Urteil des BPatG vom 04.12.2009

BPatG (stand der technik, herstellung, technik, fachmann, stand, patent, druckschrift, aufgabe, beschwerde, patentanspruch)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 28/07
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
4. Dezember 2009
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2004 029 261
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hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2009 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr. Schröder, des Richters Harrer und der Richterinnen
Dr. Schuster und Dr. Münzberg
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Prüfung
der Einsprüche mit Beschluss vom 24. August 2007 das am 17. Juni 2004 ange-
meldete und mit der Bezeichnung
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„Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials
sowie ein durch das Verfahren hergestelltes Aufzeichnungsmaterial“
erteilte Patent 10 2004 029 261 gemäß PatG § 61 Absatz 1 Satz 1 widerrufen.
Dem Beschluss lagen die erteilten Ansprüche 1 bis 19 gemäß Hauptantrag und
der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 26. Juli 2007 zu Grunde. Der erteilte
Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
„Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsma-
terials, welches ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen
Farbentwickler enthaltende Thermoreaktionsschicht aufweist, insbeson-
dere zur Herstellung eines Thermopapiers, wobei bei dem Verfahren auf
das Trägersubstrat eine die Ausgangsmaterialien der Thermoreaktions-
schicht enthaltene Auftragssuspension aufgebracht wird, das Trägersub-
strat mit aufgebrachter Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten
durch ein Glättwerk geführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das
getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht
zum Glätten durch ein Schuhglättwerk geführt wird, in welchem das
getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht mit
vorgegebenem Anpressdruck großflächig gegen eine mitgeführte Walze
gedrückt wird, wobei der Anpressdruck, mit dem das getrocknete Träger-
substrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht gegen die Walze
gedrückt wird, so eingestellt wird, dass eine eventuell auftretende Vorre-
aktion der Thermoreaktionsschicht vernachlässigbar klein ist oder nicht
auftritt.“
Die Ansprüche 2 bis 15 sind auf Weiterbildungen des Verfahrens gerichtet. Die
Patentansprüche 16 bis 19 betreffen das nach einem der Verfahren hergestellte
Erzeugnis. Der erteilte Anspruch 16 lautet:
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„Wärmeempfindliches Aufzeichnungsmaterial mit einem Trägersubstrat
sowie einer einen Farbbildner und einen Farbentwickler enthaltenden
Thermoreaktionsschicht, wobei das Aufzeichnungsmaterial durch ein Ver-
fahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 15 hergestellt
ist.“
An ihn schließen sich die Patentansprüche 17 bis 19 an, die auf die weitere Aus-
gestaltung des Erzeugnisses gerichtet sind.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut:
„Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsma-
terials, welches ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen
Farbentwickler enthaltende Thermoreaktionsschicht aufweist, insbeson-
dere zur Herstellung eines Thermopapiers, wobei bei dem Verfahren auf
das Trägersubstrat eine die Ausgangsmaterialien der Thermoreaktions-
schicht enthaltene Auftragssuspension aufgebracht wird, das Trägersub-
strat mit aufgebrachter Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten
durch ein Glättwerk geführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das
getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht
zum Glätten durch ein Schuhglättwerk geführt wird, in welchem das
getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht mit
vorgegebenem Anpressdruck großflächig gegen eine mitgeführte Walze
gedrückt wird, wobei der Anpressdruck, mit dem das getrocknete Träger-
substrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht gegen die Walze
gedrückt wird, so eingestellt wird, dass eine eventuell auftretende Vorre-
aktion der Thermoreaktionsschicht vernachlässigbar klein ist oder nicht
auftritt, wobei das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermo-
reaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk auf seiner der Ther-
moreaktionsschicht abgewandten Rückseite befeuchtet und das befeuch-
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tete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem
