Urteil des BPatG vom 31.12.2003

BPatG: bestandteil, verkehr, gesamteindruck, internet, astra, begriff, bekleidung, eugh, verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 18/03
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
31. Dezember 2003 an BFührer
02. Januar 2004 an BGegner
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 300 66 844
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat ) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Schermer sowie die Richter Dr. van Raden und Schwarz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke
Celina Dream
für "Bekleidungsstücke, insbesondere Unterbekleidungsstücke; Miederwaren,
nämlich Mieder, Korsetts; Korseletts, Hüfthalter, Hüftgürtel, Büstenhalter, Slips;
Nachtwäsche; Bademoden" ist Widerspruch eingelegt aus den prioritätsälteren
Wortmarken 354 899
Felina
eingetragen für "Trikotagen, Badeanzüge, Badewäsche, Unterwäsche aus Wolle,
Baumwolle, Seide, Halbseide oder Trikot, Bekleidungsstücke, Leibwäsche", und
603 390
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Felina,
eingetragen für "Miederwaren, insbesondere Büstenhalter, Korsetts, Korseletts,
Hüfthalter, Strumpfbandgürtel, Kinderleibchen, Strumpfbänder; Strumpfhalterbe-
schläge, Korsettschließen und -Federn, Damen- und Herrenwäsche".
Die Markenstelle für Klasse 25 hat die Widersprüche durch Beschluss eines Be-
amten des höheren Dienstes zurückgewiesen, weil die Marken auch bei Anlegung
strengster Maßstäbe nicht verwechselbar seien. Abgesehen von der Übereinstim-
mung in dem Element "elina" unterschieden sich die Kennzeichen in ihrem Ge-
samteindruck deutlich. Dieser unterschiedliche Gesamteindruck sei maßgeblich,
nicht die Übereinstimmung in dem genannten Merkmal, das nicht selbständig kolli-
sionsbegründend sei. Die jüngere Marke bestehe aus zwei Markenwörtern, die ei-
nen einheitlichen Gesamtbegriff ergäben, der sich dem inländischen Publikum oh-
ne weiteres erschließe, ohne dass mit einer Verkürzung auf ein Einzelelement zu
rechnen sei. Der Bestandteil "Dream" sei nämlich nicht als allgemeine Anpreisung
derart kennzeichnungsschwach, dass er weggelassen werde und sich der Verkehr
nur an dem Markenwort "Celina" als dominierendem Element orientiere. Auch eine
assoziative Verwechslungsgefahr sei nicht anzunehmen, weil dem Markenbe-
standteil "Celina" keine eigenständige betriebliche Kennzeichnungsfunktion zu-
komme.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie die Auf-
hebung des Beschlusses der Markenstelle und die Löschung der jüngeren Marke
begehrt. Sie verweist zunächst auf die Identität der jeweils beanspruchten Waren
und trägt weiter vor: Der für sich allein nicht unterscheidungskräftige Zeichenbe-
standteil "Dream", ein lediglich positiver, beschreibender Hinweis, sei ein übliches
Wort zur Bezeichnung von Unterkollektionen im Bereich Unterwäsche und Mieder-
waren. Daher werde der Verkehr als charakteristischen Bestandteil der jüngeren
Marke lediglich den Bestandteil "Celina" in Erinnerung behalten, der klanglich und
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schriftbildlich den älteren Marken, die zudem aufgrund starker Benutzung erhöhte
Kennzeichnungskraft genössen, in höchstem Maße klanglich, schriftbildlich und in-
haltlich ähnlich sei. Dies habe auch die Inhaberin einer weiteren, ähnlichen Marke
"shelina" erkannt, weshalb sie mit der Widersprechenden eine Lizenz- und Ab-
grenzungsvereinbarung abgeschlossen habe. Zur Bekräftigung ihres Vortrags legt
sie weiterhin Ergebnisse einer Internet-Recherche zu den Stichworten "dream"
und "Unterwäsche" sowie eine Übersicht über schutzversagte deutsche Marken
verschiedenster Warenklassen mit dem Bestandteil "Dream" vor.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie sieht
"Dream" als integralen Bestandteil ihrer Gesamtmarke an, die sich somit von den
älteren Marken deutlich unterscheide. Der Verkehr habe keine Veranlassung, die
Marke auf den Bestandteil "Celina" zu verkürzen. Für die Verwendung von
"Dream" als übliche Bezeichnung für Unterwäsche und Miederwaren bestünden
keine konkreten Anhaltspunkte. Selbst wenn "Dream" in bestimmten Verwendun-
gen als adjektivische Kennzeichnung im Sinne von "traumhaft" beschreibend und
somit nicht schutzfähig anzusehen sein könne, sei im vorliegenden Fall, da
"Dream" substantivisch einem Vornamen nachgestellt sei, eine solche Bedeutung
nicht anzunehmen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Markenstelle
die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken im Sinne des §§ 42 Abs 2
Nr 1, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zutreffend verneint hat.
