Urteil des BPatG vom 01.08.2006

BPatG (marke, benutzung, kennzeichnungskraft, verwechslungsgefahr, beschreibende angabe, versicherung, form, eintragung, umfang, milch)

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 111/04
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
23. November 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
- 2 -
betreffend die Marke 396 52 095
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 1. August 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke
wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 2. März 2004 aufgehoben,
soweit darin die Löschung der angegriffenen Marke 396 52 095
aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 184 083 angeord-
net worden ist.
2. Der Widerspruch aus der Marke 1 184 083 wird zurückgewie-
sen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke 396 52 095
USANA
ist am 16. Juni 1997 für die Waren
"Nichtmedizinische Hautpflegemittel, nämlich Gesichtscremen,
Gesichtsreiniger, Gesichtstonikum, Körperlotionen und Handcrem-
- 3 -
Hautexfoliant; Vitamine, Mineralien und Nahrungsmittelzusätze für
medizinische Zwecke."
in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register einge-
tragen und am 19. Juli 1997 veröffentlicht worden.
Gegen die Eintragung der vorgenannten Marke hat die Inhaberin der prioritätsälte-
ren, für die Waren
"Wasch- und Reinigungsmittel, Mittel zur Körper- und Schönheits-
pflege, Seifen, Zahnputzmittel; Präparate für die Gesundheitspfle-
ge, diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke,
Pflaster und Verbandmaterial; Eßbestecke, Bestecke für Maniküre
und Pediküre; Kinderwagen und Kindersportwagen; Papp- und
Papierwaren, nämlich Handtücher, Taschentücher, Haushaltstü-
cher, Kosmetiktücher, Toilettenpapier, Einschlagpapier, Schach-
teln und sonstige Aufbewahrungsbehältnisse; Druckschriften, Zeit-
schriften, Bücher, Fotografien, Schreibwaren, Spielkarten; Möbel,
Spiegel; kleine handbetätigte Haus- und Küchengeräte sowie trag-
bare Behälter für Haushalt und Küche, Glas-, Porzellan- und
Steingutwaren für Haushalt und Küche, Kämme, Schwämme,
Bürsten; Bekleidungsstücke, Windeln aus Stoff, Zellstoff, Papier,
Windelhöschen, Kinderlätzchen, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;
Spiele, Spielzeug, Turn- und Sportgeräte; Fleisch-, Wurst- und
Fischwaren, Fleischextrakte, getrocknetes und gekochtes sowie
konserviertes Obst und Gemüse, Fleisch- und Fischkonserven,
Milch, Milchprodukte, nämlich Sauermilcherzeugnisse, Joghurter-
zeugnisse, Kefirerzeugnisse, Buttermilcherzeugnisse, Sahneer-
zeugnisse, Trockenmilcherzeugnisse für Nahrungszwecke, Mol-
kenerzeugnisse (auch als Getränke) für Nahrungszwecke, Sauer-
milchquarkerzeugnisse, alkoholfreie Milchmischgetränke; Milch-
- 4 -
halbfetterzeugnisse, Butter, Käse; Puddings; Speisecremes, im
wesentlichen bestehend aus Milch, Sauermilch, Joghurt, Kefir,
Buttermilch, Sahne, Molke, Sauermilchquark, Butter und/oder
Frischkäse; alle vorgenannten Waren auch unter Zusatz von
Früchten und auch von Kräutern, Gewürzen oder Säften und Ex-
trakten aus diesen; Getreidepräparate für Nahrungszwecke, Brot,
feine Back- und Konditorwaren, nichtmedizinische Bonbons, Scho-
kolade und Schokoladenwaren, Speiseeis; alkoholfreie Getränke,
Fruchtsaftgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe für die Zubereitung
von Getränken."
eingetragenen Wortmarke 1 184 083
Humana
Widerspruch erhoben.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit am 28. Juli 2000 beim DPMA ein-
gegangenem Schriftsatz die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Wi-
dersprechende hat daraufhin Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung
der Widerspruchsmarke eingereicht hat, so eine eidesstattliche Versicherung des
geschäftsführenden Vorstandsmitglieds der A… eG,
Herrn B…, vom 23. November 2000, in der Gesamtabsatzzahlen für
mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Waren in Deutschland sowie jeweils
konkret auf die Waren "Nährstofflösungen in Flaschen á 90 ml" und "Elektrolyte in
4er Einheiten" bezogene Absatzzahlen in den Jahren 1994 bis 1996 genannt sind
sowie außerdem Preislisten, Rechnungskopien, Etiketten, Verpackungskartons
und Prospekte.
