Urteil des BPatG vom 05.06.2003

BPatG: elektronische unterschrift, digitale signatur, smart card, beschreibende angabe, virus, unterscheidungskraft, begriff, internet, datensicherheit, verkehr

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 73/01
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
5. Juni 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 30 797.4
hat der 25.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2003 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Kliems sowie der Richterin Sredl und des Richters Engels
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 42 vom 8. Dezember 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
Monkey
ist am 28. Mai 1999 für
"Smart-Card-Lesegeräte; elektronische Ausweissysteme; Zertifi-
zierungsgeräte; Datenübertragungsschutzgeräte; Geräte für die
Datenvisualisierung; Verschlüssler für den Datenverkehr; Daten-
transformationsgeräte; Entschlüsselungsgeräte; auf Hardware ba-
sierende Systeme für digitale Signatur/elektronische Unterschrift;
elektronische Zahlungsabwicklungsgeräte; Sicherheitschips für
Smartcards; POS-Banking-Geräte (Point-of-Sales-Banking-Gerä-
te); Modulations- und Demodulationsgeräte; mit integrierten Sach-
altkreisen versehene Leiterplatten; Geräte für die Anzeige von auf
integrierten Schaltkreisen gespeicherten Informationen; elektri-
sche Schaltungen mit digitaler und analoger Signalverarbeitung;
Bild- und/oder Toninformationsträger; Nur Lese Speicher (ROM),
RAM und Steckmodule, optische Speicher; Festkörperspeicher;
Organisations-, Sicherheits- und betriebswirtschaftliche Beratung
bei der Einführung und Anwendung von EDV-Anlagen; Veranstal-
tung und Durchführung von Ausstellungen und Kongressen für
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wirtschaftliche und Werbezwecke; Vermietung von Smart-Card-
Lesegeräten, elektronischen Ausweissystemen, Zertifizierungsge-
räten, Datenübertragungsschutzgeräten, Geräten für die Datenvi-
sualisierung, Verschlüsslern für den Datenverkehr, Datentransfor-
mationsgeräten, Entschlüsselungsgeräten, auf Hardware basie-
renden Systemen für digitale Signatur/elektronische Unterschrift,
elektronischen Zahlungsabwicklungsgeräten, Sicherheitschips für
Smartcards und von POS-Banking-Geräten; Erstellen, Entwickeln,
Verbessern und Anpassen von Datenverarbeitungsprogrammen
und/oder Dateien (einschließlich Multimedia und Homepages) für
Dritte; Vergabe von Lizenzen an Datenverarbeitungsprogrammen;
Betrieb eines Netzwerks für Dritte"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nach Beanstandung der Bezeichnung als nicht unterscheidungskräftig und freihal-
tungsbedürftig und der Rückäußerung der Anmelderin hat die Markenstelle für
Klasse 42 durch einen Beamten des höheren Dienstes die Anmeldung zurückge-
wiesen. Das englische Wort "monkey", das in deutscher Sprache "Affe", aber auch
"nachäffen" bedeute, sei in der Hackersprache ein fester Begriff, wie sich aus den
Wörtern "to make a monkey" für "lächerlich machen" oder "to monkey up" für "ge-
meinsames Hacken" ergebe. Zudem sei das fragliche Wort die Bezeichnung für ei-
nen 1992 bekannt gewordenen Virus. Die angemeldete Bezeichnung stelle für die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende und
nicht unterscheidungskräftige Angabe in dem Sinne dar, dass diese für Hacker be-
stimmt und geeignet seien oder von Hackern erbracht würden bzw dass sie zur
Verhinderung der Infizierung durch Viren und zum Aufspüren und Entfernen von
Viren gedacht und bestimmt seien.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen An-
trag,
den Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 aufzuheben und die
angemeldete Bezeichnung zur Eintragung zuzulassen.
Hilfsweise beantragt sie, dem Warenverzeichnis die Formulierung hinzuzufügen:
"Sämtliche vorgenannten Waren/Dienstleistungen nicht zur Dar-
stellung tierbezogener Handlungen und Inhalte".
Zur Begründung führt sie aus, es bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwi-
schen der angemeldeten Marke und den beanspruchten Waren und Dienstleistun-
gen. Diese würden alle im Bereich der Datensicherheit und nicht durch Hacker
eingesetzt. Die Aufnahme in ein Slang-Lexikon könne kein allgemeines Freihal-
tungsbedürfnis begründen. In EDV-Fachwörterbüchern dagegen sei das
Wort "Monkey" nicht zu finden. Auch in den von der Markenstelle herangezogenen
Fundstellen werde das Wort in Alleinstellung nicht beschrieben, da es hierfür keine
EDV-spezifische Bedeutung gebe. Der Verkehr werde daher nicht einmal eine
schlagwortartige Assoziation auf den zugrundeliegenden allgemeinen Bereich der
Datensicherheit erkennen. Wegen des fehlenden Sachbezugs - jedenfalls mit dem
hilfsweise beantragten Zusatz im Warenverzeichnis - sei ein Freihaltungsbedürfnis
zu verneinen und die erforderliche Unterscheidungskraft zu bejahen.
