Urteil des BPatG vom 06.12.2001

BPatG (marke, verwechslungsgefahr, beurteilung, verkehr, eugh, annahme, restaurant, bildmarke, bild, kennzeichnungskraft)

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 106/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
10.99
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betreffend die angegriffene Marke 398 27 557
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 6. Dezember 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Kliems sowie der Richter Brandt und Engels
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird
der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 20. April 2000 insoweit aufgehoben,
als die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Wider-
spruchs aus der Marke 396 31 509 angeordnet worden ist. Dieser
Widerspruch wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Das am 16. Mai 1998 zur farbigen Eintragung angemeldete Bildzeichen
siehe Abb. 1 am Ende
ist am 5. November 1998 für die Waren und Dienstleistungen „Verpflegung und
Beherbergung von Gästen; Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung für Re-
staurants; Gerichte und Fertiggerichte aus Fleisch, Fisch oder Käse in Verbindung
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mit Brot, Brötchen oder Teig; Pommes Frites“ in das Markenregister eingetragen
worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. Dezember 1998.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der seit dem 18. November 1996 für die
Dienstleistungen „Beherbergung und Verpflegung von Gästen, Hotel-Reservierun-
gen für andere, Party-Service; Leitung und Verwaltung von Hotels und Gaststät-
ten“ eingetragenen Wort-/Bildmarke 396 31 509
siehe Abb. 2 am Ende
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in ei-
nem Beschluss vom 20. April 2000 die Löschung der angegriffenen Marke hin-
sichtlich Waren und Dienstleistungen "Verpflegung und Beherbergung von Gä-
sten; Gerichte und Fertiggerichte aus Fleisch, Fisch oder Käse in Verbindung mit
Brot, Brötchen oder Teig; Pommes Frites" wegen bestehender Verwechslungsge-
fahr angeordnet und im übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Ausgehend
von insoweit möglicher Identität der Waren und Dienstleistungen und einer durch-
schnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke habe die jüngere Mar-
ke einen deutlichen Markenabstand einzuhalten. Dieser sei nicht mehr gewahrt,
da eine Gefahr von begrifflichen Verwechslungen bestehe.
Ebenso wie die jüngere Marke unschwer wegen des großen bunten Schnabels
des abgebildeten Vogelkopfes als Tukan erkannt und auch so benannt werde, sei
auch auf Seiten der Widerspruchsmarke davon auszugehen, dass diese verkürzt
mit dem prägenden Wortbestandteil "Tucan's" den Begriff "Tukan" wiedergegeben
werde, zumal dies durch die Vogelabbildung nahegelegt sei. Denn bei einem Zu-
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sammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in einem Markenzeichen komme
dem Wortbestandteil in der Regel als die kürzeste und einfachste Bezeichnungs-
form prägende Bedeutung zu, wobei der Verkehr, der in brasilianischen Restau-
rants verkehre, auch erkennen werde, dass es sich bei den weiteren Wortbestand-
teilen "Rodizio Restaurant" um einen lediglich beschreibenden und deshalb nicht
zur Kennzeichnung beitragenden Hinweis auf die brasilianische Spezialität "Rodi-
zio" in Verbindung mit einer Etablissementangabe handele. Da das in "Tucan’s"
zusätzlich enthaltene Genitiv- "s" in der Regel kaum beachtet oder häufig überhört
bzw vernachlässigt werde, stelle "Tucan’s" die erschöpfende, naheliegende und
ungezwungene Benennung des in der jüngeren Marke abgebildeten Tukans dar.
Es bestehe deshalb für einen nicht unbeachtlichen Teil des Verkehrs eine unmit-
telbare begriffliche Verwechslungsgefahr. Hinzu komme ein weiterer Teil des Ver-
kehrs, der die Marken zwar nicht unmittelbar verwechsele, wegen der begrifflichen
Übereinstimmung der Marken aber davon ausgehe, dass es sich um verschiedene
(Tucan)-Marken desselben Unternehmens handele, so dass auch eine mittelbare
begriffliche Verwechslungsgefahr zu bejahen sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke mit
dem (sinngemäßen) Antrag,
den Beschluss vom 20. April 2000 aufzuheben, soweit die Lö-
schung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und den
auch insoweit Widerspruch zurückzuweisen.