- 5 -
Mit Beschluss vom 2. März 2004 hat die Markenstelle für Klasse 3 des DPMA, be-
setzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, die Löschung der angegriffenen
Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 1 184 083 angeordnet, da zwi-
schen den Marken Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG beste-
he. Zur Begründung führt die Markenstelle im Wesentlichen aus, dass die Wider-
sprechende auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässig erhobene
Nichtbenutzungseinrede eine gemäß §§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG rechtserhaltende
Benutzung ihrer Marke für die Waren "Diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kin-
der und Kranke" im fraglichen Zeitraum glaubhaft gemacht habe. Zwar könnten die
in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 23. November 2000 pau-
schal für die beiden Warengruppen "Kindernahrungen" und "diätetische Nährmit-
tel" aufgeführten Umsätze in den Jahren 1994 bis 1996 nicht berücksichtigt wer-
den, weil die Widerspruchsmarke nicht für Kindernahrung bzw. Babynahrung ein-
getragen und eine Aufschlüsselung nach den jeweiligen Waren nicht erfolgt sei.
Verwertet werden könnten aber die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung
über den, dem Umfang nach ausreichenden Umsatz mit "Nährstofflösungen" und
"Elektrolyte", welche unter die eingetragenen Warenbegriffe "Diätetische Erzeug-
nisse für Säuglinge, Kinder und Kranke" fielen. Die Prospekte und Packungsmus-
ter zeigten, dass die Marke auch in der eingetragenen Form auf den Warenver-
packungen benutzt worden sei. Die benutzten Waren der Widerspruchsmarke wie-
sen zu den Waren "Vitamine, Mineralien und Nahrungsmittelzusätze für medizini-
sche Zwecke" der angegriffenen Marke eine enge, zu den übrigen nichtmedizini-
schen Hautpflegemitteln ein mittlere Ähnlichkeit auf. Insoweit seien an den von
den Marken einzuhaltenden Abstand strenge Anforderungen zu stellen. Trotz der
Anlehnung des Markenwortes "Humana" an die beschreibende Angabe "human"
werde im Weiteren von einer noch normalen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke ausgegangen. Soweit sich die Widersprechende darauf berufe,
dass für sie die Marke Nr. 644 175 "Humana", Nr. 924 702 "Humana" und
Nr. 968 989 "Humana Baby-satt" für einschlägige Säuglings- und Kleinkindernähr-
mittel aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden seien, sei dies ohne
Belang. Hieraus ergebe sich nur, dass Eintragungshindernisse überwunden und
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die Marken im Zeitpunkt ihrer Eintragung Unterscheidungskraft besessen hätten.
In ihrem klanglichen Gesamteindruck wiesen die Markenworte "USANA" und "Hu-
mana", die sich in der Anzahl der Silben, im Betonungsrhythmus und in der klang
tragenden Lautfolge "-u-ana" deckten, große Übereinstimmung auf. Demgegen-
über wirkten die vorhandenen Abweichungen in den Konsonanten (-s-/H-m-) im
Gesamtklang nur wenig auffällig, so dass eine ernstliche Verwechslungsgefahr be-
stehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.
Nach ihrer Auffassung müsse der Widerspruch schon mangels Glaubhaftmachung
der bestrittenen Benutzung zurückgewiesen werden. Sie habe unbeschränkt die
Einrede der Nichtbenutzung erhoben, weshalb die Widersprechende im Hinblick
darauf, dass die fünfjährige Benutzungsschonfrist bereits vor der Veröffentlichung
der angegriffenen Marke abgelaufen sei, die Benutzung ihrer Marke für beide Zeit-
räume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG glaubhaft machen müsse. Hierzu
habe sie jedoch nichts vorgetragen und auch die Markenstelle habe sich nur mit
dem ersten Fünfjahreszeitraum vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke
befasst. Im Übrigen bestehe zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr.
