Urteil des BPatG vom 23.11.2001

BPatG: internet, unterscheidungskraft, verkehr, computer, bestandteil, nachrichten, unternehmen, erstellung, telekommunikation, werbung

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 140/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 36 232.0
hat der 32.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
4. Juni 2003 durch die Vorsitzende Richterin Winkler, Richter Viereck und Richter
Rauch
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent-
und Markenamts –
Markenstelle für Klasse 41
– vom
23. November 2001 aufgehoben, soweit durch diesen die
Markenanmeldung zurückgewiesen worden ist.
G r ü n d e
I.
Die Anmeldung der Marke
Pcland
ist durch zwei Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent-
und Markenamts, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist,
teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen
Elektrische und elektronische Geräte soweit in Klasse 9 enthalten;
Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial in Form von Dis-
ketten, CDs, CD-Roms, Audio- und Videokassetten oder anderer
Datenträger, Computer-Software, soweit in Klasse 9 enthalten;
magnetische und optische Datenträger; Papier, soweit in
Klasse 16 enthalten; Lehr-, Unterrichts- und Informationsmaterial
in Druckform, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckerzeugnisse;
gerahmte und ungerahmte Schnitte, Bilder und Drucke; Werbung,
Geschäftsführung für Dritte; Unternehmensberatung; Durchfüh-
rung von Versteigerungen und Auktionen im Internet; Dienstlei-
stungen im Internet, nämlich Veranstaltung von Tauschbörsen,
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Vermittlung von Verträgen über den Verkauf von Waren und deren
Abrechnung (Online-Shopping) in Computer-Netzwerken und/oder
mittels anderer Vertriebskanäle; Betrieb von elektronischen Märk-
ten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl
über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von
Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäf-
ten im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Betrieb eines
Call-Centers, nämlich Abwicklung von Verträgen über den An- und
Verkauf von Waren (Auftrags- und Bestellannahme) sowie Bera-
tung im Hinblick darauf, Marktforschung, Betrieb einer Informa-
tions-; Beschwerde- und Notfall-Hotline; vorgenannte Dienstlei-
stungen via Telekommunikation, insbesondere mit dem Ziel der
Außendienstunterstützung/optimierung, der Stammkundenpflege
und der Neukundengewinnung; Telekommunikation; Anbieten von
Dienstleistungen im Internet, nämlich die elektronische Entgegen-
nahme von Warenbestellungen, Sammeln und Liefern von Nach-
richten, Übermittlung von Nachrichten; Zugangsvermittlung zu
Verzeichnissen der in Daten-Netzwerken, insbesondere im Inter-
net, verfügbaren Informationen; Computer-, Internet- und Informa-
tikkurse; pädagogischer Unterricht aller Art; Erstellung von Kon-
zepen zur Anwendung individuell abgestimmter Lernmethoden,
auch für Legastheniker; sämtliche vorgenannten Dienstleistungen
der Klasse 41, auch über Internet; Dienstleistungen eines Ver-
legers, nämlich Herausgabe von Veröffentlichung von Druckerei-
erzeugnissen; Erstellung von Computer-Software; Such- und Ver-
mittlungsdienste, nämlich Suchen und Auffinden von Informa-
tionen in einem Daten-Netzwerk, insbesondere dem Internet; Ver-
mittlung von Bekanntschaften, Brief- und Chat-Freundschaften
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Zur Begründung
wird im Erinnerungsbeschluss ausgeführt, der Markenbestandteil "PC" habe sich
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als allgemein verständliche Abkürzung für Personalcomputer etabliert. Der
Bestandteil "-land" werde über die ursprüngliche Bedeutung des Wortes hinaus in
Wortkombinationen als Ausdruck für eine (auch virtuelle) Verkaufsstätte oder die
Abteilung eines Warenhauses gebraucht. Dies werde durch Beispiele wie
"Bookland", "Technik-Land", "Biker Land" und nicht zuletzt das dem Markenwort
ähnliche "pc-land" belegt. Dementsprechend reihe sich "Pcland" in diese Form der
Begriffsbildung ein. Die Bezeichnung werde in ihrer Gesamtheit von den
angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf eine Verkaufsstätte verstanden,
die ein umfassendes Angebot rund um den PC aufweise. Im Hinblick auf die
zurückgewiesenen Waren vermittele die Marke lediglich den Hinweis, dass diese
im Zusammenhang mit Computern stünden und in irgendeiner auf das Angebot
um den PC spezialisierten Verkaufsstätte – sei es Onlineshop, Kaufhaus oder
