Urteil des BPatG vom 14.03.2017

BPatG (werbung, begriff, marke, beschwerde, bezeichnung, unterscheidungskraft, bundespatentgericht, unternehmen, ausnahme, dienstleistung)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 38/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 11 557.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
27. Januar 2009 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und
Richter Kruppa
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beschlossen:
I.
Die Beschlüsse der Markenstelle vom 23.08.2007 und vom
09.11.2007 werden insoweit aufgehoben, als der angemel-
deten Marke der Schutz für „Werbung“ versagt wurde.
II.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I .
Die Anmeldung der Wortmarke
zeitreise
hat die Markenstelle mit Beschlüssen vom 23.08.2007 und vom 09.11.2007, wobei
letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, für die Dienstleistungen
Werbung, Veranstaltung und Vermittlung von Unterhaltungsange-
boten, insbesondere von Feiern, Festen und Ausflügen sowie
sportlichen und kulturellen Aktivitäten; Betrieb von Freizeitparks
und Kultureinrichtungen
zurückgewiesen. Das ist damit begründet, „zeitreise“ weise darauf hin, dass an
vergangene Zeiten erinnert werde bzw. historische Ereignisse und Entwicklungen
beleuchtet würden. Es handle sich bei „zeitreise“ um einen üblichen, nicht unter-
scheidungskräftigen Begriff. Den Beschlüssen hat die Markenstelle Fundstellen
beigefügt; einer davon betrifft eine „Zeitreise durch die Werbung“.
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Der Anmelder hat am 06.12.2007 Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen,
„zeitreise“ habe ein breites Bedeutungsspektrum. Dies gelte insbesonders für den
Bestandteil „Reise“. Für die beanspruchten Dienstleistungen sei „zeitreise“ nicht
beschreibend.
Er beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit damit die
Anmeldung zurückgewiesen wurde, und die Marke vollumfänglich
einzutragen.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Be-
zug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.
II.
1)
Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen
grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 MarkenG) und ohne zeitliche Bin-
dung. Der Anmelder hat eine mündliche Verhandlung nicht beantragt; diese ist
nach Wertung des Senats auch nicht sachdienlich.
Der Senat musste dem Anmelder den beabsichtigten Termin zur Beschlussfas-
sung nicht zuvor mitteilen; das Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt lediglich,
Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt
abzugeben, ihre Auffassung zu Rechtsfragen darlegen sowie Anträge zu stellen.
Hierzu bestand seit Einlegung der Beschwerde hinreichend Gelegenheit.
2)
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg; einer Re-
gistrierung der angemeldeten Marke steht für die noch strittigen Dienstleistungen
mit Ausnahme von Werbung das Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
entgegen.
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Die angemeldete Marke ist, wie die Markenstelle dargestellt und belegt hat, ein
Begriff, der im Zusammenhang mit Veranstaltungsdienstleistungen sowie dem
Betrieb von Freizeit- und Kultureinrichtungen nicht unterscheidungskräftig (§ 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) ist, weil die angesprochenen Kreise darin nur einen Hin-
weis auf die Art der Veranstaltungen bzw. Einrichtungen sehen.
Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Eintra-
gung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kenn-
zeichnen und diese Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu
unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die ange-
meldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Ver-
kehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen
normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-
verbraucher abzustellen ist, weil diese zwar selten professionelle Hilfe beim Aus-
richten von Festen in Anspruch nehmen, aber selbst Unterhaltungsangebote der
hier beanspruchten Art besuchen.
Der angemeldete Begriff „zeitreise“ benennt Bewegungen zwischen Vergangen-
heit, Gegenwart und Zukunft. In diesem Sinnzusammenhang ist der Begriff be-
kannt aus Romanen und Science-Fiction-Filmen, in denen die handelnden Perso-
nen von der Gegenwart in die Vergangenheit und sogar in die Zukunft „springen“.
Der Begriff „zeitreise“ bietet sich aber auch für die Darstellung vergangener Epo-
chen an.
Bei den beanspruchten Dienstleistungen, die unter einem bezeichnungsfähigen
Motto stehen können (wie Veranstaltungen) oder sich mit einem Thema befassen
(wie Freizeitparks oder Ausstellungen), fehlt damit die markenrechtliche Unter-
scheidungskraft, weil die angemeldete Bezeichnung als Motto bzw. Thema auf-
gefasst wird (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt;
GRUR 2001, 1042, 1043 - Reich und Schön; GRUR 2001, 1043, 1045 - Gute
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Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2002, 1070, 1072 - Bar jeder Vernunft). „zeit-
reise“ kann auf Veranstaltungen mit historischem Hintergrund (z. B. Ritterspiele)
oder Darstellungen historischer Abläufe (z. B. Fahrzeugmuseen - von Kutschen
bis zum Automobil) hindeuten. Auch Freizeitparks können unter einem Motto ste-
hen, das aus der Historie kommt, so dass ein Besuch als Zeitreise (z. B. in die Zeit
der Dinosaurier, Pharaonen …) bezeichnet werden kann.
„zeitreise“ ist aber kein üblicher oder üblich wirkender Begriff, den diejenigen, die
Werbung als Dienstleistung in Anspruch nehmen, stets nur als solchen auffassen
und ihm keinen Herkunftshinweis entnehmen.
Nur mit Ausnahme der Dienstleistung Werbung kann somit offen bleiben, ob dem
Begriff „zeitreise“ auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
entgegensteht, weil er sich zur unmittelbaren Beschreibung der strittigen Dienst-
leistungen eignet, oder aber insoweit nur andeutend wirkt. § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG verbietet es nämlich nur, Zeichen als Marken einzutragen, die aus-
schließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffen-
heit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der
Zeit der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merk-
male dienen können.
Dies ist bei Werbung nicht der Fall. Hier differenziert der angesprochene Verbrau-
cher zwischen den Werbedienstleistungen und dem Gegenstand der Werbung. Er
wird daher nicht annehmen, die angegriffene Marke beschreibe den Tätigkeits-
schwerpunkt des Werbedienstleisters. Es gibt keine besondere Sparte bei
Werbe-Dienstleistungen, die auf historisierende Angebote spezialisiert ist. Die von
der Markenstelle herangezogene Fundstelle zeigt eine „Zeitreise“ durch
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Werbeangebote in unterschiedlichen Zeiten. Hier ist Werbung also Gegenstand
der Darstellung.
Dr. Albrecht
Schwarz
Kruppa
Cl