Die Widerspruchsmarke verfüge nur über eine verminderte Kennzeichnungskraft,
da sie sich einzig durch das angefügte "a" von der beschreibenden Angabe "hu-
man" unterscheide, die im Zusammenhang mit Produkten der hier fraglichen Art
dahingehend verstanden werde, dass diese für den menschlichen Verzehr bzw.
die Anwendung beim Menschen bestimmt und geeignet seien. Umstände, die zu
einer nachträglichen Steigerung der Kennzeichnungskraft führen könnten, seien
nicht vorgetragen. Unabhängig vom Grad der Warenähnlichkeit hätte daher bei
der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein eher milder Maßstab angelegt wer-
den müssen. Im Hinblick darauf gewährleisteten die vorhandenen unverkennbaren
Abweichungen in den regelmäßig stärker beachteten Wortanfängen gegenüber
den gemeinsamen nicht markanten Endungen die hinreichende Unterscheidung
der Marken. Hinzu komme, dass die Widerspruchsmarke einen ohne weiteres
fassbaren verständlichen Sinngehalt beinhalte.
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Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben, soweit die Löschung
der angegriffenen Marke 396 52 095 aufgrund des Widerspruchs
aus der Marke 1 184 083 angeordnet worden ist, und den Wider-
spruch aus der Marke 1 184 083 zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückzu-
weisen.
Sie hat im Beschwerdeverfahren weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der
Benutzung der Widerspruchsmarke eingereicht, und zwar eine eidesstattliche Ver-
sicherung des Geschäftsführers der A… GmbH, Herrn C…, vom
2. Dezember 2004, sowie dazu beigefügt eine Aufstellung über Absätze mit Nähr-
stofflösungen und Heilnahrungen in den Jahren 2001 bis August 2004, Kopien von
Verbundkartonagen und Faltschachteln, Prospekte, Kopien von Anzeigen in Zeit-
schriften, Rechnungskopien sowie Artikel und Studien zur Marktentwicklung und
Markenbekanntheit von "Humana". Damit werde auch für den zweiten Zeitraum
der Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke für die hier relevanten Wa-
ren geführt. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei nicht von einer ver-
minderten, sondern von einer infolge großer Verkehrsbekanntheit überdurch-
schnittlich hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Dies
belegten die eingereichten diversen Publikationen und Zeitungsberichte, abgese-
hen davon, dass die überdurchschnittliche Bekanntheit der Marke "Humana" ge-
richtsbekannt sei. Bereits im Jahr 1953 sei die Marke Nr. 644 175 "Humana" für
Säuglingsnahrung aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden. Im
Laufe der Jahrzehnte habe sich das "Humana"-Produktangebot den Anforderun-
gen und Bedürfnissen der Kunden angepasst, wobei Umfang der Benutzung und
Werbung stetig zugenommen hätten. Es könne deshalb angenommen werden,
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dass sich die Bekanntheit der Marke "Humana" zwischenzeitlich auch auf diäteti-
sche Nährmittel beziehe. Laut einem Bericht der Nielsen-Marktforschung habe der
Marktanteil an Heilnahrungen in den Jahren 2001-2004 zwischen 57 % und 67 %
betragen. Ausgehend von überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft und vor-
handener Warenidentität kämen sich die Marken in klanglicher und schriftbildlicher
Hinsicht zu nahe, um eine ernsthafte Verwechslungsgefahr ausschließen zu kön-
nen.
II.
Die am 26. März 2004 eingelegte, nach den bis zum 30. Juni 2006 geltenden Be-
stimmungen des § 165 Abs. 4 und 5 Nr. 1 MarkenG statthafte und auch sonst zu-
lässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache Er-
folg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Vergleichsmarken keine
markenrechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Mar-
kenG, so dass der die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Wider-
spruchs aus der Marke 1 184 083 anordnende Beschluss der Markenstelle keinen
Bestand haben konnte und der Widerspruch zurückzuweisen war (§ 43 Abs. 2
Satz 2 MarkenG).