Die von den Marken erfassten Waren sind zwar größtenteils identisch und im übri-
gen hochgradig ähnlich. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft kann den Wider-
spruchsmarken allerdings nicht zugebilligt werden, weil sie nicht liquide ist. Wie
die Markeninhaberin zu Recht geltend macht, läßt der Vortrag der Widersprechen-
den, dass die Marke "Felina" auf dem deutschen Markt seit Jahrzehnten stark be-
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nutzt werde und in derzeit über 15000 Geschäften (Fachgeschäfte und Kaufhäu-
ser) als Unterwäsche-Marke vertreten sei, für sich allein ohne Vorlage des Ergeb-
nisses von Verkehrsumfragen oder zumindest Angabe von Umsätzen, Werbeauf-
wendungen und Marktanteilen nicht den Schluss auf eine überdurchschnittliche
Bekanntheit der Marke in dem für die Beurteilung maßgeblichen Anmeldezeitpunkt
der jüngeren Marke im September 2000 zu (vgl auch Ströbele/Hacker, MarkenG,
7. Aufl, § 9 Rdn 297 bis 306).
Unter diesen Voraussetzungen hält der Senat den Abstand der Marken auch unter
Berücksichtigung des verwechslungsfördernden Faktors der Warenidentität
(stRspr, vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 – Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 –
Canon; BGH GRUR 2001, 507, 508 –EVIAN/REVIAN; GRUR 2002, 1067 –
DKV/OKV) noch für ausreichend, um die Gefahr von Verwechslungen auszu-
schließen.
In ihrem jeweiligen Gesamteindruck, auf den bei der Beurteilung der markenrecht-
lichen Verwechslungsgefahr unabhängig vom Prioritätsalter der einander gegenü-
berstehenden Zeichen grundsätzlich abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 397
– Sabèl/Puma; BGH GRUR
1998, 942 ALKA-SELTZER; 2000, 233 –
RAUSCH/ELFI RAUCH; 2002, 342, 343 – ASTRA/ESTRA-PUREN), unterschei-
den sich die Marken infolge des zusätzlichen Bestandteils "Dream" in der jüngeren
Marke sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht deutlich.
Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann dem Bestandteil "Celina"
auch keine besondere, die jüngere Marke prägende Bedeutung beigemessen wer-
den, die dem Verkehr Veranlassung geben könnte, sich allein hieran zu orientie-
ren und das Wort "Dream" als für die Kennzeichnung unbeachtlich anzusehen.
Wie die Inhaberin der jüngeren Marke zu Recht dargelegt hat, ist bei der Beurtei-
lung der Bedeutung des Begriffs "Dream" auf seine jeweilige Verwendung abzu-
stellen. Während er bei adjektivischem Gebrauch in Verbindung mit weiteren rein
warenbezogenen Angaben in dem beschreibenden Sinne von "traumhaft" verstan-
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den werden kann (vgl die von der Widersprechenden ua genannten Zurückwei-
sungen 27
W
(pat)
49/95 v. 19.
November
1996 – DREAM Collection;
33 W (pat) 221/99 v. 25. Februar 2000 - Dream-Comfort; 32 W (pat) 94/98 vom
4.
November
1998 – dream-lite; 27
W
(pat) 154/94 v. 5. September 1995 –
DREAMTEAM), erweckt er bei einer Verwendung mit dem weiblichen Vorna-
men "Celina" nicht den Eindruck einer reinen Sachaussage über die so gekenn-
zeichneten Waren. Da der Verkehr eine Marke in der Regel so aufnimmt und wie-
dergibt, wie sie ihm begegnet, ohne sich über die Bedeutung einzelner Bestandtei-
le weitere Gedanken zu machen (vgl BGH GRUR 2000, 233, 335 – RAUSCH/ELFI
RAUCH; 2002, 342, 343 reSp – ASTRA/ESTRA-PUREN), wird er die - auch op-
tisch durch gleiche Schriftgröße und Einzeiligkeit zusammengehörig wirkenden –
Wörter "Celina Dream" als Einheit im Sinne von "Celina Traum" auffassen, wobei
der Begriff "Traum" bei ihm allenfalls positive Assoziationen dahingehend weckt,
dass die Waren ein Traum für oder von "Celina" sind.
