Urteil des BPatG vom 17.11.2008

BPatG (marke, unterscheidungskraft, eugh, beschreibende angabe, verkehr, eignung, eintragung, bezug, form, prüfung)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 47/07
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 18 387.3
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 17. November 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Vogel von Falckenstein, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb
beschlossen:
- 2 -
Die Beschwerde des Markenanmelders wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I .
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortfolge
fit for eyes
für die Waren und Dienstleistungen
„Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere Vitaminpräparate; Dia-
gnostikmittel für medizinische Zwecke; Verbandsmaterial; Augen-
pflaster; Sehhilfen, insbesondere Kontaktlinsen und Brillen; Bril-
lengestelle, Brillengläser, Etuis für Sehhilfen, Brillenketten, Bril-
lenteile, Kontaktlinsenpflegemittel, Ultraschallreinigungsgeräte;
Arzneimittel, medizinische Apparate und Instrumente;
Unternehmensberatung auf dem Gebiet der Augenheilkunde;
Dienstleistungen eines Augenarztes; Dienstleistungen eines Or-
thoptisten; Dienstleistungen eines Krankenhauses auf dem Gebiet
der Augenheilkunde; Dienstleistungen eines Optikers; Dienstleis-
tungen eines Diagnostikzentrums, insbesondere Vermietung von
medizinischen und chirurgischen Apparaten und Instrumenten.“
Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergan-
gen - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete
Wortverbindung mit der Bedeutung „fit, bereit, geeignet für die Augen“ sei sprach-
üblich gebildet und werde lediglich als werbemäßiger Sachhinweis und nicht als
betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden. In der werbeüblichen Wortfolge
- 3 -
„fit for“ werde das Wort „fit“ nicht nur im Sinne von körperlicher und geistiger Fit-
ness gebraucht, sondern auch in der Bedeutung „geeignet“ und als Hinweis auf
eine besondere Tauglichkeit oder Einsatzbereitschaft einer Sache. „fit for eyes“ sei
ein Hinweis darauf, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für die
Augen geeignet seien und dafür verwendet werden könnten. In Bezug auf die me-
dizinischen Waren und Dienstleistungen bringe die Wortfolge zum Ausdruck, dass
die Augen mit Hilfe dieser Dienstleistungen „(wieder) fit gemacht werden“ können.
Hiergegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausge-
führt, die angemeldete Wortfolge sei unterscheidungskräftig und weise auch einen
phantasievollen Überschuss auf, da sie davon spreche, dass etwas für die Augen
„fit“ sei. „Fit“ werde im Deutschen im Sinne von „vorbereitet für eine bestimmte
Tätigkeit, ein Ereignis“ benutzt, nicht aber im Zusammenhang mit einem be-
stimmten Produkt oder einem Organ. Der von der Erinnerungsprüferin angenom-
mene Bedeutungsgehalt leite sich von „to fit“ ab, die korrekte Form müsse aber
dann „fits for eyes“ lauten. Die Markenstelle habe die Schutzfähigkeit nicht für alle
Waren und Dienstleistungen gesondert geprüft und Voreintragungen nicht berück-
sichtigt.
Der Anmelder beantragt (sinngemäß),
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. April 2005 und vom
2. Mai 2007 aufzuheben.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
- 4 -
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Absatz 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintra-
gung ausgeschlossen, weil ihr für diese angemeldeten Waren und Dienstleistun-
gen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger
Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungs-
identität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die
einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterschei-
dungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines
Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden
(vgl. BGH MarkenR 2004, 39 – City Service). Die Unterscheidungskraft einer Mar-
ke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen
und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskrei-
se zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnitts-
empfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH MarkenR 2004,
99 - Postkantoor).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlos-
sen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann
oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer be-
kannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer ent-
sprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH a. a. O. – City Service). So kann
auch solchen Bezeichnungen, die keine beschreibenden Angaben im Sinne des
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellen und die auch nicht zu den allgemein ge-
- 5 -
bräuchlichen Wörtern der Alltagssprache gehören, jegliche Unterscheidungskraft
fehlen. Das ist insbesondere bei allgemein warenanpreisenden Ausdrücken oder
Wortfolgen anzunehmen, bei denen – ohne eine warenbeschreibende Sachanga-
be zu sein – ein auf die Ware bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund
steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich - über eine Werbeaussage hin-
aus - um einen Herkunftshinweis handeln (vgl. BGH GRUR 2000, 720, 721 - Unter
Uns; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbeslogans vom
Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere
Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende
Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durch-
schnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der
Waren schließen. Bei nach Art eines Slogans gebildeten Wortfolgen wird der Ver-
kehr diese daher als eine Beschreibung des Inhalts oder Gegenstands entspre-
chender Waren und Dienstleistungen auffassen (vgl. EuGH a. a. O. - Postkantoor;
BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2002, 107
- Bar jeder Vernunft; EuG GRUR Int. 2003, 834, 835 f. - BestBuy; GRUR Int. 2004,
944, 946 - Mehr für Ihr Geld).
Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen
Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus,
um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - markt-
frisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt
werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH
WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor).
Zwar vermögen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge In-
dizien für die Eignung sein, die Waren eines bestimmten Anbieters von denen an-
derer zu unterscheiden. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit
einer Werbeaussage können einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungs-
- 6 -
kraft bieten (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten;
BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Indessen erfüllt die sprach-
regelgerecht und allgemein verständliche, aus Wörtern des englischen Grundwort-
schatzes zusammengesetzte Wortfolge „fit for eyes“ nach den obengenannten
Grundsätzen selbst diese geringen Anforderungen nicht, da sie sich in werbemä-
ßig anpreisender Form auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren
herkunftshinweisenden Gehalt beschränkt.
Zutreffend ist die Markenstelle davon ausgegangen, dass der Zeichenbestandteil
„fit for“ in der Bedeutung „geeignet zu, passend für“ (vgl. Duden - Dt. Universal-
wörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 CD-ROM) in der Werbung für verschiedene
Produkte verwendet wird, um auf eine besondere Tauglichkeit oder Einsatzbereit-
schaft hinzuweisen (vgl. BPatG 29 W (pat) 268/03 - Fit for Mobile-Service). Entge-
gen der Ansicht des Anmelders kommt es insoweit allein auf das Verständnis der
inländischen Verkehrskreise an, so dass die Frage, ob gegenüber dem angemel-
deten Zeichen die Wortfolge „fits for eyes“ die korrekte englische Form sei, nicht
maßgeblich ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 432 W (Nr. 65) - Henkel; BGH
GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; Strö-
bele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 61, 84, 253 ff. m. w. N.).
Die angesprochenen Verbraucher werden die angemeldete Bezeichnung „fit for
eyes“ angesichts des engen Sachbezugs ohne weiteres nur als unmittelbar be-
schreibende Sachangabe verstehen und darin keinen, wegen eines unüblichen
sachwidrigen Wortgebrauchs phantasievollen betrieblichen Herkunftshinweis se-
hen. Alle Markenbestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt ver-
wendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombi-
nation hinausgehenden Begriff. Dabei spielt es für die Beurteilung der Schutzfä-
higkeit einer Marke keine Rolle, ob es Synonyme oder gebräuchlichere Ausdrücke
gibt, mit denen dieselben Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistun-
gen bezeichnet werden können, oder ob die Merkmale der Waren oder Dienst-
- 7 -
leistungen, die beschrieben werden können, wirtschaftlich wesentlich oder neben-
sächlich sind (vgl. EuGH a. a. O. - Postkantoor).
Der Verkehr wird die angemeldete Bezeichnung daher als werbemäßige Heraus-
stellung einer Produkteigenschaft und Bestimmungsangabe verstehen im Sinne
einer „Eignung, Tauglichkeit für Augen, Fitmachen von Augen“ verstehen. Dieser
sachbezogene Sinngehalt drängt sich gerade bei den hier beanspruchten Waren
ohne weiteres auf, die sämtlich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung Mittel
zur Vorsorge, Erkennung oder Behandlung von Augenerkrankungen bzw. Fehl-
funktionen des Auges darstellen, hierfür bestimmt sein oder in diesem Zusam-
menhang Verwendung finden können. So können Nahrungsergänzungsmittel z. B.
