Urteil des BPatG vom 12.07.2000

BPatG: verwechslungsgefahr, bestandteil, verkehr, eishockey, gesamteindruck, kennzeichnungskraft, begriff, stadt, rauch, betriebsstätte

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 16/99
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs
Statt zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke 394 08 393.8
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2000 unter Mitwirkung des Richters
Dr. Fuchs-Wissemann als Vorsitzendem, Richterin Klante und Richter Sekretaruk
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die seit dem 28. September 1995 für
Sportliche Aktivitäten
eingetragene farbige (schwarz, türkis) Wort-Bild-Marke
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siehe Abb.1 am Ende
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siehe Abb. 2 am Ende
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ist Widerspruch erhoben worden aus der seit dem 13. September 1994 unter der
Nummer 2 077 478 eingetragenen Wortmarke
Lions,
die Schutz genießt unter anderem für
Sportliche und kulturelle Aktivitäten.
Mit Beschluß vom 27. Februar 1998 hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deut-
schen Patentamts den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung aus-
geführt, eine Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken sei trotz
identischer Dienstleistungen nicht gegeben.
Hiergegen hat die Widersprechende Erinnerung eingelegt und zur Begründung
vorgetragen, insbesondere in klanglicher Hinsicht sei eine Verwechslungsgefahr
gegeben. Das Wort "Lions" sei kollisionsbegründend, da die angesprochenen Ver-
kehrskreise die Marke auf diesen Begriff verkürzen würden. Insbesondere bei
amerikanischen Sportteams sei die Verkürzung auf einen allein kennzeichnungs-
kräftigen Bestandteil üblich und aus der Sprachwelt der Fans nicht mehr wegzu-
denken. Hierzu wird ein Zeitungsausschnitt vorgelegt, in dem es heißt "Die Lions
sind los".
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluß hinsichtlich der Zurückweisung des Widerspruchs
aus der Marke 2 077 478 "Lions" aufzuheben und die Löschung
der angegriffenen Marke 394
08
393 "FRANKFURT LIONS
EISHOCKEY" aus dem Markenregister zu beschließen.
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Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Die Markeninhaberin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt zur Begründung aus, der Beschluß des Deutschen Patentamts sei zu-
treffend, da weder eine klangliche noch schriftbildliche Ähnlichkeit der Marken
trotz identischer Dienstleistungen bestehe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Nach §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im
Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer ein-
getragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden
Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von
Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich
miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr
ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen
(EuGH WRP 1998, 39, 41 "SABÉL/Puma).
Ausgehend von identischen Dienstleistungen reicht der zwischen den Vergleichs-
marken bestehende Abstand aus, um Verwechslungen beachtlichen Ausmaßes
sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht ausschließen zu können.
Hierbei ist von einem normalen Schutzumfang der Gegenmarke auszugehen.
Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gegenmarke wegen einer er-
heblichen Anzahl von Drittmarken von Hause aus eine Kennzeichnungsschwäche
zukäme (vgl BGH GRUR 1967, 246 "Vitapur"; MarkenR 1999, 57 "Lions"). Obwohl
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für die Frage, welche Kennzeichnungskraft dem älteren Widerspruchszeichen von
Hause aus zukommt, der Rollenstand wertvolle Aufschlüsse vermitteln kann, wenn
in die Zeichenrolle für gleiche oder benachbarte Bereiche eine Reihe ähnlicher
Marken gelangt ist (BGH GRUR 1990, 367, 368 "Alpi/Alba Moda"; MarkenR 1999,
57, 59 "Lions"), läßt sich vorliegend mangels einer ausreichenden Zahl von Dritt-
marken eine derartige, der Gegenmarke von Haus aus anhaftende Kennzeich-
nungsschwäche nicht feststellen.
Unter Zugrundelegung des Prüfungsmaßstabes, der sich mithin aus der Nähe der
sich gegenüberstehenden Dienstleistungen und der normalen Kennzeichnungs-
kraft der Widerspruchsmarke ergibt, sind Verwechslungen beachtlichen Ausma-
ßes auszuschließen.