Soweit die Widersprechende geltend macht, "Dream" sei eine für Unterwäsche üb-
liche Bezeichnung, vergleichbar Comfort, Basic, Deluxe, Wonder, Passion, Inspi-
ration, Heaven, bedarf dies einer differenzierenden Betrachtung. Im Gegensatz zu
den eindeutig beschreibenden Angabe Comfort, Basic und Deluxe gehören Begrif-
fe wie Wonder, Passion, Inspiration, Heaven und auch Dream zu den im Beklei-
dungsbereich gerade in Verbindung mit einem weiblichen Vornamen typisch asso-
ziativ wirkenden Bezeichnungen, die beim Verbraucher unbewusst eine Identifika-
tion mit der Person dieses Namens hervorrufen sollen, die von der betreffenden
Bekleidung träumt und darin traumhaft aussieht.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf die von der Widersprechen-
den eingereichte Internet-Recherche in der Suchmaschine Google gerechtfertigt.
Diese weist zwar für die Stichworte "Unterwäsche+Dream" 8000 Treffer aus. Dar-
aus kann aber nicht geschlossen werden, "Dream" sei als Bezeichnung für Unter-
wäsche derart abgegriffen, dass sie vom Verkehr in der Kombination "Celina
Dream" als für die Kennzeichnung unwesentlich erachtet werde. Wie die auszugs-
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weise vorgelegten Internet-Seiten erkennen lassen, erscheint "Dream" dort näm-
lich weit überwiegend in einem nicht warenkennzeichnenden Zusammenhang
(dream teens, The American Dream, Dare to Dream, Dream Theater, ..oral picture
boys dream .., Baby Stephanie’s Dream). Die weiteren drei Beispiele betreffen die
Bezeichnungen "slip-dream", night dream und dream-Kombi, in denen "dream" in
einer anderen Bedeutung verwendet wird als in der angegriffenen Marke "Celina
Dream". Allein der Umstand, dass Ausdrücke wie Dream, Wonder, Passion, Inspi-
ration, Vision, Admiration udgl sehr kennzeichnungsschwach und isoliert betrach-
tet teilweise sogar schutzunfähig sein mögen (vgl zB BPatGE 43, 214 – HAPPI-
NESS), rechtfertigt nicht schon die Annahme, der Verkehr messe ihnen in einer
Kombination wie hier "Celina Dream" keine den Gesamteindruck mitprägende Be-
deutung bei (vgl BGH BlPMZ
1981, 388, 389 - Toni’s Hüttenglühwein;
GRUR 1989, 425, 427 reSp – Herzsymbol; 1990, 367, 370 liSp – alpi/Alba Moda;
Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 408/409).
Nachdem der Bestandteil "Dream" bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der
angegriffenen Marke "Celina Dream" somit nicht außer Betracht bleiben darf, ist
die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Marken unabhängig von der weite-
ren Frage zu verneinen, ob der als relativ bekannter weiblicher Vorname einen Be-
griff verkörpernde Wortbestandteil "Celina" für sich gesehen eine verwechslungs-
begründende klangliche oder schriftbildliche Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmar-
ke "Felina" aufweist.
Auch die einen Ausnahmetatbestand bildende Gefahr, dass die Marken im Sinne
des § 9 Abs 1 Nr 2 Halbs 2 MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung ge-
bracht werden, scheidet aus, weil die Widerspruchsmarken in der jüngeren Marke
nicht identisch oder zumindest wesensgleich enthalten ist. Dem aufmerksameren
Teil des Verkehrs, der sich überhaupt Gedanken über die betriebliche Herkunft
zweier insgesamt unterschiedlicher Marken aufgrund eines darin enthaltenen
übereinstimmenden Bestandteils macht, wird nicht entgehen, dass es sich bei
"Celina" um einen eigenständigen Vornamen handelt, der mit dem Phantasie-
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wort "Felina" nicht in Zusammenhang steht. Das gilt umso mehr, als die angespro-
chenen Abnehmerkreise im Bereich Bekleidung und Unterwäsche an die relativ
häufige Verwendung von weiblichen Vornamen, vorzugsweise solcher mit wohl-
klingenden Endungen wie "–ina", "-ita" oder "-ette", als Produktkennzeichnung ge-
wöhnt sind und daher regelmäßig auf die Unterschiede genauer achten.
Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens ist kein Anhaltspunkt ersicht-
lich, von der Regel des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen.
Dr. Schermer
Richter Schwarz
ist wegen Urlaubs
an der Unterschrift
gehindert.
Dr. Schermer
Dr. van Raden