Urteil des BPatG vom 06.03.2001

BPatG: beschreibende angabe, vermietung, unterscheidungskraft, wortmarke, stellenvermittlung, computer, organisation, verwaltung, veröffentlichung, wiedergabe

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 108/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 28 694.9
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 6. März 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
des Richters Dr. Albrecht und der Richterin am Amtsgericht Dr. Hock
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 35 des Patentamts vom 16. April 1999 aufge-
hoben.
G r ü n d e
I
Beim Patentamt ist am 22. Mai 1998 die Wortmarke
Stellenindex
für folgende Waren- und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 35: Werbung, nämlich Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit,
Buchführung, Durchführung von Auktionen und Ver-
steigerungen, Ermittlung von Geschäftsangelegen-
heiten, Marketing, Marktforschung und Marktanalyse,
Aufstellen und Auswerten von Statistiken für Dritte,
Unternehmens- und Organisationsberatung, Per-
sonalberatung, Vermittlung und Abschluß von Han-
delsgeschäften für andere, Vermittlung von Verträgen
über Anschaffung und Veräußerung von Waren- und
Dienstleistungen, Verteilung von Waren zu Werbe-
zwecken, Vervielfältigung von Dokumenten, Werbe-
mittlung; Unternehmens- und Wirtschaftsberatung und
Verwaltung fremder Geschäftsinteressen; Übernahme
von Geschäftsführungsaufgaben für Dritte.
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Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wieder-
gabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger,
Schallplatten; bespielte und unbespielte Compact
Discs und Compactcassetten, CD-I, CD-ROM; Daten-
verarbeitungsgeräte und Computer.
Klasse 16: Druckereierzeugnisse
Klasse 38: Nachrichtenwesen, nämlich Ausstrahlung von Rund-
funk-, Fernseh- und Onlineprogrammen, Sammeln
und Liefern von Nachrichten.
Klasse 41: Erziehung; Unterhaltung, nämlich Vermietung von
Zeitschriften, Veröffentlichung und Herausgabe von
Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, Organisation
und Durchführung kultureller, sportlicher, musikali-
scher und künstlerischer Darbietungen.
Klasse 42: Erstellung und Entwicklung von Software; Hard- und
Softwaresystemberatung; Nachforschungen nach
Personen, Nachforschungen in Rechtsangelegenhei-
ten; Photographieren; technische Beratung und gut-
achterliche Tätigkeit, Übersetzung, Vermietung von
Datenverarbeitungsanlagen, Vermietung von Ver-
kaufsautomaten, Veranstaltung von Messen und Aus-
stellungen.
Die Markenstelle für Klasse
35 hat die Anmeldung durch Beschluß vom
16. April 1999 zurückgewiesen.
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Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß es der Marke im Hinblick auf die
beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle
und es sich um eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe handle
(§ 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Ziff 1, 2 MarkenG). Die Wortbildung er-
schließe sich dem angesprochenen Verkehrskreis ohne weiteres als "Stellenver-
zeichnis". Es handle sich um eine sprachübliche Wortbildung, die keiner zerglie-
dernden oder analysierenden Betrachtungsweise bedürfe, um den Sinngehalt des
Markennamens deutlich werden zu lassen. Diverse Wortverbindungen mit den
Begriffsbestandteilen "Stelle" bzw "Index" existierten bereits.
Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde ein-
gelegt. Sie beantragt sinngemäß,
die Aufhebung des Beschlusses des Patentamts vom
16. April 1999,
und legt folgendes geändertes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor:
Klasse 35: Durchführung von Auktionen betreffend Waren und
Versteigerungen von Waren; Buchführung, Ermittlung
von Geschäftsangelegenheiten und Vermittlung und
Abschluß von Handelsgeschäften für andere, sofern
hier keine Dienstleistungen betroffen sind; Vermittlung
von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung
von Waren; Unternehmens- und Wirtschaftsberatung,
Verwaltung fremder Geschäftsinteressen und Über-
nahme von Geschäftsführungsaufgaben für Dritte,
ausgenommen im Sektor Stellenvermittlung
Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wieder-
gabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger
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und Schallplatten, sofern sie keine Informationen zu
Stellenanzeigen enthalten; unbespielte Compact
Discs, Compactcassetten, CD-I und CD-ROM; Daten-
verarbeitungsgeräte und Computer
Klasse 41: Erziehung; Vermietung von Zeitschriften sowie Veröf-
fentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen
und Zeitschriften, sofern sie keine Stellenanzeigen
enthalten; Organisation und Durchführung kultureller,
sportlicher, musikalischer und künstlerischer Darbie-
tungen
Klasse 42: Erstellen und Verbreiten von Fotos, ausgenommen für
Stellenanzeigen; Übersetzung; Vermietung von Ver-
kaufsautomaten.