Die Markenstelle stelle fehlerhaft hinsichtlich der maßgeblichen Verkehrskreise
ausschließlich auf die Besucher brasilianischer Restaurants ab, statt auf alle po-
tentiellen Restaurant-Besucher. Der Mehrzahl dieses Personenkreises sei jedoch
die Bedeutung des Begriffs "Rodizio" unbekannt. Daher trete die Angabe "Rodizio-
Restaurant" in ihrer kennzeichnenden Bedeutung nicht hinter den Bestandteil "Tu-
can’s" zurück. Auch die übrigen bildlichen Markenbestandteile seien nicht nur
schmückendes Beiwerk und für den maßgeblichen Gesamteindruck ebenso wie
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das Genitiv-"s" von wesentlicher Bedeutung. Danach sei nicht nur eine schriftbildli-
che und klangliche, sondern auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr ausge-
schlossen. Die entgegenstehende Annahme der Markenstelle komme im übrigen
- selbst wenn man eine auf "Tucan’s" verkürzte Wiedergabe der Widerspruchs-
marke unterstelle - einem nur Marken mit starker Verkehrsgeltung vorbehaltenen
Motivschutz gleich, der unabhängig von Anteil und Gewicht des gesprochenen
Worts am Schutzgegenstand der Wort-/Bildmarke den Schutzbereich der Marke
bestimmen würde. Auch werde der Verkehr aufgrund der Gestaltung der jüngeren
Marke als "Tukankopf" gegenüber derjenigen der Widerspruchsmarke nicht eine
gedankliche Verbindung zwischen den Marken bzw deren Inhaber knüpfen, son-
dern hierin allenfalls einen - im Zusammenhang mit Gaststätten nicht ungewöhnli-
chen - Hinweis auf Waren oder Dienstleistungen aus Süd- oder Mittelamerika se-
hen.
Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keinen
Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschluss sowie auf
die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke ist zulässig, insbesondere
statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Mar-
kenG). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht
zwischen den Marken auch hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren zur Entschei-
dung stehenden maßgeblichen Konstellation der Waren und Dienstleistungen kei-
ne Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, so dass der an-
gefochtene Beschluss in dem angegriffenen Umfang aufzuheben und auch inso-
weit der Widerspruch zurückzuweisen war (§§ 43 Abs 2 Satz 2, 42 Abs 2 Nr 1,
MarkenG).
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1.)
Dienstleistungen "Beherbergung und Verpflegung von Gästen" begegnen. Im übri-
gen ist jedenfalls hinsichtlich der von der jüngeren Marke beanspruchten und der
Löschungsanordnung des angegriffenen Erinnerungsbeschlusses erfassten Wa-
ren "Gerichte und Fertiggerichte aus Fleisch, Fisch oder Käse in Verbindung mit
Brot, Brötchen oder Teig; Pommes Frites" eine Ähnlichkeit zu den für die Wider-
spruchsmarke geschützten Dienstleistungen "Verpflegung von Gästen" und "Par-
ty-Service" nicht auszuschließen (vgl hierzu auch BPatGE 28, 169, 173; Altham-
mer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 68). Hierbei ist dem Zweck des Marken-
schutzes entsprechend auch für die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen
im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG auf eine umfassendere gemeinsame "be-
triebliche Zuordnung" abzustellen (vgl auch Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdn 67).
Diese kann insbesondere durch Art, Verwendungszweck und Nutzen (vgl hierzu
BGH MarkenR 2001, 31, 33 – Wintergarten), die Eigenart der Waren und Dienst-
leistungen auch als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Pro-
dukte und Leistungen und der Erwartung des Verkehrs von einer Verantwortlich-
keit desselben Unternehmens für die Qualität der Waren (vgl BGH MarkenR 2001,
204, 206 - EVIAN / REVIAN; EuGH MarkenR 1999, 22, 24, Tz 28, 29 - CANON)
bestimmt sein.
