Urteil des BPatG vom 16.04.2007

BPatG: stand der technik, form, einspruch, patentanspruch, verhinderung, neuheit, konzentration, widerruf

BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 335/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 43 25 927
BPatG 152
08.05
- 2 -
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 16. April 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Das Patent 43 25 927 wird widerrufen.
G r ü n d e
I .
Die Erteilung des Patents 43 25 927 mit der Bezeichnung
"Taxol enthaltender Medikamentierungskit"
ist am 15. April 2004 veröffentlicht worden. Es umfasst 6 Patentansprüche, von
denen Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Medikamentierungskit, gekennzeichnet durch eine antineo-plas-
tisch wirksame Menge von Taxol in einer zur Verabreichung von
135 mg/m
2
Taxol durch Infusion während eines Zeitraumes von
etwa 24 Stunden geeigneten Form und ausreichenden weiteren
Medikationen zur Verhinderung schwerer anaphylaxie-ähnlicher
Reaktionen, formuliert und verpackt zur sequentiellen oder gleich-
zeitigen Verabreichung."
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Zum Wortlaut der sich anschließenden mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen
Ansprüche 2 bis 6, die besondere Ausführungsformen des Medikamentenkits nach
Anspruch 1 bzw. die Verwendung dieses Medikamentenkits betreffen wird auf die
Streitpatentschrift verwiesen.
Gegen das Patent ist am 9. Juli 2004 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch
ist u. a. auf die Behauptung gestützt, dem Gegenstand des Streitpatents fehle es
u. a. gegenüber dem durch die Entgegenhaltung
(D1) Brown J. et al., Canadian Oncology Nursing Journal, 1992,
S. 47 bis 50
belegten Stand der Technik an der Neuheit.
Die Einsprechende beantragt,
das Streitpatent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin hat sich zu den von der Einsprechenden schriftsätzlich vorge-
tragenen Argumenten nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und mit Gründen versehen. Er
führt zum Widerruf des Patents.
Inwiefern der von der Einsprechende genannte Widerrufsgrund der unzulässigen
Erweiterung tatsächlich gegeben ist, nachdem auf Seite 10, Absatz 1 der ur-
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sprünglich eingereichten Unterlagen ausgeführt wird, dass auch bei Verabrei-
chung geringer Taxoldosen, wie zum Beispiel etwa 135 mg/m
2
, durch Infusion in
einem Bereich von 6 bis 28 Stunden ein antineoplastischer Effekt erzielt wird,
kann dahin gestellt bleiben.
Der beanspruchte Medikamentierungskit gemäß Patentanspruch 1 ist jedenfalls
gegenüber der Entgegenhaltung (D1) nicht neu.
Die Entgegenhaltung (D1) beinhaltet Untersuchungen zur Gabe des Chemothera-
peutikums Taxol an Frauen mit Ovarialkrebs. Zur Ermittlung der optimalen Dosis
und der optimalen Infusionsdauer werden dabei zwei Konzentrationen, und zwar
175 mg/m
2
und 135 mg/m
2
, entweder über drei oder 24 Stunden verabreicht (vgl.
S. 47 re. Sp. Abs. 3). Um mit der Verabreichung von Taxol auftretende Überemp-
findlichkeitsreaktionen zu vermeiden, erfolgt gemäß (D1) ferner eine entspre-
chende Prämedikation mit z. B. Dexamethason, Diphenhydramin, Ranitidin oder
Methlyprednisolon (vgl. S. 48/49 re./li. Sp. übergreifender Absatz und S. 49 re. Sp.
Abs. 2). Damit wird mit diesem Artikel die Gabe von Taxol in einer Konzentration
von 135 mg/m
2
in Form einer Infusion, die über einen Zeitraum von 24 Stunden
erfolgen kann, sowie die vorausgehende Verabreichung von auch patentgemäß
genannten Medikamenten, mit denen hypersensible Reaktionen begegnet werden
soll (vgl. Streitpatent z. B. S. 5/14 Abs. [0032] und S. 7/14 Abs. [0045] i. V. m.
Tab. 1), beschrieben. Diese Medikation entspricht aber genau der im angegriffe-
nen Patentanspruch 1 in Form eines Medikamentierungskits vorgeschlagenen
Verabreichung von Taxol und weiteren arzneilichen Präparaten zur Verhinderung
schwerer anaphylaxie-ähnlicher Reaktionen.
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Der Anspruch 1 hat daher mangels Neuheit keinen Bestand. Mit ihm fallen die An-
sprüche 2 bis 6, da über das Streitpatent nicht in Teilen entschieden werden kann.
gez.
Unterschriften