Glätten im Schuhglättwerk nochmals getrocknet wird.“
Der Widerruf ist im Wesentlichen damit begründet, der Gegenstand des
Anspruchs 1 nach Hauptantrag sei nicht mehr neu und der nach Anspruch 1 des
Hilfsantrags beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Begründung hat
die Patentabteilung auf die Entgegenhaltungen
(E1)
DE 10 2004 022 416 A1,
(E13)
Wochenblatt für Papierfabrikation, 130. Jg., 23/24/2002, S. 1590
bis 1593 und
(E15)
Wochenblatt für Papierfabrikation, 131. Jg., 11/12/2003, S. 752 bis
757
verwiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der
sie ihr Patentbegehren nach Hauptantrag auf der Grundlage der Patentansprü-
che 1 bis 18 vom 6. Februar 2008, die den Ansprüchen 1 bis 18 der im Ein-
spruchsverfahren hilfsweise verteidigten Fassung im Wesentlichen entsprechen,
weiter verfolgt, wobei „dadurch gekennzeichnet, dass“ ersetzt wurde durch „wobei“
und das Wort „und“ zwischen „auftritt“ und „das getrocknete Trägersubstrat“ eben-
falls ersetzt wurde durch „wobei“. Ferner hat sie einen weiteren Patentanspruch 1
gemäß Hilfsantrag ebenfalls vom 6. Februar 2008 eingereicht, in den das Merkmal
des erteilten Anspruches 6 aufgenommen ist und an den sich die erteilten Ansprü-
che 2 bis 5 und 8 bis 19 als Ansprüche 2 bis 17 anschließen. Der Anspruch 1
gemäß Hilfsantrag lautet:
„Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsma-
terials, welches ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen
Farbentwickler enthaltende Thermoreaktionsschicht aufweist, insbeson-
- 6 -
dere zur Herstellung eines Thermopapiers, wobei bei dem Verfahren auf
das Trägersubstrat eine die Ausgangsmaterialien der Thermoreaktions-
schicht enthaltene Auftragssuspension aufgebracht wird, das Trägersub-
strat mit aufgebrachter Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten
durch ein Glättwerk geführt wird, wobei das getrocknete Trägersubstrat mit
aufgebrachter Thermoreaktionsschicht zum Glätten durch ein Schuhglätt-
werk geführt wird, in welchem das getrocknete Trägersubstrat mit aufge-
brachter Thermoreaktionsschicht mit vorgegebenem Anpressdruck groß-
flächig gegen eine mitgeführte Walze gedrückt wird, wobei der Anpress-
druck, mit dem das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Thermo-
reaktionsschicht gegen die Walze gedrückt wird, so eingestellt wird, dass
eine eventuell auftretende Vorreaktion der Thermoreaktionsschicht ver-
nachlässigbar klein ist oder nicht auftritt, wobei das getrocknete Träger-
substrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im
Schuhglättwerk auf seiner der Thermoreaktionsschicht abgewandten
Rückseite befeuchtet und das befeuchtete Trägersubstrat mit aufgebrach-
ter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk nochmals
getrocknet wird, wobei der Feuchtegehalt des Trägersubstrats mit aufge-
brachter Thermoreaktionsschicht unmittelbar vor dem Durchlaufen des
Schuhglättwerkes in einem Bereich von 4 bis 8 Gew.-% eingestellt wird.“
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Patentinhaberin im Wesentlichen vor,
dem einschlägigen Fachmann, hier ein Diplomingenieur FH mit langjähriger Erfah-
rung im Anlagenbau der Papiermaschinenherstellung, sei insbesondere die Ver-
wendung von Softnip-Kalandern zur Glättung von ungestrichenem Rohpapier oder
gestrichenen Papiersorten in einem Maschinenglättwerk geläufig. Sei dieser vor
die Aufgabe gestellt, einem Thermopapier Glätte und Glanz zu verleihen und
dabei das Mottling zu vermeiden, müsse er darauf achten, die wärmeempfindliche
Aufzeichnungsschicht beim Glätten nicht zu zerstören. Er werde daher kein Glätt-
werk in Betracht ziehen, von dem aus dem Stand der Technik bekannt sei, dass
der Erfolg sich insbesondere dann einstelle, wenn das Glättwerk bei hohen Tem-
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peraturen betrieben werde. Soweit im Stand der Technik anstelle eines Softnip-
Kalanders ein Schuhkalander als Glättwerk eingesetzt werde, werde dieser aber
durchgehend bei hohen Temperaturen betrieben, was den Fachmann von einer
Verwendung bei der Herstellung von Thermopapier abhalte. Anregungen in Rich-
tung auf die Betriebsweise, den Schuhkalander „kalt“ zu fahren, gebe es jedenfalls
im Stand der Technik nicht. Daher beruhe die Beurteilung des Standes der Tech-
nik durch die Patentabteilung auf einer rückschauenden Betrachtung. Im Übrigen
gehe die Patentabteilung von einem Stand der Technik aus, der lediglich die
Aggregate einer Papiermaschine betreffe, sich aber nicht mit der Aufbringung
eines Striches bzw. einer Funktionsschicht befasse, die zu glätten sei; die Bewer-
tung sei somit nicht zutreffend.
