Urteil des BPatG vom 01.02.2005

BPatG (marke, gegenstand des verfahrens, beschreibende angabe, bestandteil, verwechslungsgefahr, dienstleistung, kennzeichnungskraft, beschwerde, klasse, telefon)

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 5/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 300 79 864
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 1. Februar 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler
sowie der Richterinnen Pagenberg und Dr. Hock
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für Waren
und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 36, 38, 41, 42 am 30. Oktober 2000
angemeldeten und am 30. November 2000 registrierten Marke 300 79 864
FOCUS-MONEY Mobil
aufgrund der am 19. Oktober 1998 für die Dienstleistungen
"Finanzdienstleistungen, nämlich Vermögensverwaltung, Vermitt-
lung von Investmentgeschäften und Fondsanteilen, Kreditbera-
tung, Kreditvermittlung, Vermittlung von Versicherung, Wertpa-
pierverwaltung, Wertpapieranalyse, Konzeption, Ausgestaltung
und Vermarktung von Investmentfonds"
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eingetragenen Gemeinschaftsmarke 017 459
FOCUS
Widerspruch erhoben worden.
Die Markenstelle für Klasse 36 hat auf Grund des Widerspruchs die Löschung der
streitgegenständlichen Marke für die Dienstleistungen
"Finanzwesen, Geldgeschäfte, Versicherungswesen, Immobilien-
wesen; Vermögensberatung und -verwaltung; Analyse von Geld-
anlagen aller Art; Kreditberatung, Kreditvermittlung; Finanzdienst-
leistungen; Internet-Banking; Anbieten von Kursinformationen per
Telefon und SMS"
angeordnet und im übrigen den Widerspruch zurückgewiesen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass hinsichtlich der zu löschenden
Dienstleistungen Identität bzw. Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen der
Widerspruchsmarke bestehe, da beiderseitige Dienstleistungen überwiegend von
Banken, Versicherungsvermittlern sowie Finanzberatern angeboten würden. Beim
Vergleich der Zeichen in ihrer Gesamtheit bestehe keine Ähnlichkeit, da die
angegriffene Marke zusätzlich zu "FOCUS" die Wörter "MONEY Mobil" aufweise.
"MONEY Mobil" sei jedoch im Hinblick auf die zu löschenden Dienstleistungen
eine beschreibende Angabe die darauf hinweise, dass Geld und damit
verbundene Dienstleistungen per Mobiltelefon, abgewickelt werden könnten.
Selbst bei der Annahme, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
aufgrund zahlreicher Drittzeichen geschwächt sei, bestehe bei einer hohen
Dienstleistungsähnlichkeit und einer hohen Markenähnlichkeit somit eine
unmittelbare Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie
trägt vor, dass hinsichtlich der Dienstleistung "Anbieten von Kurzinformationen per
Telefon und SMS" bereits eine Dienstleistungsähnlichkeit zu verneinen sei. Bei
dieser Dienstleistung stehe der technische Vorgang im Vordergrund, während die
Dienstleistungen der Widerspruchsmarke dem reinen Finanzdienstleistungsbe-
reich entstammten. Eine Unterscheidung liege sowohl hinsichtlich der betriebli-
chen Herkunft, hinsichtlich Verwendungs- und Einsatzzweck als auch hinsichtlich
der Beschaffenheit der betroffenen Dienstleistungen vor.
Der Bestandteil "FOCUS" sei nicht allein kennzeichnungsprägend für das Ge-
samtzeichen. Hinsichtlich des angegriffenen Gesamtzeichens komme dem Be-
standteil "FOCUS-MONEY" der Gesamtinhalt "Brennpunkt Geld" zu. Diese Zu-
sammengehörigkeit werde auch durch das Schriftbild vermittelt, da die Elemente
"FOCUS" und "MONEY" durch einen Bindestrich verbunden seien, während das
Element "Mobil" für sich allein stehe. Auch seien "FOCUS" und "MONEY" jeweils
in Großbuchstaben gehalten, während sich "Mobil" aus dem großgeschriebenen
"M" und den in Kleinbuchstaben geschriebenen "obil" zusammensetze. Im übrigen
habe sich der Verkehr bereits daran gewöhnt, "FOCUS-MONEY" als Einheit zu
sehen, da die Beschwerdeführerin unter dieser Bezeichnung ein wöchentlich
erscheinendes erfolgreiches Wirtschaftsmagazin vertreibe. Aufgrund der Auflage
von wöchentlich 580.000 Lesern sei diese Zeitschrift unter wöchentlichen
Wirtschaftsmagazinen die Nummer 2.
Die Markeninhaberin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit dieser dem Wi-
derspruch der F… stattgibt und
diesen Widerspruch insgesamt zurückzuweisen.
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Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass der Bestandteil "MONEY Mobil" in der angegriffenen
Marke aufgrund des beschreibenden Charakters lediglich eine untergeordnete
Rolle spiele. "FOCUS" habe im Rahmen der Anmeldemarke eine eigenständige,
kennzeichnende, den Gesamteindruck der Anmeldemarke bestimmende Funktion.
Im Hinblick auf die Dienstleistungsähnlichkeit bis hin zur Dienstleistungsidentität
bestehe die Gefahr von Verwechslungen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Senat hält die Gefahr von Ver-
wechslungen im Umfang der von der Markenstelle ausgesprochenen Löschung
gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG für gegeben.
Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von der
Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und
andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken er-
fassten Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich infor-
mierten aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen
ist (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508
- ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu be-
rücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbeson-
dere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO
- ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die
verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden
Faktoren in einer Wechselwirkung, so dass z.B. ein geringerer Grad an Marken-
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ähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der ältere Marke bzw. durch
einen höheren Grad an Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann
(st.Rspr. BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen ist
im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der von der Marken-
stelle versagten Dienstleistungen anzunehmen.
1. Nachdem Benutzungsfragen nicht angesprochen worden sind, ist für die
Frage der Dienstleistungsähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Hinsicht-
lich der Dienstleistungen "Finanzwesen", "Geldgeschäfte", "Vermögensberatung
und -verwaltung, Analyse von Geldanlagen aller Art, Kreditberatung, Kreditver-
mittlung, Finanzdienstleistungen, Internetbanking" besteht eine enge Dienstleis-
tungsähnlichkeit bis hin zur Dienstleistungsidentität bezüglich der Dienstleistungen
der Widerspruchsmarke. Es handelt sich bei den beiderseitigen Dienstleistungen
um Finanzdienstleistungen im klassischen Sinn, bei denen den potentiellen Kun-
den sowohl Beratung als auch die Vermittlung von Anlage- bzw. Kreditmöglich-
keiten angeboten wird. Auch die Dienstleistung "Versicherungswesen" hat enge
Berührungspunkte mit "Vermittlung von Versicherungen" in der Widerspruchs-
marke. Gleiches gilt für die Dienstleistung "Immobilienwesen" in der angegriffenen
Marke mit den Finanzdienstleistungen der Widerspruchsmarke andererseits. Ins-
besondere die Konzeption, Ausgestaltung und Vermarktung von Investmentfonds
steht häufig im engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Beteiligung an Im-
mobiliengeschäften (vgl auch BGH GRUR 2002, 544, 546 - BANK 24). Schließlich
besteht auch eine erhebliche Ähnlichkeit zwischen dem "Anbieten von Kursinfor-
mationen per Telefon und SMS" einerseits und den "Finanzberatungsdienstleis-
tungen" der Widerspruchsmarke andererseits. Bei der angemeldeten Dienstleis-
tung der Markeninhaberin steht nicht die technische Übertragung der Informatio-
nen sondern die Mitteilung der Informationen als solcher im Vordergrund. Dies
ergibt sich im übrigen bereits daraus, dass die Markeninhaberin selbst diese
Dienstleistungen in der Klasse 36 und daher im Zusammenhang mit Finanz-
dienstleistungen und nicht in der Klasse 38 zur Anmeldung gebracht hat.
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2. Selbst bei Unterstellung einer etwas geschwächten Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke halten die sich gegenüberstehenden Marken hinsichtlich der
versagten Dienstleistungen den insoweit erforderlichen erheblichen Abstand je-
denfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein. Dabei ist davon auszugehen, dass für
einen erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise die jüngere Marke im
wesentlichen durch den Bestandteil "FOCUS" geprägt wird.
Zwar ist es grundsätzlich nicht zulässig, aus einer angegriffenen jüngeren Marke
ohne weiteres ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der
Widerspruchsmarke festzustellen (BGH GRUR 1996, 90 - Springende Raubkatze).
Die Bestandteile "MONEY" und "Mobil" in der angegriffenen Marke haben jedoch
einen beschreibenden Begriffsinhalt. "MONEY" nimmt Bezug auf den Gegenstand
der angebotenen Dienstleistungen, während "Mobil" die Art und Weise der
Dienstleistungserbringung beschreibt. Beide beschreibenden Bestandteile wären
in Alleinstellung daher nicht schutzfähig. Auch wenn die Bestandteile "FOCUS"
und "MONEY" durch einen Bindestrich optisch verbunden sind, wird ein nicht
unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise - hier teils Fachkreise, teils
das interessierte allgemeine Publikum
- aufgrund des rein beschreibenden
Gehalts der folgenden Bestandteile lediglich "FOCUS" als unternehmenskenn-
zeichnenden Bestandteil wahrnehmen.
An dieser Beurteilung vermag auch der Vortrag der Markeninhaberin, dass die
Zeitschrift "FOCUS MONEY" ein auflagenstarkes Wirtschaftsmagazin der Marken-
inhaberin sei, nichts zu ändern. Denn im vorliegenden Fall sind Gegenstand des
Verfahrens Dienstleistungen des Finanz-, Immobilien- und Versicherungswesens
und nicht die Herausgabe von Zeitschriften.
Auch der Verweis auf eine Entscheidung der 17. Kammer des Landgerichts
München I (17 H KO 835/03) ist im vorliegenden Fall allein deshalb nicht
entscheidungsrelevant, weil das erkennende Gericht in dem genannten Verfahren
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nicht die streitgegenständliche Wort- sondern eine Wort-/Bildmarke zu beurteilen
hat.
Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass für einen nicht unerheblichen Teil
der angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke lediglich von dem
Bestandteil "FOCUS" geprägt wird. Dieser Bestandteil ist identisch mit der Wider-
spruchsmarke, sodass zumindest von klanglicher Verwechslungsgefahr auszuge-
hen ist.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass aus Gründen der
Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens
gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.
Winkler Pagenberg
Dr.
Hock
Cl