zur Behandlung oder Vorbeugung einer altersbedingten Makuladegeneration ein-
gesetzt werden; Diagnostikmittel zur Verwendung am Auge sind z. B. Testmittel
zur Messung und Untersuchung der Tränenflüssigkeit; Verbandsmaterial umfasst
beispielsweise auch Augenkompressen. Hinsichtlich der übrigen Waren ergibt sich
der Sachbezug wie bei den Sehhilfen, Brillen und deren Teilen schon aus dem
Verwendungszweck zur Korrektur einer Fehlsichtigkeit des Auges, hinsichtlich der
damit in engem Zusammenhang stehenden Waren wie Etuis für Sehhilfen, Kon-
taktlinsenpflegemittel, Ultraschallreinigungsgeräte kann die Augenverträglichkeit
der Waren und damit die Eignung für das Auge von Bedeutung sein. Die Waren
Arzneimittel, medizinische Apparate und Instrumente können zur Diagnostik und
Behandlung von Augenerkrankungen eingesetzt werden.
Hinsichtlich der beanspruchten medizinischen Dienstleistungen enthält die ange-
meldete Marke einen ohne weiteres fassbaren Aussagegehalt in dem Sinne, dass
die in Frage stehenden Dienstleistungen sich auf den Gegenstand oder das
Thema „Eignung, Tauglichkeit für Augen, Fitmachen von Augen“ beziehen.
- 8 -
Der Annahme einer beschreibenden Sachaussage oder einer allgemein werbli-
chen Anpreisung steht nicht entgegen, dass die Wortfolge „fit for eyes“ keine kon-
krete Aussage darüber enthält, wie im Einzelnen die so bezeichneten Waren und
Dienstleistungen beschaffen sind. So genügt es für die Unterscheidungskraft des
Wortzeichens nicht schon, dass es seinem semantischen Gehalt nach keine nähe-
ren Informationen über die Art der bezeichneten Waren und Dienstleistungen ent-
hält. Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann nämlich bereits festgestellt wer-
den, wenn der semantische Gehalt des Wortzeichens den Verbraucher auf ein
Merkmal der Ware oder Dienstleistung hinweist, das deren Verkehrswert betrifft
und, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde, oder eine Werbebotschaft ent-
hält, die von den maßgebenden Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche
und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistun-
gen wahrgenommen werden wird (vgl. EuG MarkenR 2003, 314 - Best Buy).
Insgesamt wird der Verkehr daher in der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf
die angemeldeten Waren und Dienstleistungen keine Marke sehen.
Der Anmelder kann sich zur Ausräumung des Schutzhindernisses auch nicht auf
Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken berufen. Hieraus er-
wächst auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG)
grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es
sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Er-
messens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer
auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528
- Autofelge; BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; a. a. O. - LOKMAUS; BPatG
24 W (pat) 121/05 - Papaya). Im Gemeinschaftsmarkenrecht gelten dieselben
Grundsätze (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 f. - Nr. 60 ff. - Henkel; EuGH GRUR
- BioID), wobei ausländische Voreintragungen noch weniger erheblich sind. Die
Eintragung einer mit der angemeldeten Marke identischen Marke für identische
Waren oder Dienstleistungen im Ausland bildet lediglich einen Umstand, den die
zuständige inländische Behörde bzw. das zuständige inländische Gericht unter
- 9 -
sämtlichen Tatsachen und Umständen, die in die Beurteilung einzubeziehen sind,
berücksichtigen kann. Sie ist jedoch für die Entscheidung, die Anmeldung einer
bestimmten Marke zur Eintragung zuzulassen oder zurückzuweisen, nicht maßge-
bend (vgl. EuGH a. a. O. - Henkel; BGH a. a. O. - LOKMAUS). Aus diesen Grün-
den stellen die vom Anmelder genannten Eintragungen keinen Hinwies auf die
Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke dar.
Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhalts-
punkte dafür, dass das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltebedürf-
nis haben. Angesichts der übrigen behandelten Gesichtspunkte kann diese Frage
jedoch offen bleiben.
Dr. Vogel von Falckenstein
Paetzold
Hartlieb
Cl