Urteil des BPatG vom 11.01.2006

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 55/03
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
11. Januar 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung P 44 43 055.8-35
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2006 durch …
- 2 -
beschlossen:
1. Der Beschluss des Patentamts vom 19.
Mai
2003 wird
aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Fortführung des Prüfungsverfahrens an
das Patentamt zurückverwiesen.
G r ü n d e
I.
Die Anmeldung ist durch den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 Q vom
19. Mai 2003 aus den Gründen des Bescheides vom 11. Dezember 2001 zurück-
gewiesen worden. Der Beschluss stützt sich auf die Entgegenhaltungen
(2) Kobayashi, S. et al.: Dielectric Tapered Rod Antennas for Millimeter-Wave
Applications. In: IEEE Transactions on Antennas and Propagation, Vol.
AP-30, No. 1, January 1982, Seiten 54 bis 58,
(3) DE 94 12 243 U1 und
(6) GB 2 034 124 A.
Gegenüber dem durch diese Druckschriften belegten Stand der Technik beruhe
der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit. Außerdem sei Anspruch 1 nicht zulässig.
Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht wurden außerdem noch die bereits im
Prüfungsverfahren vor dem Patentamt genannten Druckschriften
- 3 -
(1) DE 93 12 251 U1,
(4) DE 26 48 375 C2,
(5) DE 26 43 350 C2,
(7) GB 1 472 968,
(8) GB 905 417,
(9) Wilson, M.: Down east Microwave 23-cm and 13-cm Loop Yagis. In: OST,
July 1990, Seiten 35 bis 36,
(10) Nakano, H. et al.: Directive properties of parasitic helix and its applications on
circularly polarised antenna. In: IEEE Proceedings, Vol. 130, Pt. H, No. 6,
October 1983, Seiten 391 bis 396,
(11) Trentini, G. v.: Wellenführende Systeme für Längsstrahler. In: NTZ, 1959,
Heft 10, Seiten 501 bis 508, und
(12) Reynolds, D. K.: Broadband Travelling Wave Antennas. In: IRE National
Convention Record, 1957, Part 1, Seiten 99 bis 107,
in Betracht gezogen.
Der Vertreter der Anmelderin erklärt:
Ich teile die Patentanmeldung.
Die Anmelderin legt einen neuen Anspruch 1 vor und beantragt,
das Patent mit Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen
Verhandlung, und noch anzupassenden weiteren Unterlagen zu
erteilen.
- 4 -
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
"1.
Antenneneinrichtung für ein Füllstandmess-Radargerät mit:
-
einem HF-Strahler (1) zum Abstrahlen von Mikrowellen ent-
lang einer Hauptabstrahlrichtung (A) in einen Innenraum
eines Behälters,
-
Direktoren in Form von zueinander in Hauptabstrahleinrich-
tung (A) beabstandeten, schleifenförmigen Leitungen (3),
welche über eine elektrische Leitung (5) mit einem Anten-
nenmasseanschluss verbunden sind,
-
eine als Korrosionsschutzhohlkörper ausgebildete Korrosi-
onsschutzschicht (6), an deren Innenseite die schleifenför-
migen Leitungen (3) aufgebracht sind und welche kleiner
gleich 2 mm dick ist.“
Die Anmelderin vertritt die Auffassung, die Merkmale im geltenden Patentan-
spruch 1 seien den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehö-
rend entnehmbar. Auch sei der Gegenstand gemäß Anspruch 1 gegenüber dem
durch die bisher genannten Druckschriften belegten Stand der Technik neu und
beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
II
Die Beschwerde ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Be-
schlusses und zur Zurückverweisung an das Patentamt auf der Grundlage des
neu gefassten Patentanspruchs 1, der noch nicht geprüft ist (§ 79 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 und 3 PatG).
1)
Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig. Er umfasst Merkmale der ur-
sprünglich eingereichten Ansprüche 1, 3, 6 und 15 bis 18 und präzisiert diese an-
hand der Beschreibung, vgl. Offenlegungsschrift DE 44 43 055 A1, Spalte 6, Zei-
- 5 -
len 25 bis 32 und Spalte 7 Zeilen 40 bis 51, bzw. ursprüngliche S. 12 Abs. 3 und
S. 15 Abs. 1.
2a) Da das Patentbegehren im Beschwerdeverfahren wesentlich geändert
wurde, ist der dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Zurückweisungs-
grund der mangelnden Patentfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik insbe-
sondere nach den Druckschriften (2), (3) und (6) entfallen.
Die Antenneneinrichtung nach dem geltenden Anspruch 1 ist unzweifelhaft ge-
werblich anwendbar und auch gegenüber dem bisher bekannt gewordenen Stand
der Technik nach (1) bis (12) neu, da bei keiner der dort beschriebenen Anten-
neneinrichtungen eine als Korrosionsschutzhohlkörper ausgebildete Korrosions-
schutzschicht vorgesehen ist, an deren Innenseite Direktoren in Form von schlei-
fenförmigen Leitungen aufgebracht sind.
Darüber hinaus ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht in nahe
liegender Weise aus dem zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht
zu ziehenden Stand der Technik nach den Druckschriften (1) bis (12). Bei den in
den vorgenannten Druckschriften beschriebenen Antenneneinrichtungen kommen
zwar verschiedene Anordnungen, u. a. z. B. auch dielektrische Rundhohlleiter mit
darauf aufgebrachten Direktoren
(vgl. (4), Fig. 1a und 1b, Sp. 1 Z. 3-26, und (5),
Fig. 1a, Sp. 2 Z. 10-21), dielektrische (Voll-) Stabstrahler und Hornstrahler mit
darauf angebrachten Korrosionsschichten (vgl. (3), Fig. 1 bis 4 und insbesondere
S. 10 3. und 4. Abs., S. 11 3. Abs., S. 12 le: Abs.) und in Kunststoff eingebettete
Antennen (vgl. (6), Fig. 1 bis 5 und S. 1 Z. 79 bis S. 2 Z. 48) zur Anwendung. Je-
doch sind Anregungen an den Fachmann dahingehend, Direktoren in Form von
schleifenförmigen Leitungen an der Innenseite einer als Korrosionsschutzhohlkör-
per ausgebildeten Korrosionsschutzschicht aufzubringen gemäß dem im Patentan-
spruch 1 unter dem letzten Spiegelstrich genannten Merkmal, aus dem durch die
vorgenannten Druckschriften belegten Stand der Technik nicht ersichtlich.
- 6 -
2b) Der Senat hat davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden. Wie aus
der Akte ersichtlich ist, hat zu diesen vorgenannten Merkmalen das Patentamt im
Verfahren nach § 44 PatG für die Prüfung, ob der Anmeldungsgegenstand die
Patentierungsvoraussetzungen nach §§ 3 und 4 PatG erfüllt, noch nicht recher-
chiert. Nachdem vorliegend nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein einer
Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert
und eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche
des druckschriftlichen Standes der Technik ergehen kann, wofür in erster Linie die
Prüfungsstellen des Patentamts mit ihrem Prüfstoff und den ihnen zur Verfügung
stehenden Recherchemöglichkeiten in Datenbanken berufen sind, ist die Sache
zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Patentamt zurückzuverweisen.
gez.
Unterschriften