Mit Gesellschafterbeschluß vom 7. Dezember 2000 wurde die Umwandlung der
ursprünglichen Anmelderin D… GmbH, München, in die K… AG
beschlossen. Diese hat am 11. Februar 2001 beim Amtsgericht München die Er-
öffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Der Antrag wurde mit Beschluß vom
20. November 2002 mangels Masse abgewiesen und das am 13. Februar 2002
ausgesprochene allgemeine Verfügungsverbot aufgehoben.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1.
de Umwandlung in der neuen Firma K… AG aufgegangen, so dass wegen der
damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge nunmehr die Kimvestor AG als neue
Anmelderin und Beschwerdeführerin anzusehen ist, vgl § 20 Abs 1 Nrn 1 und 2
UmwG, auch wenn die K… AG in der Zwischenzeit keinen Umschrei-
bungsantrag nach § 28 Abs 2 MarkenG gestellt hat.
Soweit der Verfahrensbevollmächtigte weitere Firmen genannt hat, die vom Ge-
schäftführer der ursprünglichen Anmelderin gegründet worden sind, haben diese
nach den Ermittlungen des Senats weder mit der ursprünglichen Anmelderin noch
mit deren Rechtsnachfolgerin etwas zu tun.
Da das Amtsgericht München mit Beschluß vom 20. November 2002 die Eröff-
nung des Insolvenzverfahrens über die Firma K… AG mangels Masse nach
§ 26 InsolvO abgelehnt und das allgemeine Veräußerungsverbot wieder aufgeho-
ben hat, tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO nicht ein. Mit der
Aufhebung des allgemeinen Veräußerungsverbots hat die ehemalige Aktiengesell-
schaft die Verfügungsgewalt über das mit der Markenanmeldung begründete An-
wartschaftsrecht wiedererlangt und gilt insoweit trotz einer im Handelregister mög-
licherweise vollzogenen Löschung als parteifähig, § 262 Abs 1 Nr 3, § 273 AktG in
Verbindung mit § 50 Abs 1 ZPO, § 82 Abs 1 MarkenG (vgl hierzu Hüffer, AktG,
5. Aufl, § 262, Rdnr 14; § 273, Rdnr 19).
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Die ursprüngliche, dem Verfahrensbevollmächtigten am 23. Juni 1999 (s Bl 6 VA)
erteilte Vertretungsvollmacht ist weder vom gesetzlichen Vertreter der Anmelderin
widerrufen worden, noch ist die Vertretung gemäß § 81 Abs 3 Satz 2 MarkenG
niedergelegt worden. Die Beschwerdeentscheidung kann daher dem Verfahrens-
bevollmächtigten wirksam zugestellt werden.
2.
Bezeichnung die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entge-
genstehen.
a.
8. September 1999 und im angegriffenen Beschluß vom 8. Dezember 1999 ge-
nannten Bedeutungen steht die angemeldete Bezeichnung "Monkey" für "mobile
network key" und umschreibt damit eine Sicherungsfunktion im Zusammenhang
mit elektronischen Zahlungsvorgängen. In der Langform mag der Begriff durchaus
als beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG geeignet sein
und damit einem Freihaltungsbedürfnis unterliegen. Für die zu einem gängigen
Begriff der englischen Sprache (= Affe) verkürzte Form kann dies jedoch nicht
festgestellt werden. Durch den aus dem Englischen abgeleiteten Bedeutungsinhalt
erhält die Bezeichnung ihre Eigentümlichkeit, da die gängigen Bedeutungen im
Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen keinen unmit-
telbar beschreibenden Sinn ergeben (vgl EuGH GRUR 2001, 148, Tz 22, 29 –
Bravo). Jedenfalls lassen die vom Senat angestellten Recherchen nicht mit hinrei-
chender Sicherheit den Schluß zu, dass die Abkürzung "Monkey" nur und aus-
schließlich beschreibend verwendet und daher von Dritten zur Beschreibung der in
Frage stehenden Waren und Dienstleistungen benötigt wird. Soweit Einträge im
Internet über die Suchmaschinen "google" und "msn" zu verzeichnen waren, die
nicht unmittelbar auf die Anmelderin oder ihre Rechtsvorgängerin zurückzuführen
sind, wurde die Abkürzung "Monkey" mit der ausgeschriebenen Fassung als "mo-
bile network key" erklärt und zugleich darauf hingewiesen, dass es sich um eine
Erfindung von S… oder ein Produkt der Firma D… GmbH han-
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dele. Weitere Einträge im Internet zum Stichwort "monkey" betrafen Hinweise in
anderen Zusammenhängen, die hier außer Betracht bleiben können. In einschlägi-
gen EDV-Wörterbüchern waren weder für die Abkürzung noch für die Langform
Nachweise zu finden.