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor der Markenstelle zu-
lässig die Benutzung der am 10. März 1992 eingetragenen Widerspruchsmarke
bestritten, nachdem diese im Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen
Marke am 19. Juli 1997 bereits länger als fünf Jahre eingetragen war (§ 43 Abs. 1
Satz 1 MarkenG). Eine Einschränkung der Nichtbenutzungseinrede auf einen der
beiden Fünfjahreszeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG ist in dem Ein-
redeschriftsatz der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 28. Juli 2000 nicht ent-
halten. Im Übrigen hat sie im Beschwerdeverfahren die Benutzung der Wider-
spruchsmarke ausdrücklich auch in dem Fünfjahreszeitraum vor der Entscheidung
über den Widerspruch bestritten. Die Widersprechende hat daher die rechtserhal-
tende Benutzung ihrer Marke gemäß § 26 MarkenG für beide in § 43 Abs. 1 Satz 1
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und 2 MarkenG bestimmten Fünfjahreszeiträume glaubhaft zu machen (vgl. Strö-
bele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 14), vorliegend also für die Zeit vom
19. Juli 1992 bis 19. Juli 1997 sowie vom 1. August 2001 bis 1. August 2006. Dies
ist der Widersprechenden mit dem im Verfahren vor der Markenstelle und ergän-
zend im Beschwerdeverfahren eingereichten Benutzungsunterlagen auch gelun-
gen, allerdings nur für die Waren "diätetische Nährstofflösungen für Säuglinge,
Kinder und Kranke".
Nur für diese vom registerlichen Markenschutz der Widerspruchsmarke umfassten
Waren ist verwertbares Glaubhaftmachungsmaterial zur Bejahung einer nach Art,
Form und Umfang rechtserhaltenden Benutzung der Marke in beiden maßgebli-
chen Zeiträumen eingereicht worden. Für Nährstofflösungen sind in jeder der zwei
vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, bzw. in einer der zweiten Versiche-
rung beigefügten Tabelle, konkret bezifferte Absatzmengen jeweils für die Jah-
re 1994 bis 1996 und 2001 bis August 2004 angegeben. Die sich zwischen
294 072 Flaschen á 90 ml (in 2003) und 689 019 Flaschen á 90 ml (in 1994) be-
wegenden, nicht unbeträchtlichen jährlichen Absatzmengen belegen insoweit in
beiden relevanten Fünfjahreszeiträumen eine dem Umfang nach ausreichende
Benutzung.
Soweit darüber hinaus in der ersten eidesstattlichen Versicherung auch für die
Waren "Elektrolyte" sowie in der zweiten eidesstattlichen Versicherung für die Wa-
ren "Heilnahrungen" konkrete Absatzmengen aufgeführt sind, können diese keine
Berücksichtigung finden, weil sie sich jeweils nur auf einen, nicht aber auf beide
maßgeblichen Fünfjahreszeiträume beziehen.
Die des Weiteren in den zwei Versicherungen undifferenziert für sämtliche unter
der Widerspruchsmarke vertriebenen Waren aus den Produktbereichen "Baby-
und Kindernahrung" sowie "diätetische Nährmittel" aufgeführten Gesamtumsatz-
zahlen sind zur Glaubhaftmachung ebenfalls nicht tauglich. Zwar kann der Mar-
kenstelle nicht darin gefolgt werden, dass die Widerspruchsmarke für "(nicht diäte-
tische) Baby- oder Kindernahrung" generell keinen Schutz genießt und bereits im
Hinblick darauf eine Aufschlüsselung der Umsatzzahlen erforderlich wäre. Im Wa-
- 10 -
renverzeichnis der Widerspruchsmarke sind nämlich außer "diätetischen Erzeug-
nissen für Säuglinge, Kinder und Kranke" u. a. auch die Warenoberbegriffe "Milch,
Milchprodukte, nämlich Trockenmilcherzeugnisse für Nahrungszwecke, Molkener-
zeugnisse (auch als Getränk) für Nahrungszwecke, Getreidepräparate für Nah-
rungszwecke" enthalten, die in der eingetragenen ungruppierten Form und ohne
einen auf Waren der Klassen 29 oder 30 einschränkenden Zusatz auch entspre-
chende, in die Klasse 5 fallende Babykost bzw. Säuglingsnahrung mit umfassen
und unter die folglich zumindest ein Teil der von der Widersprechenden angebote-
nen nicht diätetischen Säuglings- und Kindernahrungen subsumiert werden kann.
