Urteil des BPatG vom 12.01.2004

BPatG (public relations, marke, beschwerde, zeichen, kennzeichnungskraft, geschäftsführung, marketing, werbung, verwechslungsgefahr, begriff)

BPatG 154
6.70
Bundespatentgericht
30 W (pat) 243/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
12. Januar 2004
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
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betreffend die angegriffene Marke 399 63 227
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann, der Richterin Winter und des Richters Schramm
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Für ein umfangreiches Verzeichnis von Waren und Dienstleistungen, insbeson-
dere die Dienstleistungen
"Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensberatung, Büroarbei-
ten, Marketing, Public Relations, Dienstleistungen einer Werbe-
agentur"
ist seit 25. Januar 2000 unter der Nr 399 63 227 als Wort-/Bildmarke eingetragen
siehe Abb. 1 am Ende
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Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der seit 1999 unter der Nr 398 66 304 für
"Verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35 und 42, insbes auch für Werbung;
Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Marketing;
Organiationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Planungen bei der Ge-
schäftsführung; Public Relations; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Verteilung
von Werbematerial" eingetragenen Marke
AMEDIA.
Der Widerspruch ist auch auf die derselben Inhaberin gehörende, für die nämli-
chen Dienstleistungen eingetragene Marke 398 66 303
siehe Abb. 2 am Ende
gestützt.
Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch
Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes die Widersprüche zurückgewie-
sen und dabei begründend im wesentlichen ausgeführt: Die Marken könnten in
ihrer Gesamtheit ohne weiteres auseinandergehalten werden, da das in der jünge-
ren Marke enthaltene Wort "Ambient" in den beiden Widerspruchsmarken keine
Entsprechung finde. Es sei auch nicht gerechtfertigt, ein einzelnes Zeichenele-
ment aus der jüngeren Marke herauszubrechen. Die einzelnen Elemente der an-
gegriffenen Marke seien nämlich gleichwertig, so daß keines das Zeichen allein
präge.
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Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt und diese mit näheren Begrün-
dungen darauf gestützt, das Zeichen AMEDIA sei für Werbe- und Marketingleis-
tungen im ganzen Bundesgebiet ein bekanntes Zeichen. Die Widersprechende
erziele einen kontinuierlichen Jahresumsatz in Höhe von rund … Euro.
Es bestehe auch Verwechslungsgefahr. Die einander gegenüberstehenden
Dienstleistungen seien weitgehend identisch. Das bildlich ausgestaltete A sei dem
Markenteil MEDIA zuzurechnen. Dies folge insbesondere aus der gleichen Zei-
lenhöhe dieser Markenteile. Der Markenteil Ambient sei lediglich konkretisierend
und werde auch ohne das fehlende e ohne weiteres im Sinne von "das Ambiente
betreffend", also beschreibend verstanden.
In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende beide Widersprüche be-
schränkt, so daß sie sich nur noch gegen die Dienstleistungen "Werbung, Ge-
schäftsführung, Unternehmensberatung, Büroarbeiten, Marketing, Public Rela-
tions, Dienstleistungen einer Werbeagentur" richten.
Die Widersprechende beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der
angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.
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II.
Die Beschwerde ist zulässig, sachlich jedoch ohne Erfolg. Es besteht keine Ver-
wechslungsgefahr im Sinn von § 9 Absatz
1 Nr 2 MarkenG, so daß die Widersprü-
che zu Recht zurückgewiesen worden sind.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt unter Abwägung aller maßge-
benden zueinander in Wechselbeziehung stehenden Umstände, insbesondere der
Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren
bzw Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken.
Dies ergibt hier:
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann als normal eingestuft wer-
den, da sich spezielle Umstände, die dabei eine Rolle spielen, im Verfahren nicht
ergeben haben. Zwar ist in den Zeichen AMEDIA erkennbar MEDIA als Plural von
Medium enthalten, einem Wort, das insbesondere für die Werbebranche beschrei-
bend ist. Dieses Wort ist jedoch durch das vorangestellte A hinreichend verfrem-
det, so daß dem Gesamtzeichen zwar noch ein sprechender Charakter zukommt,
es jedoch nicht ohne jegliche Kennzeichnungskraft ist.
