgl. BPatG 32 W (pat) 189/96 – PRIME; 27 W (pat)
193/95 – Prime; 29
W (pat)
148/99 – PRIME TEST; 27 W (pat) 192/95 –
PRIMESHOES HANDMADE; HABM R0668/00-3 – PRIME RETAIL; R0077/99-2 –
WWW.PRIMEBROKER.COM; sämtliche Entscheidungen veröffentlicht auf der
PAVIS-CD-ROM), und der weitere Bestandteil „setter“ wird – auch wenn er in der
Fachsprache der Setz- und Drucktechnik nicht für sich allein, sondern nur in der
Kombination „imagesetter“ nachweisbar sein mag – jedenfalls im allgemeinen
technischen Sprachgebrauch im Sinne von „Setzer, Drucker“ verwendet (vgl.
Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Band II Englisch-Deutsch, 6. Aufl.,
S. 1201; Oppermann, Wörterbuch der modernen Technik, Band 2 Englisch-
Deutsch, 2. Aufl., S. 1554; Muret-Sander, Langenscheidts Großwörterbuch Eng-
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lisch, Teil I Englisch-Deutsch, Neubearb. 2001, S. 1009; Webster´s Third New In-
ternational Dictionary of the English Language Unabridged, S. 2078).
Dies bedeutet aber nicht, dass die Gesamtmarke in den Augen des Verkehrs vor-
rangig und unmittelbar Merkmale der im eingeschränkten Warenverzeichnis bean-
spruchten Waren beschreibt. Zwar wird der Verkehr mit dem Begriff des Setzers
nicht nur die klassische mechanische Setztätigkeit, wie sie im Druckereiwesen
lange vorherrschend war, verbinden, sondern auch den heute üblichen, überwie-
gend durch die Verwendung verschiedenster insbesondere optischer und elektro-
nischer Einzelkomponenten gekennzeichneten Vorgang, der an die Stelle der
„klassischen“ Satztechnik getreten ist, als „Setzertätigkeit“ bezeichnen. Diesen
Begriff bezieht er aber weder auf die einzelnen Teiltätigkeiten noch auf die hierbei
zum Einsatz kommenden Komponenten selbst, bei denen es sich im übrigen – wie
das Beispiel des häufig zum Einsatz kommenden Computers zeigt – um allge-
meine, nicht allein oder überwiegend für eine solche Tätigkeit hergestellte Geräte
handelt, sondern allein auf den sich aus dem Zusammenspiel dieser Komponen-
ten in einer bestimmten Konstellation ergebenden Gesamtvorgang. Begegnet er
demgegenüber diesen Geräten außerhalb einer solchen Anordnung, liegt es für
ihn genauso fern, sie mit der Tätigkeit des Setzens in Verbindung zu bringen, wie
er mit einem Bleistift im allgemeinen auch nicht die Vorstellung verbindet, dass
dieser zur Verwendung im Rahmen einer Werbetätigkeit geeignet ist, obwohl bei
dieser Tätigkeit u.a. auch Bleistifte verwendet werden. Die Anmelderin bean-
sprucht die Bezeichnung „Primesetter“ aber nicht zur Kennzeichnung einer durch
die Verbindung mehrerer Geräte gekennzeichneten Setzertätigkeit, sondern will
damit nur noch Filmentwicklungsgeräte, Prozessoren und die zu diesen gehö-
rende Software kennzeichnen. Bei solchen Geräten bedürfte es indes schon wei-
terer Überlegungen des angesprochenen Publikums, um der Kennzeichnung
„Primesetter“ die – mittelbare – Eignung der Waren zu entnehmen, im notwendi-
gen Zusammenwirken mit anderen Geräten als Teil einer Setzertätigkeit Verwen-
dung zu finden. Dem Verkehr wird sich daher die Vorstellung, die Kennzeichnung
solle auf eine solche lediglich bedingte und mittelbare Eignung der gekennzeich-
neten Produkte als Teil einer bestimmten Tätigkeit hinweisen, nicht unmittelbar
aufdrängen. Damit besteht aber kein Grund für die Annahme, der Verkehr werde
„Primesetter“ für die noch beanspruchten Waren als reine Sachangabe ohne jegli-
che betriebskennzeichnende Eigenart auffassen, Mangels eines unmittelbar
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warenbezogenen Sinngehalts stellt die Anmeldemarke auch keine unter das
Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallende Beschaffenheits- oder
Bestimmungsangabe dar.
Dr. Schermer
Dr. van Raden
Scharz
Na