Eine Aufschlüsselung der Umsätze nach einzelnen Waren oder wenigstens Wa-
rengruppen ist aber gleichwohl vor allem deshalb erforderlich, weil ohne eine sol-
che die notwendige Zuordnung der getätigten Umsätze zu den insoweit in Betracht
kommenden verschiedenen eingetragenen Warenbegriffen nicht möglich ist und
sich daher nicht feststellen lässt, für welche der geschützten Waren eine Benut-
zung stattgefunden hat bzw. ob dies in einem ausreichenden Umfang geschehen
ist.
Für Nährstofflösungen ist des Weiteren eine funktionsgerechte Verwendung der
Widerspruchsmarke auf den betroffenen Waren in der eingetragenen Form darge-
tan. Sowohl für den ersten als auch für den zweiten Benutzungszeitraum wurden
Produkt-Abbildungen in Prospekten vorgelegt, die mit Nährstofflösungen gefüllte
Gläser zeigen, welche mit dem in seiner Form der eingetragenen Marke entspre-
chenden Schriftzug "Humana" gekennzeichnet sind.
Die Benutzung der Widerspruchsmarke für solche Nährstofflösungen rechtfertigt
es jedoch nicht, bei der Entscheidung über den Widerspruch den eingetragenen
weiten Oberbegriff "diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke" zu-
grunde zu legen. Vielmehr ist gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG von den tat-
sächlich benutzten Waren "diätetischen Nährstofflösungen zur Energie- und Nähr-
stoffsubstitution für Säuglinge, Kinder und Kranke" auszugehen, zumal diese als
eine abgrenzbare Warenuntergruppe innerhalb des breit gefächerten Oberbegriffs
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"diätetische Erzeugnisse für Säuglinge, Kinder und Kranke" anzusehen sind (vgl.
BGH GRUR 2002, 59, 63 "ISCO"; GRUR 2002, 65, 67 "Ichthyol"; BGH Mar-
kenR 2006, 409, 410 f. (Nr. 21, 22) "Ichthyol II").
Im Übrigen ist die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzu-
nehmen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren
der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder
-ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise
auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen
durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungs-
kraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl.
u. a. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) "Sabèl/Puma"; GRUR Int. 1999, 734,
736 (Nr. 18-21) "Lloyd"; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) "Marca/Adidas";
GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) "THOMSON LIFE"; BGH GRUR 2004, 865, 866
"Mustang"; GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May").
Geht man für die Widerspruchsmarke von den o. g. benutzten diätetischen Nähr-
stofflösungen aus, besteht ein enges Ähnlichkeitsverhältnis zu den von der ange-
griffenen Marke beanspruchten Waren "Vitamine, Mineralien und Nahrungsmittel-
zusätze für medizinische Zwecke". Die übrigen "nichtmedizinischen Hautpflegemit-
teln" der angegriffenen Marke weisen hingegen zu diätetischen Nährstofflösungen
für Säuglinge, Kinder und Kranke im Hinblick auf die grundsätzlich unterschiedli-
che Beschaffenheit und Anwendungsform der Produkte einen deutlich größeren
Abstand auf. In Anbetracht gleichwohl möglicher Überschneidungen hinsichtlich
einer die Hautgesundheit fördernden Wirkung der beiderseitigen Mittel sowie hin-
sichtlich darin enthaltener Zusatzstoffe kann insoweit daher allenfalls eine mittlere
Warenähnlichkeit angenommen werden (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von
Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 204).
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Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann für die hier zu berücksich-
tigenden diätetischen Nährstofflösungen lediglich als durchschnittlich bewertet
werden.
Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Widerspruchsmarke
nicht um ein Fantasiewort handelt, sondern um die weibliche Form des in der me-
dizinischen Fachsprache gebräuchlichen lateinischen Ausdrucks "humanus/-a/um"
(= den Menschen betreffend, menschlich; vgl. u. a. Dagobert Tutsch, Taschenlexi-
kon der Medizin, 1990, S. 225). Der aus dem Lateinischen abgeleitete Stamm "hu-
man" ist zudem in der Bedeutung "menschlich" ein allgemein geläufiges, auch in
Zusammensetzungen, wie z. B. Humangenetik, Humanmedizin, Humanwissen-
schaften, gebräuchliches Wort des deutschen Sprachschatzes (vgl. u. a. Nau-
mann und Göbel, Neues deutsches Wörterbuch, 1996, S. 433). Auch wenn den
angesprochenen Durchschnittsverbrauchern die in der medizinischen Fachspra-
che gebrauchte Femininform "humana" des Adjektivs "humanus" nicht ohne weite-
res bekannt sein sollte, werden sie gleichwohl in dem Markenwort "Humana" gera-
de in Zusammenhang mit diätetischen Nährstofflösungen, die speziell auf den
menschlichen Gebrauch abgestimmt sein können, aufgrund des darin enthaltenen
Begriffs "human" den sich hieraus ergebenden beschreibenden Anklang ohne wei-
teres erfassen. Die durch das dem Wort "human" angefügte Endungs-"a", respek-
tive durch die unübliche lateinische Wortform bewirkte Verfremdung verleiht der
Widerspruchsmarke zwar die erforderliche Unterscheidungskraft, jedoch erreicht
diese – im Vergleich zu einem normal kennzeichnungskräftigen Fantasiewort –
von Haus aus maximal den unteren Bereich des Durchschnitts (vgl. BPatG
GRUR 2005, 772 "Public Nation/PUBLIC"; BPatGE 44, 1, 3 "Korodin").
Eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
über den Durchschnitt hinaus durch intensive Benutzung im Verkehr kann jeden-
falls für die hier in Rede stehenden diätetischen Nährstofflösungen für Säuglinge,
Kinder und Kranke nicht angenommen werden. Soweit sich die Widersprechende
in diesem Zusammenhang auf die im Jahr 1953 aufgrund Verkehrsdurchsetzung
- 13 -
erfolgte Eintragung der Marke Nr. 644 175 "Humana" beruft, können daraus schon
deshalb keine Rückschlüsse auf die Verkehrsbekanntheit der Marke "Humana" für
diätetische Nährstofflösungen gezogen werden, weil der Marke Nr. 644 175 für an-
dere Waren, nämlich für "Säuglingsmilch" eingetragen worden ist. Abgesehen da-
von hat die Markenstelle zu Recht darauf hingewiesen, dass aus der Eintragung
einer Marke aufgrund festgestellter Verkehrsdurchsetzung zunächst nur folgt, dass
sie die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1-3 MarkenG (bzw. vor dem 1. Ja-
nuar 1995 des § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG) überwunden und im Zeitpunkt ihrer Eintra-
gung, hier also im Jahr 1953, für die geschützten Waren normale Unterschei-
dungskraft besessen hat (vgl. u. a. BGH GRUR 2003, 1040, 1043 "Kinder"). Er-
kenntnisse über die Benutzungsverhältnisse und die Verkehrsbekanntheit der
Marke ein halbes Jahrhundert später können daraus nicht hergeleitet werden.
