Urteil des BPatG vom 13.07.2005

BPatG (wiedereinsetzung in den vorigen stand, beschwerde, wiedereinsetzung, frist, verschulden, brief, zahlung, antrag, post, stand)

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 84/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 59 999.9
hier: Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
5. Dezember 2006 durch …
BPatG 152
08.05
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beschlossen:
Der Anmelderin wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der
Beschwerdegebühr gewährt.
G r ü n d e
I
Am 20. Oktober 2004 hat die Antragstellerin die Wortmarke „World of Outdoor“ für
eine Reihe von Waren der Klassen 9, 18, 22, 25 und 28 angemeldet.
Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluss vom 14. März 2005 mangels
Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde den Bevollmäch-
tigten der Anmelderin am 18. März 2005 zugestellt.
Die Anmelderin hat am 7. April 2005 Beschwerde eingelegt. Im Beschwerde-
schriftsatz heißt es unter Punkt 3: „Die Zahlung der Beschwerdegebühr … neh-
men wir mit dieser Beschwerde anliegenden Einzugsermächtigung vor …“
Am 14. Juli 2005 hat die Rechtspflegerin des Senats den Bevollmächtigten der
Antragstellerin mitgeteilt, die Beschwerdeführerin habe die Gebühr nicht innerhalb
der Frist bezahlt. Der Zusatz lautet „Offenbar lag die im Beschwerdeschriftsatz
erwähnte Einzugsermächtigung für die Beschwerdegebühr seinerzeit nicht bei.
Eine Rückfrage bei der Geldstelle des DPMA verlief jedenfalls ergebnislos.“
Am 13. Juli 2006 hat die Anmelderin Wiedereinsetzung beantragt. Dazu hat ihr
Bevollmächtigter ausgeführt, es habe die Beschwerde vorab am 7. April per Tele-
fax - ohne die Einzugsermächtigung - an das Patentamt gesendet und am glei-
chen Tag den Brief mit der Einzugsermächtigung persönlich zur Post gegeben.
Dieses Verfahren entspreche dem - in der Einzugsermächtigung mit „bitte nicht
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beides“ zum Ausdruck gebrachten - Wunsch des Amtes, damit keine doppelten
Abbuchungen erfolgten. Nunmehr habe er telefonisch erfahren, dass der Brief
nicht beim Patentamt eingegangen sei. Er müsse bei der Post verloren gegangen
sein.
Gleichzeitig hat er eine Einzugsermächtigung an das Patentamt gesendet.
II
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 91 Abs. 1 MarkenG ge-
währt, wenn eine dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber einzuhal-
tende Frist, deren Versäumung nach einer gesetzlichen Vorschrift einen Rechts-
nachteil zur Folge hat, ohne Verschulden versäumt wurde.
Ohne Verschulden handelt, wer die übliche im Einzelfall zumutbare Sorgfalt auf-
wendet.
Die Beschwerdeführerin hatte die Beschwerdegebühr bis Montag, dem
18. April 2005, zu bezahlen (§ 66 Abs. 2 MarkenG). Der angefochtene Beschluss
vom 14. März 2005 wurde ihr am 18. März 2006 zugestellt. Eine Einzugsermächti-
gung kam aber erst am 13. Juli 2005 beim Patentamt an. Zur Beseitigung des
Rechtsnachteils, dass die Beschwerde gemäß § 66 Abs. 5 Satz 2 MarkenG als
nicht eingelegt gilt, hat die Beschwerdeführerin Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand beantragt.
Dieser Antrag vom 13. Juli 2005 ist zulässig. Er ist innerhalb der Zweimonatsfrist
des § 91 Abs. 2 MarkenG gestellt worden. Der Antrag enthält auch Tatsachen, die
die Wiedereinsetzung begründen sollen (§ 91 Abs. 3 Satz 1 MarkenG).
Die Beschwerdeführerin hat die Frist unverschuldet versäumt, weil der rechtzeitig
abgesendete Brief mit der Einzugsermächtigung beim Patentamt ohne Verschul-
den der Antragstellerin oder ihrer Vertreter nicht eingegangen ist.
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Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat die Tatsachen, aus denen sich die
rechtzeitige Absendung der Beschwerde mit Einzugsermächtigung ergibt, hinrei-
chend dargelegt. Er hat erklärt, den Brief nach Prüfung auf Vollständigkeit, richtig
adressiert und frankiert in den Briefkasten gegenüber seiner Kanzlei selbst recht-
zeitig eingeworfen zu haben.
Ein „Nachweis“ dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Postlauf gelangt ist,
ist ebenso wenig zu fordern, wie eine meist nicht mögliche Darlegung, wann und
wie genau ein Schriftstück verloren gegangen ist. Vielmehr genügt die Glaubhaft-
machung, dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in einem Bereich,
für den die Antragstellerin (auch über § 85 ZPO) verantwortlich ist, eingetreten ist
(vgl. BGH NJW-RR 2003, 862).
Sollte die Beschwerde beim Patentamt aber rechtzeitig eingegangen sein, so be-
legt allein der Vermerk, dass eine Rückfrage bei der Geldstelle des Deutschen
Patent- und Markenamts, ob die im Beschwerdeschriftsatz erwähnte Einzugser-
mächtigung für die Beschwerdegebühr seinerzeit beigelegen habe, ergebnislos
verlaufen sei, kein Verschulden des Bevollmächtigten der Antragstellerin. Dazu
hätte beim Patentamt das Fehlen der genannten Anlage vermerkt werden müs-
sen.
gez.
Unterschriften