Urteil des BPatG vom 06.03.2001

BPatG: beschreibende angabe, investmentfonds, auflage, bestandteil, unterscheidungskraft, software, englisch, form, wiedergabe, globalisierung

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 160/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 14 099.1
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 6. März 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
des Richters v. Zglinitzki und der Richterin am Amtsgericht Dr. Hock
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 24. Februar 2000 die Wortmarke
BestSelect Global
für die Dienstleistungen
"Investmentgeschäfte, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Versiche-
rungsgeschäfte, Immobilienwesen"
zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied
des Patentamts erlassenen Beschluß vom 14. Juni 2000 gemäß §§ 37 Abs 1, 8
Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete
Marke stelle für die beanspruchten Dienstleistungen eine ohne weiteres verständ-
liche, unmittelbar beschreibende Angabe dar, da sie in Form einer Qualitätsan-
gabe lediglich darauf hinweise, daß es sich bei den Dienstleistungen um die welt-
weit am besten ausgewählten ihrer Art handle.
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Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde ein-
gelegt. Sie beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben,
und trägt im wesentlichen vor, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig
und nicht freihaltungsbedürftig. Die Kombination der Bestandteile "Best" und "Se-
lect" sei hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen nicht rein beschreibend.
Die Anmelderin vertreibe unter der Bezeichnung "BestSelect Global" von ihr auf-
gelegte Dachfonds. Ein Dachfonds lege die Mittel der Anleger in verschiedenen
ausgesuchten Fonds an, um über ein möglichst breites Portefeuille eine Risiko-
streuung zu erreichen. Deshalb seien nicht die Anlageentscheidungen, sondern
die Anlageobjekte die bestausgewähltesten. Die Wortschöpfung "BestSelect"
stelle eine sprachunübliche Anlehnung oder Abwandlung mit einer individuellen
Schreibweise dar, die ein Großteil der angesprochenen allgemeinen Verkehrs-
kreise auch nicht verstehe. Der Hinweis "am besten ausgewählt" müßte im Engli-
schen "best selected" lauten. Bei der Bezeichnung "BestSelect Global" und insbe-
sondere bei dem Bestandteil "BestSelect" handle es sich nicht um einen üblichen
Fachausdruck der Finanz- und Börsenterminologie.
Der Senat hat der Anmelderin mit Zwischenbescheiden vom 31. Januar 2001 und
vom 6. Februar 2001 den Beschluß vom 14. Juli 2000 – 33 W (pat) 75/00 – "Large
Cap Europe", Kopien des Prospektes über den Investmentfonds "Postbank Dyna-
mik Global" sowie Listen über zahlreiche Investmentfonds aus der Frankfurter All-
gemeinen Zeitung, aus der Zeitschrift "FINANZtest" und aus der Zeitschrift
"BÖRSE Online" zur Kenntnis- und Stellungnahme übersandt.
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II
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Senat folgt im Ergebnis der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts, daß
die als Marke angemeldete Bezeichnung "BestSelect Global" als freihaltungsbe-
dürftige beschreibende Angabe, der auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt, ge-
mäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die
Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zu-
rückgewiesen.
Die Anmelderin weist zwar zutreffend darauf hin, daß eine zur Eintragung ange-
meldete Mehrwortmarke in ihrer Gesamtheit mit allen ihren Bestandteilen, wie sie
den angesprochenen Verkehrskreisen begegnet, ohne analytisch zergliedernde
Betrachtungsweise zu beurteilen ist (vgl BGH GRUR 2001, 162, 163 – RATIONAL
SOFTWARE COPORATION; BGH GRUR 1996, 771, 772 – THE HOME DEPOT).
Dieser Grundsatz kann aber nicht dem Erfordernis widersprechen, die Entschei-
dung über die Schutzfähigkeit einer Marke insbesondere auf Grund ihrer Ver-
kehrsauffassung im einzelnen gemäß § 79 Abs 2 MarkenG iVm § 78 Abs 1 und 2
MarkenG begründen zu müssen. So wird übrigens auch vom Bundesgerichtshof –
beispielsweise in seiner von der Anmelderin zitierten "RATIONAL SOFTWARE
CORPORATION"-Entscheidung - die Bedeutung der einzelnen Wörter sowohl al-
lein als auch im betreffenden Zusammenhang näher untersucht.
Die angemeldete Bezeichnung "BestSelect Global" werden die angesprochenen
Verkehrskreise des breiten allgemeinen Publikums mit finanziellem Investitions-
oder Anlageinteresse insgesamt ohne weiteres lediglich als rein beschreibende
Angabe auffassen, die in branchenüblicher Weise englischsprachlich zwei für die
Geldanlage oder sonstige Finanzengagements – in Investmentfonds, fondsgebun-
dene Lebensversicherungen, Immobilienaktien oä – wesentliche Auswahlkriterien
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nennt, nämlich "BestSelect" im Sinne von "bestens ausgewählt", "beste Aus-
wahl/Auslese" sowie "Global" im Sinne von "weltweit", "international".
