Urteil des BPatG vom 06.12.2007

BPatG (stand der technik, technik, bienenstock, stand, erklärung, zusammensetzung, form, patent, perpetuatio fori, patentanspruch)

BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 314/03
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
6. Dezember 2007
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 100 28 573
BPatG 154
08.05
- 2 -
hat der 8. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dipl.-Ing. Dehne, des Richters Dipl.-Ing. agr. Dr. Huber und der
Richterinnen Pagenberg LL.M. Harv. und Dipl.-Ing. Dr. Prasch
beschlossen
Das Patent 100 28 573 wird aufrechterhalten.
G r ü n d e
I.
Auf die am 14.
Juni
2000 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung
100 28 573.2-23 mit der Bezeichnung „Verfahren und Vorrichtung zur Bekämpfung
von Schädlingen der Biene und des Bienenstockes“ ist mit Beschluss vom
11.
Juni
2002 das Patent 100
28
573 erteilt und die Erteilung am
7. November 2002 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent hat Herr
Dr. Sch…
in H…
am 6. Februar 2003 Einspruch erhoben.
- 3 -
Der Einsprechende hat zur Stützung seines Vorbringens auf den folgenden druck-
schriftlichen Stand der Technik verwiesen:
D1: Leserbrief von W. Rommel: „Varroabekämpfung: Erfahrun-
gen aus Russland und Kasachstan“; Zeitschr. ADIZ/db/IF
2/99, Seiten 24, 25
D2: I.S. Kondratük: „Effektive Behandlung“, Zeitschr. Imkerei
Russland, Februar 1987 (in deutscher Übers. von W.
Rommel)
D3: DE 33 08 017 C1.
Der Einsprechende hat in seinem Einspruchsschriftsatz (Fax vom
6. Februar 2003) ausgeführt, dass das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpa-
tents durch den Leserbrief von R… in ADIZ (D1) neuheitsschädlich vor
weggenommen werde bzw. durch eine Kombination des Artikels von
K…, Z. Imkerei Russland (D2) bzw. der D1 mit der DE 33 08 017 C1
(D3) nahegelegt sei, so dass der Anspruch 1 und die auf diesen rückbezogenen
Ansprüche 2 bis 8 nicht patentfähig seien.
Der Einsprechende hat ferner schriftsätzlich vorgetragen, dass es dem auf eine
Vorrichtung gerichteten Anspruch 9 und den auf diesen rückbezogenen Ansprü-
chen 10 bis 19 an der Patentfähigkeit mangle, weil der hierdurch beschriebene
Gegenstand durch offenkundige Vorbenutzung neuheitsschädlich vorweggenom-
men sei. Er hat hierzu die Schemazeichnungen „OS-Verdunster“ (1. Benutzungs-
handlung) und „Oxalsäure-Verdunster OSV-5D“ (2. Benutzungshandlung) sowie
schriftliche Erklärungen der als „Zeugen“ bezeichneten Herren R…, G…,
K… und G1… vorgelegt, welche nach seiner Auffassung „die offenkundi-
ge Vorbenutzung belegen und für sich selbst sprechen“.
- 4 -
Mit einer weiteren schriftsätzlichen Äußerung (Telefax vom 4. Dezember 2007) hat
der Einsprechende erklärt, dass er den Einspruch und den Antrag auf Widerruf
des Patents in vollem Umfang der erteilten Patentansprüche aufrecht erhalte, aber
an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Zur münd-
lichen Verhandlung ist er ankündigungsgemäß nicht erschienen.
Von dem Einsprechenden liegt demnach der Antrag vor,
das Patent 100 28 573 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen des Einsprechenden widersprochen.
Sie hat im Einzelnen vorgetragen, dass das von dem Einsprechenden entgegen-
gehaltene druckschriftliche Material ebenso wie die in den Erklärungen der Herren
R…, G…, K… und G1… bezeichneten Geräte, Gegenstände und
Verfahren erkennen ließen, die sich überwiegend - anders als im Streitpatent
beansprucht - eines Luftstromes zum Einleiten von Oxalsäuredämpfen in eine
Beute bedienten. Daher sei das Streitpatent nach ihrer Auffassung gegenüber den
Lehren dieses entgegengehaltenen Materials bestandsfähig.
Auch der Oxalsäure-Verdunster OSV-5D zeige eine Vorrichtung, die nicht etwa in
dem Bienenkorb, also nach ihrer Interpretation innerhalb des eigentlichen „Wohn-
raums“ der Bienen, positioniert werde, sondern unterhalb dieses Raumes und
zwar unterhalb des Varroa-Gitters platziert werde, wie z. B. aus den vorgelegten
Erklärungen der Herren G… und G1… ersichtlich sei.
Die Patentinhaberin hat auch die Offenkundigkeit der Geräte, die von Herrn
R… konzipiert worden seien, in Zweifel gezogen. Insbesondere bezüglich des
Oxalsäure-Verdampfers OSV-5D lasse die Erklärung des Herrn R… bereits
durch die verwendete Ausdrucksweise und Wortwahl wie „Mehreren Imkern und
Bekannten habe ich mein OS-Verdampfer OSV-5D anvertraut…“ und „Da ich an
- 5 -
der Entwicklung OSV-5D noch arbeite, entschloss ich mich noch nicht an die
breite Öffentlichkeit zu treten“ erkennen, dass zu dem angegebenen Zeitraum
(23.
