Urteil des BPatG vom 18.04.2000

BPatG: marke, gesamteindruck, rauch, herkunft, billigkeit, bestandteil, medizin, verwechslungsgefahr, erwerb, patent

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 267/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
10.99
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betreffend die IR-Marke 674 199
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 18. April 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele, sowie des Richters Dr. Schmitt und der Richterin Werner
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die Gewährung des Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland für die
nachstehend wiedergegebene IR-Marke 674 199
siehe Abb. 1 am Ende
für die Waren
"Savons, parfumerie, huiles essentielles, cosmétiques, lotions
pour les cheveux, shampooings pour les cheveux et préparations
pour les soins des cheveux; dentifrices, tous ces produits à effet
médical et étant de provenance suisse"
ist Widerspruch erhoben aufgrund der ua für die Waren
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"kosmetisch-medizinische Produkte"
eingetragenen, und ebenfalls nachstehend wiedergegebenen Marke 395 30 000
siehe Abb. 2 am Ende
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch zurückgewiesen mit der Begründung, die zum Vergleich stehenden
Marken unterlägen nicht der Gefahr von Verwechslungen. Zwar bestehe zwischen
den sich gegenüberstehenden Waren enge Ähnlichkeit wenn nicht sogar Identität.
Dennoch berühre die jüngere Marke nicht den Schutzbereich der Widerspruchs-
marke. Denn in der angegriffenen Marke könne den Wortelementen
"SWISS BEAUTYMED" eine deren Gesamteindruck prägende Wirkung nicht zu-
gesprochen werden.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt.
Sie macht geltend, die Vergleichsmarken unterlägen der Gefahr von Verwechs-
lungen nach dem Gesamteindruck aufgrund der Rotation der einzelnen im Vor-
dergrund stehenden Wortbestandteile "SWISS BEAUTYMED" und "med beauty
SWISS".
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Sie beantragt (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und der angegriffenen
Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu verwei-
gern.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die beiden Marken nicht für verwechselbar. Denn deren Wortbestandteile
seien in Alleinstellung in jedem Falle schutzunfähig und bewegten sich auch in ih-
rer Gesamtkombination am Rande der Schutzfähigkeit, so daß ihnen eine den
Gesamteindruck der Marken prägende Wirkung nicht zugesprochen werden
könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt
der Akten Bezug genommen.
II
Die Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet.
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, daß die Widersprechende, als sie
Widerspruch erhoben hat, noch nicht im Register als Inhaberin der Wider-
spruchsmarke eingetragen war. Sie war gemäß § 28 Abs 2 Satz 1 MarkenG wi-
derspruchsbefugt. Denn sie hatte schon vorher die Umschreibung dieser Marke
auf sich beim Patentamt beantragt.
Zu Recht hat die Markenstelle gemäß § 43 Abs 2 Satz 2, § 114 MarkenG den Wi-
derspruch zurückgewiesen. Die beiden Vergleichsmarken unterliegen nicht der
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Gefahr von Verwechslungen iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Zwar können die von
der angegriffenen Marke erfaßten Kosmetika der Klasse 3 mit den "kosmetisch-
medizinischen Produkten" der Klasse 5 der Widerspruchsmarke enge Berüh-
rungspunkte aufweisen und beide Kosmetikagruppen im großen und ganzen den
Waren des täglichen Bedarfs zugerechnet werden, bei deren Erwerb den jeweili-
gen Kennzeichnungen keine außergewöhnliche Aufmerksamkeit entgegenge-
bracht wird (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 71). Jedoch sind
die beiden Marken nicht einander ähnlich.
Ob in der Widerspruchsmarke die drei Wortbestandteile "med", "beauty" und
"SWISS" - ungeachtet des weiteren Elements "Cosmeceutical Care" - für sich ge-
nommen mit dem Wortteil der angegriffenen Marke "SWISS BEAUTYMED" ähn-
lich oder sogar identisch sind, braucht nicht entschieden zu werden. Denn der
Gesamteindruck der Widerspruchsmarke, auf den für den Markenvergleich abzu-
stellen ist (vgl zB BGH MarkenR 2000,20, 21 "RAUSCH/ELFI RAUCH"), wird nicht
durch die genannten drei Bestandteile für sich genommen geprägt.
Zwar kann bei mehrgliedrigen Marken - wie hier auch der Widerspruchsmarke -
der Gesamteindruck von einzelnen Bestandteilen geprägt werden (vgl BGH aaO
"RAUSCH/ELFI RAUCH"). Für die Prägung des Gesamteindrucks einer Marke
kommen aber kennzeichnungsschwache Bestandteile grundsätzlich nicht in Be-
tracht (vgl dazu Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 164). So verhält es sich vorliegend
bei den fraglichen Wortbestandteilen der Widerspruchsmarke, die zumindest
kennzeichnungsschwach wenn nicht gar schutzunfähig sind. "Med" als gängige
Verkürzung des Worts "Medizin" bzw "medizinisch" (vgl zB "Dr. med") stellt eine
Angabe über die Beschaffenheit der mit der Widerspruchsmarke versehenen
Waren dar und findet eine Entsprechung in der Warenbezeichnung des Ver-
zeichnisses "kosmetisch-medizinische Produkte". Bei "Beauty" handelt es sich um
ein in der deutschen Umgangssprache seit langem geläufiges Wort der englischen
Sprache, das sowohl auf die Bestimmung der Kosmetika zur Schönheitspflege als
auch damit zugleich auf deren Beschaffenheit hinweist (vgl HABM GRUR
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Int 1999, 448, 449 "NATURAL BEAUTY"). "SWISS" schließlich bezeichnet die
geographische Herkunft der so bezeichneten Waren (vgl dazu den Herkunfts-
vermerk im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke).
Angesichts der somit gegebenen Kennzeichnungsschwäche der drei fraglichen
Wortelemente kann der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke nicht von diesen
drei Bestandteilen als solchen, aber auch nicht von den beiden aufgrund ihrer
Schriftgröße hervorgehobenen Elemente "med" und "beauty" geprägt werden.
Vielmehr ist der Schutzumfang der Widerspruchsmarke insoweit beschränkt auf
die konkrete Markenausgestaltung, die Kombination der Einzelteile, insbesondere
die Reihenfolge derselben und die Verklammerung von "med" und "beauty" durch
das graphische Element der S-förmig geschlungenen Linie (vgl dazu BGH
GRUR 1999, 238, 239 "Tour de culture"; GRUR 1991, 136, 137 "NEW MAN";
BPatGE 33, 80, 85 "FLEURcharme"). Demzufolge kann sich die Widersprechende
auch nicht zB auf die "Gastropirenz/Pirenzgast"-Entscheidung des 25. Senats des
Bundespatentgerichts (Mitt 1988, 154, 155) berufen, in welcher der gemeinsame
Wortteil "pirenz" als der in beiden Zeichen markante und eigentlich
kennzeichnende Bestandteil angesehen worden ist. Gegenüber der
Widerspruchsmarke mit einem insoweit eingeschränktem Schutzumfang weist die
angegriffene Marke in jedem Fall die Verwechslungsgefahr ausschließende
Abweichungen auf, wobei dahingestellt bleiben kann, ob ihr Gesamteindruck
durch den Wortbestandteil "SWISS BEAUTY MED" geprägt wird.
Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.
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Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der
Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten
des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Dr. Ströbele
Werner
Dr. Schmitt
Mr/Bb
Abb. 1
Abb. 2