Urteil des BPatG vom 08.12.2003

BPatG: geographische herkunftsangabe, stadt, weichkäse, wortmarke, eugh, begriff, unterscheidungskraft, beschaffenheitsangabe, mitbewerber, kreis

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 52/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 35 312.0
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 3. Mai 2006 unter Mitwirkung …
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke
Altenburger Weichkäse mit Ziegenmilch
für die folgenden Waren der Klasse 29:
„Käse, Molkereiprodukte“.
Die Markenstelle für Klasse 29 hat diese Anmeldung zunächst mit Bescheid vom
4. September 2003 wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden
Freihaltungsbedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beanstandet.
Nachdem die Anmelderin zu diesem Bescheid keine Stellungnahme abgegeben
hatte, hat die Markenstelle die Anmeldung mit Beschluss vom 8. Dezember 2003
aus den Gründen des vorangegangenen Bescheides zurückgewiesen.
Diesen Beschluss hat die Anmelderin mit der Erinnerung angegriffen und dazu
vorgetragen, nach der Anlage zur Käseverordnung komme die Verwendung des
Begriffes „Altenburger Ziegenkäse“ als beschreibender Begriff in Betracht. Dieser
Käse sei jedoch nur in der Größe 250 Gramm beziehungsweise ½ Zylinder denk-
bar. Bei den hiervon abweichenden Größen, die durch die Anmeldung nur ange-
sprochen werden könnten, handele es sich um reine Phantasiebegriffe, die im
Sinne des Verbraucher allenfalls klarstellende Funktion haben könnten. Mithin
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handele es sich keinesfalls um einen nicht unterscheidungsfähigen Begriff, so
dass die angemeldete Marke schutzfähig sei.
Mit Beschluss vom 8. September 2004 hat die Markenstelle auch die Erinnerung
als unbegründet zurückgewiesen. Das Wort „Altenburger“ sei ein Hinweis auf die
Herkunft der beanspruchten Waren aus der Stadt oder aus dem Landkreis
Altenburg. Die Wortfolge „Weichkäse mit Ziegenmilch“ enthalte zwei Beschaffen-
heitsangaben. Insgesamt handele es sich bei der angemeldeten Wortkombination
um eine reine Warenbeschreibung, die freihaltungsbedürftig und deswegen nicht
schutzfähig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Diese hat
ihr Rechtsmittel im Beschwerdeverfahren nicht begründet und auch keine Anträge
gestellt.
Zu den näheren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Akten.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet, weil der begehrten
Eintragung das Schutzhindernis eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses
gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet u. a. die Eintragung solcher Marken, die aus-
schließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung
der Art, der Beschaffenheit oder der geographischen Herkunft der Waren dienen
können. Um eine solche Marke handelt es sich bei der angemeldeten Wortkom-
bination. Wie die Markenstelle zutreffend dargetan hat, handelt es sich bei dem
Wort „Altenburger“ um eine allgemein verständliche adjektivische Angabe zum
möglichen Herkunftsort „Altenburg“ und damit um eine schutzunfähige geogra-
phische Herkunftsangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der Europäische Ge-
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richtshof (EuGH) hat in seiner Chiemsee-Entscheidung hervorgehoben, dass sol-
che Herkunftsangaben nicht erst dann schutzunfähig werden, wenn an dem jewei-
ligen Ort tatsächlich Unternehmen bestehen, die generell als Herkunftsbetriebe
der beanspruchten Waren in Frage kommen. Es genügt vielmehr, wenn die Ent-
