Urteil des BPatG vom 24.07.2007

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BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 63/07
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
24. Juli 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 38 523.2
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 24.
Juli
2007 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
08.05
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G r ü n d e
I.
Die am 30. Juni 2005 für die Waren
„Gesellschaftsspiele, Spiele und Spielwaren“
angemeldete Wortmarke
Trudel
ist von der mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzten Markenstelle für
Klasse
28 des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluss vom
22. November 2006 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen wor-
den. Der Begriff „Trudel“ werde so verstanden, dass es sich um einen langsam
und ungleichmäßig irgendwohin rollenden Gegenstand handele. „Trudel“ sei die
Substantivierung des Verbs „trudeln“. Beim Trudeln handele es sich um ein Wür-
felspiel, wie sich aus einer Internetrecherche der Markenstelle ergebe. Dem Be-
schluss beigefügt sind zwei Internetausdrucke, die eine Verwendung von „Trudeln“
belegen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er trägt
vor, bei dem Wort „Trudel“ handele es sich um eine Wortneuschöpfung, da das
Wort lexikalisch nicht nachweisbar sei. „Trudel“ sei entgegen der Auffassung der
Markenstelle nicht die Substantivierung von „trudeln“. Da das Wort „Trudel“ im
deutschen Sprachgebrauch nicht zu finden sei, habe es automatisch Unterschei-
dungskraft.
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Der Anmelder beantragt (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und
die angemeldete Marke in das Register einzutragen.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil
der als Marke angemeldeten Bezeichnung für die verfahrensgegenständlichen
Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
(konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Un-
ternehmen aufgefasst zu werden, denn die Hauptfunktion einer Marke besteht
darin, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren (und Dienstleistun-
gen) zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. z.
B. EuGH GRUR Int.
2005, 1012,
Rdn. R 27 - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850, 854
- FUSSBALL WM 2006). Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unter-
scheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Be-
schwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH
GRUR 2003, 604, Rdn. 50 - Libertel; GRUR 2004, 674, Rdn. 123 - Postkantoor).
Enthält eine Bezeichnung - wie hier - einen beschreibenden Begriffsinhalt, der von
einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durch-
schnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Rdn. 50 - Henkel; GRUR 2004,
943, Rdn. 24 - SAT.2) ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erkannt
wird, so ist ihr die Registrierung als Marke zu versagen. Bei derartigen beschrei-
benden Angaben gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte, dass der Verkehr sie
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als Unterscheidungsmittel hinsichtlich der betrieblichen Herkunft versteht (vgl.
BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; GRUR 2005, 417 - BerlinCard). So verhält
es sich im vorliegenden Fall.
Die von den Waren angesprochenen allgemeinen deutschen Verkehrskreise wer-
den das Wort „Trudel“ in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinn verstehen,
nämlich dass es sich dabei um einen ungleichmäßig rollenden Gegenstand han-
delt, der zur Durchführung von Spielen bestimmt und geeignet ist. Wie sich aus
den von der Markenstelle ermittelten Internetbelegen ergibt, wird das Verb „tru-
deln“ in diesem Sinn im Zusammenhang mit Würfelspielen von Dritten bereits ver-
wendet.
Das Publikum wird das Wort „Trudel“ als Substantivierung des Verbs „trudeln“ ver-
stehen. Die Behauptung des Anmelders, bei der Marke handele es sich um eine
Wortneuschöpfung, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Auch
ohne lexikalischen Eintrag fehlt es einer Wortmarke an der erforderlichen Unter-
scheidungskraft, wenn der unmittelbare Produktbezug für die in Rede stehenden
Waren für den Verkehr ohne weiteres ersichtlich ist. Dies ist hier der Fall, da der
Verkehr das Wort „Trudel“ lediglich als Sachhinweis auf den Gegenstand so ge-
kennzeichneter Spiele auffassen wird.
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Ob einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der
Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht
entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Dr. Albrecht
Richter Schwarz ist wegen
Urlaubs an der Unter-
schrift verhindert.
Dr. Albrecht
Kruppa