Urteil des BPatG vom 26.02.2003

BPatG: unterscheidungskraft, verkehr, wörterbuch, spiegel, biologie, splitting, werbung, verbraucher, unternehmen, informatik

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 131/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
26. Februar 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 49 906.7
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Albert sowie des Richters Reker und der Richterin Eder
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamts soll die Bezeichnung
fancy
für die Waren
"Möbel, Spiegel, Rahmen"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 20 hat diese Anmeldung zurückgewiesen, da sie eine
freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe sei. "fancy" bedeute
in der englischen Sprache als Substantiv soviel wie "Phantasie" und als Adjektiv
soviel wie "phantastisch, phantasievoll, einfallsreich, ausgefallen". Damit weise die
angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren unmittelbar auf
deren Art, Zweck und Anwendungsgebiet hin. Sie besage nämlich, daß die bean-
spruchten Waren besonders phantasievoll, einfallsreich und ausgefallen und in-
soweit von besonderer Qualität seien. Dieser beschreibende Inhalt werde von den
angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt, denn zum
einen sei das Wort "fancy" in Wortzusammensetzungen wie Fancycocktail,
Fancydrink und Fancywork in die deutsche Sprache eingegangen, zum anderen
bezeichne es in Alleinstellung eine musikalische Phantasie sowie eine spezielle
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Flanellart und werde zudem auf zahlreichen deutschen Internetseiten verwendet.
Die Mitkonkurrenten hätten deshalb an der freien und ungehinderten Verwendung
dieser Bezeichnung ein erhebliches Interesse. Darüber hinaus würden nicht uner-
hebliche Verkehrskreise der angemeldeten Marke wegen dieses glatt beschrei-
benden Gehalts keinen betriebskennzeichnenden Charakter entnehmen.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Die angemeldete Be-
zeichnung sei kein Begriff der deutschen Sprache. Es gebe zwar das englische
Wort "fancy", dieses sei jedoch nicht Teil des Grundwortschatzes. Selbst wenn
aber Teile der Verkehrskreise das englische Wort "fancy" kennen sollten, so sei
dieses nicht warenbeschreibend. "fancy" bedeute nämlich als Substantiv soviel
wie "Einbildungskraft, Phantasie, Vorliebe, Neigung, Laune, Einfall". Diese
Begriffsgehalte ließen allenfalls undeutliche Überlegungen zu, es handle sich da-
bei aber nicht um unmittelbar beschreibende Angaben. Auch wenn man "fancy"
als Adjektiv erkenne, sei die angemeldete Marke nicht unmittelbar beschreibend,
denn die Bezeichnung "fancy" werde in der englischen Sprache mit weiteren Zu-
sätzen kombiniert (a fancy big car, fancy prices, he fancies that car) und nicht in
Alleinstellung verwendet. Selbst wenn das Wort "fancy" in Verbindung mit weiteren
Bestandteilen in einem deutschen Wörterbuch auftauche, so bedeute dies nicht,
daß es in Alleinstellung für andere Waren nicht eintragbar sei.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn der angemeldeten Bezeichnung
fehlt jedenfalls die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungs-
kraft.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung
zugrundeliegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Un-
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ternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maß-
stab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus,
um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke ver-
wendetes Zeichen in aller Regel aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und es keiner
analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Einer Wortmarke kann danach eine
ausreichende Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn ihr kein für die
beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt
zugeordnet werden kann und es sich auch nicht lediglich um einen vielfach ge-
bräuchlichen allgemeinen Ausdruck und Sachhinweis handelt (vgl BGH WRP
1998, 495 – TODAY; MarkenR 1999, 349 – YES).
Danach steht der begehrten Eintragung das Schutzhindernis der fehlenden Unter-
scheidungskraft entgegen. Ein ganz überwiegender und damit markenrechtlich
relevanter Teil des angesprochenen Verkehrs wird der Bezeichnung "fancy" im
Zusammenhang mit den beanspruchten Waren keinen betrieblichen Herkunfts-
hinweis, sondern lediglich einen allgemeinen Sachhinweis entnehmen. Das aus
der englischen Sprache stammende Wort "fancy" bedeutet als Substantiv soviel
wie "Phantasie, (individueller) Geschmack" und als Adjektiv soviel wie "phan-
tastisch, ausgefallen" (vgl Langenscheidts Großwörterbuch "Der Kleine Muret-
Sanders", Englisch-Deutsch, 1985, S 370). In dieser Bedeutung stellt die ange-
meldete Bezeichnung keinen hinreichend unternehmenskennzeichnenden Hinweis
dar, sondern beschreibt lediglich die Eigenschaften der so gekennzeichneten Wa-
ren. Gerade auch auf dem vorliegenden Warengebiet stehen eher konservativ und
konventionell ausgestaltete Möbel, Spiegel und Rahmen solchen gegenüber, die
sowohl in Form als auch Farbgebung ungewöhnlich gestaltet sind. So kann ein
Spiegelrahmen glatt, schlicht und einfarbig und damit gewissermaßen konventio-
nell, aber auch bunt und phantasievoll gestaltet sein. Entsprechendes gilt für Mö-
bel. Die angemeldete Bezeichnung ist zudem in den Wortverbindungen "Fancy-
cocktail", "Fancydrink" und "Fancywork" bereits in die deutsche Sprache einge-
gangen, worauf schon die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat. Zu diesen le-
xikalischen Nachweisen kommen die auch zum Gegenstand der mündlichen Ver-
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handlung gemachten (vgl auch Althammer/Ströbele, MarkenR, 6. Aufl, § 78 Rdnr
8 f) Internetauszüge, die die beschreibende Verwendung des Begriffs "fancy" auf
den unterschiedlichsten Warengebieten belegen (www.fancy riding.de: Ausrüstun-
gen und Accessoires für Pferd und Reiter; www.marius-cocktails.de: Cocktails and
More - The Fancy Drinks: Fancy Drinks enthalten meist ...;
www.fancyhighheels.de: Hallo liebe Fancy High Heels Kunden...;
www.informatik.uni-siegen.de: Fancy Mail Splitting; www.biologie.uni-hamburg.de:
Fancy Fruits). Das Publikum ist sonach an die Verwendung des Begriffs "fancy"
(iSv "ausgefallen" etc) in der Werbung gewöhnt. Da die Berücksichtigung einer
phantasievollen, ausgefallenen Ausgestaltung im Hinblick auf sämtliche bean-
spruchten Waren sinnvoll ist, wird der angesprochene inländische, durchschnittlich
informierte und verständige Verbraucher, auf dessen Verständnis es allein an-
kommt (BGH WRP 2000, 535 – ATTACHÉ/TISSERAND), die angemeldete Be-
zeichnung regelmäßig nur als übliche, sachbezogene Information, nicht aber als
Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffassen.
Damit war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Albert Reker Eder
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