Oktober
1999) und danach, also bis zum Datum der Erklärung
(30. Oktober 2001) der besagte Gegenstand jedenfalls nicht einem in patentrecht-
lichem Sinne unbegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht worden sei in der
Weise, dass jeder Dritte hiervon hätte Kenntnis erlangen können.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
das Patent aufrecht zu erthalten.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:
„Verfahren zur Bekämpfung von Ektoparasiten an Bienen, insbe-
sondere zur Bekämpfung von Varroa-Milben, bei dem ein zur Pa-
rasitenbekämpfung geeignetes Mittel in den Bienenkorb eingeführt
dadurch ge-
kennzeichnet,
dass das zur Parasitenbekämpfung dienende Mittel eine Oxal-
säure enthaltende Zusammensetzung oder Oxalsäure in wenigs-
tens technisch reiner Form ist und dass die Zusammensetzung
Oxalsäure in pulverisierter oder kristalliner Form enthält.“
Der auf eine Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung mittels des Verfahrens nach
Anspruch 1 gerichtete Anspruch 9 lautet in der erteilten Fassung:
2
Bienenbrut und Wabenwerk mittels des Verfahrens nach An-
spruch 1,
- 6 -
11
11
1
7
ist, um dieses zu erwärmen, und
4
7
7
führbar sind.“
Zu den auf die Ansprüche 1 bzw. 9 rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 8 bzw.
10 bis 19 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Für die Beurteilung der Patentfähigkeit im Rahmen des patentamtlichen Prüfungs-
verfahrens waren noch die folgenden Druckschriften in Betracht gezogen worden:
DE
195 25 782 C2
DE
19 38 939 U
DE
697 02 960 T2
EP
02 59 506 A1
EP
02 21 488 A2
IMDORF, A. u. a.: Alternative Varroabekämpfung. In: Deutsches
Bienen Journal 2/96, S. 59-63;
In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist darüber hinaus noch die
folgende Druckschrift genannt und gewürdigt worden (vgl. Abs. [0015]):
DE
33 35 808 A1
- 7 -
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis ein-
schließlich 30. Juni 2006 geltenden Fassung (vgl. BlPMZ 2005, 3 und 2006, 225)
durch den zuständigen Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entschei-
den. Mit der Einlegung des Einspruchs am 6. Februar 2003 und damit innerhalb
des nach § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG geltenden Zeitraums (nach dem
1. Januar 2002 bis vor dem 1. Juli 2006) beim Deutschen Patent- und Markenamt
ist in Verbindung mit den Sätzen 3 und 4 dieser Vorschrift die besondere Zustän-
digkeit des technischen Beschwerdesenats zur Entscheidung über Einsprüche
nach § 59 PatG begründet worden. Diese für das vorliegende Verfahren begrün-
dete Zuständigkeit ist nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, insbeson-
dere des gemäß § 99 Abs. 1 PatG in analoger Anwendung des § 261 Abs. 3 ZPO
heranzuziehenden Grundsatzes der perpetuatio fori, durch das Inkrafttreten des
Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Pa-
tentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 nach der Überzeugung des Senats nicht
entfallen (vgl. auch BGH Beschlüsse vom 17. April 2007 - X ZB 9/06 und vom
27. Juni 2007 - X ZB 6/05 - Informationsübermittlungsverfahren I und II).
2. Gegenstand des Streitpatents ist nach Anspruch 1 ein Verfahren zur Bekämp-
fung von Ektoparasiten an Bienen und nach Anspruch 9 eine Vorrichtung zur Be-
kämpfung von Schädlingen von Bienen, Bienenbrut und Wabenwerk.
Nach Abs. [0020] der Streitpatentschrift soll die Aufgabe gelöst werden, ein einfa-
ches, wirksames und handhabungssicheres Verfahren zur Bekämpfung der ver-
schiedenen Schädlinge an Bienenstöcken zu schaffen, sowie eine entsprechende
Vorrichtung bereitzustellen.
- 8 -
Unter dem Begriff der „Handhabungssicherheit“ will das Streitpatent eine Verfah-
rensart umschreiben, bei dem aus Ritzen des Bienenstocks keinerlei Dämpfe usw.
austreten, weil man auf Techniken, bei denen Luftströme mit Behandlungsmittel in
den Bienenstock gepumpt oder geblasen werden, verzichten will (vgl. Abs.
[0022]).
Patentanspruch 1 beschreibt demgemäß ein Verfahren zur Bekämpfung von Ek-
toparasiten an Bienen, welches durch eine wesentliche „oder“-Verknüpfung min-
destens zwei Verfahrensvariaten erkennen lässt.
Variante A:
A
Verfahren zur Bekämpfung von Ektoparasien an Bienen mit folgenden
Merkmalen:
A1
Ein zur Parasitenbekämpfung geeignetes Mittel wird in den Bienenkorb ein-
geführt.
A2
Das zur Parasitenbekämpfung geeignete Mittel wird in dem Bienenkorb
durch Erwärmung verdampft.
A3
Das zur Parasitenbekämpfung dienende Mittel ist eine Oxalsäure enthal-
tende Zusammensetzung.
A3.1 Die Zusammensetzung enthält Oxalsäure in pulverisierter oder kristalliner
Form.
(Das letzte Merkmal A3.1) enthält zwar auch noch eine (weitere) „oder“-Verknüp-
fung, die zwar ebenfalls noch formal zu zwei (weiteren) Alternativen führt, deren
Auflösung bzw. Auftrennung es aber nach Auffassung des Senats deshalb nicht
mehr bedarf, weil beide Formen zumindest denselben Aggregatzustand (Festform)
- 9 -
der Oxalsäure beschreiben. Daher handelt es sich hier nicht um eine „oder“-Ver-
knüpfung, die zu weiteren Alternativlösungen führen kann oder führt, die sich we-
sentlich voneinander unterscheiden.
Variante B
B
Verfahren zur Bekämpfung von Ektoparasiten an Bienen mit folgenden
Merkmalen:
B1
Ein zur Parasitenbekämpfung geeignetes Mittel wird in den Bienenkorb ein-
geführt.
