Urteil des BPatG vom 22.10.1998

BPatG: beschreibende angabe, begriff, unterscheidungskraft, ferien, verkehrsgeltung, internet, haus, auto, vermietung, dienstleistung

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 297/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 396 32 994
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 26. März 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Albert
sowie der Richter Kraft und Reker
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Antragstellerin hat im Jahr 1999 die Löschung der am 10. Mai 1999 für die
Dienstleistungen
"Vermittlung von Mietautos und Autovermietung"
eingetragenen Marke 396 32 994
HOLIDAY AUTOS
beantragt, weil die Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Zur Be-
gründung ihres Antrages hat sie ausgeführt, in der Autovermietungs- und Tou-
ristikbranche werde tariflich unterschieden, ob Geschäftswagen ("business cars")
oder Urlaubswagen ("holiday autos") vermittelt würden. Entgegen der in einem
Beschluss des BPatG vom 22. Oktober 1998 - 29 W (pat) 140/97 - vertretenen
Ansicht gebe es einen vom "normalen" Mietwagen oder Geschäftsmietwagen zu
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unterscheidenden "Urlaubsmietwagen". Auch die Markeninhaberin selbst ver-
wende in ihrem Katalog die Bezeichnung "Ferienmietwagen". Diese Mietwagen-
kategorie weise besondere Tarife und Mietkonditionen auf. Ein Urlaubsmietwagen
werde vorab am Wohnort gebucht und bezahlt. Die Mindestanmietdauer betrage
drei Tage und der Mietpreis verstehe sich inklusive aller Versicherungskosten.
Das Angebot sei auf reine Urlaubsgebiete beschränkt. An der eingetragenen eng-
lischsprachigen Wortmarke bestehe unter Zugrundelegung der Rechtsprechung
des BGH (z.B. MarkenR 1999, 30 - "Tour de Culture") ein Freihaltungsbedürfnis
als dienstleistungsbeschreibende Angabe, weil die Bedeutung der angegriffenen
Bezeichnung in Deutschland auch bei rudimentärsten Englischkenntnissen ver-
standen werde. Es sei auch branchenüblich, die Kategorie der Urlaubsmietwagen
in Englisch durch die Wortfolge "holiday cars" zu bezeichnen.
Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag fristgemäß widersprochen. Sie
räumt ein, dass es auf dem Gebiet der Autovermietung ein abgegrenztes Markt-
segment für Urlauber gebe, das sie selbst entdeckt und erschlossen habe und auf
dem sie Marktführer sei. Auch die Antragstellerin habe versucht, in diesem Markt-
segment Fuß zu fassen und sei in Anlehnung an die angegriffene Marke unter der
Bezeichnung "Sixt Holiday Cars" tätig geworden. Die Markeninhaberin sei jedoch
die einzige Anbieterin, die die Bezeichnung "Holiday Autos" verwende. Die von der
Antragstellerin behauptete Gleichsetzung der angegriffenen Bezeichnung "Holiday
Autos" mit dem deutschen Begriff "Urlaubsmietwagen" finde bei den deutschen
Verkehrskreisen daher nicht statt. Im übrigen bezieht sie sich zur Begründung ih-
res Widerspruchs auf den o.a. Beschluss des 29. Senats.
Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Lö-
schungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die ange-
griffene Marke sei weder zum Eintragungszeitpunkt noch zum Zeitpunkt der Ent-
scheidung über den Löschungsantrag eine die beanspruchten Dienstleistungen
unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe gewesen. Wie bereits
der 29. Senat in der zu der angemeldeten Marke im Eintragungsverfahren ergan-
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genen Entscheidung festgestellt habe, stehe deren verschwommener Begriffsin-
halt einer Eignung als dienstleistungsbeschreibende Angabe entgegen. Es gebe
keine Fahrzeugkategorie, die ausschließlich zur Nutzung in den Ferien bzw im
Urlaub geeignet und bestimmt sei. Die Bezeichnung "Holiday Autos" sei auch we-
der in deutschen noch in englischen Nachschlagewerken verzeichnet und werde
auch im Internet nicht als beschreibende Angabe, sondern allein von der Mar-
keninhaberin als Marke verwendet. Bei dieser Sachlage fehle der angegriffenen
Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie ist weiterhin
der Ansicht, bei der angegriffenen Bezeichnung handele es sich um eine freihal-
tungsbedürftige Bestimmungsangabe, die in der Übersetzung "Ferienautos" wört-
lich das Marktsegment bezeichne, das die Markeninhaberin bediene. Die Be-
zeichnung "Holiday Autos" beschreibe die Art, die Zeit und den Ort des Gebrauchs
der vermieteten Fahrzeuge. Da der englische Begriff "Holiday" von den angespro-
chenen Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden werde, sei davon auszugehen,
dass der deutsche Verkehr in der angegriffenen Bezeichnung ausschließlich ein
auf die Vermietung von PKWs für die Urlaubszeit gerichtetes Angebot sehe. Der
Begriffsinhalt der Bezeichnung "Holiday Autos" sei auch nicht verschwommen.
Zwar könne grundsätzlich jeder PKW auch für andere als Urlaubszwecke einge-
setzt werden. Darauf komme es aber nicht an, weil die unter der angegriffenen
Bezeichnung vermieteten PKWs nur für die Ferien angemietet werden könnten.
Außerdem könne auch dann eine Bestimmungsangabe vorliegen, wenn sich die
betreffende Aussage nur auf einen bestimmten Verwendungszweck beziehe, das
Produkt aber auch noch weiteren Zwecken dienen könne. Es genüge, wenn der
benannte Zweck in Betracht komme. Die angegriffene Marke sei auch nicht
mehrdeutig, sondern eindeutig bezogen auf eine bestimmte Art, eine bestimmte
Zeit und einen bestimmten Ort der Nutzung des Fahrzeugs. Es treffe zwar zu,
dass die angegriffene Marke im Vereinigten Königreich für "Car Rental Services"
eingetragen sei. Die Eintragung sei jedoch nicht als von Haus aus unter-
scheidungs-kräftiges Zeichen, sondern wegen Verkehrsgeltung erfolgt. Deshalb
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habe sich die Markeninhaberin bei ihrer Gemeinschaftsmarkenanmeldung auch
nicht auf die Eintragung in Großbritannien, sondern auf Anmeldungen in anderen
Mitgliedstaaten bezogen. Die Eintragung der angegriffenen Marke im Vereinigten
Königreich habe keine indizielle Bedeutung für die Prüfung in Deutschland. Viel-
mehr spreche die nur aufgrund von Verkehrsgeltung erfolgte Eintragung in Groß-
britannien dafür, dass die Bezeichnung "Holiday Autos" auch im englischen
Sprachraum glatt beschreibend sei, obwohl der Begriff "Auto" eher dem American
English zuzurechnen sei. Die diversen Eintragungen in den Markenregistern ande-
rer Mitgliedstaaten seien demgegenüber unbeachtlich. An der Verständlichkeit der
angegriffenen Bezeichnung in Deutschland könne angesichts der weiten Verbrei-
tung englischer Sprachkenntnisse sowie des Umstands, dass die angegriffene
Bezeichnung aus einem Bestandteil des englischen Grundwortschatzes sowie ei-
nem auch im Deutschen geläufigen Begriff gebildet sei, kein Zweifel bestehen.
Dies habe auch das OLG München in einem Urteil vom 15. Juni 2000 so gesehen.
Sowohl die englische Wortfolge "HOLIDAY AUTOS" als auch der Begriff "Ferien-
autos" seien im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch üblich geworden, wie
eine zu den Stichwörtern "Ferienautos" und "Holiday Autos" am 12. Septem-
ber 2001 durchgeführte Internet-Recherche ergeben habe. Deshalb fehle der
angegriffenen Bezeichnung auch jegliche Unterscheidungskraft.