2.)
de von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutz-
umfang der Widerspruchsmarke aus. Dem steht auch nicht entgegen, dass der
Wortbestandteil "Rodizio-Restaurant" wegen seines in Bezug auf die geschützten
Dienstleistungen warenbeschreibenden Gehalts schutzunfähig oder jedenfalls
kennzeichnungsschwach sein mag. Denn für die Beurteilung der Kennzeichnungs-
kraft eines Zeichens ist allein das Gesamtzeichen maßgebend, welches deshalb
selbst bei einer Zusammenstellung mehrerer beschreibender oder aus sonstigen
Gründen kennzeichnungsschwacher Angaben eine normale Kennzeichnungskraft
besitzen kann (vgl hierzu BGH GRUR 1998, 815, 817 – Nitrangin; zur Bedeutung
der Registerlage Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 144). Anderer-
- 7 -
seits sind vorliegend auch keine tatsächlichen Umstände liquide, aus denen sich
eine erhöhte Verkehrsbekanntheit und ein gesteigerter Schutzumfang der Wider-
spruchsmarke oder eines ihrer Bestandteile ergibt (vgl hierzu Althammer/Ströbele,
MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 138; BPatG GRUR 1997, 840, 842 - Lindora/Linola;
BPatG GRUR 2001, 513, 515 – CEFABRAUSE / CEFASEL).
3.)
Dienstleistungen am nächsten kommen oder identisch sind - an den von der jün-
geren Marke gegenüber der Widerspruchsmarke einzuhaltenden Markenabstand
strenge Anforderungen zu stellen sind, so werden auch diese nach Auffassung
des Senats noch in jeder Hinsicht ausreichend gewahrt. Hierbei ist entgegen der
Ansicht der Markenstelle der vorliegend angesprochene, maßgebliche Personen-
kreis nicht auf die regelmäßigen Besucher brasilianischer Restaurants zu reduzie-
ren, sondern umfasst allgemein den Durchschnittsverbraucher als potentiellen
Adressaten der Dienstleistungen, mithin Restaurant-Besucher allgemein. Auch in-
soweit ist nach ständiger Rechtsprechung von einem durchschnittlich informierten,
aufmerksamen und verständigen Verbraucher auszugehen, dessen Aufmerksam-
keit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl
BGH MarkenR 2000, 140, 144 ATTACHÉ / TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942,
943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24. - Lloyd /
Loints).
a)
eindruck der Zeichen in ihrer registrierten Form abzustellen, da sich der Schutzbe-
reich einer Marke nach dem Schutzgegenstand der konkret gewählten Gesamtge-
staltung bestimmt (vgl BGH MarkenR 2000, 134, 137 - ARD-1; BPatG Mar-
kenR 2000, 280, 284 - CC 1000 / Cec). Hierbei sind insbesondere auch die sie un-
terscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (EuGH
GRUR 1998, 387, 390 - Springende Raubkatze; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd /
Loints). Insoweit können auch kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Ele-
mente den Gesamteindruck einer Marke mitbestimmen und sogar wesentliches
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Gewicht für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erlangen (vgl Altham-
mer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 152, 177 mit weiteren Hinweisen; BPatG
GRUR 1998, 821, 823 - Tumarol / DURADOL Mundipharma; BPatG GRUR 2000,
1052, 1056 Rhoda-Hexan/ Sota-Hexal). Diese dürfen deshalb nicht von vorneher-
ein unberücksichtigt bleiben, obwohl sie andererseits im Gesamtzeichen keinen ei-
genständigen Schutz genießen und hierauf gestützte allein kollisionsbegründende
Ausschließlichkeitsrechte nicht zu begründen vermögen (vgl hierzu auch BGH
MarkenR 2000, 134, 137 - ARD-1).
b)
der Verkehr ein Kennzeichen auch in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestand-
teilen aufnimmt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen.