Die Patentinhaberin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent be-
schränkt aufrecht zu erhalten auf der Grundlage der Patentansprü-
che 1 bis 18 gemäß Hauptantrag vom 6. Februar 2008 und
hilfsweise auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 17 gemäß
Hilfsantrag vom 6. Februar 2008,
sowie jeweils mit einer noch anzupassenden Beschreibung.
Die Einsprechenden beantragen übereinstimmend,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie machen geltend, dass der erfahrene Fachmann, wie ihn die Patentinhaberin
zutreffend definiert habe, das Mottling aufgabengemäß dort versuche zu beheben,
wo es entstehe, nämlich beim Glätten der Papiere durch einen Kalander. Entge-
gen der Ansicht der Patentinhaberin sei für ihn aber unerheblich, wo das Glättwerk
angeordnet sei, d. h. ob es in einer Papiermaschine zur Glättung des Trägermate-
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rials ohne oder mit Beschichtung diene oder getrennt in einem Streichwerk ange-
ordnet sei. Dementsprechend unterscheide auch das streitpatentgemäße Verfah-
ren nicht zwischen diesen Betriebsweisen. Unstrittig empfehle der Stand der Tech-
nik die Verwendung eines Schuhkalanders zur Vermeidung des Mottlings. Davon
ausgehend könne keine Rede davon sein, dass der Fachmann durch die im Stand
der Technik angegebenen hohen Betriebstemperaturen eines Schuhglättwerks
zum Glätten von Karton abgehalten werde, diesen zur Glättung eines wärmeemp-
findlichen Aufzeichnungsmaterials einzusetzen. Denn zum Einen sensibilisiere
schon die Aufgabe der Herstellung von Thermopapier den Fachmann insofern als
er wisse, dass es sich dabei um dünnes Material handle, das per se und auch auf
Grund der wärmeempfindlichen Beschichtung keine hohen Verarbeitungstempera-
turen vertrage; im Übrigen seien auch bei der Herstellung von Thermopapieren
Verarbeitungstemperaturen von 120°C nicht unüblich, da die Beschriftung erst bei
weitaus höheren Temperaturen erfolge und eine Temperatur von 120°C im Kalan-
der daher noch unkritisch sei. Auch in der Einstellung des Feuchtegehalts des Trä-
gersubstrats mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht unmittelbar vor dem
Durchlaufen des Schuhglättwerks in einem Bereich von 4 bis 8 Gew.-% gemäß
Hilfsantrag könne keine Maßnahme gesehen werden, die das fachmännische
Handeln übersteige, da es sich dabei um eine papiertechnologisch gesehen abso-
lut normale Bahnfeuchte handle.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der rückbezogenen
Ansprüche gemäß Haupt- und Hilfsantrag, wird auf den Inhalt der Akten Bezug
genommen.
II
1.
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (PatG § 73), jedoch unbe-
gründet.
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2.
Bezüglich ausreichender Offenbarung der Gegenstände der Patentansprü-
che gemäß Haupt- und Hilfsantrag bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale
sowohl den ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl. Ansprüche 1 bis 20) als
auch der Streitpatentschrift zu entnehmen sind (vgl. Ansprüche 1 bis 19).
3.
Das Patent betrifft nach Patentanspruch 1 des Haupt- und Hilfsantrags ein
Verfahren zur Herstellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungspapiers. Bei
Verfahren dieser Art kommt es nach den Angaben im Streitpatent immer wieder zu
sogenanntem Mottling, was zu einem unruhigen, wolkigen oder speckigen Druck-
bild führt.
Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Streitpatents, ein Verfahren zur Her-
stellung eines wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterials bzw. ein durch das
erfindungsgemäße Verfahren hergestelltes Aufzeichnungsmaterial anzugeben,
durch dessen Einsatz bzw. bei dem der Mottling-Effekt verglichen mit bekannten
Aufzeichnungsmaterialien nur mehr vermindert auftritt (Streitpatentschrift S. 3/10,
Abs. 0012). Zur Lösung der Aufgabe schlägt das Streitpatent das in den Ansprü-
chen 1 des Haupt- und Hilfsantrags im Einzelnen angegebene Verfahren vor.