B2
Das zur Parasitenbekämpfung geeignete Mittel wird in dem Bienenkorb
durch Erwärmung verdampft.
B3
Das zur Parasitenbekämpfung dienende Mittel ist Oxalsäure in wenigstens
technisch reiner Form.
Die Verfahrensvarianten A und B zur Bekämpfung von Ektoparasiten (das sind
überwiegend außen an dem Wirtsorganismus angesiedelte Parasiten, welche z. B.
anders als im Darmsystem o. ä. lebende Parasiten die äußeren Oberflächen des
Wirtsorganismus besetzen) an Bienen sind in den Merkmalen 1 und 2 gleichlau-
tend, wonach ein Bekämpfungsmittel in den Bienenkorb (Wohnraum der Bienen)
eingeführt und dort (also in dem Bienenkorb) durch Erwärmung verdampft werden
soll, wobei „verdampfen“ hier im weitesten Sinne zu lesen ist und auch Sublimie-
rungsvorgänge einschließen kann, denn die Beschreibung des Streitpatents
spricht u. a. auch von einer „Verdampfung von Oxalsäurekristallen“, was eigentlich
eine Sublimierung darstellt (Sp. 7, Z. 40, 41), weswegen auch an anderer Stelle
der Beschreibung von einem „zu sublimierenden oder zu verdampfenden Be-
handlungsmittel..“ die Rede ist (Sp. 6, Z. 53, 54).
- 10 -
Das nachfolgende Merkmal 3 enthält die als „wesentlich“ bezeichnete „oder“-Ver-
knüpfung, welche ihrerseits zu zwei völlig unterschiedlichen Ausgestaltungsvari-
anten hinsichtlich des verwendeten Bekämpfungsmittels führt. Nach der ersten
Variante A3 ist das Bekämpfungsmittel eine „Zusammensetzung“, d. h. also ein
Gemisch von unterschiedlichen Stoffen und Substanzen. Diese „Zusammenset-
zung“ enthält aber auf jeden Fall Oxalsäure, allerdings ohne auf deren Mengenan-
teil oder Reinheitsgrad abzustellen.
Allerdings ergeht im folgenden Merkmal A3.1 ein den Aggregatzustand der im
Rahmen der Zusammensetzung anteilig verwendeten Oxalsäure klar definierender
Hinweis dahingehend, dass von Oxalsäure in pulverisierter oder kristalliner und
damit jedenfalls in fester Form die Rede ist. Ein anderer als der Aggregatzustand
der Festform wird auch in der Gesamtheit der Beschreibung nicht erwähnt, son-
dern es werden auch dort lediglich Testformen beschrieben (vgl. Abs. [0026] und
[0051]; Sp. 7, Z. 40, 41 und Z. 47, 48). Wenn nun der Oxalsäureanteil der Zusam-
mensetzung in Festform vorliegen soll, muss dies auch für die übrigen Mischungs-
partner der Zusammensetzung gelten, denn bei einer Mehrzahl von denkbaren
flüssigen Mischungsanteilen würde die sowohl Wasser - als auch Ethanol lösliche
Oxalsäure zumindest teilweise in Lösung gehen. In diesem Fall wäre der in Merk-
mal A3.1 geforderte feste Aggregatzustand nicht mehr gegeben.
Das zur Parasitenbekämpfung dienende Mittel nach der Variante B des An-
spruchs 1 ist gemäß Merkmal B3 Oxalsäure in wenigstens technisch reiner Form.
Damit wird einerseits zum Ausdruck gebracht, dass bei dieser Verfahrensvariante
ausschließlich Oxalsäure eingesetzt wird und zwar ohne jegliche weitere Beimen-
gungen oder Mischungspartner. Andererseits wird eine untere Grenze hinsichtlich
des Reinheitsgrades der eingesetzten Oxalsäure („in wenigstens technisch reiner
Form“) angegeben. Bei einer derartigen Angabe handelt es sich nach dem chemi-
schen Verständnis zum Zeitrang des Streitpatents bereits um sehr hohe Reinheits-
grade, die um 99,5 % reiner Substanz anzusiedeln sind und die nur noch von ana-
lytisch reinen Qualitäten übertroffen werden, die aber für einen praktischen Ein-
- 11 -
satz, wie vorliegend beschrieben, nicht in Frage kommen. Jedenfalls umfasst die
Reinheitsangabe „technisch rein“ bereits einen so hohen Reinheitsgrad, dass die
bezeichnete Substanz dabei in so hoher Konzentration vorliegt, dass eine „Verun-
reinigung“ z. B. in Form von lösungsvermittelnden Stoffen nicht mehr denkbar ist.
Dies hat wiederum zur Folge, dass die betreffende Substanz, hier Oxalsäure, bei
derartig hohen Reinheitsgraden nur noch kristallin oder pulverförmig, jedenfalls
aber im Aggregatzustand der Festform, vorliegen kann.
Nach alledem gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die gemäß Patentan-
spruch 1 verwendete Oxalsäure in beiden Verfahrensvarianten (A und B) in Fest-
form vorgelegt wird, was auch die Patentinhaberin sowohl schriftsätzlich (Schrift-
satz vom 14. Oktober 2003; S. 6, 2. Abs.) als auch in der mündlichen Verhandlung
geltend macht.
Das Wesen des Verfahrens nach Anspruch 1 beruht nach Auffassung des Senats
demnach darauf, Oxalsäure allein oder in Mischung mit anderen Substanzen, je-
denfalls aber im Aggregatzustand der Festform, innerhalb des Bienenstocks in die
Dampfphase zu überführen.