Zwar wird mit "monkey" auch ein 1992 bekannt gewordenes Computer-Virus be-
nannt. Insoweit könnte eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung für die
angemeldeten Waren und Dienstleistungen in Betracht kommen. Allerdings beste-
hen Zweifel an einem aktuellen Freihaltungsbedürfnis an der fraglichen Marke,
weil solche Viren nur in einem begrenzten Zeitraum Bedeutung haben, und es im
übrigen auch nur schwer vorstellbar ist, dass mit einem Virus-Namen ein Her-
kunftshinweis auf den Erfinder verbunden sein sollte. Zum anderen spricht auch
das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis gegen die Annahme, mit dem Na-
men "Monkey" werde auf das gleichnamige Virus hingewiesen, denn hier steht un-
zweifelhaft die Datensicherheit im Vordergrund, was in deutlichem Widerspruch zu
den Auswirkungen stünde, die ein Virus hervorrufen kann. Schließlich lässt sich
auch nicht feststellen, dass das Virus von seinem Erscheinen im Jahr 1992 bis
zum Zeitpunkt der Entscheidung weitere Bedeutung gewonnen haben könnte und
daher immer noch aktuell wäre. Insoweit mag die Beurteilung der Schutzfähigkeit
durch die Markenstelle zum Zeitpunkt der Anmeldung durch den historischen Ab-
lauf noch nachvollziehbar sein. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich eine solche Ein-
schätzung mit den dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen jedoch
nicht belegen.
Die angemeldete Marke ist damit keine erkennbare Sachbezeichnung, die von
Dritten gebraucht würde, um im Verkehr auf die besonderen Eigenschaften der
beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinzuweisen, und unterliegt daher kei-
nem Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.
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b.
Waren und Dienstleistungen gegenüber solchen anderer Unternehmen (vgl BGH
WRP 2002, 1281 – Bar jeder Vernunft). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass es zur
Begründung der Unterscheidungskraft keines weiteren Phantasieüberschusses
oder sonstiger Auffälligkeiten oder Besonderheiten der Markenbildung bedarf (vgl
auch zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c GMV: EuG MarkenR 2001, 181, Tz 39, 40 –
EASYBANK) und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Beur-
teilung absoluter Schutzhindernisse grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzu-
legen ist (vgl BGH MarkenR 2001, 368 – Gute Zeiten, schlechte Zeiten). Jede
noch so geringe Unterscheidungskraft soll danach ausreichen, um das Schutzhin-
dernis zu überwinden (vgl BGH GRUR 1999, 1089 – YES; GRUR 2001, 1151 –
marktfrisch). Die Prüfung darf jedoch nicht auf ein Mindestmaß beschränkt wer-
den, sondern muß vielmehr streng und vollständig sein (vgl EuGH WRP 2003, 735
– Libertel Groep. – Farbe Orange), wobei der Senat das Wort "streng" eher im Sin-
ne von sorgfältig versteht (vgl Beschluß vom 15. Mai 2003 iS 25 W (pat) 168/01 –
High Care). Wie die verschiedenen Einträge im Internet zeigen, ist ein hinreichend
deutlicher und verständlicher beschreibender inhaltlicher oder thematischer Bezug
zu den fraglichen Waren und Dienstleistungen, der zur Verneinung der Unter-
scheidungskraft führen könnte, nicht erkennbar (vgl BGH MarkenR 2001, 363 –
REICH UND SCHÖN; WRP 2002, 1281 – Bar jeder Vernunft). Danach wird die
angemeldete Bezeichnung vom Verkehr in erster Linie als Marke mit einer be-
stimmten Herkunftsfunktion und nicht als Sachbeschreibung aufgefasst. Nach alle-
dem weist die Marke "Monkey" damit auch die erforderliche Unterscheidungskraft
auf, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.
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Insgesamt erweist sich die Marke als schutzfähig, so dass auf die Beschwerde der
Anmelderin der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 vom 8. Dezember 1999
aufzuheben war, ohne dass noch auf die hilfsweise Beschränkung des Waren-
und Dienstleistungsverzeichnisses einzugehen war.
Kliems Engels Sredl