Die Neuheit der Verfahren nach den Ansprüchen 1 des Haupt- und Hilfsantrags ist
unbestritten gegeben. Nähere Ausführungen hierzu erübrigen sich, da die Verfah-
ren nach dem Haupt- und Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beru-
hen.
a)
Aus dem nächst liegenden Stand der Technik (E15) ist eine Vorrichtung
bekannt, bei deren bestimmungsgemäßer Betriebsweise u. a. ein wärmeempfind-
liches Aufzeichnungsmaterial hergestellt wird. Das Aufzeichnungsmaterial weist
ein Trägersubstrat sowie eine einen Farbbildner und einen Farbentwickler enthal-
tende Thermoreaktionsschicht auf, wobei die in einer Auftragssuspension enthal-
tenen Ausgangsmaterialien auf das Trägersubstrat aufgebracht werden (S. 752,
li. Sp. vorl. Abs. bis re. Sp. Abs. 1). Das Trägersubstrat wird mit der aufgebrachten
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Auftragssuspension getrocknet und zum Glätten durch ein Glättwerk geführt
(S. 753, li. Sp. Aufzählung). Das getrocknete Trägersubstrat wird mit aufgebrach-
ter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten auf seiner der Thermoreaktions-
schicht abgewandten Rückseite befeuchtet und vor dem Glätten im Glättwerk
nochmals getrocknet (S. 753, li. Sp. Aufzählung).
Die Patentinhaberin hat hierzu vorgetragen, dass diese Druckschrift nicht den
nächst liegenden Stand der Technik darstellen könne, denn es handle sich zwar
um eine Anlage zur Herstellung eines Thermopapiers, beschrieben seien aber
lediglich die Aggregate einer Papiermaschine und nicht die eines Online-Streich-
werks zur Aufbringung eines Funktionsstriches. Diesem Einwand kann nicht
gefolgt werden, weil zum Einen in der Druckschrift betont wird, dass möglichst
viele Arbeitsgänge auf der Papiermaschine erfolgen müssen, um kostengünstig zu
produzieren (S. 753, li. Sp. Abs. 1). Zum Anderen unterscheidet die sich an diesen
Hinweis anschließende Aufzählung der Aggregate der Papiermaschine nicht zwi-
schen deren Bestandteilen und einem separat angeordneten Streichwerk; viel-
mehr wird in der Aufzählung das Streichwerk als Bestandteil der Papiermaschine
ausgewiesen. Unabhängig davon enthalten auch die in den Ansprüchen 1 des
Haupt- und Hilfsantrags genannten Verfahrensmaßnahmen keinen Hinweis auf
eine separate Durchführung der einzelnen Schritte in einem oder mehreren Anla-
genteilen.
Das Verfahren der (E15) unterscheidet sich vom Verfahren nach Anspruch 1 des
Hauptantrags im Wesentlichen lediglich dadurch, dass das getrocknete Träger-
substrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht zum Glätten nicht durch ein
Schuhglättwerk, sondern durch ein Soft-Glättwerk geführt wird. Diese Maßnahme
beruht indessen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dem Fachmann ist näm-
lich bereits aus der Entgegenhaltung (E13) bekannt, zur Vermeidung des Mottlings
auf ein Schuhglättwerk zurückzugreifen, von dem bekannt ist, dass sich durch die
Wahl der Schuhbreite und der steuerbaren Linienlast die Verweildauer im Nip und
- 11 -
die Druckspannung unabhängig voneinander einstellen lassen (vgl. E13, S. 1590,
re. Sp., Abs. 4 i. V. m. S. 1593 li. Sp., Abschnitt „Schuhkalander“).
Der Einwand der Patentinhaberin hierzu, wonach im Stand der Technik (E13) mit-
tels eines Schuhkalanders lediglich die Satinage von Karton beschrieben und in
diesem Zusammenhang sowohl in dieser Schrift als auch in weiteren im Verfahren
befindlichen Druckschriften, i. e.
