Urteil des BPatG vom 23.10.2001

BPatG (marke, beschwerde, kennzeichnungskraft, körper, abstand, verwechslungsgefahr, grad, auflösung, handelsregister, eintragung)

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 48/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
6.70
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betreffend die Marke 2 908 983
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat ) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 23. Oktober 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele sowie des Richters Dr. Schmitt und der Richterin Werner
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die Eintragung der Marke 2 908 983
Odora
mit dem Warenverzeichnis
"zubereitete Raumdesodorierungsmittel als getrocknetes Blü-
ten- und Muschelpotpourri in unterschiedlichen Verpackun-
gen sowie die dazu gehörenden Auffrischungsöle, kosmeti-
sche Erzeugnisse"
ist Widerspruch erhoben aufgrund der Marke 1 084
091
ODOL,
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welche für die Waren
"Arzneimittel, chemische Erzeugnisse für Heilzwecke und
Gesundheitspflege, pharmazeutische Drogen, Mittel zur Kör-
per- und Schönheitspflege, insbesondere Mund- und Ra-
chenpflegemittel; Zahnpasten, Seifen, Wasch- und Bleich-
mittel, Stärke und Stärkeerzeugnisse für kosmetische
Zwecke"
geschützt ist.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, trotz möglicher Identität der
beiderseitigen Waren und gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchs-
marke zumindest hinsichtlich der Mund- und Rachenpflegemittel und der Zahn-
pasten halte "Odora" von "ODOL" in klanglicher wie in schriftbildlicher Hinsicht den
erforderlichen Abstand ein, so daß Verwechslungen der beiden Markenwörter
nicht zu befürchten seien.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt.
Ihrer Ansicht nach sind mit Rücksicht auf die auch von der Markenstelle aner-
kannte gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, Verwechslun-
gen zwischen den Vergleichsmarken namentlich hinsichtlich der identischen Wa-
ren "kosmetische Erzeugnisse" auf der einen Seite und andererseits "Mittel zur
Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Mund- und Rachenpflegemittel" in
relevantem Umfang zu befürchten. Zumindest dem Klange nach seien die Mar-
kenwörter "Odora" und "ODOL" einander stark angenähert. Sie stimmten nicht nur
im vorderen Wortteil überein, auch die anschließenden ohnehin klangschwachen
Konsonanten "r" bzw "L" seien als Zahnlaute klangverwandt. Dies führe dazu, daß
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die beiden Wörter auch nicht durch das zusätzliche Schluß-"a" in "Odora" aus-
einandergehalten werden könnten.
Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und wegen des Wider-
spruchs aus der vorgenannten Widerspruchsmarke die Löschung
der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin hat sich im Verfahren nicht geäußert. Über ihr Vermögen
wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt; infolge-
dessen ist ihre Auflösung im Handelsregister eingetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt
der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet.
Im Laufe des Widerspruchsverfahrens sind die beiden Vergleichsmarken im Re-
gister umgeschrieben worden, so daß eine Anwendung von § 265 Abs 2 ZPO in
Betracht zu ziehen ist (vgl BGH WRP 1998, 996 "Sanopharm"). Das Verfahren
kann jedoch in jedem Fall mit den Rechtsnachfolgern fortgesetzt werden, nach-
dem einer Beteiligtenänderung auf der jeweiligen Gegenseite nicht widersprochen
worden ist (vgl § 267). Die Markeninhaberin hat ihre Rechts- und Beteiligtenfähig-
keit durch ihre (im Handelsregister eingetragene) Auflösung nicht verloren (vgl
BPatGE 41, 160, 162 "ETHOCYN/Entoxin").
Zu Recht hat die Markenstelle den Widerspruch aus der Marke "ODOL" zurück-
gewiesen und die Eintragung der angegriffenen Marke "Odora" nicht gelöscht
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(§ 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG). Die beiden zum Vergleich stehenden Markenwörter
unterliegen nicht der Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2
MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in
Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der
Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke. So kann insbesondere ein geringerer
Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der
Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (stRsp, vgl zB BGH GRUR 2000,
1 031 "Carl Link"; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz 17 "Canon"). Nach diesen
Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr insgesamt zu
verneinen.
Raumdesodorierungsmittel in der beanspruchten Form nebst der dazugehörenden
Auffrischungsmittel und kosmetische Erzeugnisse liegen zwar im Ähnlichkeitsbe-
reich von chemischen Erzeugnissen für Heilzwecke und Gesundheitspflege sowie
Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege. Im Bereich der Mund- und Rachenpfle-
gemittel können die beiderseitigen Waren sogar identisch sein. Auch wenn zu-
gunsten der Widersprechenden - ungeachtet ihres insoweit nicht mit Fakten be-
legten, unsubstantiierten Sachvortrags - im vorgenannten Warenbereich zumin-
dest hinsichtlich Mundwässer von einer deutlich gesteigerten Kennzeichnungskraft
der Widerspruchsmarke ausgegangen wird, hebt sich gleichwohl die angegriffene
Marke "Odora" noch so sicher von der Widerspruchsmarke "ODOL" ab, daß
Verwechslungen nicht ernsthaft zu befürchten sind. Obgleich die beiden Wörter in
den ersten drei Buchstaben "Odo" schriftbildlich und klanglich identisch sind, sind
die Unterschiede der Wortendungen so ausgeprägt, daß die Marken insgesamt
ohne weiteres auseinandergehalten werden können.
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Schriftbildlich ist der Abstand der beiden Wörter eindeutig und unübersehbar
durch die figürlich gegenüber dem Einzelbuchstaben "L" stark unterschiedlichen
Doppelbuchstaben "ra", was auch von der Widersprechenden letztlich nicht in
Frage gestellt wird. Dem Klange nach sind die vorliegenden Marken nicht zu ver-
gleichen mit den vom Bundesgerichtshof als verwechselbar angesehenen Wort-
zeichen "dipa" und "dib" (GRUR 1992, 110, 111 "dipa/dib"). Anders als "b" und "p",
welche vom Bundesgerichtshof als klangidentisch bewertet worden sind, weisen
vorliegend die Konsonanten "r" und "L" trotz ihrer formalen phonetischen Zuord-
nung als Zahnlaute keine für das Gesamtklangbild beider Markenwörter wesentli-
chen Übereinstimmungen auf. Während das "L" als relativ klangschwacher
Auslaut leicht verklingt, tritt das "r" in Verbindung mit dem Schlußvokal "a" markant
und unüberhörbar in Erscheinung. Insgesamt bewirkt die Schlußsilbe "ra" eine
auffällige Dreisilbigkeit der Marke "Odora" und vermittelt damit ein deutlich
anderes Klanggefüge, als dies bei "ODOL" mit seiner Zweisilbigkeit und dem
lautlich auslaufenden "L" der Fall ist.
Nachdem mithin die Vergleichsmarken sich nicht verwechselbar nahe kommen, ist
die Beschwerde zurückzuweisen.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der
Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten
des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Dr. Ströbele
Werner
Dr. Schmitt
br/Bb
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