Fachabteilung eines Kaufhauses – angeboten würden. Im Zusammenhang mit
den zurückgewiesenen Dienstleistungen vermittele die Marke den Hinweis, diese
seien Bestandteil des Dienstleistungsangebotes einer PC-Verkaufsstätte. Der
Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen werde mit diesem Bedeutungsgehalt
nicht verbunden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zur
Begründung trägt dieser vor, die Anmeldung laute nicht "PC Land", wovon der
Erinnerungsbeschluss fälschlich ausgehe. "Pcland" werde von einem durch-
schnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher wie "Pekland" ausge-
sprochen, ähnlich den "Mc-" -Wortkombinationen. Eine Zerlegung der Marke in
"Pc" und "land" liege nicht nahe. Die Beurteilung der Markenstelle sei analysierend
und werde deshalb dem angemeldeten Markenwort nicht gerecht. Dieses sei ein
Kunstwort ohne inhaltliche Bedeutung und ohne jeglichen Bezug zu den ange-
meldeten Waren oder Dienstleistungen.
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Der Anmelder beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom
14. Februar 2001 sowie vom 23. November 2001 aufzuheben und
die Eintragung der angemeldeten Marke anzuordnen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke kann die
Eintragung in das Markenregister nicht versagt werden. Insbesondere besteht
weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG) noch das einer Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom
Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder
Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen
aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der
gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der
Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen
Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und
handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder
einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt
dafür, daß ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterschei-
dungskraft fehlt (st. Rspr., vgl. BGH, BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).
Ob – wie in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt ist – ein aus den Bestand-
teilen "PC" und "Land" zusammengesetztes Zeichen für die beanspruchten Waren
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und Dienstleistungen schutzunfähig wäre, bedarf hier keiner Entscheidung. Zwar
ist zutreffend, dass "PC" (bzw. "pc" bei Kleinschreibung beider Buchstaben) die
geläufige Abkürzung für "Personalcomputer" darstellt und dass Marken mit dem
Bestandteil "Land" häufig auf Vertriebsstätten mit besonders breit angelegten An-
geboten hinweisen. Im vorliegenden Fall kann aber die Schreibweise der Anfangs-
buchstaben "Pc" (d.h. Großschreibung des "P" bei gleichzeitiger Kleinschreibung
des "c") nicht vernachlässigt werden. In dieser Schreibweise ist "Pc" als Abkür-
zung für "Personalcomputer" nicht bekannt. Da der Verkehr ein als Marke verwen-
detes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und es keiner
analysierenden Betrachtungsweise unterzieht (vgl. BGH, MarkenR 1999, 349, 351
– YES), kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Publikum die abwei-
chende Schreibweise im Verkehr einfach übersehen oder ihr keine Bedeutung
beimessen, d.h. die Marke ohne weiteres wie "PCland" bzw. "pcland" lesen wird.
Es ist vielmehr anzunehmen, dass - soweit die Anfangsbuchstaben "Pc" der An-
meldemarke überhaupt mit Personalcomputern in Verbindung gebracht werden –
die gewählte Schreibweise als äußerst ungewöhnlich registriert und gerade des-
halb die Marke nicht als bloß beschreibender Hinweis auf eine PC-Verkaufsstätte
empfunden wird. Aus diesem Grund kann dem Zeichen die erforderliche (Min-
dest-)Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
2. Die angemeldete Marke fällt auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Danach sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus
Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestim-
mung, Wert, geographischer Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Er-
bringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen
können (vgl. BGH GRUR 2002, 64, 65 - Individuelle). Da die Buchstaben "Pc" in
dieser Schreibweise keine übliche Abkürzung für "Personalcomputer" darstellen,
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ist das Zeichen "Pcland" nicht zur Bezeichnung von großen PC-Verkaufsstätten
dienlich. Hinweise darauf, dass sich daran in der Zukunft etwas ändern könnte,
sind nicht ersichtlich.
Winkler Viereck Rauch
Hu