Deshalb dürfen auch weder Wortzeichen bzw Wort-/Bildzeichen, wenn sie in ein-
zelnen Bestandteilen einen mehr oder weniger bestimmten Sinn enthalten, noch
Bildzeichen, die (auch) einen Bedeutungsgehalt vermitteln, hierauf bei der Beurtei-
lung markenrechtlicher Verwechslungsgefahr reduziert werden (vgl BGH Mar-
kenR 2000, 134, 136 - ARD-1). Zu berücksichtigen ist insoweit ferner, dass die
Verkehrsauffassung regelmäßig nicht von einer gleichzeitigen Wahrnehmung der
Zeichen, sondern meist eher von einem undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt
wird (vgl EuGH MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd / Loints; vgl Althammer/Ströbele
MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 86).
c)
dung zur farbigen Eintragung des Zeichens sich auf die konkrete, farbliche Ausge-
staltung beschränkt oder durch eine der Anmeldung beizufügende Beschreibung
nach § 8 Abs 5 MarkenVO beschränkbar gewesen wäre, insbesondere keine
schwarz-weisse Darstellung oder andere Farbgebungen umfasst (vgl zum Diskus-
sionsstand vgl Fezer, Markenrecht 3. Aufl, § 8 Rdn 88a und § 32 MarkenG
Rdn 23 ff; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 78, jeweils mwN). Denn
bei der gewählten farblichen Ausgestaltung der jüngeren Marke handelt es sich
um eine in der Farbgebung typische, insbesondere die Bildwirkung und/oder den
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gedanklichen Inhalt des dargestellten Motivs nicht verändernde Kolorierung (vgl
hierzu auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 195), die selbst in ei-
ner Darstellung in schwarz-weiss keine andere Beurteilung der Verwechslungsge-
fahr gegenüber der Widerspruchsmarke rechtfertigt.
4.)
einer Bild- und Wortbildmarke allein eine Verwechslungsgefahr wegen bildlicher
oder begrifflicher Ähnlichkeit, nicht jedoch wegen klanglicher Verwechslungsge-
fahr in Betracht (vgl BGH GRUR 1999, 241, 243 – Lions; Fezer Markenrecht,
3. Aufl, § 14 Rdn 202; Althammer/Ströbele, MarkenR, 6. Aufl, § 9 Rdn 123; miss-
verständlich BGH MarkenR 1999, 295, 296 – Schlüssel), während bei der Gegen-
überstellung von Wort-(Bild)marken und reinen Wortmarken auch auf die klangli-
che Verwechslungsgefahr abzustellen ist (vgl zB BGH GRUR 1999, 733 – LION
DRIVER) und diese sogar meistens im Vordergrund steht.
a)
gefahr zwischen den Marken ohne weiteres wegen der zahlreichen und auffälligen
Unterschiede ausgeschlossen werden. Dies gilt selbst dann, wenn man - entge-
gen der Ansicht des Senats - unterstellt, dass für den bildlichen Gesamteindruck
der Widerspruchsmarke die Abbildung des Vogels deutlich im Vordergrund steht
und die sonstigen, in der jüngeren Marke keine Entsprechung findenden weiteren
Bild- und Wortbestandteile der Widerspruchsmarke im Gesamteindruck in den
Hintergrund treten. Denn auch bei einer Vernachlässigung der sonstigen Bestand-
teile der Widerspruchsmarke, bestehen selbst in der Darstellung der jeweiligen
Vogelabbildungen derart erhebliche grafische Unterschiede, dass auch unter Be-
rücksichtigung einer nicht zeitgleichen oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge er-
folgenden Wahrnehmung und eines erfahrungsgemäß häufigen undeutlichen Erin-
nerungsbildes beim optischen Vergleich der Zeichen ein sicheres Auseinanderhal-
ten selbst unter strengen Anforderungen an den Markenabstand gewährleistet ist.