Der u. a. auch nebengeordnete Anspruch 9 beschreibt im wesentlichen eine Vor-
richtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1. Er betrifft eine Vor-
richtung zur Bekämpfung von Schädlingen von Bienen, Bienenbrut und Waben-
werk mittels des Verfahrens nach Anspruch 1 mit folgenden Merkmalen:
1.
Die Vorrichtung hat ein Gefäß zur Aufnahme eines Behand-
lungsmittels.
1.1 Die Außenabmessungen des Gefäßes sind kleiner als das
Flugloch eines Bienenstocks.
2.
Die Vorrichtung hat eine Heizeinrichtung.
- 12 -
2.1 Die Heizeinrichtung ist mit dem Gefäß verbunden, um dieses
zu erwärmen.
3.
Die Vorrichtung hat eine Handhabe.
3.1 Die Handhabe trägt das Gefäß und die Heizeinrichtung.
3.2 Mittels der Handhabe ist das Gefäß und die Heizeinrichtung
durch das Flugloch in den Bienenstock einführbar.
Die Vorrichtung besteht aus den Bauteilen (Aufnahme)Gefäß (für Behandlungs-
mittel) (Merkmalsgruppe 1.), Heizeinrichtung (2.) und Handhabe (3.), wobei alles
so beschaffen sein soll, dass es mit Hilfe der Handhabe durch das Flugloch in den
Bienenstock eingeführt werden kann (Merkm. 1.1 i. V. m. 3.2). Die Heizeinrichtung
ist nach Merkmal 2.1 mit dem Gefäß verbunden, um dieses zu erwärmen. Somit
ist die angegebene Vorrichtung dazu bestimmt und geeignet, die im Gefäß befind-
liche, gemäß Anspruch 1 (vgl. hierzu die oben dargestellte Auslegung) in Festform
vorliegende, Oxalsäure oder deren Zusammensetzung durch Kontakt mit der Ge-
fäßwandung zu erhitzen und so in die Dampfphase zu überführen.
3. Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. In der Sache konn-
te er jedoch keinen Erfolg haben, weil das angegriffene Patent aus den nachfol-
gend dargelegten Gründen bestandsfähig ist.
3.1 Der Oxalsäure-Verdunster OSV-5D gemäß der 2. Benutzungshandlung, für
den der Einsprechende offenkundige Vorbenutzung geltend macht und der in der
Erklärung des Herrn R… vom 30. Oktober 2001, Zeilen 14 bis 25,
näher beschrieben und in einer beigelegten Skizze von Herrn R… mit der Be
zeichnung „Oxalsäure-Verdunster OSV-5D“ dargestellt ist, bildet keinen für die
Beurteilung der Patentfähigkeit der Lehre des Streitpatents in Betracht zu ziehen-
- 13 -
den Stand der Technik, denn er ist nicht vor dem Zeitrang des Streitpatents offen-
kundig geworden.
Wie die besagte Erklärung des Herrn R… erkennen lässt, hat sich dieser
im Oktober 1999 mit der Entwicklung des o. g. Gerätes (OSV-5D) beschäftigt und
ein solches Gerät dann zusammen mit Herrn G… - Herr G… hat gemäß
seiner eigenen Erklärung vom 29. Oktober 2001 das Gerät im wesentlichen nach
den Vorgaben des Herrn R… auf dessen Wunsch hin gebaut - am
23. Oktober 1999 an Bienenvölkern getestet. Herr G… bestätigt diesen Termin in
seiner Erklärung ebenso wie die Mitwirkung bei Veränderungen an dem Gerät so-
wie die Übernahme seiner Herstellung (vgl. Erklärung von Herrn G… vom
29. Oktober 2001; Z. 5, 6 und 10, 11).
In der Zusammenarbeit zwischen den Herren R… und G… sieht der Senat
daher eine in vielen technischen Bereichen übliche Kooperation zwischen einem
„Ideengeber“ und einem zur praktischen Umsetzung der Idee befähigten Partner,
durch die jedoch Offenkundigkeit in patentrechtlichem Sinne noch nicht hergestellt
wird.
Wie die Erklärung des Herrn R… ab Zeile 22 weiter fortfährt, habe er seinen
OS-Verdampfer OSV-5D „mehreren Imkern und Bekannten… anvertraut“. So be-
stätigen zwei weitere Imker, Herr K… und Herr G1…
mit Erklärung vom 30. Oktober 2001 bzw. 29. Oktober 2001 an einer Vorführung
des Oxalsäure-Verdampfers OSV-5D am 31. Oktober 1999 bei Herrn R…
teilgenommen zu haben.
Die Offenkundigkeit des Verdampfers OSV-5D indes ist auch durch diese Vorfüh-
rung nicht gegeben, denn wie die Erklärung seines Entwicklers, Herrn
R…, in den letzten beiden Zeilen erkennen lässt, hielt dieser noch zum
Zeitpunkt der Abgabe seiner Erklärung, am 30. Oktober 2001, also über ein Jahr
nach dem Zeitrang des Streitpatents, seine Entwicklung noch immer für nicht ab-
geschlossen (vgl. „Da ich an der Entwicklung OSV-5D noch arbeite…“). Deshalb
- 14 -
wollte er auch noch nicht an die breite Öffentlichkeit treten, wie in diesem letzten
Satz weiter formuliert wird. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber dann nur, dass
Herr R… mit den „Imkern und Bekannten“, denen er seinen „OS-Verdampfer
OSV-5D anvertraut“ hatte (vgl. vorletzter Satz der Erklärung von Herrn R…),
lediglich eine Erprobung bzw. eine Akzeptanz-Studie durchgeführt hat, um eine
mögliche Marktrelevanz und Praxistauglichkeit im Rahmen der Entwicklung zu
erkunden. Dies begründet aber keine patentrechtliche Offenkundigkeit i. S. einer
Zugänglichkeit für beliebige Dritte. Vielmehr war dies zum Zeitrang des Streitpa
tents von Herrn R… offensichtlich auch nicht beabsichtigt, da er seinerseits
noch nicht an die breite Öffentlichkeit treten wollte und daher sein Gerät nur be-
stimmten „Imkern und Bekannten“ „anvertraut“ hatte. Wie bereits aus der Wort-
wohl „anvertraut“ erkennbar ist, sollte die nach der Erklärung von Herrn R…
noch nicht fertig gestellte Entwicklung nur einem ausgewählten Personenkreis ver-
traulich gezeigt und vorgeführt werden.