Die Markeninhaberin bezieht sich demgegenüber weiterhin auf die Feststellungen
des 29. Senats im Beschluss vom 22. Oktober 1998. Sie verweist ferner auf die
Entscheidung "EASYBANK" des EuGH, mit der die genannte Bezeichnung für
Dienstleistungen einer Direktbank als nicht ausschließlich beschreibend beurteilt
worden sei. Auch die angegriffene Bezeichnung enthalte keinen Hinweis auf die
Einzelheiten der Abwicklung einer Mietwagenvermittlung. Zwar sei ihre Eintragung
im Vereinigten Königreich aufgrund von Verkehrsgeltung erfolgt. Sie sei jedoch in
anderen Ländern des englischen Sprachraums, nämlich in Australien, Hongkong,
Kanada, Irland und Neuseeland, als von Haus aus schutzfähig eingetragen wor-
den, was als Indiz für ihre Unterscheidungskraft im englischsprachigen Raum
gelten müsse. Auch die Eintragung der Marke im Vereinigten Königreich aufgrund
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von Verkehrsgeltung besage noch nicht, dass sie dort beschreibend sei. Auf die in
Großbritannien zum Anmeldungszeitpunkt vorliegende extensive Benutzung der
Marke sei nur deshalb Bezug genommen worden, um deutlich werden zu lassen,
dass bereits vor dem Anmeldungszeitpunkt der Marke Rechte durch Benutzung
entstanden waren. In dem zitierten Urteil des OLG München habe dieses von sehr
geringer Unterscheidungskraft, jedoch nicht von fehlender Unterscheidungskraft
gesprochen. Die von der Antragstellerin zur Bezeichnung "Holiday Autos" be-
nannten Internetseiten führten jeweils nur zu Angeboten der Markeninhaberin. Die
zu der Bezeichnung "Ferienautos" angeführten Internetseiten besagten lediglich,
dass es sich bei dieser Bezeichnung, nicht jedoch bei der angegriffenen Marke,
um den für Mietwagen zu Ferien- und Urlaubszwecken üblichen Begriff handele.
Deshalb würden auch überall im Internet "Ferienautos", aber keine "Holiday Autos"
angeboten.
II
Die Beschwerde der Löschungsantragstellerin ist unbegründet. Der innerhalb der
Frist des § 50 Abs. 2 S. 2 MarkenG gestellte Löschungsantrag ist zulässig, kann
jedoch nach dem rechtzeitigen Widerspruch der Markeninhaberin keinen Erfolg
haben.
Die Löschung einer eingetragenen Marke mit der Begründung, es handele sich bei
ihr um eine beschreibende Angabe, an der ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbe-
weber bestehe und der jegliche Unterscheidungskraft fehle, setzt gemäß § 50
Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 MarkenG die Feststellung voraus, dass die Marke entge-
gen § 8 Abs. 2 Nr. 1 bzw Nr. 2 MarkenG eingetragen worden ist, mit anderen
Worten, dass zumindest eines dieser Eintragungshindernisse bereits im Eintra-
gungszeitpunkt bestand, und dass das betreffende Schutzhindernis noch im Zeit-
punkt der Entscheidung über den Löschungsantrag fortbesteht.
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Es spricht zwar aufgrund der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen über
die Benutzung der Bezeichnung "HOLIDAY AUTOS" im Jahre 2001 einiges dafür,
dass es sich bei der angegriffenen Marke heute nicht mehr um eine Angabe han-
delt, der von den maßgeblichen Durchschnittsabnehmern von Autovermietungs-
dienstleistungen noch ein Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft dieser
Dienstleistungen entnommen wird. Letztlich bedarf diese Frage jedoch keiner Ent-
scheidung; denn es sind jedenfalls keine konkreten Umstände vorgetragen oder
feststellbar, die den Schluß zuließen, dass es sich bei der angegriffenen Marke -
entgegen dem im Eintragungsverfahren ergangenen Beschluss des 29. Senats
vom 22. Oktober 1998, 29 W (pat) 140/97 – bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung
um eine beschreibende und deshalb freizuhaltende bzw nicht unterscheidungs-
kräftige Angabe handelte.