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b)
unmittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr angenommen werden.
aa)
kehr den Begriffsgehalt des Wortes und/oder der Bildbestandteile der Wider-
spruchsmarke im Bild der jüngeren Marke wiederfindet und an diesen beim An-
blick des Bildes (oder umgekehrt) erinnert wird, wenn also das Wort die nahelie-
gende, ungezwungene und erschöpfende Bennennung des Bildes darstellt. Die
bloße Möglichkeit, das Bild auch mit dem fraglichen Wort zu benennen, reicht da-
gegen in der Regel nicht aus. Dies gilt um so mehr, je allgemeiner der für die Be-
nennung in Frage kommende Begriff ist (vgl Althammer/Ströbele, MarkenR,
6. Aufl, § 9 Rdn 123 mwN; Ingerl/Rohnke MarkenG 1998, § 14 Rdn 371).
bb)
der Markenstelle, für die Beurteilung einer verwechslungsbegründenden Ähnlich-
keit sei hinsichtlich des maßgeblichen Gesamteindrucks der Widerspruchsmarke
allein auf das Kennwort "Tucan's" abzustellen, welches den Begriff "Tukan" wie-
dergebe, wobei ein derartiges Verständnis durch die Vogelabbildung nahegelegt
sei.
So darf nicht vernachlässigt werden, dass die Widerspruchsmarke weitere Be-
standteile enthält, die sich auch hinsichtlich der Bildelemente - wie den als Einrah-
mung des Wortes "Tucan's" dargestellten Salontüren - nicht nur in einfachen gra-
phischen Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds erschöpfen. Ebenso
kann nicht ausgeschlossen werden, dass die weiteren Wortelemente trotz ihres
objektiv beschreibenden Gehalts nicht auch der Gefahr von Verwechslungen ent-
gegenwirken, zumal auch keine hinreichenden Umstände für die Annahme spre-
chen, die hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise würden den Bedeu-
tungsgehalt des Begriffs "Rodizio" erkennen und deshalb die weiteren Wortele-
mente "Rodizio-Restaurant" vernachlässigen. Denn es ist nicht zu verkennen,
dass je nach dem Grad der Ähnlichkeit und der Prägung durch die maßgeblichen
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Bestandteile auch die weiteren Markenteile eine verwechslungsmindernde Bedeu-
tung entfalten können, zumal sich ein Teil des Verkehrs ohnehin weiterhin am Ge-
samtzeichen orientieren wird (vgl BPatG GRUR 1998, 821, 823 Tumarol / DURA-
DOL Mundipharma;
Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 177 mit weite-
ren Hinweisen; vgl zur verwechslungsfördernden Bedeutung auch BGH
GRUR 1999, 733, 735 - LION DRIVER; Ingerl/Rohnke MarkenG, 1998, § 14
Rdn 366 und Rdn 378).
Ferner ist wesentlich, dass der für die Beurteilung klanglicher Verwechslungsge-
fahr angenommene Erfahrungssatz, der Verkehr orientiere sich bei einer Wort-
/Bildmarke regelmäßig eher am Wortbestandteil als einfachster Bezeichnungsform
der Marke und vernachlässige die Bildbestandteile (vgl hierzu BGH GRUR 1966,
499 - Merck; BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze; GRUR 1999,
52, 53 - EKKO BLEIFREI; BGH MarkenR 201, 465, 468 – Bit/Bud), bei der vorlie-
gend maßgeblichen begrifflichen Verwechslungsgefahr zwischen einer Bild- und
einer Wort-Bildmarke nicht (jedenfalls gleichermaßen) gelten kann. Denn anders
als bei der Bennennung und klanglichen Gegenüberstellung von Marken kommt
es vorliegend auf die durch visuelle Wahrnehmung vermittelte begriffliche Zei-
chenähnlichkeit und damit in erheblichem Maß auf die bildliche Gestaltung der
Marken an. Es ist aber nach ständiger Rechtsprechung kein Erfahrungssatz er-
sichtlich, nach dem der Verkehr auch bei der visuellen Wahrnehmung einer
Wort/Bildmarke in erster Linie die Wörter (gegebenenfalls in ihrer inhaltlichen Be-
deutung), nicht jedoch den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufnimmt (so
auch BGH MarkenR 1999, 57, 60 – Lions; BGH GRUR 1999, 733, 735 - LION
DRIVER; BGH MarkenR 2000, 140, 144 – ATTACHÉ / TISSERAND; Altham-
mer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 194; Fezer Markenrecht, 3. Aufl, § 14
Rdn 202, aber auch Rdn 194 zu dem angeblichen Erfahrungssatz vorrangig erin-
nerter Wortbegriffe).