Für diese Auffassung des Senats spricht auch noch die Tatsache, dass Herr
G1…, der gemäß seiner eigenen Erklärung vom 29. Oktober 2001
ebenfalls an der o. g. Vorführung am 31. Oktober 1999 bei Herrn R… teilge
nommen hat, als Vorsitzender des Bienenzuchtvereins der Stadt E… - dies
geht aus seiner Erklärung hervor - nach eigenem Bekunden lediglich selbst, d. h.
in seinen eigenen Bienenvölkern mit dem Gerät OSV-5D gearbeitet hatte, welches
er nach seiner Erklärung (letzte drei Zeilen) von Herrn R… geschenkt bekom
men habe. Hätte nun seitens der beteiligten Herren Interesse an der allgemeinen
und uneingeschränkten Kundbarmachung des Gerätes “OSV-5D“ vor dem und
zum Zeitrang des Streitpatents bestanden, hätte dies am ehesten durch den Vor-
sitzenden eines entsprechenden Vereins, wie es Herr G1… ist, gegenüber Ver
einskameraden, also ihrerseits sach- und fachkundigen Imkern, geschehen kön-
nen. Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen worden, was wiederum nicht im Wider-
spruch zu dem in der Erklärung von Herrn R… zumindest indirekt zum Aus
druck gebrachten Wunsch nach vertraulicher Behandlung, also Geheimhaltung
- zumindest bis zum Abschluss der Entwicklung - steht.
- 15 -
3.2 Das Verfahren nach Patentanspruch 1 sowie die Vorrichtung zur Schädlings-
bekämpfung mittels eines derartigen Verfahrens nach Anspruch 1 gemäß Patent-
anspruch 9 sind gegenüber dem im Verfahren befindlichen und in Betracht zu zie-
henden Stand der Technik jeweils neu.
Sowohl der Leserbrief von R…: „Varroabekämpfung: Erfahrungen aus
Rußland und Kasachstan“, abgedruckt in der Zeitschrift ADIZ/db/IF 2/99, Seiten
24, 25 (D1) als auch der Artikel von K…: „Effektive Behandlung“, Zeit
schrift „Imkerei“ Rußland, Februar 1987 (deutsche Übersetzung von R…)
(D2) lassen eine Vorrichtung und eine Arbeitsweise erkennen, bei der außerhalb
des Bienenstocks verdampfte Oxalsäure mit Hilfe einer Luftpumpe über Schlauch-
verbindungen in den Bienenstock eingetragen (geblasen) wird. Nach dem gleichen
Prinzip arbeitet auch der von Herrn R… gemäß seiner Erklärung vom
30. Oktober 2001 „OS-Verdampfer OSV-3R“ (erste Benutzungshandlung) genann-
te Gegenstand (vgl. Erkl. des Herrn R…, Z. 4 bis 14).
Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich das patentgemäße Verfahren
nach Anspruch 1 bereits in der Verdampfung durch Erwärmung des zur Parasiten-
bekämpfung geeigneten Mittels in dem Bienenkorb (vgl. Merkmal A2 bzw. B2 ge-
mäß Merkmalsanalyse in Punkt II.2, Varianten A und B).
Auch die Entgegenhaltungen „Alternative Varroabekämpfung“, Z. Deutsches Bie-
nen Journal 2/96, S.
7 bis 11, EP
259
506
A1, EP
221
488
A2, und
DE 19 38 939 U lassen Verfahren und Vorrichtungen erkennen, mit deren Hilfe
verdampfte oder in wässriger Lösung befindliche Mittel zur Parasitenbekämpfung
(mit einer spritzenartigen Vorrichtung) in den Bienenstock mit Druck eingeblasen
bzw. eingesprüht werden, so dass sich das patentgemäße Verfahren nach
Anspruch 1 von diesem Stand der Technik außer in den Merkmalen A2, B2
(Verdampfung durch Erwärmung in dem Bienenstock) noch in der Art bzw. dem
Aggregatzustand des verwendeten Bekämpfungsmittels unterscheidet (A3.1 bzw.
B3).
- 16 -
Nachdem die bislang abgehandelten Entgegenhaltungen und der Gegenstand der
zu berücksichtigenden ersten behaupteten offenkundigen Vorbenutzung lediglich
Methoden und Vorrichtungen erkennen lassen, die eine Vorbereitung des Be-
kämpfungsmittels wie z. B. eine Verdampfung, außerhalb des Bienenstocks vor-
nehmen, können sie auch die Neuheit der Vorrichtung nach Anspruch 9 zur
Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 nicht in Frage stellen. Von diesem
Stand der Technik unterscheidet sich die Vorrichtung nach Anspruch 9 nämlich
zumindest in seiner mit einem Gefäß verbundenen Heizeinrichtung (Merkmal 2.1)
und seiner Handhabe, die Gefäß- und Heizeinrichtung trägt und mittels der Gefäß-
und Heizeinrichtung in den Bienenstock einführbar sind (Merkmale 3.1 und 3.2).
