Urteil des BPatG vom 23.01.2001

BPatG (rechtliches gehör, marke, beschwerdegegner, büro, geschäftsführer, register, inhaber, zweifel, beschwerde, geschäftsbetrieb)

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 81/99
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
23. Januar 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke IR 428 448
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Winkler, des Richters v. Zglinitzki und der Richterin am Amtsgericht
Dr. Hock
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die international registrierte Marke 428 448 "Mapa", für die als Inhaberin ur-
sprünglich die Firma M… GmbH + Co. KG eingetragen war,
wurde am 12. Juni 1989 auf die Firma M1… GmbH umgeschrieben.
P… war im Januar 1991 alleinvertretungsberechtigter und von den
Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der GmbH, die am
31. Januar 1991 beim Amtsgericht Stuttgart die Eröffnung des Vergleichsverfah-
rens zur Abwendung des Konkurses beantragte. Das Amtsgericht Stuttgart lehnte
den Vergleichsantrag mit Beschluß vom 2. April 1991 ab und eröffnete das An-
schlußkonkursverfahren, wobei Rechtsanwalt L… zum Konkursverwalter
bestellt wurde.
Am 17. Januar 1996 beantragte der Beschwerdegegner die Umschreibung der
Marke auf sich und legte hierzu eine "Übertragungs- und Annahmeerklärung" vom
gleichen Tag zwischen ihm und Rechtsanwalt L… als Konkursverwalter der
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GmbH vor. Das Deutsche Patentamt leitete ein Gesuch zur Umschreibung der
Marke auf den Beteiligten K… im Februar 1997 an das Internationale Büro in
Genf weiter. Das Internationale Büro trug daraufhin den Beteiligten K… als Inha-
ber der Marke in das internationale Register ein.
Der Beschwerdeführer beantragte am 27. Juni 1997 die Umschreibung der streit-
gegenständlichen Marke auf sich als Inhaber. Er legte eine mit dem Datum
31.1.1991 versehene "Übertragungserklärung" zwischen der GmbH und ihrem
damaligen Geschäftsführer, P…, der hierbei zugleich namens der
GmbH handelte, über die Abtretung der Marke an P… sowie eine
weitere "Übertragungs- und Annahmeerklärung" vom 12. Januar 1996 zwischen
P… und dem Beschwerdeführer selbst über die Abtretung der Mar-
ke an ihn vor. Auf Grund dieser Unterlagen leitete das Patentamt ein Gesuch um
Umschreibung der Marke auf den Beschwerdeführer an das Internationale Büro,
worauf die Umschreibung am 3. Oktober 1997 im internationalen Register auch
vollzogen wurde. Der Umschreibungsantrag des Beschwerdeführers wurde dem
Beschwerdegegner vor der Umschreibung nicht mitgeteilt.
Der Beschwerdegegner beantragte daraufhin, hinsichtlich der streitgegenständli-
chen Marke ein Gesuch um Umschreibung auf ihn im internationalen Register an
das Internationale Büro zu leiten. Am 5. März 1999 faßte das Deutsche Patent-
und Markenamt einen entsprechenden Beschluß. Zur Begründung führte die Mar-
kenabteilung aus, daß dem Beschwerdegegner vor der Weiterleitung des Gesu-
ches um Umschreibung an das Internationale Büro vom 1. Oktober 1997 kein
rechtliches Gehör gewährt worden sei und somit ein Verfahrensmangel vorliege.
Die Umschreibung beruhe auch auf diesem Verfahrensmangel, da nach Anhörung
des vorher als Inhaber eingetragenen Beschwerdegegners Zweifel an einer wirk-
samen Übertragung der streitgegenständlichen Marke auf den Beschwerdeführer
bestünden.
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Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluß der Markenabteilung 3.2 vom 5. März 1999 aufzu-
heben.
Er trägt vor, daß eine wirksame Übertragung der Marke von der GmbH auf ihren
damaligen Geschäftsführer P… am 31. Januar 1991 erfolgt sei. Zu-
sammen mit der Marke sei der gesamte Geschäftsbetrieb übertragen worden. Der
Geschäftsbetrieb habe aus einem Monatsausdruck der Kundenlisten bestanden.
P… habe jedoch die Kundenlisten nicht mehr benutzen können,
weil ihm vom Konkursverwalter der Zutritt zum Betrieb untersagt worden sei. Hin-
sichtlich des übrigen Vortrags wird auf den Tatbestand des Beschlusses des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. März 1999 Bezug genommen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, daß die Marke wirksam vom Konkursverwalter auf ihn übertragen
worden sei und bestreitet die Wirksamkeit der Markenübertragungen vom
31. Januar 1991 sowie vom 12. Januar 1996.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluß der Markenstelle vom
5. März 1999 sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Nach der Auffassung des Senats hat das Deutsche Patent- und Markenamt das
Internationale Büro zurecht ersucht, die streitgegenständliche Marke im internatio-
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nalen Register wieder auf den Beschwerdegegner umzuschreiben, weil diesem
vor der Umschreibung auf den Beschwerdeführer kein rechtliches Gehör gewährt
worden ist und die Umschreibung auf diesem Verfahrensfehler beruht.
