Urteil des BPatG vom 25.07.2001

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BUNDESPATENTGERICHT
5 W (pat) 404/00
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. Juli 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
wegen Löschung des Gebrauchsmusters 297 00 264
hier: Löschungsantrag
BPatG 154
6.70
- 2 -
hat der 5. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Goebel sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Frowein und Dipl.-Phys.
Dr. W. Maier
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Deut-
schen Patent- und Markenamts – Gebrauchsmusterabteilung I – vom
21. Juni 1999 aufgehoben.
Das Gebrauchsmuster 297 00 264 wird gelöscht, soweit es über die
Schutzansprüche 1 und 3 bis 15 in der Fassung vom 25. Juli 2001
hinausgeht.
Im übrigen wird der Löschungsantrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Antragsgeg-
ner zu 1/3 und die Antragstellerin zu 2/3.
G r ü n d e :
I.
Der Beschwerdeführer und Löschungsantragsgegner ist Inhaber des am
9. Januar 1997 angemeldeten und am 10. April 1997 unter der Bezeichnung
in die Rolle eingetragenen Gebrauchsmusters 297 00 264. Es ist mit den Ansprü-
chen 1 bis 15 eingetragen.
Sie haben folgenden Wortlaut:
- 3 -
- 4 -
- 5 -
- 6 -
Die Schutzdauer ist verlängert.
Die Antragstellerin hat am 18. Oktober 1997 die Löschung des Gebrauchsmusters
beantragt. Sie hat mangelnde Schutzfähigkeit geltend gemacht und sich auf Druck-
schriften aus dem Stand der Technik berufen. Der Antragsgegner hat dem Antrag
widersprochen. Hilfsweise hat er das Gebrauchsmuster mit einem am 21. Juni 1999
eingereichten neuen Schutzanspruch verteidigt.
Der hilfsweise verteidigte Anspruch 1, dem sich die eingetragenen Ansprüche 2 bis
15 anschließen, unterscheidet sich vom eingetragenen Anspruch 1 in seinem kenn-
zeichnenden Teil durch die im folgenden Wortlaut unterstrichen hervorgehobenen
Merkmale:
Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschluß vom 21. Juni 1999 das Gebrauchsmuster gelöscht.
Der Beschluß stützt sich auf die Druckschrift
[1]
sowie den Firmenprospekt
[Anl.
2
]
Prospekt der Fa. ALNET "Technibags and Sling Bags“, (ohne Datum),
gegenüber deren Inhalt der verteidigte Gegenstand keinen erfinderischen Gehalt
aufweise.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.
- 7 -
Er verteidigt das Gebrauchsmuster mit dem Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsan-
trags vom 21. Juni 1999, ergänzt um das kennzeichnende Merkmal des eingetrage-
nen Schutzanspruchs 2, und im Übrigen mit den Schutzansprüchen 3 bis 15 unter
entsprechender Anpassung der Rückbezüge (also ohne Rückbeziehung auf den
nicht mehr selbständig verteidigten Schutzanspruch 2, vielmehr bezogen auf den
neuen Schutzanspruch 1 bzw auf die übrigen Unteransprüche).
Der Anspruch 1 in der verteidigten Fassung vom 25. Juli 2001 hat somit folgenden
Wortlaut:
Der Antragsgegner begründet seine Beschwerde damit, daß der Gegenstand des
Schutzanspruchs 1 auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Die hierauf rückbezoge-
nen Schutzansprüche 3 bis 15 hätten auf dieser Basis ebenfalls Bestand.
- 8 -
Er beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Löschungsan-
trag im Umfang der neu verteidigten Schutzansprüche 1 und 3 bis
15 zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß auch der verteidigte Anspruch 1, sofern er überhaupt ur-
sprünglich offenbart sei, insbesondere im Hinblick auf die vom Senat ins Verfahren
eingeführte Druckschrift
[1a]
(der Patentschrift [1] zugrundeliegende
Offenlegungsschrift)
keinen Bestand haben könne.
Im Verfahren sind weiterhin die Druckschriften
[2]
DE 30 17 594 A1
[Anl. 3]
ALNET T65 Reinforced Filtercloth“, 6 Seiten, (ohne Datum)
[Anl. 4]
an Bernhard Lübbers, 2 Seiten vom 17.06.1999
[Anl. 5]
[Anl. 6]
„There’s no Substitute for Quality“ u.a. mit Abb. „Alnet Technibag“
genannt worden.
Im Streitgebrauchsmuster sind außerdem noch die Druckschriften
[3]
DE - PS 20 12 269
[4]
DE - GM 75 31 698
- 9 -
[5]
DE 39 17 170 A1
als Stand der Technik angeführt (S 1, Abs 2 und 3).