Bei dem vom Einsprechenden noch genannten Verfahren und der Vorrichtung zur
Bekämpfung des Milben-Befalls von Bienenvölkern gemäß der DE 33 08 017 C1
(D3) wird Ameisensäure, welche sich in einem Fläschchen in Lösung befindet und
in die ein Docht eintaucht, dadurch verdunstet, dass eine oder mehrere von dem
Standort des Fläschchens entfernte Heizplatte(n) den Bienenstock mäßig erwärmt
(erwärmen), so dass die in dem Docht hochgesaugte Ameisensäure verdunsten
kann. Von diesem Vorgehen unterscheidet sich das patentgemäße Verfahren
nach Anspruch 1 bereits in der Art seines Bekämpfungsmittels (Oxalsäure) (Merk-
male A3 bzw. B3) sowie dessen Aggregatzustand (Festform) (Merkmal A3.1 bzw.
herleitbar aus Merkmal B3) sowie im Vorgang des Verdampfens in dem Bienen-
korb (Merkmal A2 bzw. B2). Demzufolge verfügt die entgegengehaltene Vorrich-
tung nach der D3 auch nicht über ein mit einer Heizeinrichtung verbundenes
Gefäß, welches mittels einer Handhabe durch das Flugloch in den Bienenstock
einführbar ist, so dass sich auch die Vorrichtung nach Anspruch 9 in diesen Merk-
malen (Merkmale 2.1, 3.1, 3.2) von diesem Stand der Technik unterscheidet.
Bei dem Bekämpfungsverfahren nach der DE 33 35 808 A1 wird ein Bekämp-
fungsmittel, vorzugsweise Ameisensäure, in flüssigem bzw. gelöstem Zustand ei-
ner im Bienenstock befindlichen sog. Verdampfungsplatte aus saugfähigem Mate-
rial zugeführt und zwar intermittierend über eine relativ kompliziert ausgestaltete
- 17 -
sogenannte Zumesseinrichtung. Auch hier erfolgt die Verbreitung des Wirkstoffs
über einen Verdunstungsvorgang ohne direkte thermische Beeinflussung, wobei
mit Wirkstofflösung getränkte Flächen für die Verbreitung des Bekämpfungsmittels
im Bienenstock sorgen. Insoweit geht das Arbeitsprinzip dieses Verfahrens nicht
über das hinaus, was bereits in der vorher abgehandelten D3 beschrieben wurde,
so dass sich das patentgemäße Verfahren und die entsprechende Vorrichtung in
eben denselben Merkmalen wie im Falle der D3 von diesem Stand der Technik
unterscheiden.
Ähnliches beschreibt auch die DE 697 02 960
T2, bei der u. a. auch organische
Säuren wie Essigsäure oder Ameisensäure in flüssiger Form in einer Gelformulie-
rung vorgelegt werden, so dass sie nach Einstellen einer entsprechenden geöff-
neten Packung in den Bienenstock den Wirkstoff langsam durch einen Verduns-
tungsvorgang, ebenfalls ohne eine direkte thermische Einwirkung auf die zur Pa-
rasitenbekämpfung geeignete Zusammensetzung, freigeben.
Der batteriebetriebene Insektizid-Verdampfer nach der DE 195 25 782 C2 liegt
vom patentgemäßen Verfahren und der entsprechenden Vorrichtung zur Durch-
führung weiter ab, weil er mit anderen Wirkstoffklassen (Pyrethroide) als das
Streitpatent arbeitet und zur Einstellung in von Menschen genutzten Räumen oder
auch zur Verwendung im Freien dient. Die verwendeten Insektizide werden auch
hier in flüssiger Form in Trögen oder saugfähigen Platten vorgelegt, so dass auch
hier nicht mit organischen Säuren in festem Aggregatzustand als Ausgangsmate-
rial, wie im Falle des Streitpatents, gearbeitet wird.
3.3 Das zweifellos gewerblich anwendbare Verfahren zur Bekämpfung von Ekto-
parasiten an Bienen nach Patentanspruch 1 sowie die ebenfalls gewerblich an-
wendbare Vorrichtung zur Bekämpfung von Schädlingen mittels des Verfahrens
nach Anspruch 1 gemäß Patentanspruch 9 beruhen auf einer erfinderischen Tä-
tigkeit.
- 18 -
Zu Anspruch 1
Der von dem Einsprechenden zum Anspruch 1 in den Vordergrund gestellte Le-
serbrief des Herrn R…, abgedruckt in der Zeitschr. ADIZ 2199; S. 24, 25
D1) behandelt u. a. ein sog. Verdampfungsverfahren zur Bekämpfung der Varroa-
Milbe in Bienenstöcken (vgl. S. 24 mtl. Sp., letzter Abs.). Dabei wird Oxalsäure
verdampft und der daraus entstehende Nebel in die Beuten eingeblasen. In der
rechten Spalte ab dem 2. Absatz „Das Arbeitsprinzip“ wird dann ausgeführt, dass
grobkristalline Oxalsäure durch Hitze verflüssigt und dann als feinkristallines Luft-
gemisch in das Bienen-Volk eingeblasen wird, beispielsweise durch das Flugloch.
Am Ende dieses Absatzes wird noch ausgeführt, dass während der Behandlung
Atemschutz erforderlich ist, weil das Oxalsäure-Luftgemisch aus „allen Ritzen der
Beute austritt“. Einen derartigen Effekt will die im Streitpatent angegebene Lehre
aber gerade vermeiden, wie aus Sp. 3, Z. 24 bis 33 der im Streit stehenden Pa-
tentschrift ersichtlich ist.