1. Wie die Markenstelle zu Recht ausgeführt hat, enthalten weder § 27 MarkenG
noch § 31 MarkenV noch § 42 MarkenG iVm § 45 MarkenV eine ausdrückliche
Bestimmung hinsichtlich der Rückgängigmachung von Umschreibungen. Wie der
BGH jedoch unter Geltung des früheren Warenzeichengesetzes bereits entschie-
den hat (BGH GRUR 1969 S 43 ff. "Marpin") kann eine Umschreibung dann rück-
gängig gemacht werden, wenn einem bislang als Inhaber Eingetragenen vor einer
Umschreibung kein rechtliches Gehör gewährt worden ist. Der Senat vertritt die
Auffassung, daß diese Grundsätze auch für das Umschreibungsverfahren nach
§ 27 Abs 3 MarkenG anwendbar sind (vgl Fezer, Markenrecht, § 28 Rdz 21,
BPatG 10 W (pat) 4/99 in GRUR 1999, S 982 ff.). Dies gilt insbesondere deshalb,
weil wesentliche Vorraussetzung für eine Umschreibung nach dem Warenzei-
chengesetz und auch nach dem nunmehr geltenden Markengesetz der Nachweis
eines Rechtsübergangs ist.
Das Ersuchen an das Internationale Büro vom 1. Oktober 1997 beruht auf der
Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat
auch insoweit zu Recht ausgeführt, daß nach Anhörung des Beschwerdegegners
Zweifel an einer wirksamen Übertragung auf den Beschwerdeführer geblieben
sind. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den im Verfahren vorgelegten Schrift-
satz vom 26. Februar 1997 aus einem Rechtsstreit vor dem OLG Stuttgart (20 O
19/97), in dem P… selbst vortragen läßt, er habe die Marke nicht
veräußert, sondern der Konkursverwalter habe sie auf den Beschwerdegegner
dieses Verfahrens übertragen. Hinsichtlich der Einzelheiten der vom Patentamt
festgestellten Zweifel wird auf den Beschluß vom 5. März 1999 Bezug genommen.
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Nach der Auffassung des Senats ist in diesem Zusammenhang noch ein weiterer
Gesichtspunkt von Bedeutung, der erhebliche Zweifel an einem rechtswirksamen
Markenerwerb des Beschwerdeführers dieses Verfahrens begründet. Diese erge-
ben sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers selbst in der mündlichen Ver-
handlung vom 23. Januar 2001 zur Übertragung der streitgegenständlichen Marke
von der GmbH auf ihren Geschäftsführer P… vom 31. Januar 1991.
Die Übertragung des Geschäftsbetriebes habe darin bestanden, so der Be-
schwerdeführer, daß der Geschäftsführer gemäß § 181 BGB auf sich selbst zu-
sammen mit der Marke einen monatlichen Auszug der Kundenlisten übergeben
habe. Weitere Teile des Geschäftsbetriebes seien nicht Inhalt des Rechtsge-
schäftes gewesen.
Die bloße Übergabe einer Kundenliste erfüllte jedoch nicht die Voraussetzungen
des § 8 Abs 1 Satz 1 WZG iVm Art. 6 quater PVÜ (vgl a. BGH GRUR 1987, 525
"LITAFLEX, wonach ein Recht nur mit dem Geschäftsbetrieb oder dem Teil des
Geschäftsbetriebes, zu dem das Warenzeichen gehört, auf einen anderen über-
gehen konnte. Unter Geschäftsübergang im Sinne dieser Vorschrift ist ein Über-
gang im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Dies bedeutet, daß der Übergang
einzelner Betriebsgrundlagen ausreicht, wenn sie eine zur Fortführung der bishe-
rigen Produktion ausreichende persönliche oder sachliche Grundlage bieten, so
daß der Verkehr der Ansicht sein kann, daß die betreffende Fabrikation im Großen
und Ganzen unter den gleichen Bedingungen wie beim Vorgänger erfolgt
(Busse/Starck, WZG, 6. Auflage, § 8 Rdz 6 f.). Die Übergabe von Kundennamen,
Etiketten, Prospekten und ähnlichem genügt jedoch nicht (BGH GRUR 1967, S 89
"Conzelmann zur Rose"). Ein Verstoß gegen § 8 Abs 1 S 1 WZG führte gemäß § 8
Abs 1 Satz 3 WZG zur Unwirksamkeit der Übertragung der Marke. § 8 WZG findet
im vorliegenden Fall nach wie vor noch Anwendung. Eine wie hier unter Geltung
des früheren Rechts vorgenommene, gegen § 8 Abs 1 Satz 2 WZG verstoßende
"Leerübertragung" wird nicht nachträglich durch Geltung des neuen Markengeset-
zes wirksam (BGH GRUR 1994, 288, 289 f. "Malibu"; BGH GRUR 1995, 117, 119
f. "Neutrex"). Die Unwirksamkeit der Übertragung der streitgegenständlichen
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Marke von der GmbH auf P… hat zur Folge, daß dieser wiederum
die Marke nicht wirksam auf den Beschwerdeführer dieses Verfahrens übertragen
konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG. Der Senat vertritt
die Auffassung, daß es im vorliegenden Nebenverfahren der Billigkeit entspricht,
daß jede Partei ihre Kosten selbst trägt. Anderweitige Kostenanträge haben die
Parteien im übrigen auch nicht gestellt.
Winkler
v. Zglinitzki
Dr. Hock
Cl