Urteil des BPatG vom 28.10.2008

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BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
3 Ni 21/07 (EU)
hinzuverbunden
3 Ni 22/07 (EU)
und
3 Ni 26/07 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 567 438
(DE 693 22 992)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom
28. Oktober 2008 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Schermer sowie
der Richter Engels, Dr. Egerer, Dr. Maksymiw und der Richterin Zettler
beschlossen:
1.
Das europäische Patent 0 567 438 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise im
Umfang des Patentanspruchs 4 für nichtig erklärt.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3 -
3.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 9. April 1993 beim Europäischen
Patentamt unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Patentanmeldun-
gen JP 129668/92 vom 22. April 1992 und JP 19508/93 vom 12. Januar 1993 an-
gemeldeten und u. a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik
Deutschland in der Verfahrenssprache englisch erteilten europäischen Patents
0 567 438 B1 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der
Nummer DE 693 22 992 geführt wird. Das Streitpatent betrifft „O
ptisch
reines
Cis-oxalato(trans-I-1,2-Cyclohexandiamin)Pt(II) und Verfahren zur Auflösung von
optisch
reinen
Isomeren
einer
Platinkomplexverbindung“
und
umfasst
4 Patentansprüche, von denen der mit den Teilnichtigkeitsklagen jeweils aus-
schließlich angegriffene Patentanspruch 4 in der deutschen Übersetzung wie folgt
lautet:
4. Optisch reines Cis-oxalato(trans-I-1,2-Cyclohexandiamin)Pt(II),
das durch das Verfahren der optischen Auflösung, das in den An-
sprüchen 1 bis 3 definiert ist, erhalten wurde, dadurch gekenn-
zeichnet, dass es die folgende allgemeine Formel hat:
Die Klägerinnen stützen ihre Nichtigkeitsklagen auf den Nichtigkeitsgrund man-
gelnder Patentfähigkeit wegen fehlender Neuheit und erfinderischer Tätigkeit.
- 4 -
Sie beantragen,
das europäische Patent 0 567 438 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seines Patentan-
spruchs 4 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte, die zunächst beantragt hatte, die Klagen abzuweisen, hat mit
Schriftsatz vom 13. Oktober 2008 erklärt, dass sie das Streitpatent in dem Umfang
des angegriffenen Patentanspruchs 4 nicht mehr verteidige. Die Parteien haben
sich darauf hin mit der Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden er-
klärt.
Entscheidungsgründe
Aufgrund des Einverständnisses der Parteien konnte der Senat über die Klagen
ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 83 Abs. 2 PatG). Die zulässigen Kla-
gen, mit denen der Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit des Streitpatents
(Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 138 Abs. 1 und Art. 52, 54 und 56 EPÜ) gel-
tend gemacht wird, sind begründet. Das Streitpatent war in dem angegriffenen
Umfang des Patentanspruchs 4 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland
ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (vgl. Busse/Keukenschrijver PatG,
6. Aufl., § 83 Rdn. 45 m. w. Nachw.), da es insoweit von der Patentinhaberin nach
Art. II § 6 Abs. 3 IntPatÜG zulässig beschränkt worden ist.
Die Erklärung der Beklagten, das Streitpatent in dem Umfang des mit den Klagen
allein angegriffenen Patentanspruchs 4 nicht mehr zu verteidigen, stellt nach stän-
diger Rechtspraxis eine zulässige Selbstbeschränkung im Nichtigkeitsverfahren
(wie auch im Einspruchsverfahren) dar, denn - anders als im Beschränkungsver-
fahren gemäß § 64 Abs. 1 PatG 1981 - kann die Beschränkung im Nichtigkeits-
verfahren auch auf das Fallenlassen einzelner angegriffener Patentansprüche als
Ganzes gerichtet sein (vgl. zum Nichtigkeitsverfahren Busse/Keukenschrijver,
- 5 -
6. Aufl., § 83 Rdn. 37 unter Hinweis auf BGH Bausch BGH 1999-2001, 109 - Ka-
talysatorreaktorträgerkörper; Benkard/Rogge, PatG, 10. Aufl., § 22 Rdn. 50; ferner
Hövelmann Mitt. 2000, 349, 350).
Eine andere Beurteilung ist auch im Hinblick auf die durch das Gesetz zur Umset-
zung der Akte vom 29. November 2000 zur Revision des Übereinkommens über
die Erteilung europäischer Patente vom 24. August 2007 geänderte Fassung des
§ 64 PatG geboten, die gemäß Art. 5 des Gesetzes am 13. Dezember 2007 in
Kraft getreten (vgl. Bekanntmachung vom 19. Februar 2008, BlPMZ 2008, 1) und
mangels Überleitungsvorschriften auf das Streitpatent anwendbar ist, denn hin-
sichtlich der Beschränkung stimmt § 64 Abs. 1 PatG nF mit der bisherigen Vor-
schrift des § 64 Abs. 1 PatG 1981 überein.
Der Zulässigkeit der Selbstbeschränkung steht vorliegend auch nicht entgegen,
dass sie sich auf den allein angegriffenen Patentanspruch 4 bezieht, der zugleich
den alleinigen Streitgegenstand des Nichtigkeitsverfahrens bildet, denn Gegen-
stand der Selbstbeschränkung ist das erteilte Patent und nicht der Streitgegen-
stand. Das Streitpatent wird durch die Selbstbeschränkung aber nicht in unzuläs-
siger Weise auf Null reduziert, sondern bleibt mit den nicht angegriffenen Patent-
ansprüchen 1 bis 3 in seinem Bestand erhalten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m.
§ 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Dr. Schermer
Engels
Dr. Egerer
Dr. Maksymiw
Zettler
Pr