Zwar wird durch dieses vorveröffentlichte Verfahren ein geeignetes Mittel in den
Bienenkorb eingeführt (Merkmal A1/B1 gemäß Merkmalsgliederung zu den Les-
arten des Anspruchs 1). Das verwendete Bekämpfungsmittel mag auch in seiner
vorliegenden grobkristallinen Ausgangsstruktur in wenigstens technisch reiner
Form vorliegen (Merkmal B3), während die auf eine Zusammensetzung gerichte-
ten Merkmale A3 und A3.1 bei diesem Stand der Technik nicht erkennbar sind.
Jedenfalls wird aber das Bekämpfungsmittel nicht in dem Bienenkorb verdampft
(Merkmal A2/B2), sondern eben allenfalls außerhalb. Zudem ist das Bekämp-
fungsmittel keine Oxalsäure enthaltende Zusammensetzung, sondern reine kri-
stalline Oxalsäure selbst, so dass zumindest die Merkmale A3 und A3.1 dort eben-
falls nicht verwirklicht sind.
Nichts anderes als das, was in D1 beschrieben ist, kann eine Vorrichtung leisten,
wie sie in dem Artikel „Effektive Behandlung“ der russischen Zeitschrift Imkerei
- 19 -
(Feb. 1987) (D2) beschrieben (deutsche Übers.) und auch zeichnerisch dargestellt
(Originalartikel) ist. Mit einem Brenner wird Oxalsäure - wahrscheinlich kristallin,
denn es ist ein Gramm-Maß angegeben - in einem Rohrzylinder erhitzt und mit
Druckluft in die Beute geblasen.
Was ferner die offenkundige Vorbenutzung eines ersten Oxalsäure-Verdampfers
betrifft, so wird dieser Benutzungsgegenstand wird in den Erklärungen der Herren
R… und G1… „Oxalsäure-Verdampfer OSV-3R“ genannt und kurz
beschrieben sowie offenbar in der Skizze „OS-Verdunster“ dargestellt. Es handelt
sich dabei um einen Gegenstand, bei dem in einem Rohrzylinder befindliche
Oxalsäure durch Brennereinwirkung verdampft und die Dämpfe mit Hilfe einer
Luftpumpe in den Bienenstock über eine Schlauchverbindung eingetragen wer-
den. Ein derartiger Gegenstand geht somit nicht über das hinaus, was bereits
durch den druckschriftlichen Stand der Technik gemäß D1 und D2 beschrieben ist.
Der bisher abgehandelte Stand der Technik nach der D1, D2 bzw. dem angeblich
offenkundig vorbenutzten Oxalsäure-Verdampfer „OSV-3R“ lehrt den Fachmann,
einen Imkermeister, der in der entsprechenden, Geräte und Vorrichtungen für die
Bienenzucht herstellenden Industrie tätig ist und über mehrjährige Erfahrung in der
Konzeption von Verfahren und Vorrichtungen zur Schädlingsbekämpfung im Bie-
nenstock verfügt, kristalline oder jedenfalls in Festform vorliegende Oxalsäure au-
ßerhalb des Bienenstocks durch thermische Einwirkung in die Dampfphase zu
bringen und die Dämpfe dann mittels eines tragenden Luftstroms in die Bienenbe-
hausung einzubringen. Hinweise und Anregungen zum Verdampfen der Oxalsäure
(Festform) unmittelbar im Innern des Bienenstocks indes erfährt der Fachmann
aus diesem Stand der Technik, weder einzeln für sich genommen noch in einer
Zusammenschau betrachtet, nicht.
Hierzu vermag auch der übrige im Verfahren befindliche Stand der Technik - inso-
weit dieser als Stand der Technik zu berücksichtigen ist - keinerlei Hinweise zu
vermitteln.
- 20 -
Die von dem Einsprechenden zum Anspruch
1 noch herangezogene
DE 33 08 017 C1 (D3) beschreibt zwar eine Heizeinrichtung in dem kastenförmi-
gen Raum (14) der Bienenbeute (10). Die Heizplatte ist großflächig (vgl. Sp. 6,
Z. 20; Fig. 1 Ziff. 18) und bedeckt nahezu den gesamten Boden (16) der Beute
(10). Sie wird nach oben hin von einer sogenannten Windel (22), einer Einlage aus
Papier (Sp. 6, Z. 21) überbrückt, um u. a. dort die herabfallenden Milben zu sam-
meln (Sp. 6, Z. 20 bis 25). Im Abstand dazu ist noch ein Gaze-Gitter angeordnet
(Fig. 1). Das Bekämpfungsmittel - hier ein Fläschchen (38) mit Ameisensäure
(Sp. 6, Z. 39 bis 48) - ist entgegengesetzt von der Heizplatte am oberen Ende der
Beute angeordnet (Fig. 1). Über einen Docht (40) tritt dort hochgesaugte, also
flüssige Ameisensäure aus, die dann durch die erzielte Raumtemperatur ver-
dunstet (Sp. 6, Z. 46). Nachdem die Heizeinrichtung nicht in direktem Kontakt mit
dem Gefäß für das Bekämpfungsmittel steht, kann hier kein Verdampfen, sondern
eben nur ein Verdunsten erfolgen. Daran ändert nach Auffassung des Senats
auch die gemäß Fig. 4 der D3 eingeführte zweite Heizplatte (60) nichts, die sich
am obersten Ende des Innenraums der Beute befindet und mit dem Fläschchen
ebenfalls nicht in Kontakt steht. Bei dem Verfahren nach der D3 wird lediglich der
Innenraum der Beute moderat auf etwa 20°C erwärmt (Sp. 3, Z. 61), denn die Bie-
nen, die sich ja auch in dem Raum befinden, sollen keinen Schaden durch zu
hohe Temperaturen nehmen. Demgemäß ist eine derartige Heizeinrichtung auch
nicht zur Verdampfungen in Festform vorliegenden organischen Säuren vorgese-
hen und ausgelegt.