stehung entsprechender Betriebe für die Zukunft vernünftigerweise nicht aus-
geschlossen werden kann (EuGH GRUR 1999, 723, 725 f.). So verhält es sich
hier. „Altenburg“ heißt eine über tausend Jahre alte Stadt in Thüringen mit etwa
38.000 Einwohnern. Sie ist Kreisstadt des Landkreises „Altenburger Land“, der
über 105.000 Einwohner zählt. Wegen ihres Alters und ihrer städtebaulichen
Schönheit ist die Stadt seit langem Ziel des inländischen Tourismus. Sie ist
außerdem ein wirtschaftliches Mittelzentrum, in dem u. a. auch die Nahrungs- und
Genussmittelindustrie in nicht unerheblichem Umfang vertreten ist. Altenburg
befindet sich fast in der Mitte des Städte-Dreiecks Leipzig-Chemnitz-Gera, am
südlichen Rand der fruchtbaren Leipziger Tieflandsbucht. Die wirtschaftliche
Bedeutung der Stadt und ihre landschaftliche Lage lassen Stadt und Kreis ohne
weiteres als Herkunftsorte für landwirtschaftliche Produkte in Frage kommen mit
der Folge, dass der Markenbestandteil „Altenburger“ in der angemeldeten
Wortmarke für eine Verwendung durch die Mitbewerber der Anmelderin
freigehalten werden muss und nicht schutzfähig ist i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG. Wie bereits von der Markenstelle zutreffend festgestellt und von Seiten
der Anmelderin unwidersprochen - bezeichnet das Wort „Weichkäse“ die
allgemein bekannte und große Produktgruppe von Käsen mit weichem Teig.
Dieser Käsetyp reicht von Frischkäsen bis zu halbfesten Schnittkäsen. Bei den
festeren Formen kommen Käse mit und ohne Schimmelbildung vor. Die Worte „mit
Ziegenmilch“ enthalten die Angabe, dass der Weichkäse aus Ziegenmilch ge-
macht wurde. Das ist eine wichtige Beschaffenheitsangabe, weil Käse und
Molkereiprodukte aus der Milch verschiedener Tierrassen hergestellt werden
können und die Frage, von welchem Tier die Milch stammt, regelmäßig großen
Einfluss auf die Konsistenz und den Geschmack der Produkte hat. Insgesamt stellt
sich daher die angemeldete Wortfolge „Altenburger Weichkäse mit Ziegenmilch“
als eine einheitliche glatte Warenbeschreibung der beanspruchten Waren dar, die
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für jedermann ohne weiteres und insbesondere ohne jede weitere Analyse
verständlich ist. Als glatte Warenbeschreibung ist die Wortfolge freihal-
tungsbedürftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und also nicht schutzfähig. Auf die
Frage nach einer möglichen Unterscheidungskraft der Marke kommt es deswegen
nicht mehr an.
Der Hinweis der Anmelderin auf § 8 der Käseverordnung in Zusammenhang mit
Anlage 1b zu dieser Verordnung führt zu keinem anderen Ergebnis. Die zitierte
Vorschrift bedeutet lediglich eine Beschränkung der freien Verfügbarkeit der kon-
kreten Herkunftsangabe „Altenburger Ziegenkäse“. Aufgrund von § 8 der Käse-
verordnung im Zusammenhang mit ihrer Anlage 1b kann diese Angabe nur für
solche Ziegenkäse benutzt werden, die aus dem Herstellungsgebiet nach Spalte 2
der Anlage stammen und im Übrigen den Anforderungen nach Spalten 3 bis 6 der
Anlage genügen. Für andere Ziegenkäse darf die konkrete Herkunftsangabe
„Altenburger Ziegenkäse“ nicht verwandt werden. Diese Vorschriften lassen die
Vorschriften des § 8 MarkenG unberührt, der die Schutzhindernisse für Marken
regelt. Insbesondere folgt aus der Käseverordnung nicht etwa, dass für
Altenburger Ziegenkäse nur die Herkunftsangabe „Altenburger Ziegenkäse“ eine
Herkunftsangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei und folglich für alle anderen
denkbaren Herkunftsangaben für Ziegenkäse aus Altenburg nicht mehr das
Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beste-
hen könnte.
gez.
Unterschriften