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben. In ihrer Gesamtheit, auf
die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich abzustellen ist, sind
die beiden Zeichen deutlich verschieden. Schriftbildlich stehen sich "FRANKFURT
LIONS EISHOCKEY" mit dem Bild eines Löwenkopfs einerseits und der Begriff
"Lions" andererseits gegenüber. Aber auch ausgehend von dem Erfahrungssatz,
daß sich der Verkehr zur Benennung der Marke in der Regel an dem Wortbe-
standteil orientiert, ist eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Denn dann stün-
den sich "FRANKFURT LIONS EISHOCKEY" und "Lions" gegenüber, so daß eine
Verwechslungsgefahr schon wegen der unterschiedlichen Länge nicht gegeben
wäre. Bei Marken, die aus mehreren Bestandteilen bestehen, kann dem Gesamt-
eindruck nach eine Verwechslungsgefahr nur dann zu befürchten sein, wenn der
fragliche gemeinsame Bestandteil in dem Gesamtzeichen eine selbständige und
kennzeichnende Stellung behalten hat und nicht lediglich eine eher untergeordne-
te Bedeutung hat (BGH GRUR 1989, 425 "Herzsymbol"; Mitt
2000, 65,
66
"Rausch/Elfi Rauch"). Als prägend kann ein Bestandteil im allgemeinen nur dann
erachtet werden, wenn der Verkehr den weiteren Markenelementen keinen be-
sonderen Hinweis auf die Betriebsstätte der mit dem Gesamtzeichen versehenen
Waren entnimmt. Wird der Gesamteindruck dagegen durch mehrere gleichgewich-
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tige Elemente bestimmt, so ist kein Bestandteil allein geeignet, den Gesamtein-
druck der Marke zu prägen (BGH GRUR 1991, 319 "HURRICANE").
Der Verkehr wird den Bestandteil "FRANKFURT EISHOCKEY" der Markeninha-
berin nicht vernachlässigen. Vielmehr ist unabhängig von der Frage, ob "Lions"
auf dem Gebiet der durch die jüngere Marke geschützten Dienstleistungen be-
schreibenden Charakter hat, auch aus Sicht der Widersprechenden zu berück-
sichtigen, daß es sich bei "Lions" im Sportbereich um einen beliebten Hinweis auf
Stärke, Kraft handelt. Gerade die von der Widersprechenden angeführten Be-
zeichnungen von Sportvereinen zeigen, daß Begriffe wie "Haie", "Eisbären",
"Bulls" beliebte Namensbildungselemente sind, um den Eindruck von besonderer
Kraft oder Stärke zu erwecken. Schon deshalb ist der Verkehr grundsätzlich dar-
auf angewiesen, den lokalisierenden Zusatz mitzubenennen, da es anderen
Sportvereinen unbenommen bleibt, sich ebenfalls dieser gängigen Begriffe zu be-
dienen. Im übrigen kann eine Tendenz von meist aus der jeweiligen Stadt oder
Region kommenden Fans, den lokalisierenden Zusatz fortzulassen, nicht auf
Dienstleistungen übertragen werden, die bundesweit angeboten werden.
Darüber hinaus ist aber auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr aufgrund ge-
danklicher Verbindung (§ 9 Abs 1 Nr 2 letzter Halbs MarkenG) zu verneinen. An
die Feststellung mittelbarer Verwechslungsgefahr sind strenge Anforderungen zu
stellen. Ein aufmerksamer Beobachter, auf den für die Feststellung einer mittelba-
ren Verwechslungsgefahr abzustellen ist und der die Marktverhältnisse kennt, wird
die auf die Lions Clubs hinweisende Marken nicht mit der einen Eishockeyclub
kennzeichnenden Marke verwechseln.
Von einer Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs 1 MarkenG wird abgesehen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlaß, weil eine Rechts-
frage grundsätzlicher Bedeutung nicht ersichtlich ist.
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Dr. Fruchs-Wissemann
Klante
Sekretaruk
Mü/Na
Abb.1
Abb.2