Auch neigt der Senat zu der Auffassung, dass sich dem Verkehr ein Verständnis
des Wortbestandteils "Tucan's" im Sinne des Vogelnamens "Tukan" nicht ohne
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weiteres aufdrängen muss, auch wenn der in der Widerspruchsmarke abgebildete
Vogel diesem durchaus ähnlich ist. Denn einem derartigen Verständnis von "Tu-
can's" steht nicht nur die unübliche Schreibweise mit "c" entgegen, sondern auch
der angehängte angelsächsische Genitiv, der insbesondere im Hinblick auf die
maßgeblichen Dienstleistungen wie zB diejenigen eines Restaurants den Verkehr
eher an die insoweit übliche Verwendung von Eigennamen (Tom’s) oder Phanta-
siebezeichnungen als Etablissementbezeichnung erinnert, zumal auch die weite-
ren Wortelemente "Rodizio-Restaurant" und die als Flügeltüren erkennbaren wei-
teren Bildelemente der Widerspruchsmarke ein derartiges Verständnis trotz der
Vogelabbildung ebenso nahe legen.
Diese Frage kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, da bereits keine hinrei-
chenden Anhaltspunkte für die insoweit vorauszusetzende Annahme ersichtlich
sind, erhebliche Teile der angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise würden in
der Vogelabbildung einen "Tukan" erkennen und diesen Vogelnamen kennen bzw
jedenfalls mit Hilfe des Wortes "Tucan's" assoziieren können. Dies gilt auch dann,
wenn es zutreffen mag, dass die durch seinen Schnabel auffällige Vogelart hinrei-
chend bekannt ist. Denn das (Wieder-) Erkennen einer Tierart kann mit der Na-
menskenntnis nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden, wenn es sich jedenfalls
wie hier nicht um jedermann geläufige Tierarten handelt. Dies gilt erst recht auf
Seiten der angegriffenen Bildmarke, die keinerlei sonstige begriffliche Hilfen durch
zusätzliche Markenbestandteile enthält.
cc)
"Tucan's" im Sinne der Vogelbezeichnung "Tukan" verstehen und diesem zudem
eine allein kollisionsbegründende Stellung zukommen würde, wäre nach Ansicht
des Senats vorliegend dennoch keine unmittelbare begriffliche Verwechslungsge-
fahr zwischen den Marken begründet.
Dem stehen bereits in tatsächlicher Hinsicht die nur unzureichenden begrifflichen
Gemeinsamkeiten entgegen, die der Verkehr beiden Marken aufgrund ihrer Wahr-
- 13 -
nehmung entnehmen kann. Unabhängig davon, dass auch die jüngere Marke hin-
sichtlich ihres bildlichen Gesamteindrucks nicht ohne weiteres auf den abgebilde-
ten Vogelkopf reduziert werden kann, ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Ab-
bildung eines Tukankopfes in der angegriffenen Marke deutlich von der Gesamt-
darstellung dieses Vogels sowie die hiermit korrespondierenden Vogelbezeich-
nung "Tukan" in der Widerspruchsmarke abweicht und deshalb der tatsächlichen
Sicht des Verkehrs nicht ohne weiteres begrifflich gleichgesetzt werden kann. Dies
gilt selbst dann, wenn die jüngere Marke in erheblichem Umfang (ungenau) mit
"Tukan" und nicht mit "Tukankopf" wiedergeben werden mag und in der Wider-
spruchsmarke der Bedeutungsgehalt "Tukan" Prägewirkung besitzen sollte. Denn
wie bereits erwähnt (vgl oben 4 b bb), können auch die weiteren Markenteile eine
verwechslungsmindernde Bedeutung gegenüber einem prägenden und kollisions-
begründenden Markenbestandteil entfalten, zumal bei der Beurteilung der Gefahr
begrifflicher Verwechslungen - soweit diese wie hier eine visuelle Wahrnehmung
der Marken erfordert - von vorneherein die durch die Bildwirkung der Marken ver-
mittelte Erinnerung des jeweiligen Gesamteindrucks nicht ohne weiteres vernach-
lässigt werden darf. Ebenso wie auf Seiten der Widerspruchsmarke deshalb die
Bildelemente um so eher durchaus eine Bedeutung neben dem prägenden Wort-
bestandteil behalten können, ist deshalb auch die Bezeichnung der jüngeren Mar-
ke und des darin abgebildeten Tukankopfes mit "Tukan" nicht nur ungenau und
unmaßgeblich, sie wird auch dem tatsächlichen Erinnerungsbild des Verbrauchers
nicht gerecht.