Die Anmelderin ist der Ansicht, die Kennzeichnung "Stellenindex" sei unterschei-
dungskräftig, weil ein entsprechender Begriff im deutschen Wortschatz nicht
nachweisbar sei und "Stellenindex" keinen auf der Hand liegenden Begriffsinhalt
habe. Ein Freihaltebedürfnis sei nicht gegeben, da die angemeldete Marke keinen
beschreibenden Charakter habe. Hinsichtlich der nunmehr noch beanspruchten
Waren- und Dienstleistungen sei es nicht möglich, diese im Bereich von Informa-
tionen über Arbeitsplätze einzusetzen.
Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist begründet. Der Senat hält die angemeldete Marke "Stellenin-
dex" im Hinblick auf das nunmehr vorgelegte geänderte Waren- und Dienstlei-
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stungsverzeichnis für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so
daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutz-
hindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 oder Nr 2 MarkenG entgegenstehen.
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnen-
den konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der
Marke erfaßten Waren- und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber sol-
chen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger
Maßstabe anzulegen, dh jede auch noch geringe Unterscheidungskraft reicht aus,
um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH MarkenR 2000, 48
- Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb,
weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt,
wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise un-
terzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren- und
Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zuge-
ordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der
deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets
nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es kei-
nen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen
die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH
aaO – Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 – YES; 1999, 1093 - FOR
YOU mwN).
Zwar hat die Markenstelle des Patentamts zutreffend ausgeführt, daß das ange-
meldete Zeichen aus den Begriffen "Stellen" und "Index" zusammengesetzt ist und
daß sich die Wortbildung dem angesprochenen Verkehrskreis – hier dem allge-
meinen Publikum – ohne weiteres als "Stellenverzeichnis" erschließt. Im Hinblick
auf das nunmehr von der Beschwerdeführerin erheblich eingeschränkte Waren-
und Dienstleistungsverzeichnis fehlt es nach der Auffassung des Senats jedoch an
ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr den Begriff nur im Sinne
einer schlagwortartigen Aussage über die verschiedenen Waren- und Dienstleis-
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tungen wertet. Die Anmelderin hat durch entsprechende Einschränkungen in ih-
rem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis sämtliche Bezüge zum Sektor der
Stellenvermittlung beseitigt, indem bei verschiedenen Waren- und Dienstleistun-
gen ausdrücklich der Bereich der Stellenvermittlung ausgeklammert wurde. Hin-
sichtlich der übrigen Waren, wie "unbespielte Compact Discs", "Datenverarbei-
tungsgeräte und Computer", und Dienstleistungen, wie beispielsweise "Erzie-
hung", "Vermietung von Verkaufsautomaten", "Durchführung von Auktionen, be-
treffend Waren und Versteigerungen von Waren", sind zum anderen nach der
Überzeugung des Senats weiterreichende analysierende Denkprozesse erforder-
lich, um einen Bezug zu der Aussage der streitgegenständlichen Marke herzustel-
len.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken
ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur
Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung
sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen
können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann
besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine
solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409
– PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausge-
schlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten,
sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen
Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die
betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814
- CHANGE; BGH aaO – FOR YOU).
Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Wortmarke "Stel-
lenindex" nicht. Eine Verwendung dieser Bezeichnung als beschreibende Angabe
im Hinblick auf die noch beanspruchten Waren- und Dienstleistungen ist derzeit
nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe be-
ruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werde. Eben-
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sowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit
den Waren- und Dienstleistungen, wie "Übersetzung", "Organisation und Durch-
führung kultureller, sportlicher, musikalischer und künstlerischer Darbietungen
etc", in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe
erfolgen wird.
Winkler
Dr. Albrecht
Dr. Hock
Cl