Urteil des BPatG vom 16.01.2002

BPatG (marke, benutzung, beschwerde, verhandlung, glaubhaftmachung, widerspruchsverfahren, verwechslungsgefahr, bekanntmachung, einrede, antrag)

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 40/01
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
16. Januar 2002
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 395 06 110
BPatG 154
6.70
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hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Voit
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse
des Deutschen Patent- und Markenamts -
Markenstelle für
Klasse 8 – vom 18. August 1999 und vom 17. November 2000
aufgehoben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke
angeordnet worden ist.
Der Widerspruch aus der Marke 610 566 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die am 15. Januar 1996 für "Rasierapparate und Rasierklingen“ eingetra-
gene Bezeichnung
SIGNAL
deren Bekanntmachung am 20. April 1996 erfolgte, hat Widerspruch erhoben die
Inhaberin der seit dem 16. August 1951 eingetragenen, nachfolgende wiederge-
geben Wort-Bildmarke
siehe Abb. 1 am Ende
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die ua für „Messerschmiedewaren und Werkzeuge; kleine Haus- und Küchenge-
räte“ geschützt ist.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke
bereits im Widerspruchsverfahren vor der Markenstelle des Deutschen Patent-
und Markenamts bestritten, worauf die Widersprechende Unterlagen zur Glaub-
haftmachung der Benutzung insbes. für Scheren und Messer vorgelegt hat, die
sich auf den Zeitraum 1994 bis 1996 beziehen.
Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der an-
gegriffenen Marke angeordnet, da zwischen den benutzten und den angegriffenen
Waren eine Ähnlichkeit im Rechtssinne nicht von der Hand zu weisen und die
Vergleichsmarken bei mündlicher Benennung mit dem sich allein dafür anbieten-
den Wort „Signal“ klanglich identisch seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin mit dem Antrag,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und den Widerspruch zu-
rückzuweisen.
Sie hält nach wie vor weder eine Waren- noch – im Kontext des Gesamteindrucks
– eine Markenähnlichkeit für gegeben und bestreitet erneut die Benutzung der Wi-
derspruchsmarke, und zwar nunmehr vor allem für den 5-Jahreszeitraum vor der
Beschwerdeentscheidung über den Widerspruch nach § 43 Abs 1 S. 2 MarkenG
Die Widersprechende hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache
geäußert.
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II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig und hat schon deshalb Erfolg,
weil die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchs-
marke für den nunmehr maßgeblichen Benutzungszeitraum nicht glaubhaft ge-
macht hat. Der Widerspruch konnte daher mangels berücksichtigungsfähiger Wa-
ren auf Seiten der Widerspruchsmarke bereits aus diesem Grund keinen Erfolg
haben und war deshalb zurückzuweisen (§§ 43 Abs 1 Satz 3, Abs 2 Satz 2 Mar-
kenG), so daß es keiner Entscheidung über die Beschwerde bezüglich der Beur-
teilung einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bedarf.
Da die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung gegen-
über der seit 1951 eingetragenen Widerspruchsmarke zulässigerweise erheben
konnte und sie die Einrede auch in zeitlicher Hinsicht nicht auf einen der in § 43
Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG genannten benutzungsrelevanten Zeiträume
beschränkt hat, war die ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für die ein-
getragenen Waren sowohl für den Zeitraum von fünf Jahren vor Bekanntmachung
der Eintragung der jüngeren Marke (20. April 1996) nach § 43 Abs 1 Satz 1 Mar-
kenG als auch zusätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren vor dem Entschei-
dungsdatum (16. Januar 2001) über den Widerspruch nach § 43 Abs 1 Satz 2
MarkenG glaubhaft zu machen, um Ansprüche im Widerspruchsverfahren geltend
machen zu können (vgl hierzu BGH GRUR
1998, 938, 939 - DRAGON;
GRUR 1999 54, 55 - Holtkamp; MarkenR 1999, 297, 298 - HONKA). Die anwalt-
lich vertretene Widersprechende hat jedoch nur für den ersten dieser benutzungs-
relevanten Zeiträume eine Benutzung der Widerspruchsmarke dargetan, sich im
Beschwerdeverfahren aber nicht mehr zur Benutzung ihrer Marke für den sog.
2. Zeitraum geäußert, obwohl sie aufgrund des ausdrücklichen und wiederholten
Bestreitens der Markeninhaberin wissen mußte, daß die erneut erhobene Nicht-
benutzungseinrede Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war.
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Gerichtliche Aufklärungshinweise nach §
82 Abs
1 Satz
1 MarkenG, analog
§§ 139, 273 ZPO waren nicht veranlaßt. Anhaltspunkte dafür, daß die Wider-
spruchsmarke in den letzten 5 Jahren vor der Beschwerdeentscheidung benutzt
wurde, ergeben sich auch aus dem sonstigen Akteninhalt nicht. Bei dieser Aus-
gangslage besteht nicht nur keine Aufklärungspflicht, sondern ein gerichtlicher
Hinweis könnte vielmehr eher Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts auf-
kommen lassen, insbesondere bei anwaltlicher Vertretung des Beteiligten (vgl
dazu Thomas/Putzo, 20. Aufl, § 139 Rdn 1). Das Gericht war auch nicht gehalten,
den Beteiligten Äußerungsfristen zu setzen oder im Vorfeld der mündlichen Ver-
handlung die Benutzungslage anzusprechen. Vielmehr ist es ausreichend, wenn
die jeweiligen Schriftsätze dem Gegner übersendet wurden und ihm die Möglich-
keit eingeräumt war, sich hierzu innerhalb einer angemessenen Frist zu äußern
(vgl BGH GRUR 1997, 223, 224 "Ceco") bzw. wie im vorliegenden Fall die Glaub-
haftmachung spätestens in der anberaumten mündlichen Verhandlung anzutreten,
die er allerdings nicht wahrgenommen hat. Es bedarf im übrigen keiner weiteren
Ausführungen, daß der Widersprechenden seit dem erneuten Bestreiten der Be-
nutzung mit Schriftsatz vom 19. Februar 2001 für die Glaubhaftmachung ausrei-
chend Zeit zur Verfügung stand.
Bei dieser Sach- und Rechtslage waren die angefochtenen Beschlüsse aufzuhe-
ben und der Widerspruch zurückzuweisen, wobei der Senat von einer Kostenauf-
erlegung aus Billigkeitsgründen nur deshalb abgesehen hat, weil auch die Mar-
keninhaberin den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen hat.
Stoppel Martens
Voit
Bb
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Abb. 1