Urteil des BPatG vom 03.03.2004

BPatG: verwechslungsgefahr, verkehr, bestandteil, kennzeichnungskraft, unterhaltung, international, bildmarke, begriff, form, gesamteindruck

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 270/02
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 398 57 041
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgericht auf die
mündliche Verhandlung vom 3.
März
2004 durch die Vorsitzende Richterin
Winkler, der Richter Sekretaruk und Richter Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die am 5. Oktober 1998 angemeldete und am 2. Februar 1999 für die
Dienstleistungen
Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Chorwettbe-
werb, international
eingetragene Wort-/Bildmarke 398 57 041
ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren IR-Wort-/Bildmarke
660 341
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siehe Abb. 1 am Ende
die Schutz genießt für
Cosmétiques, savons, parfums, eau de toilette, lotions après rasa-
ge. Cassettes vidéo préenregistrées, logiciels de jeu, d'éducation
et de divertissement. Produits en métaux précieux ou en plaqué
non compris dans d'autres classes; horlogerie, bijouterie. Produits
de l'imprimerie, livres, photographies, posters, matériel pour
écrire. Sacs fourre-tout, parapluies, porte-documents, porte-mon-
naie, bourses, sacs de ville. Vêtements, chaussures, chapellerie.
Jeux, jouets, équipements de sport compris dans cette classe.
Education, divertissement, activités sportives et culturelles, servi-
ces de parcs d'attraction et d'amusement. Services de restaurants;
hôtellerie, restaurants, libre-service, cafétérias.
Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41
des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom
8. Mai 2002 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Ausgehend
von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer Ähn-
lichkeit bis Identität der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen würden sich
die streitgegenständlichen Marken noch hinreichend deutlich voneinander unter-
scheiden. Eine klangliche Verwechslungsgefahr sei wegen des Wortbestand-
teils "CHOIR" ausgeschlossen. Die angegriffene Marke werde nicht etwa allein
durch den Bestandteil "OLYMPICS" geprägt. Gegen eine Prägung der Marke
durch den Bestandteil "OLYMPICS" spreche auch, dass beide Bestandteile im
Hinblick auf die Dienstleistungslage kennzeichnungsschwach seien.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit
dem Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der
angegriffenen Marke anzuordnen.
Es liege zumindest eine gewisse phonethische, vor allem aber eine starke visuelle
Ähnlichkeit zwischen den Zeichen vor, die zudem mit einer begrifflichen Ähnlich-
keit einhergehe. Die Farbgebung der Widerspruchsmarke finde sich im jüngeren
Zeichen identisch wieder. Bei dem Bildbestandteil des angegriffenen Zeichens
handele es sich erkennbar um eine Abwandlung der olympischen Ringe, die unter
Verwendung derselben Farben lediglich übereinander gelegt worden seien. Die
Zeichenähnlichkeit lasse sich durch das im jüngeren Zeichen verwendete
Wort "CHOIR" nicht ausräumen, da es sich bei dem englischen Wort für "Chor" um
eine glatt beschreibende Sachaussage handele. Zur Prägung des Gesamtein-
drucks des jüngeren Zeichens leiste der Bestandteil "CHOIR" keinerlei relevanten
Beitrag. Der Verkehr werde sich jedenfalls allein an dem kennzeichnungskräftigen
Wort "OLYMPICS" orientieren. Soweit geringe Teile des Publikums im Einzelfall
die Zeichen nicht unmittelbar miteinander verwechseln sollten, liege jedenfalls mit-
telbare Verwechslungsgefahr vor, da der Verkehr die Zeichen gedanklich mitei-
nander in Verbindung bringen werde.
Der Markeninhaber, der die Dienstleistungen in der mündlichen Verhandlung wie
folgt beschränkt hat:
Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Chorwettbewerb international;
alle vorgenannten Dienstleistungen nicht auf dem Gebiet des
Sports
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beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Beschluss. Die jüngere Marke werde nicht durch
den Begriff "OLYMPICS", sondern den Begriff "CHOIR" geprägt. In bildlicher Hin-
sicht bestehe ein wesentlicher Unterschied darin, dass die olympischen Ringe an-
ders als das Symbol der jüngeren Marke in sich geschlossen seien. Eine mittelba-
re Verwechslungsgefahr liege nicht vor, da mit dem angegriffenen Zeichen keine
Beziehung zu den olympischen Spielen der Widersprechenden hergestellt werde.
II
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, jedoch mangels Bestehens
einer Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken nicht begrün-
det.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke
im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit
mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlich-
keit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr
von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedank-
lich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechs-
lungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzuneh-
men. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden
Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit
ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke
(st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626, 627 – IMS).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe besteht im vorliegenden Fall für das Publikum kei-
ne Gefahr von Verwechslungen.
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1.
ment, activités culturelles) stehen sich identische Dienstleistungen gegenüber. Die
Dienstleistungen "Chorwettbewerb international" und "activités culturelles" liegen
im Bereich enger Ähnlichkeit, da Chorwettbewerbe kulturelle Aktivitäten sind.