In rechtlicher Hinsicht steht der Annahme einer begrifflichen Verwechslungsgefahr
entgegen, dass sich die Beurteilung am Schutzgegenstand der eingetragenen
Marken zu orientieren hat, welcher durch den Inhalt der Eintragung in seiner kon-
kreten Form bestimmt wird und der auch (im Zusammenhang mit der Kennzeich-
nungskraft) für die Beurteilung des Schutzumfangs der Marke maßgeblich ist. Hier
kann im Ausgangspunkt nichts anderes gelten als bei anderen Erscheinungsfor-
men der Zeichenähnlichkeit, wie zB der bildlichen Markenähnlichkeit. Ein Marken-
vergleich in begrifflicher Hinsicht darf deshalb insbesondere nicht anhand solcher
- 14 -
Oberbegriffe für die prägenden Markenbestandteile erfolgen, die durch ihren allge-
meingültigen Sinnhalt - wie zB bei Tierarten - die unterschiedlichsten bildlichen
Darstellungen umfassen Vielmehr gilt: je allgemeiner der Sinngehalt gefasst wer-
den müsste, um die Ähnlichkeit oder Übereinstimmung des begrifflichen Aussage-
gehalts zu begründen, um so weniger kann eine Markenähnlichkeit angenommen
werden (vgl auch BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze; EuGH
GRUR 1998, 387, 390 Tz 25 – Springende Raubkatze; Althammer/Ströbele, Mar-
kenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 117; PAVIS PROMA, Knoll, BPatG 28 W (pat) 123, 95 –
Stehender Elefant # Galoppierender Elefant; zur Schwierigkeit der richtigen Aus-
wahl des Oberbegriffs: Fezer MarkenR, 3. Aufl, § 14 Rdn 254). Andernfalls würden
die Anforderungen unterlaufen, die an markenrechtlich relevante begriffliche Ähn-
lichkeiten zu stellen sind, um eine Abgrenzung von sonstiger, nicht dem Marken-
schutz unterliegender jeglicher Assoziationsgefahr (vgl hierzu auch EuGH
GRUR 1998, 387, 389 Tz 18 – Springende Raubkatze), insbesondere auch einem
Motivschutz zu erreichen, und ein von der konkreten Wort- oder Bildwirkung losge-
löster Schutz gewährt, den das Markengesetz nicht kennt (vgl hierzu Altham-
mer/Ströbele, MarkenR, 6. Aufl, § 9 Rdn 119; aber auch BGH MarkenR 1999, 295,
296 – Schlüssel; BGH GRUR 1967, 355, 358 – Rabe – mit kritischer Anm. von
Droste aaO S 360). Motivschutz kann deshalb nur in den Grenzen allgemeiner
Verwechslungsgefahr gewährt werden und nur ausnahmsweise bei einer von Hau-
se aus bestehenden oder kraft Verkehrsgeltung erworbenen besonderen Kenn-
zeichnungskraft bestehen (vgl hierzu Althammer/Ströbele, MarkenR, 6. Aufl, § 9
Rdn 117-119 mwN; Fezer MarkenG, 3. Aufl, § 14 Rdn 194, 253 und Rdn 254;
EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz 24 – Springende Raubkatze).
5.)
sprochenen Verkehrskreisen werde allein über das Motiv der begrifflich oder bild-
lich herstellbaren Gemeinsamkeiten der Vogelbezeichnung Tukan bzw der Vogel-
abbildung eine gemeinsame betriebliche Ursprungsidentität der Zeichen gedank-
lich hinreichend nahegelegt. Diesem Umstand verdankt im übrigen die Wider-
spruchsmarke allein ihre eigene Eintragung in das Markenregister, da der hierge-
- 15 -
gen eingelegte Widerspruch aus einer prioritätsälteren Bildmarke, die sogar ab-
weichend von der hier angegriffenen Marke ausschließlich die Abbildung eines Tu-
kannkopfs enthielt, von der Markenstelle auch unter Beachtung dieses Aspekts
zurückgewiesen wurde.