Der Ansicht der Anmelderin, ein größerer Teil des deutschen Verkehrs werde die
englischen Ausdrücke "BestSelect Global" nicht verstehen, vermag sich der Senat
keineswegs anzuschließen. Denn einerseits ist von durchschnittlich informierten,
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern auszugehen (vgl
EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 26 – Lloyd), die hinsichtlich der beanspruch-
ten Dienstleistungen nicht nur erhebliche eigene Vermögensinteressen, insbeson-
dere bei Kapitalanlagen, verfolgen, sondern auch die sehr häufig englischsprachli-
chen Sachangaben und Fachbegriffe gewöhnt sind (vgl zB Beschluß des Senats
vom 9. Januar 2001 33 W (pat) 124/00 - Financial Enterprising). Andererseits sind
die Wörter der Bezeichnung "BestSelect Global" ohnehin leicht verständlich, da
die englischen Ausdrücke "best" und "select" zum Grundwortschatz gehören und
das Adjektiv "global" ebenso im Deutschen geläufig ist (vgl Duden, Deutsches
Universalwörterbuch, 3. Auflage 1996, S 618), zumal die "Globalisierung" ein all-
seits bekanntes Trendthema darstellt.
Soweit die Anmelderin meint, die Wortkombination "BestSelect" sei sprachunüb-
lich, trifft dies nicht zu. Das englische Wort "select" bedeutet nämlich auch adjekti-
visch "ausgewählt, erlesen" und als Substantiv "Auswahl, Auslese" (vgl Langen-
scheidts Großes Schulwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Auflage 1977, S 1072;
Langenscheidts Handwörterbuch Deutsch-Englisch, 5. Auflage 1979, S 77 unter
"Auswahl"). Die Zusammenschreibweise "BestSelect" kann dem deutschen Ver-
kehr schon deshalb nicht eigenartig erscheinen, weil er beispielsweise Begriffe wie
"Bestseller", "Bestmarke", "Bestform", "Bestwert", "Bestleistung", "bestmöglich"
kennt und die Binnengroßschreibung des Buchstabens "S" in gebrauchsgraphisch
gern verwendeter Wiedergabe lediglich die Wortverbindung deutlich hervorhebt
und die Verständlichkeit fördert.
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Die Wortfolge der Bezeichnung "BestSelect Global" mag zwar einer gewöhnlichen
Ausdrucksweise im fließenden Kontext der Schrift- oder Umgangssprache nicht
entsprechen. In die Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine Anmeldemarke Unter-
scheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG besitzt oder im Sinne des
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ausschließlich aus Angaben besteht, die im Verkehr zur
Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merk-
male der Waren oder Dienstleistungen dienen können, sind aber auch andere
branchenspezifische Bezeichnungsgepflogenheiten einzubeziehen.
Schlagwortartig beschreibende Angaben – wie die der Anmeldemarke "BestSelect
Global" - sind insbesondere in Bezeichnungen von Investmentfonds als Hinweis
auf Anlagekriterien, Auswahlschwerpunkte und Zusammensetzungen der Portfo-
lios allgemein üblich (vgl Beschluß des Senats vom 14.
Juli
2000
- 33 W (pat) 75/00 – Large Cap Europe). So hat der Senat zahlreiche Bezeich-
nungen von Investment-Fonds nachgewiesen, die den qualitativen Auswahlhin-
weis "Best" oder "Select" oder die Angabe des Investitionsbereiches "Global" ent-
halten, wie beispielsweise:
SOP Best Buy
UBS Nemax Finest Select
ABN Best of Japan
ABN Best of Old Economy
ML Best of World
Deka LG – Top Select
Oppenheim Select
Postbank Dynamik Global
Zürich Invest Global Select Plus
Metzler Global Select
Multiwert Funds Best Select
CO Global Logistics Select.
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In der Praxis finanzsprachlicher Ausdrucksformen sind demnach Folgen kurzer
Sachbegriffe und Sachhinweise in gleicher Art wie die Zusammensetzung der an-
gemeldeten Marke durchaus nicht ungewöhnlich. Schon die der Anmelderin vor-
gelegten Listen von Investmentfonds lassen ohne weiteres erkennen, daß sich die
Bezeichnungen der einzelnen Fonds regelmäßig aus einem unternehmenskenn-
zeichnenden Bestandteil – wie beispielsweise DIT, DWS, UBS, ABN, ADIG, Alli-
anz, DB, BfG, Oppenheim, Postbank etc – sowie weiteren Angaben zusammen-
setzen, die in möglichst knapper Form die wesentlichsten Anlageauswahlkriterien
- den geographischen Schwerpunkt, die Branchen- oder Themenspezialisierung,
die Kapitalisierung, die Bonität oder dergleichen – nennen. Die angemeldete
Marke enthält aber keinen unternehmenskennzeichnenden Bestandteil, sondern
beschränkt sich offensichtlich auf rein beschreibende Sachangaben, und zwar in
einer Art der Reihenfolge, die insbesondere in zahlreichen Fonds-Bezeichnungen
üblich ist (vgl zB auch Beschluß des Senats vom 14. Juli 2000 – 33 W (pat) 75/00
- Large Cap Europe).
Winkler
Dr. Hock
v. Zglinitzki
Cl/Hu