Die Angabe "HOLIDAY AUTOS" bezeichnete jedenfalls zum Eintragungszeitpunkt
von Haus aus nicht die Art der beanspruchten Dienstleistung ("Vermietung
von....."), sondern lediglich die bei der Erbringung der Dienstleistung eingesetzten
Gegenstände ("Autos") sowie deren (mögliche) Nutzungszeit bzw -zweck ("Holi-
day"). Die angegriffene Bezeichnung stellte nach den im Eintragungsverfahren
vom 29. Senat getroffenen Feststellungen seinerzeit für die angesprochenen Ver-
kehrskreise im Hinblick auf die maßgeblichen Dienstleistungen (noch) keine kon-
kret beschreibende Angabe dar, denn sie ließ insbesondere offen, was unter ihr
bei der naheliegenden Übersetzung "Ferienautos" in sachlicher Hinsicht zu ver-
stehen war, weil es eine Fahrzeugkategorie "Ferienautos" - im Gegensatz etwa zu
den im Verkehr bekannten Fahrzeugkategorien der Geländefahrzeuge, Cabrios,
Kombis - nicht gab, was nach den Feststellungen des 29. Senats insbesondere
darauf zurückzuführen war, dass - abhängig von der Nutzerzahl und den indi-
viduellen Wünschen und Bedürfnissen - grundsätzlich jedes Fahrzeug als Auto für
die Ferien geeignet sein kann.
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Die von der Antragstellerin dagegen angeführten Umstände sind nicht geeignet,
die im Eintragungsverfahren ergangenen Feststellungen rückwirkend für den Ein-
tragungszeitpunkt zu widerlegen.
Ein auf tatsächlicher Benutzung als beschreibende Angabe beruhendes Freihal-
tungsbedürfnis ist aufgrund der von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände
für den Eintragungszeitpunkt nicht feststellbar, weil die im Rahmen der von ihr im
Jahre 2001 durchgeführten Internetrecherche festgestellten Verwendungen der
angegriffenen Bezeichnung durch Dritte keinen sicheren Schluss auf die Be-
nutzungslage im Jahre 1999 und ein dadurch beeinflusstes Verständnis im Ver-
kehr zulassen. Sie sind prinzipiell für den über zwei Jahre zurückliegenden Eintra-
gungszeitpunkt nicht aussagekräftig. Darüber hinaus sind sie auch von ihrer Art
und ihrer Zahl her als Indiz dafür, dass die angegriffene Marke bereits zwei Jahre
zuvor als Sachhinweis gedient haben könnte, nicht geeignet, weil sich die ange-
führten Verwendungen der Bezeichnung "HOLIDAY AUTOS" – von einigen weni-
gen Ausnahmen abgesehen – wiederum nur auf Angebote der Markeninhaberin
beziehen. Soweit die Internet-Fundstellen die deutsche Bezeichnung "Ferienau-
tos" betreffen, gilt - abgesehen von den im Eintragungsverfahren getroffenen
Feststellungen über den seinerzeit nicht feststellbaren unmittelbar beschreibenden
Charakter der angegriffenen Bezeichnung sowie davon, dass eine fremdsprachige
Bezeichnung nicht ohne weiteres ihrer deutschen Übersetzung gleichgestellt wer-
den darf (BGH GRUR 1996, 771, 772 – THE HOME DEPOT) - auch insoweit,
dass die im Jahre 2001 feststellbaren Benutzungen nicht geeignet sind, die
Schutzfähigkeit der im Jahre 1999 eingetragenen Marke für den Eintragungszeit-
punkt in Frage zu stellen.
Da auch der erkennende Senat rückwirkend für das Jahr 1999 keine tatsächlichen
Feststellungen hat treffen können, die geeignet sein könnten, für den Eintragungs-
zeitpunkt die Eignung der angegriffenen Marke als dienstleistungsbeschreibende
oder im Verkehr übliche Angabe nachzuweisen, musste der Beschwerde und da-
mit auch dem Löschungsantrag der Erfolg versagt bleiben.
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Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG)
bestand keine Veranlassung.
Albert Kraft Reker
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