Urteil des BPatG vom 02.02.2009

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 339/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
2. Februar 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 199 62 476
- 2 -
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl.-Phys. Dr. Mayer, den Richter Dipl.-Phys. Dr. Hartung, die Richterin Werner
sowie den Richter Dipl.-Ing. Kleinschmidt
beschlossen:
Das Patent wird widerrufen.
G r ü n d e
I
Auf die am 24. Dezember 1999 eingereichte Patentanmeldung wurde das Patent
mit der Bezeichnung „Verfahren zur bildgebenden Untersuchung einer Probe mit-
tels einer Aufnahmesequenz und Umordnung von Echosignalen“ erteilt. Die Pa-
tenterteilung wurde am 8. April 2004 im Patentblatt veröffentlicht. Das Patent um-
fasst insgesamt 4 Patentansprüche.
Der unabhängige Patentanspruch 1 hat - unter Hinzufügung einer Merkmalsnum-
merierung - folgenden Wortlaut:
M1
Verfahren zur Untersuchung einer Probe,
M2
wobei auf die Probe wenigstens ein Anregungspuls und
M3
mehrere Rephasierungspulse eingestrahlt werden,
M4
innerhalb einer Aufnahmesequenz Echosignale mit im
Wesentlichen gleicher Phasenlage kodiert werden und
M5
dass anschließend die Aufnahmesequenz wenigstens einmal
wiederholt wird
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , d a s s
- 3 -
M6
die Echosignale so umgeordnet werden, dass Echosignale,
welche bei einer gleichen Echozeit T
E
aufgenommen wur-
den, als ein Bild dargestellt werden.
Bezüglich des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 4 wird auf die Patentschrift verwie-
sen.
Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1
nicht neu sei, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG. Im Übrigen seien die Gegenstände der Pa-
tentansprüche 2 bis 4 dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt.
Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf die Druckschriften
D1
GRAUMANN, R.; OPPELT, A.; STETTER, E.: Multiple-Spin-Echo Im-
aging with a 2D Fourier Method. In: Magnetic Resonance in Medi-
cine, Band 3, 1986, S. 707-721,
D2
DE 44 45 782 C1,
D3
MORNEBURG, Heinz [Hrsg.]: Bildgebende Systeme für die medizini-
sche Diagnostik, Publicis MCD Verlag, 3. Aufl., 1995, S. 586-589.
Für die Beurteilung der Patentfähigkeit wurden im Prüfungsverfahren vor dem
Deutschen Patent- und Markenamt zuvor die Druckschriften
P1
DE 37 30 148 A1,
P2
DE 38 07 130 C2,
P3
DE 38 02 081 A1,
P4
CALLAGHAN, Paul T.: Principles of Nuclear Magnetic Resonance
Microscopy, Oxford : Clarendon Press, 1993, S. 142-147
in Betracht gezogen.
- 4 -
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Einsprechenden wird auf den Inhalt
der Akten verwiesen.
Die Einsprechende stellte den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Von der Patentinhaberin liegt der Antrag aus dem Schriftsatz vom 26. Januar 2009
vor, Bl. 28 d. A.,
nach Aktenlage zu entscheiden.
Die Patentinhaberin ist - wie zuvor schriftlich angekündigt - bei ordnungsgemäßer
Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Sie hat sich zu dem Ein-
spruch sachlich nicht geäußert.
II.
1.
Der Einspruch ist zulässig. Er wurde form- und fristgerecht erhoben. Im Ein-
spruch sind auch die Tatsachen, die ihn rechtfertigen, im Einzelnen angegeben.
2.
Der Einspruch hat auch Erfolg und führt zum Widerruf des Patents.
Der Patentanspruch 1 erweist sich angesichts des aus der Druckschrift D1 be-
kannten Standes der Technik als nicht rechtsbeständig.
Der für den Erfindungsgegenstand maßgebliche Fachmann ist ein Diplom-Physi-
ker mit mehrjähriger Berufserfahrung und praktischen Kenntnissen auf dem Gebiet
der bildgebenden Untersuchung von Proben.
- 5 -
Aus der Druckschrift D1 ist ein Verfahren zur Untersuchung einer Probe (Merk-
M1
M2
M3
halb einer Aufnahmesequenz mit im Wesentlichen gleicher Phasenlage kodiert
M4
stellte einzelne Aufnahmesequenz wird mindestens einmal wiederholt (Merk-
M5
einer Anregungssequenz mit einem einzelnen Rephasierungspuls nach einer
Zeit T
1
gezeigt. Im Text auf Seite 707, letzter Absatz, ist jedoch angegeben, dass
das Verfahren mit einem einzelnen Rephasierungspuls (Fig. 1) zum Erhalt von
Bildersätzen mit unterschiedlichen Echozeiten T
E
zweckmäßigerweise durch wei-
tere Rephasierungspulse erweitert werden kann, was für eine einzelne Pulsse-
quenz zu der Impulsfolge aus Figur 3 führt. Ohne dass dort explizit die Wiederho-
lung der Pulssequenz gezeichnet ist, versteht der Fachmann, dass auch diese
Pulssequenz wiederholt wird.
Die aus der Anregung und Rephasierung resultierenden Echos (Fig. 3, Signal)
haben ein mit einer Zeitkonstanten T
2
abfallendes Maximum, wie für eine Pulsse-
quenz in Figur 2 gezeigt ist. Die aufgenommenen Echos werden verwendet, um
Bilder der untersuchten Probe zu erzeugen. Beispielhaft sind solche Bilder in der
Druckschrift D1 als Figuren 7 und 8 wiedergegeben. Dazu werden insbesondere
aus allen aufgenommenen Echos diejenigen extrahiert und zu einem Bild zusam-
mengefasst, die zu ein und derselben Echozeit T
E
aufgenommen wurden. Dies er-
gibt sich aus den Darstellungen in Figur 7 sowie den Darstellungen und der Bild-
unterschrift von Figur 8, bei denen die jeweils verwendeten Echozeiten explizit an-
gegeben sind („TE = 35“, „TE = 70“, „TE = 105“, „TE = 140“ etc., „... Echo times
35, 70, 105, 140, 175, 210, 245, 280 ms“). Der Fachmann liest bei den Darstellun-
gen ohne weiteres mit, dass eine derartige Signalselektion und Bildgenerierung
durch eine Umordnung der Echosignale von dem Messwertspeicher in den Bild-
speicher erfolgt. Mithin offenbart die Druckschrift D1 auch, dass die Echosignale
- 6 -
so umgeordnet werden, dass Echosignale, welche bei einer gleichen Echozeit T
E
M6
Dem Fachmann ist somit aus dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D1
ein Verfahren zur bildgebenden Untersuchung einer Probe mit sämtlichen Merk-
malen des Patentanspruchs 1 (Merkmale M1 bis M6) bekannt.
Dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 fehlt somit die erforderliche Neuheit.
3.
Das Patent ist unter diesen Umständen vollständig zu widerrufen. Nachdem
sich der Patentanspruch 1 als nicht rechtsbeständig erwiesen hat, kann eine (voll-
ständige) Aufrechterhaltung nicht erfolgen. Aber auch eine beschränkte Aufrecht-
erhaltung kommt angesichts des Fehlens eines entsprechenden Antrags der Pa-
tentinhaberin nicht in Betracht (BGHZ 105, 381 - Verschlussvorrichtung für Gieß-
pfannen, BGH in GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät; BGH in
GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG, Beschluss vom
15. November 2007 - 23 W (pat) 13/04 - Durchbruchsspannung - m. w. N.).
Dr. Mayer
Dr. Hartung
Werner
Kleinschmidt
Pr