Auch die von der Widersprechenden vorgetragenen Tatsachen bezüglich des Um-
fangs der Benutzung und der Bekanntheit der Marke "Humana" in den darauf fol-
genden Jahrzehnten sowie die von ihr dazu eingereichten, insbesondere die Zeit
von 1994 bis 2004 betreffenden Unterlagen, rechtfertigen es nicht, zu dem im hier
anhängigen Widerspruchsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der
jüngeren Marke am 29. November 1996 sowie auch noch zum Entscheidungszeit-
punkt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 35 m. N. w.) eine erhöhte
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die hier interessierenden diäteti-
schen Nährstofflösungen anzunehmen. Zwar lassen die eidesstattlich versicherten
Gesamtumsatzzahlen für die Produktbereiche Baby- und Kindernahrungen sowie
diätetische (Baby- und Kinder-) Nährmittel in den Jahren 1994 bis 1996 in Höhe
von DM 93 905 000,-- (in 1995) und DM 97 563 000,-- (in 1996) und in den Jah-
ren 2001 bis September 2004 von € 31 300 000,-- (in 2004) und € 39 900 000,--
(in 2003) grundsätzlich auf eine für diese Warenbereiche im Verkehr gut einge-
führte Marke mit nicht geringer Kennzeichnungskraft schließen. Allerdings ist nicht
zu verkennen, dass die Bekanntheit hinsichtlich der jeweils in diese Warenberei-
che fallenden einzelnen Produkte oder Produktgruppen je nach den dafür getätig-
ten (Einzel-)Umsätzen oder auch den gehaltenen Marktanteilen mitunter stark dif-
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ferieren kann. Ausgehend von den in den beiden eidesstattlichen Versicherungen
angegebenen Absatzzahlen für Flaschen mit Nährstofflösungen á 90 ml zwischen
689 019 Flaschen in 1994 und 294 072 Flachen in 2003 sowie einem Verkaufs-
preise von ca. DM 0,60 pro Flasche (lt. Preisliste 1/95 Kliniken) ist der auf Nähr-
stofflösungen entfallende Anteil an den o. g. Gesamtumsätzen (mit einem gemit-
telten und gerundeten Wert von ca. 0,5 %) nur sehr gering zu veranschlagen. Für
Nährstofflösungen liegen, außer den Prospekten mit dem Gesamtsortiment der
Widersprechenden im Bereich Säuglings- und Kleinkindernahrung, zudem keine
Werbeanzeigen in Zeitschriften vor und auch die Erhebungen der Nielsen-Markt-
forschung vom 2. September 2004 über Absatzmengen und Marktanteile von "Hu-
mana"-Produkten im Vergleich zu Konkurrenzerzeugnissen beziehen sich nicht
auf Nährstofflösungen.
Dabei sind Nährstofflösungen, die Konzentrate von isolierten oder chemisch syn-
thetisierten Nährstoffen darstellen und der Nahrungsergänzung dienen (vgl. Spek-
trum, Akad. Verl., Lexikon der Ernährung, Bd. 3, 2002, S. 5 zu "Nährstoffkonzent-
rat"), von den seitens der Widersprechenden hauptsächlich vertriebenen - diäteti-
schen - Säuglings- und Kindernahrungen, auch den Heilnahrungen zur Behand-
lung von Durchfallerkrankungen und Ernährungsstörungen oder den Spezialnah-
rungen bei Kuhmilchunverträglichkeit (SL) zu unterscheiden, bei denen es sich
ihrer Art und Beschaffenheit nach um - diätetische - Basis-Nahrungsmittel handelt.
Die nach der Nielsen-Marktforschung auf dem Sektor der Säuglings- und Kinder-
nahrungen für einzelne, ganz spezielle Produktausrichtungen, etwa Heilnahrun-
gen, SL-Nahrungen oder HA (hypoallergen) Breie, ermittelten hohen Marktanteile
der jeweiligen "Humana"-Erzeugnisse und eine daraus möglicherweise resultie-
rende erhöhte Bekanntheit der Marke Humana für diese speziellen Produktberei-
che lassen sich daher nicht auf die Produktgruppe der Nährstofflösungen übertra-
gen. So beschränkt sich der erweiterte Schutzumfang einer Marke grundsätzlich
auf die Waren, für die durch eine entsprechende Benutzung eine gesteigerte Ver-
kehrsgeltung anzuerkennen ist (vgl. BGH GRUR 2004, 239, 240 "DONLINE";
GRUR 2004, 235, 237 "Davidoff II"). Aber selbst wenn man zugunsten der Wider-
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sprechenden angesichts einer nicht zu verkennenden gewissen Nähe zwischen
Nährstofflösungen und insbesondere Heilnahrungen, welche oftmals zusätzlich
Nährstoffkonzentrate enthalten und einen ähnlichen Verwendungszweck wie
Nährstofflösungen haben bzw. sich mit diesen in ihrer Verwendung ergänzen kön-
nen, eine gewisse Ausstrahlungswirkung der möglicherweise erhöhten Kennzeich-
nungskraft der Widerspruchsmarke für Säuglings- und Kinder-Heilnahrungen auf
Nährstofflösungen für Säuglinge, Kinder und Kranke unterstellen wollte, würde
diese unter Berücksichtigung der oben dargelegten, gerade insoweit bestehenden
ursprünglichen Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke allenfalls die
Annahme einer im mittleren Bereich des Durchschnitts liegenden Kennzeich-
nungskraft rechtfertigen.