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Denn der Löschungsantrag ist in geringe-
rem Umfang, als im angefochtenen Beschluß ausgesprochen worden ist, begründet.
Soweit das Gebrauchsmuster nicht mehr verteidigt wird, ergibt sich der Löschungs-
anspruch aus § 17 Abs 1 Satz 2 GebrMG. Soweit es aber noch verteidigt wird, ist der
geltend gemachte Löschungsanspruch wegen mangelnder Schutzfähigkeit
(§ 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG) nicht gegeben.
1.
Er stützt sich auf die eingetragenen Schutzansprüche 1 und 2 sowie auf die Be-
schreibung (S 8, vorletzte Z und S 9, Z 6).
Das erste kennzeichnende Merkmal des Schutzanspruchs 1, wonach als Stützgerüst
lediglich ein Ring dient, ist unter Berücksichtigung der Beschreibung (insb. S 2, Abs 4
und S 8, le Abs) und der Zeichnung (insb. Fig. 1, 7 und 8) nur dahingehend zu ver-
stehen, daß das im Oberbegriff genannte Stützgerüst nur durch einen Ring gebildet
wird, wobei dieser Ring im Vergleich zur Höhe der Baustoffstütze eine vergleichs-
weise geringe Höhe hat.
2.
Räumen und dient insbesondere als Stütze für bergmännisch hergestellte Hohlräume
des Berg- und Tunnelbaus. Für derartige Baustoffstützen nennt das Streit-
[1]
S 1, Abs 2 und 3).
Hiervon ausgehend liegt dem Streitgebrauchsmuster die Aufgabe zugrunde, eine
leichte, preiswerte, gut zu transportierende wie auch zu montierende und sichere
Baustoffstütze zu schaffen (vgl. Beschreibung S 2, Abs 2).
- 10 -
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitgebrauchsmuster gemäß Schutzan-
spruchs 1 eine Baustoffstütze mit folgenden gegliederten Merkmalen vor:
a)
Baustoffstütze (1) für die Sicherung von Räumen,
insbesondere bergmännisch hergestellten Hohlräumen (2) des Berg- und
Tunnelbaus,
mit
einem
wasserdurchlässigen
Mantel (6) aus hochfesten Fäden und ei-
nem Stützgerüst (7),
b)
wobei der Mantel (6) so geformt ist, daß er einen Behälter vorgibt, der
c)
durch Befüllen mit Baustoff (16) oder einem ähnlichen Material sowie
nach dem Aushärten des Baustoffes (16) Stützkräfte übernimmt,
wodurch er zwischen Hangendem (3) und Liegendem (4) einsetzbar ist,
dadurch gekennzeichnet
d)
daß als Stützgerüst (7) lediglich ein Ring (11) dient,
e)
der im Bereich des Stützendeckels (9) mit dem Mantel (6) verbunden und
f)
der an das Hangende (3) anpreßbar ausgebildet ist, und
g)
daß im Bereich des Stützendeckels (9) eine Befüllöffnung (10) vorgesehen
ist,
h)
daß der auf dem Liegenden lose aufliegende Boden (8) geschlossen ist,
und
i)
daß das Stützgerüst (7) als Doppelring (12) ausgebildet ist,
j)
wobei einer oder beide Teilringe (13, 14) mit dem Mantel verbunden sind.
3.
keine der im Verfahren berücksichtigten Entgegenhaltungen sämtliche Merkmale
dieses Anspruchs aufweist. So unterscheidet sich der Gegenstand des Streitge-
genstandes von sämtlichen aus dem Stand der Technik bekannten Baustoffstützen
vor allem durch die kennzeichnenden Merkmalei) und j)
[1a]
die beiden Ringe 52 (dieses Bezugszeichen gehört offensichtlich zu dem am Han-
- 11 -
genden befindlichen Ring) und 60 keine bauliche Einheit im Sinne eines Doppelrings
bilden. Denn nur der obere Ring 52 stellt den das Stützgerüst bildenden Ring der
Baustoffstütze dar, während der Ring 60 zu dem mobilen Stützsystem gehört, in das
der Gewebeschlauch mit seinen Anschlussringen 51 und 52 derart eingelegt wird,
daß diese Ringe beim Ausfahren der hydraulischen Stempel 62 und 63 des Stütz-
[1a]
16).
4.
schen Schritt (§ 1 GebrMG).
Eine Baustoffstütze mit den gattungsbildenden Merkmalen a) bis c) des angefoch-
[1a]
10 iVm Anspr. 1 und 2, sowie Sp 5, Z 24 bis 37 und 57 sowie Sp 6, Z 26 bis 30).
Weiterhin sind bei der insbesondere in der Fig. 9 dargestellten Ausführung auch die
kennzeichnenden Merkmale e) bis g) realisiert.