Somit kann auch diese Entgegenhaltung das Merkmal A2/B2 des Anspruchs 1
beider Varianten, nämlich das Verdampfen des kristallin vorliegenden Mittels in
dem Bienenkorb nicht nahe legen.
Auch ist die Lehre nach der D3, welche mit organischen Säuren wie Ameisen-
säure als Bekämpfungsmittel arbeitet, wobei die entsprechende organische Säure
dissoziiert, also in wässriger Lösung vorliegt und gerade nicht durch direkte ther-
mische Einwirkung in die Dampfphase überführt wird, anders als der Einspre-
- 21 -
chende vorträgt, nicht mit der Lehre nach der D1, D2 und dem entsprechenden
behaupteten Benutzungsgegenstand kombinierbar, weil es sich bei dem letztge-
nannten Stand der Technik um Verfahren handelt, bei denen in Festform vorlie-
gende Säure durch thermische Einwirkung außerhalb des Bienenstocks verdampft
wird. Somit verbietet sich eine Zusammenschau dieses mit unterschiedlichen Aus-
gangsstoffen (organische Säure in Lösung einerseits und in Festform anderer-
seits) und unterschiedlichen Verfahrensweisen (Verdunstung einer wässrigen Lö-
sung im Bienenstock einerseits und Verdampfen einer in Festform vorliegenden
Substanz außerhalb des Bienenstock andererseits) arbeitenden Standes der
Technik.
Gleiches wie für den Stand der Technik nach der D3 gilt für das Verfahren zur Be-
kämpfung von Bienenschädlingen nach der DE 33 35 808 A1. Hier werden flüs-
sige Stoffe, z. B. Ameisensäure (S. 17 (handschr. Nummerierung, 3. Abs.), über
eine extern angeordnete Zumesseinrichtung (10) (vgl. Fig. 1 bis 4) einer aus saug-
fähigem Material bestehenden Verdampfungsplatte (7) - diese befindet sich im
Bienenkorb - intermittierend zugeführt (S. 16 letzter Abs. bis S. 18. 3. Abs.). Diese
sogenannte Verdampfungsplatte kann gemäß den Ausführungen auf S. 16, letzter
Abs., Zeilen 4, 5 der Entgegenhaltung „die flüssigen Stoffe aufsaugen…“, „um da-
nach das Mittel durch Verdampfen wieder freizugeben“. Auch hier erfolgt - ähnlich
wie im Falle der D3 - keine Verdampfung einer in Festform vorliegenden Sub-
stanz, was jedenfalls eines thermischen Prozesses bedürfte, sondern eine Wirk-
stoffverbreitung durch einen Verdunstungsvorgang.
Der weitere im Verfahren befindliche Stand der Technik liegt - wie bereits aus dem
Neuheitsvergleich ersichtlich - weiter ab, denn er bezieht sich entweder auf in die
Bienenbeute eingeleitete Luftströme, welche das Bekämpfungsmittel enthalten
(DE 1 938 939 U, EP 0 259 506 A1, EP 0 221 488 A2) oder auf in Gelformulierung
eingebettete organische Säuren wie Oxalsäure zur langsamen Wirkstoffabgabe in
das Innere des Bienenstocks (DE 697 02 960 T2) oder auf das Zerstäuben einer
wässrigen Oxalsäurelösung im Bienenstock (Z. Deutsches Bienen Journal 2/96,
- 22 -
„Alternative Varroabekämpfung“, S. 7 ff.) oder auf einen Insektizid-Verdampfer
zum Schutz von Personen gegen Stechmücken in Räumen und im Freien (DE
195 25 782 C2). Diese Druckschriften sind daher ebenfalls nicht geeignet, einem
Fachmann Hinweise zum Auffinden der patentgemäßen Lehre nach Anspruch 1
zu vermitteln.
Zu Anspruch 9
Die Gegenstände der entgegengehaltenen Druckschriften D1 bis D3 sowie der
angeblich offenkundig vorbenutzte Oxalsäure-Verdampfer „OSV-3R“ weisen keine
(beheizbaren) Gefäße auf, die so bemessen sind, dass sie kleiner als das Flug-
loch sind (Merkmal 1.1) und lassen auch keine mit dem Gefäß verbundene Heiz-
einrichtung erkennen (Merkmal 2.1), sondern allenfalls einen externen Brenner
(D1, D2, Benutzungsgegenstand oder eine von dem Gefäß für das Bekämp-
fungsmittel entfernte Heizquelle (D3)). Eine Handhabe, mit der das Gefäß und die
Heizeinrichtung durch das Flugloch in den Bienenstock einführbar ist (Merkmal
3.2), lassen diese Entgegenhaltungen ebenfalls nicht erkennen, so dass diese die
Merkmale des Anspruchs 9 nicht, weder einzeln für sich noch in einer Zusammen-
schau betrachtet, nahe legen können.
Der verbleibende im Verfahren befindliche Stand der Technik - insoweit berück-
sichtigungsfähig - liegt, wie aus dem Neuheitsvergleich und den Ausführungen zu
Anspruch 1 ersichtlich, weiter ab und vermag einem Fachmann die o. g. Merkmale
ebenfalls nicht nahezulegen.
Die Patentansprüche 1 und 9 in der erteilten Fassung haben daher Bestand.
Mit diesen tragenden Ansprüchen haben auch die auf diese rückbezogenen An-
sprüche 2 bis 8 und 10 bis 19 Bestand.
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Angesichts ihrer mangelnden technischen Relevanz musste der Frage der Offen-
kundigkeit der ersten behaupteten Benutzungshandlung bezüglich des Oxalsäure-
Verdampfers „OSV-3R“ nicht mehr nachgegangen werden.
Dehne
Dr. Huber
Pagenberg
Dr. Prasch
Hu