Unter Zugrundelegung von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke ist nach Auffassung des Senats die Ähnlichkeit der Marken in kei-
ner Hinsicht hinreichend ausgeprägt, um selbst in Bezug auf die den diätetischen
Nährstofflösungen der Widerspruchsmarke nahestehenden Waren der Klasse 5
der angegriffenen Marke eine entscheidungserhebliche Verwechslungsgefahr be-
jahen zu können. Zu bedenken ist dabei auch, dass die im engeren Ähnlichkeits-
bereich liegenden Waren medizinischen Zwecken bzw. der Erhaltung der Gesund-
heit dienen. In diesem gesundheitsrelevanten Bereich wenden die Abnehmer den
Produkten und ihrer Kennzeichnung aber regelmäßig besondere Aufmerksamkeit
zu (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 951 "ACELAT/Acesal"), vor allem dann, wenn,
wie hier bei den von der Widersprechenden benutzten Nährstofflösungen, die Ge-
sundheit von Säuglingen und Kleinkindern betroffen ist. Markenunterschiede wer-
den insoweit daher eher auffallen als bei Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs,
die eher flüchtig und ohne größere Sorgfalt bei der Auswahl erworben werden.
Was die Ähnlichkeit der Marken in dem maßgeblichen Gesamteindruck anbelangt,
tritt in schriftbildlicher Hinsicht die auffällig abweichende Gestaltung der vorderen
Wortteile "US-/Us-" und "HUM-/Hum-" gegenüber dem übereinstimmenden hinte-
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ren Wortbereich "-ANA/-ana" bei jeder berücksichtigungsfähigen Schreibweise in
einer die Gefahr von Verwechslungen klar ausschließenden Weise hervor.
Doch auch in klanglicher Hinsicht wahrt die jüngere Marke noch einen ausrei-
chend deutlichen Abstand von der Widerspruchsmarke. Zwar bestehen formal be-
trachtet nicht unerhebliche Gemeinsamkeiten in der Silbenzahl, dem Sprech- und
Betonungsrhythmus, sowie dem gemeinsamen Lautbestand "u-a-na". Allerdings
bewirkt hier das abweichende Konsonantengefüge gerade in den regelmäßig stär-
ker beachteten vorderen Wortteilen "USA-" und "Huma" eine nachhaltige Umprä-
gung in der Phonetik der Markenwörter. Vor allem der Wechsel am Eingang der
Zweitsilben zwischen dem stimmhaft weichen Lippenverschlusslaut "m" und dem
scharfen Zischlaut "s" schafft dort einen jederzeit gut vernehmbaren Klangkon-
trast. Demgegenüber kommt der Übereinstimmung in der häufig vorkommenden,
farblosen Endung "-na" eine im Gesamtklang der Marken nur untergeordnete Be-
deutung zu. Nicht ganz außer acht zu lassen ist schließlich, dass in der Wider-
spruchsmarke aufgrund des darin enthaltenen allgemein geläufigen Wortes "hu-
man" ein für die beteiligten Verkehrskreise ohne weiteres fassbarer Sinnanklang
hervortritt, der das Auseinanderhalten der Marken zumindest erleichtert und dazu
beiträgt, die Verwechslungsgefahr zu verringern (vgl. u. a. BGH GRUR 2003,
1044, 1046 "Kelly"; 2004, 600, 601 "d-c-fix/CD-FIX").
Es bestand kein Anlass, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
gez.
Unterschriften