So ist der dort beschriebene Ring im Bereich des Stützendeckels (Scheibe 29) –
zumindest mittelbar an der Nahtstelle von Mantel und daran ankonfektioniertem
Stützendeckel - mit dem Mantel 24 verbunden (vgl. insb. Sp 11, Z 13 bis 17). Wei-
terhin ist der Ring 52 an das Hangende anpreßbar ausgebildet, da er über Bolzen im
Gebirge befestigt (aaO Sp 11, Z 29 bis 31) wird. Schließlich ist auch im Bereich des
Stützendeckels (Scheibe 29) eine Befüllöffnung (Füllstutzen 54) vorgesehen.
[1a]
rungsform nur teilweise realisiert. Denn der wasserdurchlässige Mantel, der auch am
Boden (Scheibe 28) geschlossen ist (vgl. Sp 5, Z 27/28 und Sp 11, Z 13 bis 17), wird
sowohl am Hangenden wie am Liegenden mit jeweils einem Ring verspannt. Dieser
Unterschied kann für sich genommen noch nicht die Annahme eines erfinderischen
Schrittes begründen. Der Fachmann – hier ein diplomierter Tiefbau-Ingenieur oder
Steiger, der langjährige Erfahrung im Grubenausbau aufweist – wird nämlich je nach
Steilheit des Liegenden versuchen, den Boden der Baustoffstütze in ihrer bankrech-
ten Lage zu fixieren, zumal dies in dem Streitgebrauchsmuster auch vorgesehen sein
kann (vgl. S 10, Abs 1). Ist das Liegende nahezu waagrecht, kann ohne weiteres der
- 12 -
untere Ring zur Fixierung des Bodens weggelassen werden, wie es auch der
Antragsgegner bekräftigt hat.
[1a]
dargestellten Ausführungsform zusätzlich eine schraubenförmige Armierung 50 vor-
zusehen. Denn eine solche ist nur zur weiteren Stabilisierung vorgesehen (vgl. insb
Sp 6, Z 26 bis 30), und die Kunststofffäden hoher Festigkeit können bereits alleine
als tragfähige Bewehrung der erhärtenden Baustoffstütze dienen (insb. Sp 5, Z 55
bis 61). Auch wird eine Baustoffstütze, die ohne Mantelschalung arbeitet, dort zu-
nächst im Anspruch 1 gelehrt, während erst das Verfahren nach Anspruch 2 eine zu-
sätzliche Mantelschalung zum Inhalt hat, insbesondere wenn spezielle Anforderun-
gen an die Baustoffstütze gestellt werden (vgl. insb. Sp 6, Z 36 bis S 7, Z 3). Somit
kann als Stützgerüst lediglich der obere Ring 52 dienen.
Dem Argument, der Hinweis auf die der Figur 5 entsprechende Darstellung der Fi-
gur 9 (Sp 9, Z 34/35) müsse so verstanden werden, daß es sich hierbei um die ent-
schalte Baustoffstütze handele, kann nicht gefolgt werden. Denn in der Beschreibung
zu dieser Ausführung (insb. Sp 11, Z 27 bis 35) läßt sich klar ersehen, daß sich bei
dieser Verspannungsart aus dem Schlauch zusätzlich eine relativ standfeste und
formstabile Schalung ergibt. Der Hinweis auf die „entsprechende Darstellung“ bezieht
sich folglich nur auf die Perspektive der Darstellung.
[1a]
gänzlich die Merkmale i) und j). Hierzu gab auch der dem mobilen Stützsystem zu-
gehörige weitere Ring 60 nach Figur 11 keinen Hinweis, da dieser entsprechend Fi-
gur 12 aufklappbar ist. Überdies ist dieser einer anderen Baueinheit (Stützsystem)
zuzurechnen und somit keinesfalls als zweiter Teilring mit dem Mantel der Baustoff-
stütze zu verbinden.
Eine Aufteilung des das Stützgerüst bildenden Ringes zu einem Doppelring zeigt
[1]
[5]
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regung zu entnehmen. Das Gleiche gilt auch für die Ausführungen nach den von der
Anlagen 2
dem Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters deshalb unterstellt werden kann.
Letztlich hatte der Fachmann die im Streitgebrauchsmuster (S 3, Abs 2) genannten
Vorteile des Doppelringes nicht solchermaßen im Auge, daß er aufgrund seiner
handwerklichen Kenntnisse ohne weiteres Bemühen zu der beanspruchten Ausbil-
dung der Baustoffstütze gelangt wäre.
5.
Schutzanspruch 2) rückbezogenen Ansprüche 3 bis 15 der Löschung entzogen.
6.
18 Abs 3 Satz 2 GebrMG
iVm
§ 84 Abs 2 PatG und § 92 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.
Goebel
Dr. Frowein
Dr. W. Maier
Pr