Urteil des BPatG vom 13.07.2000

BPatG: urlaub, unterscheidungskraft, beschreibende angabe, verkehr, original, patent, wortmarke, telefon, veranstalter, freihaltebedürfnis

BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 244/00
______________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 399 37 241.5
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sit-
zung vom 10. Juli 2002 unter Mitwirkung des Richters Kraft als Vorsitzendem sowie
des Richters Reker und der Richterin Eder
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Marken-
stelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
13. Juli 2000 aufgehoben.
2
G r ü n d e
I
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für
die Dienstleistungen
„Organisation, Durchführung und Vermittlung von Hotel-Urlaub sowie
weiteren touristischen Leistungen und Teilleistungen; Beratung und
Unterstützung von sowie Kooperation mit Partnerunternehmen bei
Gestaltung, Angebot und Vertrieb solcher Dienstleistungen; Vermitt-
lung und Verkauf touristischer Zubehörartikel“
angemeldete Wortmarke
URLAUB DIREKT – das Original
gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurück-ge-
wiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge werde vom
Verkehr i.S.v. „unkomplizierter Urlaub“ bzw „Urlaub ohne Verzögerungen“ verstanden
und damit nur als werbeüblicher, unmittelbar beschreibender Hinweis dahingehend
gewertet werden, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen dazu bestimmt
seien, einen unkomplizierten Urlaub zu bieten oder zu fördern. Die angemeldete Be-
zeichnung sei nicht mehrdeutig und bedürfe, um als beschreibende Angabe verstan-
den zu werden, keiner analysierenden Betrachtung. Eine die Unterscheidungskraft
begründende Eigenart weise sie auch nicht auf. Der weitere Markenteil „das Original“
besitze ebenfalls keinerlei Unterscheidungskraft, weil der Verkehr ihn nur als Hinweis
auf einen möglichen Initiator des Dienstleistungs-konzepts verstehen werde.
Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, die an-
gemeldete Marke sei nur insgesamt auf das Vorliegen von Schutzhindernissen zu
prüfen. Aber auch der Markenbestandteil „URLAUB DIREKT“ sei für sich gesehen
schutzfähig, weil er für die beanspruchten Dienstleistungen wegen seiner Mehrdeu-
tigkeit nicht glatt beschreibend sei, wie bereits das OLG Hamm mit Urteil vom 4. April
3
2000 festgestellt habe. Vorstellbar seien Bedeutungen wie „ohne weitere Verzöge-
rungen anzutretende Ferien“, „Reise ohne Zwischenaufenthalt“, „sofortige Reservie-
rung ohne Warten auf eine Bestätigung“, „unmittelbare Buchungsmöglichkeit telefo-
nisch oder per Computer“. Auch der weitere Markenteil „das Original“ sei nicht ein-
deutig dienstleistungsbeschreibend, weil er u.a. die Bedeutungen „Urschrift“, „Urbild“,
„Vorlage“, „Urtext“, aber auch „eigentümlicher Mensch“ habe.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 13. Juli 2000 aufzuheben.
II
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Be-
zeichnung als Marke für die beanspruchten Dienstleistungen stehen die Schutzhin-
dernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
Bei der angemeldeten Wortfolge „URLAUB DIREKT – das Original“ handelt es sich
nicht um eine Angabe, die i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Verkehr zur Bezeich-
nung der Art, der Beschaffenheit oder anderer Merkmale der beanspruchten Dienst-
leistungen dienen kann. Ein Schutzhindernis i.S.d. der genannten Bestimmung liegt
nur dann vor, wenn die Marke in ihrer Gesamtheit (BGH BlPMZ 201, 55 – RATIONAL
SOFTWARE CORPORATION) für die Dienstleistungen, die Gegenstand der Zu-
rückweisung sind, als eindeutige, konkret beschreibende Sachaussage dienen kann
(BGH GRUR 1999, 1093 – FOR YOU; GRUR 2000, 231 - FÜNFER) und sie darüber
hinaus entweder bereits als solche benutzt wird oder eine Benutzung als Sachaus-
sage auf Grund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten
ist (BGH GRUR 1995, 408 – PROTECH). Zur Bezeichnung von Waren- bzw.
Dienstleistungsmerkmalen sind dabei nur solche Angaben geeignet, die für den um-
worbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die be-
treffenden Waren oder Dienstleistungen konkret und eindeutig beschreiben (BGH
BlPMZ 1999, 410 – FOR YOU; GRUR 2000, 231 – FÜNFER).