6.)
Aspekt des Serienzeichen (vgl hierzu auch BGH MarkenR 1999, 199, 201- MO-
NOFLAM / POLYFLAM; BGH MarkenR 2000, 134, 136 – ARD-1) entgegen der
Ansicht der Markenstelle zu verneinen, wenn auch grundsätzlich die hierzu erfor-
derliche Übereinstimmung oder die Wesensgleichheit des (Stamm)bestandteils im
begrifflichen Zeicheninhalt liegen kann (vgl hierzu auch Ingerl/Rohnke MarkenG,
1998, § 14 Rdn 432). Hieran fehlt es jedoch vorliegend bereits eindeutig. Insbe-
sondere kann für die Beurteilung einer Wesensgleichheit der Stammbestandteile
nicht auf dieselben Ähnlichkeitsmaßstäbe wie bei der Beurteilung einer marken-
rechtlichen Verwechslungsgefahr abgestellt werden. Die vorliegend zur Begrün-
dung einer Wesensgleichheit allein in Betracht kommende Anlehnung an den be-
grifflichen Zeichengehalt setzt vielmehr - ebenso wie bei der Anlehnung an die
klangliche oder bildliche Zeichenform (vgl hierzu Ingerl/Rohnke MarkenG, 1998
§ 14 Rdn 432 mit weiteren Hinweisen) - einen besonders hohen Ähnlichkeitsgrad
des Sinngehalts voraus. Dieser muss so deutlich sein, dass die insoweit eher in
Frage kommenden, interessierten oder fachlich orientierten Verkehrskreise die Ab-
weichungen trotz der Branchenkenntnis und der sorgfältigen Prüfung beider Mar-
ken - welche überhaupt erst eine Zuordnung unterschiedlicher Marken unter dem
Gesichtspunkt der Serienmarke ermöglichen (vgl Althammer/Ströbele MarkenG,
6. Aufl, § 9 Rdn 212) - entweder überhaupt nicht bemerken bzw für einen Wahr-
nehmungsfehler halten (vgl auch BPatG GRUR 1993, 672, 674 BACTRIM/Azu-
bactrin) oder dass sich eine gedankliche Verbindung aus sonstigen Gründen gera-
dezu aufdrängt (vgl hierzu Althammer/ Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 224).
Hinzu kommt, dass die Widersprechende weder eine entsprechend gebildete und
benutzte Markenserie geltend macht (vgl hierzu auch BGH MarkenR 2000, 134,
136 – ARD-1) noch sonstige Umstände für eine auf den Stammbegriff "Tukan" be-
- 16 -
zogene betriebliche Zuordnung von Marken der Widersprechenden erkennbar
sind.
7.)
Sinne vorliegend zu verneinen. Diese setzt voraus, dass der Verkehr trotz des Er-
kennens der gegebenen Unterschiede der Zeichen wegen ihrer teilweisen Über-
einstimmung von der irrigen Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Zu-
sammenhänge zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht, wie etwa eines Li-
zenzabkommens (vgl BGH MarkenR 2000, 134, 136 – ARD-1 mwH, EuGH
GRUR 1994, 286, 287-288 Tz 36 – quattro/Quadra). Hierfür müssen jedoch weite-
re, über die Ähnlichkeit der Marken und Waren/Dienstleistungen hinaus bestehen-
de, besondere Umstände vorliegen, die dem Verkehr eine derartige Annahme wirt-
schaftlicher und organisatorischer Beziehungen nahe legen (vgl Althammer/Strö-
bele, MarkenR, 6. Aufl, § 9 Rdn 228). Derartige besondere Umstände sind weder
dargetan noch ersichtlich.
Im Ergebnis erweist sich deshalb die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen
Marke als begründet.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass,
§ 71 Abs 1 MarkenG.
Kliems Brandt
Engels
Abb. 1
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Abb. 2