2.
spruchsmarke aus. Dabei ist nicht etwa nur auf den Markenbestandteil "OLYM-
PIC", sondern auf die Marke in ihrer Gesamtheit abzustellen. Es gibt keine An-
haltspunkte dafür, dass die Widerspruchsmarke in Bezug auf die vorgenannten
Dienstleistungen eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit genießt.
3.
steht trotz der Dienstleistungsidentität keine Verwechslungsgefahr. Zwischen den
Vergleichsmarken besteht in ihrer Gesamtheit weder klanglich, noch schriftbildlich
oder begrifflich eine zu Verwechslungen Anlaß gebende Ähnlichkeit.
a)
Unterschiede der beiden Bestandteile "CHOIR" und "SPIRIT" ein ausreichender
Abstand, der durch die unterschiedliche Stellung innerhalb der jeweiligen Wortfol-
ge verstärkt wird. Hinzukommt, dass bei der jüngeren Marke am Wortende des ge-
meinsamen Bestandteils "OLYMPIC" noch ein "S" hinzugefügt ist. Weder der
Wortbestandteil "OLYMPICS" in der jüngeren noch der Wortbestandteil "OLYM-
PIC" in der älteren Marke sind innerhalb der jeweiligen Gesamtmarken als die
maßgeblich prägenden Elemente anzusehen. Es kann nicht davon ausgegangen
werden, dass die übrigen Bestandteile der Vergleichsmarken für die angesproche-
nen Verkehrskreise in einer Weise zurückträten, dass sie für den Gesamteindruck
vernachlässigt werden könnten (BGH GRUR 2000, 233, 234 – Rausch/ELFI
RAUCH). Vielmehr prägen die Wortbestandteile "CHOIR" und "SPIRIT" das Olym-
pic(s) entscheidend mit, da sie erst den Gegenstand (Chor/Geist) benennen, der
von olympischer Art sein soll. Es kann davon ausgegangen werden, dass der in-
ländische Verkehr das englische Wort "CHOIR" wegen der ähnlichen Schreibwei-
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se des deutschen "Chor" verstehen wird. Auch die des Substantives "SPIRIT" wird
sich dem Verkehr erschließen, dem der Gesamtbegriff des "olympischen Geistes"
bekannt ist. Die Wortverbindungen "CHOIR OLYMPICS" und "OLYMPIC SPIRIT"
stellen daher Gesamtbegriffe dar, die vollständig wiedergegeben werden.
b)
Bildbestandteile zwar jeweils in den olympischen Farben Blau, Schwarz, Rot, Gelb
und Grün gehalten. Dieser Gemeinsamkeit stehen jedoch auffällige Unterschiede
gegenüber. So weist das Widerspruchszeichen zwei Bildbestandteile auf, von de-
nen sich eine Flamme oberhalb und die olympischen Ringe unterhalb der Wortbe-
standteile befindet. Demgegenüber hat die jüngere Marke nur ein oberhalb der
Wortbestandteile befindliches Bildelement, das aus fünf übereinanderliegenden Si-
chelmonden besteht. Anders als die olympischen Ringe sind die unterschiedlich
großen und übereinanderliegenden Kreissegmente der jüngeren Marke in sich
nicht geschlossen.
c)
wechselbar nahe, da der unterschiedliche Begriffsinhalt trotz der Verwendung
englischer Wörter nicht verkannt wird. Denn entweder wird der Verkehr "OLYMPIC
SPIRIT" mit "olympischer Geist" und "CHOIR OLYMPICS" mit "CHOR-OLYMPIA-
DE" übersetzen, oder, falls die Sprachkenntnisse dazu nicht ausreichen, jedenfalls
keinen Anhaltspunkt haben, diese Wortverbindungen für gleichbedeutend zu hal-
ten.
d)
der Marken, insbesondere wird die jüngere Marke nicht für ein Serienzeichen der
Widerspruchsmarke gehalten. Dies würde voraussetzen, dass die Marken in ei-
nem Bestandteil übereinstimmen, der eigenständig hervortritt und eine Serien-
struktur aufweist. Dagegen spricht hier bereits, dass bei dem jüngeren Zei-
chen "OLYMPICS" als Plural und Substantiv, in der Widerspruchsmarke "OLYM-
PIC" dagegen als Adjektiv verwendet wird. "OLYMPIC" bzw. "OLYMPICS" treten
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auch nicht eigenständig in Erscheinung, da sie jeweils Bestandteil eines Gesamt-
begriffs nämlich "CHOIR OLYMPICS" bzw. "OLYMPIC SPIRIT" sind. Der Verkehr
wird schließlich auch nicht annehmen, dass eine Chor-Olympiade eine im Zusam-
menhang mit den Olympischen Spielen stehende Veranstaltung ist, weil jene kei-
ne Disziplin der Olympischen Spiele ist.
Winkler Sekretaruk Kruppa
Abb.1