4
Der angemeldeten Bezeichnung, insbesondere ihrem Bestandteil „URLAUB DI-
REKT“, fehlt es bereits an der erforderlichen Eindeutigkeit und Konkretheit. Der Se-
nat hat bereits mit Beschluss vom 13.12.2000 im Verfahren 26 W (pat) 163/00 be-
züglich der seinerzeit angemeldeten Wortmarke „Urlaub direkt“ folgendes festgestellt:
„Selbst wenn ... davon ausgegangen wird, dass der angesprochene
Verkehr die angemeldete Wortkombination im Sinne von „Urlaub
ohne Umweg“, „Urlaub ohne Verzögerungen“ oder „Urlaub ohne
weitere Vermittlung“ versteht, sagen diese möglichen Deutungen
nichts Konkretes darüber aus, durch welche besonderen Merkmale
sich die unter dieser Gesamtbezeichnung angebotenen Waren und
Dienstleistungen konkret auszeichnen. ... Dies gilt auch für die
Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“, denn auch insoweit ist
nicht ersichtlich, welche Art von (Urlaubs-) Reisen unter welchen Be-
dingungen unter „Urlaub direkt“ angeboten werden. Von einem ge-
genwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der
Anmelderin an der angemeldeten Marke kann deshalb nicht ausge-
gangen werden.“
An dieser Beurteilung wird festgehalten. Eine vom erkennenden Senat zur Feststel-
lung der aktuellen Verwendung der Bezeichnung „Urlaub direkt“ durchgeführte
nochmalige Recherche hat keine beschreibende Verwendung dieser Bezeichnung
für die vom Anmelder beanspruchten Dienstleistungen ohne weitere konkretisierende
Zusätze ergeben. Sie ist nach Überzeugung des Senats auch nicht zu erwarten, weil
erst durch die Hinzufügung solcher konkretisierenden Zusätze für den Verkehr ein-
deutig klargestellt werden kann, was die Bezeichnung „Urlaub direkt“ sachlich zum
Ausdruck bringen soll. Ohne die entsprechenden verdeutlichenden Zusätze bleibt für
die mit der angemeldeten Bezeichnung konfrontierten Verkehrskreise insbesondere
unklar, ob mit „Urlaub direkt“ ein direkter Weg in den Urlaub, z.B. ohne Umwege oder
Umsteigen, eine direkte Buchung beim Veranstalter der Reise, z.B. ohne Zwischen-
schaltung eines Reisebüros, oder eine Buchung unter Nutzung direkter Kommunika-
tions-möglichkeiten, z.B. via Telefon, Telefax oder Internet, gemeint ist. Auch der
weitere Markenbestandteil „das Original“ ist nicht geeignet, die erforderliche Konkre-
5
tisierung herbeizuführen, weil auch er nichts über die konkrete Art oder Beschaffen-
heit der Dienstleistungen aussagt.
Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i.S.d § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft i.S.d. genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung
zugrunde liegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unter-
nehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen
Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht
aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die frag-
lichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet
werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deut-
schen oder einer im Inland geläufigen Fremdsprache, das vom Verkehr – etwa auch
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches
und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen
Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche
Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1089 – YES; GRUR 2000, 722 -
LOGO). Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungs-
kraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an de-
ren Unterscheidungskraft gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Insbe-
sondere die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann ei-
nen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Auch einer für sich
genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Pro-
duktidentifikation abgesprochen werden (BGH MarkenR 2001, 209 – Test it.).
Da es sich bei der angemeldeten Wortfolge, wie im Rahmen der Begründung zu § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeführt wurde, nicht um eine Angabe handelt, die zur kon-
kreten und eindeutigen Bezeichnung von Merkmalen der von der Anmelderin bean-
spruchten Waren dienen kann, würde eine Zurückweisung der Anmeldung wegen
fehlender Unterscheidungskraft nach den vom BGH aufgezeigten Grundsätzen nur
unter der Voraussetzung in Betracht kommen, dass es sich bei der Bezeichnung
„URLAUB DIREKT – das Original“ um eine im Verkehr geläufige Angabe handelte.
6
Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, weil die ergänzenden Ermittlungen
des Senats unter Einbeziehung des Internets ergeben haben, dass die angemeldete
Wortfolge ohne klarstellende Zusätze zur Bezeichnung der beanspruchten Dienstlei-
stungen und auch sonst bisher nicht gebräuchlich ist und weil ihr wegen der bereits
dargelegten Interpretationsfähigkeit zumindest das erforderliche Minimum einer be-
triebskennzeichnenden Eigenart nicht abgesprochen werden kann. Deshalb kann
auch die auf § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gestützte Zurückweisung der Anmeldung kei-
nen Bestand haben.
Für das Vorliegen eines der weiteren Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 MarkenG
fehlt es ebenfalls an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten.
Kraft Eder
Reker
Na