(E2)
DE 10 2004 011 230 A1,
(E7)
DE 101 57 690 C1,
(E11)
US 6 332 953 B1,
(D2)
Rheims J., „Entwicklungsstand der Schuhkalandertechnologie am
Beispiel NipcoFlex“ in Karton und Pappe 5/2003, S. 14 bis 19 und
(D6)
WO 96/28609 A1,
mit dessen Einsatz immer eine hohe Walzentemperatur verbunden sei, da diese
den Glättungserfolg maßgeblich bestimme, kann zu keiner anderen Beurteilung
führen. Denn in der Druckschrift (E13) wird bereits beschrieben, dass auch die
Endglättung von Papieren, die eine höhere Verdichtung als Karton erfordert, vor
oder nach dem Streichen durch einen Schuhkalander erfolgen kann (S. 1590,
re. Sp., Abs. 3 und 4). Für dessen Betrieb, so haben die Einsprechenden zutref-
fend geltend gemacht, ist in der Entgegenhaltung (E13) keine untere Temperatur-
grenze genannt, sondern lediglich angegeben, dass er bis zu einer Temperatur
von 270°C betrieben werden kann, wodurch eine niedrigere Betriebstemperatur
nicht ausgeschlossen wird (S. 1593, li. Sp., Abb. 12). Darüber hinaus weist die
Entgegenhaltung (E13) den Fachmann bereits daraufhin, dass die Kalandertem-
peratur je nach Anwendungsfall u. a. von der zu satinierenden Papiersorte
abhängt (S. 1590, re. Sp., Abs. 5 i. V. m. S. 1591, li. Sp. letzt. Abs.). Damit erhält
der Fachmann einen weiteren Hinweis darauf, das wärmeempfindliche Aufzeich-
nungsmaterial während des Herstellungsprozesses so zu verarbeiten, dass es
nicht vor Auslieferung an den Kunden bereits durch eine thermische Vorreaktion
- 12 -
der Aufzeichnungsschicht an Qualität eingebüßt hat. Auch der Hinweis in der Ent-
gegenhaltung (D2), wonach eine kurze Schuhlänge bedeutet, dass die Verweilzeit
im Nip kurz ist und damit die Temperatur im Schuhglättwerk keinen signifikanten
Einfluss besitzt, stützt das Naheliegen der Maßnahme, den Schuhkalander mit
einem Anpressdruck zu betreiben, bei dem keine thermische Vorreaktion der Auf-
zeichnungsschicht eintritt (S. 16, re. Sp., le. Abs. bis S. 18, li. Sp., 1. Abs.). Der
weitere Einwand der Patentinhaberin, die in der Druckschrift
(D8)
EP 0 361 402 A1
angegebene niedrige Temperatur bis 70°C (S. 6, Z. 36 bis 38) bei der Glättung
von wärmeempfindlichen Aufzeichnungsmaterialien rege den Fachmann ebenfalls
nicht an, den Schuhkalander bei niedrigem Anpressdruck und infolgedessen bei
niedriger Temperatur zu betreiben, weil diese Temperaturangabe letztlich nur die
Temperaturbelastbarkeit damaliger - nämlich 1989 bekannter - Materialien für den
umlaufenden Mantel widerspiegle, gibt auch keinen Anlass zu einer anderen Beur-
teilung des Standes der Technik. Der Fachmann wird jedenfalls auch durch den
Hinweis auf die zahlreichen Druckschriften nicht davon abgehalten, die Tempera-
tur des Schuhkalanders beim Glättvorgang an die Anforderungen eines Spezialpa-
piers, hier eines wärmeempfindliches Aufzeichnungsmaterials, anzupassen. Inso-
fern kann auch der Einwand der Patentinhaberin, die Lösung der Aufgabe durch
die im Anspruch 1 des Hauptantrags angegebenen Maßnahmen erscheine allen-
falls durch eine rückschauende Betrachtung des Standes der Technik selbstver-
ständlich, nicht überzeugen.
Die weitere Maßnahme, das getrocknete Trägersubstrat mit aufgebrachter Ther-
moreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuhglättwerk auf seiner der Thermore-
aktionsschicht abgewandten Rückseite zu befeuchten und das befeuchtete Trä-
gersubstrat mit aufgebrachter Thermoreaktionsschicht vor dem Glätten im Schuh-
glättwerk nochmals zu trocknen, wird durch den Stand der Technik (E13) in Ver-
bindung mit dem fachmännischen Handeln ebenfalls nahegelegt, zumal dies eine
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in der Papiertechnologie übliche Maßnahme zur Erzeugung eines Gegencurls ist
und die Druckschrift (E13) daraufhin weist, dass die Bahnfeuchte und der Feuch-
tegradient den Glätteffekt mitbestimmen (S. 1590, re. Sp., Abs. 6).
b)
Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag beruht ebenfalls nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit. Die Einstellung auf einen Feuchtegehalt von 4 bis
8 Gew.-% ist papiertechnologisch gesehen normal, wie die Einsprechenden gel-
tend gemacht haben. Im Übrigen kann der Fachmann den optimalen Feuchtege-
halt an Hand weniger routinemäßiger Versuche ermitteln, ohne erfinderisch tätig
werden zu müssen.
c)
Nach alledem haben die Ansprüche 1 nach Haupt- und nach Hilfsantrag kei-
nen Bestand. Die Ansprüche 2 bis 18 gemäß Hauptantrag bzw. 2 bis 17 gemäß
Hilfsantrag teilen das Schicksal des jeweiligen Patentanspruchs 1 (BGH, „Elektri-
sches Speicherheizgerät“, GRUR 1997, 120).
Schröder
Harrer
C. Schuster
Münzberg
Fa