Für eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft durch besonders intensive Benut-
zung reichen die Darlegungen der Widersprechenden nicht. Hierzu wird auf
BlPMZ 2002, 118 – Korodin verwiesen.
Die beiderseits gegenüberstehenden Dienstleistungen betreffen auch den Identi-
tätsbereich und sind im übrigen ähnlich.
Den danach zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Markenabstand
hält die angegriffene Marke ein. Zutreffend und von der Widersprechenden auch
nicht in Zweifel gezogen sind die einander gegenüberstehenden Marken als Gan-
zes nicht ähnlich, da sich das angegriffene Zeichen schon durch seine Gesamt-
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länge wie insbesondere durch den hinzugefügten Bildteil hinreichend von den Wi-
derspruchsmarken unterscheidet.
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden kann aber nicht davon ausgegangen
werden, daß ein insgesamt erheblicher Teil des angesprochenen Publikums die
angegriffene Marke ausschließlich mit "AMEDIA" benennen werde. Dem steht
nicht nur entgegen, daß keine Anhaltspunkte dafür bestehen, das Kunstwort Am-
bient bei der angegriffenen Marke zu vernachlässigen, weil es als Kurzform von
Ambiente (dessen beschreibender Inhalt zudem bei den beanspruchten Dienstlei-
stungen zumindest zweifelhaft erscheint) empfunden werde, sondern vor allem
deshalb, weil nicht ersichtlich ist, weshalb das Publikum das als isoliertes Wort
unter dem Ambient stehende Wort MEDIA mit dem bildhaft ausgestalteten A, das
beiden Wörtern vorangesetzt ist, zu einem geschlossenen Wort verbinden sollte.
Das hierfür angeführte Argument der Widersprechenden, daß das bildhaft ausge-
staltete A wenn auch doppelt so groß wie die Schrift des Markenteils MEDIA sich
allein deshalb mit diesem verbinde, weil es in etwa auf gleicher Zeilenhöhe stehe,
mag unter Umständen dann eine Rolle spielen, wenn sich erst durch die Zusam-
menfügung von Wort und Bild ein vernünftiger oder wenigstens sprechbarer Be-
griff ergibt. Das aber ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist MEDIA in Alleinstellung
nicht nur ein gut sprech- und merkbares Wort, sondern auch ein fester und zudem
für die hier beanspruchten Dienstleistungen auch beschreibender Begriff, so daß
der Verkehr um so weniger einen Anlaß hat, dieses Wort zu einem schwerer
merkbaren und nicht mehr verständlichen Kunstwort AMEDIA umzugestalten. Dies
wäre eine willkürliche Verfremdung des Zeichens, zumal, wenn man berücksich-
tigt, daß der Firmenname der Inhaberin des angegriffenen Zeichens Ambient Me-
dia ist, so daß es sicher auch von ihr nicht beabsichtigt ist oder gar unterstützt
wird, auf derartige Verfremdungen ihres Firmennamens hinzuwirken.
Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg.
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Der Kostenantrag der Inhaberin der angegriffenen Marke ist jedoch nicht begrün-
det. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kann es (noch) nicht als ein Ver-
stoß gegen prozessuale Sorgfaltspflichten angesehen werden, daß die Wider-
sprechende den angefochtenen Beschluß auch noch gerichtlich überprüfen lassen
wollte. Der hier zur Beurteilung anstehende Fall zeigt keine Parallelen zu den bei
Ströbele/Hacker (Markengesetz, 7. Aufl, § 71 Rdn 19 f) angeführten Beispielsfäl-
len.
Dr. Buchetmann
Winter
Schramm
Hu
Abb. 1
Abb. 2